VwGH vom 27.03.2003, 99/15/0113
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der Z Ltd in Sri Lanka, vertreten durch Dr. Horst Auer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Börseplatz-Börsegasse 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. RV 94/1-10/98, betreffend Erstattung von Vorsteuern, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089, 68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in Sri Lanka, beantragte mit Eingabe vom unter Bezugnahme auf die Verordnung BGBl 279/1995 beim Finanzamt Graz-Stadt die Erstattung von Einfuhrumsatzsteuer im Ausmaß von 228.711 S.
Im Bericht vom über eine abgabenbehördliche Prüfung wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe einfuhrabgabepflichtige Waren (Edelmetalle) vorschriftswidrig aus der Schweiz über das Zollamt Feldkirch in die EU eingeführt. In der Folge seien mit Bescheid vom Eingangsabgaben vorgeschrieben worden. Nach den Angaben der Beschwerdeführerin seien die Waren bereits wieder ausgeführt worden. Es seien Ausfuhrbescheinigungen aus Sri Lanka und Einfuhrbescheinigungen in Zürich sowie für den Rücktransport Ausfuhrbescheinigungen aus Zürich (nach Sri Lanka) vorgelegt worden. Die Beschwerdeführerin habe den erforderlichen Nachweis der Eintragung als steuerpflichtiges Unternehmen sowie das entsprechende Antragsformular nicht vorgelegt, weshalb es nicht zu einer Rückzahlung von Vorsteuern kommen könne.
Unter Hinweis auf die abgabenbehördliche Prüfung wies das Finanzamt den Antrag auf Erstattung der Vorsteuern ab.
In der Berufung wandte die Beschwerdeführerin ein, sie habe bereits den Nachweis erbracht, steuerpflichtiger Unternehmer zu sein, indem sie eine Bestätigung der nationalen Juwelen- und Schmuckhandelsbehörde von Sri Lanka vorgelegt und ihre Umsatzsteuer-Nummer genannt habe. Ein entsprechendes Formular für den Antrag auf Vergütung der Umsatzsteuer für nicht im Inland ansässige Unternehmer wurde unter einem vorgelegt.
In der abweisenden Berufungsvorentscheidung wird ausgeführt, es seien Edelsteine ohne zollrechtliche Deklaration in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt worden. Deshalb sei Einfuhrumsatzsteuer bescheidmäßig vorgeschrieben worden. Laut Erklärung der Beschwerdeführerin und der Kopie des Carnets seien die Edelsteine wieder über die Schweiz nach Ostasien ausgeführt worden. Die Carnets enthielten Nummern, die sich auf eine nicht vorgelegte Detailliste bezögen. Diesem Sachverhalt entsprechend dürfte ein Veranlagungsfall vorliegen, wobei im Veranlagungsverfahren mangels Erfüllung der Voraussetzungen iSd § 7 UStG eine Anerkennung der Vorsteuern ebenfalls versagt bleiben müsse.
Im Vorlageantrag führte die Beschwerdeführein aus, die Begründung der Berufungsvorentscheidung sei nicht nachvollziehbar.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der Berufungsbehauptung, die behördliche Bescheinigung über die steuerliche Erfassung der Beschwerdeführerin im Ansässigkeitsstaat sei zwischenzeitig erbracht worden, sei das Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung nicht mehr entgegengetreten. Aus den vorgelegten Carnets habe die Abgabenbehörde den Schluss gezogen, dass die Verordnung über die Erstattung von Vorsteuern an Unternehmen, die im Inland weder ihren Sitz noch ihre Betriebsstätte haben, nicht anwendbar sei, da die Beschwerdeführerin offensichtlich im Inland steuerpflichtige Umsätze ausgeführt habe. Diese Folgerung ergebe sich aus einem Vergleich des Einfuhr-Carnets vom des Zollamtes Zürich mit dem Ausfuhr-Carnet vom des Zollamtes Zürich. Bei der Einfuhr sei vermerkt worden, dass Waren nach zwei Listen mit den Positionen 1 - 55 und 1 - 210 deklariert worden seien. Bei der Ausfuhr fehlten allerdings die Positionen "29 bzw 9, 29, 37, 44, 48, 69, 86, 97, 141, 147, 154, 199, 206 und 209, deren Verbleib nicht geklärt werden konnte, da die Beschwerdeführerin offensichtlich nicht im Besitz von Ausfuhrbescheinigungen der österreichischen Zollbehörde ist." Bei dieser Sachlage schließe sich die belangte Behörde der Ansicht