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VwGH vom 30.01.2003, 99/15/0112

VwGH vom 30.01.2003, 99/15/0112

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde 1. der C GmbH in

W und 2. der A GmbH & Co KG in G, beide vertreten durch Schönherr, Barfuss, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in 1014 Wien, Tuchlauben 17, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl RV 127/1-10/99, betreffend Kammerumlage I für den Zeitraum vom 3. Quartal 1996 bis zum

1. Quartal 1998,

Spruch

1. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.

2. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Erstbeschwerdeführerin, welche administrative Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Lohnfertigung von Kraftfahrzeugen durchführte, hat im verfahrensgegenständlichen Zeitraum unter Hinweis auf das vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , 96/15/0065, eingeleitete Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften der Abgabenbehörde lediglich die Bemessungsgrundlagen der Kammerumlage I bekannt gegeben, von einer Entrichtung derselben aber Abstand genommen. Darauf hin wurde vom Finanzamt die Kammerumlage I bescheidmäßig festgestellt. Die Beschwerdeführerin erhob unter Anführung gemeinschaftsrechtlicher Bedenken Berufungen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen ua mit der Begründung ab, dass der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mit Urteil vom , C- 318/96, ausgesprochen habe, dass die Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom (im Folgenden: 6. Richtlinie) der Erhebung der Kammerumlage I nicht entgegenstehe.

Laut Beschwerdevorbringen wurde mit Wirkung ab der oben genannte Tätigkeitsbereich im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf die Zweitbeschwerdeführerin, an welcher die Erstbeschwerdeführerin als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt ist, übertragen. Von dieser Einzelrechtsnachfolge erfasst seien auch die Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber der Abgabenbehörde, einschließlich der verfahrensgegenständlichen Kammerumlage I.

Aus diesem Vorbringen betreffend Haftungsübergang im Zuge einer Einzelrechtsnachfolge lässt sich eine Beschwerdelegitimation der Zweitbeschwerdeführerin nicht ableiten, da sie - mangels Vorliegens einer Gesamtrechtsnachfolge - in dem geltend gemachten Recht, keine Kammerumlage I entrichten zu müssen, nicht verletzt sein kann. Die von der Zweitbeschwerdeführerin "vorsichtshalber" eingebrachte Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 iVm Abs. 3 zurückzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die von der Erstbeschwerdeführerin erhobene Beschwerde erwogen:

§ 57 Abs. 1 HKG idF BGBl. Nr. 661/1994 lautet auszugsweise:

"(1) Zur Bedeckung der in den genehmigten Jahresvoranschlägen

vorgesehenen und durch sonstige Erträge nicht gedeckten

Aufwendungen der Landeskammern und der Bundeskammer kann von den

Kammermitgliedern eine Umlage nach dem Grundsatz der

Verhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme eingehoben werden; die

Verhältnismäßigkeit ist auch an dem Verhältnis zwischen den

Umlagebeträgen und der Differenz zwischen Einkaufs- und

Verkaufspreisen zu messen. (...) Die Umlage ist zu berechnen von

jenen Beträgen, die

a) auf Grund der an das Kammermitglied für dessen

Unternehmen von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder

sonstigen Leistungen vom anderen Unternehmer, ausgenommen auf

Grund von Geschäftsveräußerungen, als Umsatzsteuer geschuldet werden,

b) auf Grund der Einfuhr von Gegenständen für das

Unternehmen des Kammermitglieds oder auf Grund des

innergemeinschaftlichen Erwerbs für das Unternehmen des

Kammermitglieds vom Kammermitglied als Umsatzsteuer geschuldet

werden. Die Umlage wird vom Kammertag der Bundeskammer in einem

Tausendsatz der Bemessungsgrundlagen gemäß lit. a und b

festgesetzt. Der Tausendsatz darf höchstens 4,3 vT betragen."

Abs. 2 leg. cit. sieht eine von Abs. 1 leg. cit. abweichende Regelung für Kreditinstitute und Versicherungen vor. Abs. 3 leg. cit. lautet:

"(3) Der Kammertag der Bundeskammer kann beschließen, dass Teile der Bemessungsgrundlagen außer Betracht bleiben, soweit deren Berücksichtigung in einzelnen Berufszweigen zu einer unverhältnismäßigen Inanspruchnahme der Kammermitglieder führen würde. Dies gilt auch für die Zuordnung von einzelnen Gruppen von Kammermitgliedern zu einer Bemessungsgrundlagenermittlung im Sinne des Abs. 2, die an den steuerbaren Umsatz anknüpft."

Die Erstbeschwerdeführerin bringt vor, dass § 57 HKG einen Verstoß gegen Art. 17 Abs. 2 der 6. Richtlinie darstelle. Es sei nicht gemeinschaftskonform, dass "Österreich mit dem einen Gesetz (dem UStG) das Recht auf Vorsteuerabzug nach Art. 17 der 6. MwSt.- Richtlinie einräumt, dieses Recht aber gleichzeitig mit einem anderen Gesetz (dem HKG) wieder teilweise rückgängig macht". Das genannte Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften habe die Frage, ob die durch die Kammerumlage I bewirkte Einschränkung des Vorsteuerabzugs gemeinschaftsrechtskonform sei, nicht ausreichend beantwortet.

