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VwGH vom 26.05.2003, 2003/18/0014

VwGH vom 26.05.2003, 2003/18/0014

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des W, geboren 1976, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. SD 1035/02, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Pakistan, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Die Gründe des erstinstanzlichen Bescheides seien auch für die Berufungsentscheidung maßgebend. Der Beschwerdeführer sei am illegal in das Bundesgebiet gelangt und habe einen Asylantrag gestellt, der mit erstinstanzlichem Bescheid rechtskräftig abgewiesen worden sei. Mit Schriftsatz vom habe der Beschwerdeführer einen Wiedereinsetzungsantrag im Asylverfahren gestellt.

Der Beschwerdeführer sei nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels. Sein Aufenthalt in Österreich sei jedenfalls seit Abschluss seines Asylverfahrens unrechtmäßig. Zweifelsfrei seien daher die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmungen des § 37 Abs. 1 FrG - im Grund des § 33 Abs. 1 FrG gegeben.

Jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde liege eine rechtskräftige abweisende Entscheidung im Asylverfahren vor, weil sich der Wiedereinsetzungsantrag sonst als unzulässig erweisen müsste. Die belangte Behörde sei auch nicht gehalten, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den gestellten Wiedereinsetzungsantrag mit ihrer Entscheidung zuzuwarten.

Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Familiäre Bindungen im Bundesgebiet seien nicht aktenkundig. Mit der Ausweisung werde daher nicht in das Privat- bzw. Familieleben des Beschwerdeführers eingegriffen. Eine Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG sei daher nicht erforderlich. Der Vorwurf der Berufung, die Erstbehörde hätte sich über "den Bekanntenkreis des Berufungswerbers zu informieren" gehabt, gehe ins Leere, weil ein "Bekanntenkreis" keine Relevanz im Sinn des Art. 8 EMRK genieße.

Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten des Beschwerdeführer sprechender Umstände habe die belangte Behörde keine Veranlassung, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Mit Bescheid vom (Blatt 1 des Verwaltungsaktes) hat das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers vom gemäß § 7 AsylG abgewiesen und ausgesprochen, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Pakistan gemäß § 8 AsylG zulässig sei.

Solange dieses Asylverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist und dem Beschwerdeführer daher die Asylwerbereigenschaft zusteht (§ 1 Z. 3 AsylG), wäre eine auf § 33 Abs. 1 FrG gestützte Ausweisung in jedem Fall rechtswidrig. Denn sollte dem Beschwerdeführer, dessen Asylantrag nicht als offensichtlich unbegründet abgewiesen wurde, gemäß § 19 Abs. 2 AsylG die vorläufige Aufenthaltsberechtigung zuerkannt worden sein, so wäre sein Aufenthalt nicht unrechtmäßig. Sollte aber die vorläufige Aufenthaltsberechtigung noch nicht zuerkannt worden sein, so könnte es im vorliegenden Fall nicht als rechtmäßig angesehen werden, wenn die Fremdenbehörde von ihrer Ermächtigung zur Ausweisung gemäß § 33 Abs. 1 FrG Gebrauch macht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/21/0266).

Ein rechtskräftiger Abschluss des Asylverfahrens läge nicht vor, wenn über eine vom Beschwerdeführer eingebrachte Berufung gegen den abweisenden erstinstanzlichen Asylbescheid bisher nicht rechtskräftig entschieden worden wäre.

2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, sein Asylverfahren sei "seit in 1. Instanz entschieden, wobei der Beschwerdeführer ... eine Berufung eingebracht hat." Die Erstbehörde habe sich "in rechtsirriger Ansicht nicht mit der Klärung der Vorfrage der Wiedereinsetzung (gegen die Versäumung der Berufungsfrist im Asylverfahren) auseinander gesetzt .., obwohl die entscheidungswesentlich ist".

2.2. Wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt, hat die erstinstanzliche Behörde den Beschwerdeführer am vom Ergebnis der Beweisaufnahme und insbesondere davon verständigt, dass er sich seit unerlaubt im Bundesgebiet aufhalte. Bereits in seiner Stellungnahme im erstinstanzlichen Verfahren vom hat der Beschwerdeführer unter anderem darauf hingewiesen, dass er Asylwerber sei und dass er gegen die erstinstanzliche Ablehnung seines Asylantrages am Berufung eingebracht habe, über die noch nicht entschieden worden sei.

Die erstinstanzliche Behörde ging in ihrem Ausweisungsbescheid vom ohne Vornahme von Ermittlungen über das Asylverfahren und ohne nähere Begründung davon aus, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers (mit Bescheid des Bundesasylamtes Wien vom ) seit dem rechtskräftig beendet sei.

In der dagegen erhobenen Berufung vom wiederholt der Beschwerdeführer, dass er nach der am erfolgten Zustellung des den Asylantrag abweisenden Bescheides am Berufung erhoben habe. In einer weiteren im Akt erliegenden Berufung vom gegen die Zurückweisung eines gemäß § 57 FrG gestellten Feststellungsantrags führt der Vertreter des Beschwerdeführers u.a. aus, er sei von seinem Mandanten am von der Berufung im Asylverfahren vom informiert worden. Eine Anfrage beim Bundesasylamt habe ergeben, "dass dieses Rechtsmittel offensichtlich nicht eingelangt bzw. nicht zugeordnet werden konnte." Am habe der Beschwerdeführer (im Asylverfahren) einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebracht.

2.3. Die belangte Behörde gelangte zur Auffassung, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers rechtskräftig abgeschlossen sei. Für diese Schlussfolgerung fehlt jedoch das wesentliche Substrat in Form von ordnungsgemäß ermittelten und nachvollziehbar begründeten Feststellungen über den Stand des Asylverfahrens, insbesondere darüber, ob eine Berufung gegen den erstinstanzlichen Asylbescheid eingebracht wurde.

2.4. Dass sich - wäre die Berufung, wie vom Beschwerdeführer behauptet, rechtzeitig eingebracht worden - der vom Beschwerdeführer "gestellte Wiedereinsetzungsantrag als jedenfalls unzulässig erweisen müsste", lässt keinen Schluss darauf zu, dass diese Berufung nicht eingebracht - geschweige denn, dass sie bereits rechtskräftig zurückgewiesen - worden wäre.

3. Die belangte Behörde hat sich mit der Frage des Standes des Asylverfahrens auf Grund ihrer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht nicht ausreichend auseinander gesetzt und ihren Bescheid dadurch mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am

Fundstelle(n):
HAAAE-61775