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VwGH vom 27.08.1991, 91/14/0065

VwGH vom 27.08.1991, 91/14/0065

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Nöst, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Steiermark gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom , Zl. B 193-3/90, betreffend Einkommensteuer 1987 und 1988 (Mitbeteiligter: Ferdinand F in K), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Mitbeteiligte hat für ein von ihm geleastes KFZ vorzeitige Abschreibung geltend gemacht.

Auf Grund der Ergebnisse einer Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt den Standpunkt, das Fahrzeug sei dem Leasinggeber und nicht dem Mitbeteiligten als Leasingnehmer zuzurechnen, weshalb es im Streitzeitraum nicht zum Betriebs(Anlage)vermögen des Mitbeteiligten gehört habe. Es könne daher hiefür die Investitionsbegünstigung nicht geltend gemacht werden.

In seiner Berufung behauptete der Mitbeteiligte, es handle sich um ein sogenanntes Vollamortisationsleasing mit Kaufoption, weshalb das Leasinggut schon im Streitzeitraum im wirtschaftlichen Eigentum des Leasingnehmers (Mitbeteiligten) gestanden sei.

Mit dem vor dem VwGH angefochtenen Bescheid folgte die belangte Behörde der Ansicht des Berufungswerbers und gab seinem Rechtsmittel Folge. Das Vorliegen eines Vollamortisationsvertrages allein erlaube zwar noch nicht die Zurechnung des Wirtschaftsgutes an den Leasingnehmer. Bei einer Grundmietzeit von mindestes 40 Prozent und höchstens 90 Prozent der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer müsse dem Leasingnehmer noch das Optionsrecht eingeräumt werden, nach Ablauf der Grundmietzeit gegen Leistung eines wirtschaftlich nicht ausschlaggebenden Betrages den Gegenstand zu erwerben oder den Leasingvertrag zu verlängern. Da der Vertrag im gegenständlichen Fall einen Kündigungsverzicht des Leasingnehmers von 48 Monaten enthalte, sei von einer entsprechenden Grundmietzeit auszugehen. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer betrage 60 Monate. Für die Zurechnung des Wirtschaftsgutes beim Leasingnehmer müßte diesem daher ein Optionsrecht auf Kauf bzw. Miete zu einem wirtschaftlich nicht ausschlaggebenden Betrag eingeräumt worden sein. Zwar sei vom Leasinggeber in seinem Antwortschreiben vom lediglich ausgeführt worden, daß er sich, sollte nach Ablauf des Leasingvertrages der Leasinggegenstand zu kaufen gewünscht werden, branchenüblich verhalten werde. Bereits aus dem Leasingvertrag gehe jedoch eindeutig hervor, daß dem Mitbeteiligten eine Kaufoption eingeräumt worden sei. Entscheidend sei nämlich, daß der Mitbeteiligte eine Anzahlung geleistet und diese Anzahlung als Vorauszahlung (und nicht als Depot) behandelt worden sei. Allein dadurch werde schon deutlich, daß dem Mitbeteiligten die Möglichkeit zum Kauf des Leasinggegenstandes nach Ablauf der Grundmietzeit eingeräumt worden sei, auch wenn die Höhe des Restwertes zu diesem Zeitpunkt weder im Leasingvertrag selbst, noch in anderer Weise schriftlich fixiert worden sei. Auf Grund der Kaufoption sei der Mitbeteiligte sofort wirtschaftlicher Eigentümer des KFZ geworden, könne dieses daher in sein Anlagevermögen aufnehmen und die von ihm beantragte vorzeitige Abschreibung geltend machen.

Der Präsident der Finanzlandesdirektion bekämpft diesen Bescheid insofern, als die belangte Behörde wirtschaftliches Eigentum des Mitbeteiligten an dem Fahrzeug und infolge dessen vorzeitige Abschreibung anerkannte. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

Der Mitbeteiligte hat von der Möglichkeit, eine Gegenschrift zu erstatten, keinen Gebrauch gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer begründet die von ihm behauptete Rechtswidrigkeit ausschließlich damit, gerade der bloße Hinweis auf die "Branchenüblichkeit" genüge noch nicht, um bereits von einem von vornherein eingeräumten Recht des Leasingnehmers, das Wirtschaftsgut nach Ablauf der Mietdauer um einen bestimmten, einer bloßen Anerkennung gleichkommenden Kaufpreis zu erwerben, sprechen zu können.