Dazu ist Folgendes zu sagen: Im zitierten Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom sprach dieser eindeutig aus, dass die Kammerumlage im Sinne des § 57 HKG idF BGBl. Nr. 661/1994 nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstößt und brachte ua zum Ausdruck, dass die Vorschreibung von Kammerumlage I das Mehrwertsteuersystem als solches und damit den durch das UStG 1994 eingeräumten Vorsteuerabzug nicht beeinträchtigt, weil es sich um eine anders konzipierte Abgabe als die Mehrwertsteuer handelt. Es kann daher nicht davon gesprochen werden, dass das Recht auf Vorsteuerabzug durch die Kammerumlage I "wieder teilweise rückgängig" gemacht wird. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch nicht veranlasst, auf Grund der gegenständlichen Beschwerde an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Frage, ob die Kammerumlage I im Sinne des § 57 HKG gegen Gemeinschaftsrecht verstößt, einen weiteren Antrag auf Vorabentscheidung zu stellen (vgl. dazu auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 98/13/0174, sowie vom , 99/15/0183).

Die Erstbeschwerdeführerin bringt weiters vor, dass sie in erster Linie Lohnveredelungen an zugekauften bzw. eingeführten Fahrzeugkomponenten habe durchführen lassen und daher regelmäßig mit überdurchschnittlich hohen Vorsteuerbeträgen zu rechnen gehabt habe. Da sie die Leistungen der Wirtschaftskammer Österreich nur in geringem Ausmaß in Anspruch nehmen würde (sie führe beispielsweise keine Vertriebs- und Exportaufgaben durch und nehme daher die kostenintensive Außenhandelsförderung der Wirtschaftskammer nicht in Anspruch), wäre bei einer verfassungskonformen Interpretation des § 57 Abs. 1 erster Satz HKG "der Kammerumlagebetrag entsprechend zu kürzen" gewesen. Eine solche Kürzung sei durch den angefochtenen Bescheid nicht erfolgt. Die belangte Behörde habe auch entsprechende Ermittlungen nicht vorgenommen.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Erstbeschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Der Gesetzgeber hat zwar normiert, das bei der Kammerumlage der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme zu beachten sei (§ 57 Abs. 1 HKG). Die Kammerumlage I wird jedoch gemäß dieser Bestimmung nicht von den Abgabebehörden des Bundes, sondern von der Bundeskammer und zwar im Ausmaß von höchstens 4,3 v. T. festgesetzt. In Abs. 2 normiert der Gesetzgeber, dass bei Kreditinstituten und Versicherungen - "um die Verhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme dieser Kammermitglieder im Vergleich zu anderen Kammermitgliedern zu gewährleisten" - dieser Tausendsatz höchstens 0,55 v. T. betragen darf. In Abs. 3 leg. cit. wird bestimmt, dass der Kammertag der Bundeskammer beschließen kann, dass Teile der Bemessungsgrundlagen außer Betracht bleiben, "soweit deren Berücksichtigung zu einer unverhältnismäßigen Inanspruchnahme der Kammermitglieder führen würde". D. h., dass es der Bundeskammer obliegt, die Kammerumlage unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit festzusetzen. Die Abgabebehörden des Bundes sind gemäß Abs. 5 leg. cit. lediglich mit der Erhebung der Abgabe betraut. Durch den Gesetzgeber wird diesen keine Möglichkeit eingeräumt, Teile der Bemessungsgrundlage außer Ansatz zu lassen bzw. Kürzungen der Kammerumlage durchzuführen, sodass das diesbezügliche Beschwerdevorbringen schon deshalb ins Leere geht.

Im Übrigen hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , B 1933/94, VfSlg 14072, zu § 57 HKG idF BGBl. Nr. 958/1993 festgestellt,

"dass das Äquivalenzprinzip für die Bemessung von Gebühren, nicht aber für die Festsetzung von Abgaben der Art einer der Gesamtfinanzierung einer Selbstverwaltungsorganisation (hier: der Wirtschaftskammern) dienenden Umlage gelten kann. Denn eine Zuordnung der zentralen Aufgaben der Kammern, die gemeinsamen Interessen der in ihnen zusammengefassten Personen einerseits gegenüber dem Staat zu vertreten und andererseits gegenüber dem Sozialpartner durchzusetzen zu versuchen (vgl. § 1 Abs 1 iVm §§ 4, 6 und 19 HKG), lässt eine individuelle Zuordnung an einzelne Mitglieder naturgemäß gar nicht zu."

Wenn die Erstbeschwerdeführerin meint, dass - im Falle, dass § 57 Abs. 1 HKG als einer verfassungsmäßigen Interpretation in ihrem Sinne nicht zugänglich befunden werde - die genannte Bestimmung verfassungswidrig sei, weil sie die sachlich gebotenen Differenzierungen nicht vornehme, ist ihr entgegenzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis weiters ausgesprochen hat, dass es grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liege, an welche Kriterien er bei der Bemessung der Kammerumlage anknüpft. Der Gesetzgeber habe sich für ein Mischsystem (anknüpfend an die Lohnsumme, den Umsatz und die konkrete Inanspruchnahme von Kammerleistungen durch das Kammermitglied) entschieden. Der Verfassungsgerichtshof konnte nicht finden, dass der Gesetzgeber durch ein derartiges System das dem Gleichheitsgrundsatz innewohnende Sachlichkeitsgebot verletzt hätte. Es wurde weder die Kombination von Anknüpfungspunkten noch die Anknüpfung an die Umsätze als einen Indikator für die Unternehmensgröße als verfassungsmäßig bedenklich erachtet. Dass der Gesetzgeber in der 11. HKG-Novelle den Anknüpfungspunkt der Umsätze durch jenen der Vorsteuern ersetzt, vermag beim Verwaltungsgerichtshof keine verfassungsrechtliche Bedenken zu erwecken (in diesem Sinne auch Rill, Ist die so genannte Kammerumlage 1 verfassungswidrig?, RdW 1995, 501), zumal der Verfassungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis auch ausgesprochen hat, dass der Gesetzgeber statt an die Umsätze auch an die Umsatzsteuer anknüpfen könnte.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am