des Finanzamtes an, wonach die Rückzahlung der Einfuhrumsatzsteuer im Verfahren nach der Verordnung BGBl 279/1995 nicht zulässig sei, da es bei den 15 Schmuckstücken, die auf dem Ausfuhrbeleg nicht mehr aufschienen, auf der Hand liege, dass damit steuerbare und steuerpflichtige Umsätze getätigt worden seien. Das Erstattungsverfahren nach der Verordnung habe aber zur Voraussetzung, dass im Inland keine Umsätze getätigt worden seien. Die Beschwerdeführerin habe es zu verantworten, wenn sie an Stelle österreichischer Ausfuhrbelege solche der schweizerischen Zollbehörden vorlege, um unter Umständen im Inland getätigte Umsätze zu verschleiern. Ob eine Rückzahlung der Einfuhrumsatzsteuer im Wege eines Veranlagungsverfahrens in Betracht komme, sei im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
§ 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der
ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, BGBl. 279/1995, lautet:
"§ 1. (1) Die Erstattung der abziehbaren Vorsteuerbeträge an Unternehmer, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, ist abweichend von den §§ 20 und 21 Abs. 1 bis 5 UStG 1994 nach Maßgabe der §§ 2 und 3 durchzuführen, wenn der Unternehmer im Erstattungszeitraum
1. keine Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 oder
2. nur steuerfreie Umsätze im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 3 UStG 1994 oder
3. nur Umsätze, bei denen die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht (§ 19 Abs. 1 zweiter Unterabsatz und Art. 19 Abs. 1 Z 3 UStG 1994), oder
4. nur Umsätze, die der Einzelbesteuerung (§ 20 Abs. 4 UStG 1994) unterlegen haben, ausgeführt hat.
(2) Abs. 1 gilt nicht für Vorsteuerbeträge, die anderen als den in Abs. 1 bezeichneten Umsätzen im Inland zuzurechnen sind."
Gemäß § 2 der Verordnung ist Erstattungszeitraum nach der Wahl des Unternehmers ein Zeitraum von mindestens drei Monaten bis zu höchstens einem Kalenderjahr. Der Erstattungszeitraum kann weniger als drei Monate umfassen, wenn es sich um den restlichen Zeitraum des Kalenderjahres handelt. In den Antrag für diesen Zeitraum können auch abziehbare Vorsteuerbeträge aufgenommen werden, die in vorangegangene Erstattungszeiträume des betreffenden Kalenderjahres fallen.
Der Verwaltungsgerichtshof prüft die Beweiswürdigung der Verwaltungsbehörde auf ihre Schlüssigkeit, also auf die Übereinstimmung mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut (vgl das hg Erkenntnis vom , 98/14/0213).
Aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin bei der Ausfuhr aus Zürich (nach Sri Lanka) am weniger Waren deklariert hat als bei der Einfuhr (aus Sri Lanka) nach Zürich am , hat die belangte Behörde geschlossen, die Beschwerdeführerin habe (im Vergütungszeitraum 1996) steuerpflichtige Umsätze in Österreich getätigt. Diese von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung entbehrt der Schlüssigkeit. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid nicht dargetan, warum Waren, die zwar im Jahr 1995 in die Schweiz eingeführt, aber im Jahr 1996 nicht mehr aus der Schweiz ausgeführt worden sind, in Österreich zu steuerpflichtigen Umsätzen (des Jahres 1996) geführt haben sollen. Dass eine Berufungsvorentscheidung auch die Wirkung eines Vorhaltes hat und es im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen ist, wenn sich die Partei auf einen Vorhalt verschweigt, trifft zwar zu. Im gegenständlichen Fall ist aber zu beachten, dass in der Berufungsvorentscheidung von in Österreich getätigten steuerpflichtigen Umsätzen betreffend die in Rede stehenden Waren (im Jahr 1996) nicht gesprochen wird. Solcherart hat für die Beschwerdeführerin auch kein Grund bestanden, Angaben über den Verbleib der im Jahr 1996 nicht mehr aus Zürich ausgeführten Waren zu machen.
Der angefochtene Bescheid ist sohin mit Rechtwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet und war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 VwGG aufzuheben.
Von der Durchführung einer Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am