Die belangte Behörde ist im Beschwerdeverfahren davon ausgegangen, daß die Grundmietzeit erheblich kürzer ist, als die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des KFZ. Eine Verlängerungsoption wurde von ihr nicht festgestellt; für eine solche ergaben sich nach der Aktenlage auch keine Anhaltspunkte. Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Ansicht vertreten, daß schon vor dem Streitzeitraum eine Kaufoption eingeräumt worden sein müßte, um für diesen Zeitraum davon ausgehen zu dürfen, daß der Mitbeteiligte bereits wirtschaftlicher Eigentümer des Leasinggutes war (vgl. Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Band III A, Tz 20 zu § 6 EStG 1972 allgemein, Seite 12).

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom , 2391/71, VwSlg. 4464 F/1972, darauf hingewiesen, die "Branchenüblichkeit" eines von vornherein eingeräumten Rechtes des Leasingnehmers, das Wirtschaftsgut nach Ablauf der Vertragsdauer weiter wie bisher zu nutzen oder es um einen bestimmten, einer bloßen Anerkennung gleichkommenden Kaufpreis zu erwerben, könne einer Kaufoption dieses Inhaltes nicht gleichgesetzt werden, und zwar auch nicht in wirtschaftlicher Sicht.

Im vorliegenden Fall hat sich allerdings der Mitbeteiligte nicht auf die "Branchenüblichkeit" allein berufen, sondern auch die Korrespondenz vor Vertragsabschluß vorgelegt. Daraus ist ersichtlich, daß er dem zukünftigen Leasinggeber mit Schreiben vom mitgeteilt hat, er bitte um Geschäftsabwicklung als "Kauf-Leasing" und leiste eine Vorauszahlung von S 25.000,--. Mit Schreiben vom - also am Tag des Abschlusses des Leasingvertrages - hat ihm der Leasinggeber geantwortet, daß ihm, dem Leasingnehmer, auf diesbezügliche Anfrage mitgeteilt werde, daß, sollte nach Ablauf des Leasingvertrages der Leasinggegenstand zu kaufen gewünscht werden, der Leasinggeber sich branchenüblich verhalten werde, in diesem Zusammenhang werde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom hingewiesen, in dem vom Ankauf zu einer Monatsmiete die Rede sei. Im Leasingvertrag vom wurde der Vordruck "Depot" nicht angekreuzt, sondern der Vordruck "Vorauszahlung" und dort der Betrag von S 25.000,-- eingesetzt.

Ausgehend von diesem aktenkundigen Sachverhalt kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausging, daß bereits mit dem Leasingvertrag eine Kaufoption zu einem geringen Betrag eingeräumt wurde und es sich daher nicht um einen Fall handelt, in dem - ähnlich dem Sachverhalt, der dem Erkenntnis vom zugrunde lag - bloß nachträglich auf die Branchenüblichkeit von Kaufoptionen rekurriert wurde:

Der Mitbeteiligte hatte nämlich bereits in seinem Schreiben vom ein "Kauf-Leasing" gewünscht, ihm wurde noch am Tag des Leasingvertrages geantwortet, daß sich bei seinerzeitigem Kaufwunsch der Leasinggeber branchenüblich verhalten werde, wobei vom Leasinggeber auf das schon mehrfach genannte Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis und den in diesem erwähnten Anerkennungspreis von einer Monatsmiete hingewiesen wurde. Die Erklärung des Leasinggebers, sich bei seinerzeitigem Kaufwunsch des Leasingnehmers branchenüblich zu verhalten, durfte von der belangten Behörde daher als Erklärung der Einräumung einer Kaufoption zu dem erwähnten geringen Anerkennungspreis verstanden werden.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag der gegenteiligen Ansicht des Beschwerdeführers nicht zu folgen.

Demnach war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.