VwGH vom 29.03.2004, 2003/17/0332

VwGH vom 29.03.2004, 2003/17/0332

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über die Beschwerde des RM in Linz, vertreten durch Moringer & Moser Rechtsanwälte OEG in 4040 Linz, Hauptstraße 33, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom , Zl. Jv 50001-33a/03, betreffend Abweisung eines Antrages auf Nachlass von Gerichtskosten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und den ihr angeschlossenen Beilagen ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer den Nachlass ihm vorgeschriebener Kosten eines Strafverfahrens. In der Begründung dieses Antrages heißt es:

"... I. Mit rechtskräftigem Urteil des LGS Wien zu 12e Vr 6672/99, Hv 2531/00 (ON 317), wurde ich wegen der Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges, der versuchten betrügerischen Krida sowie der Vergehen der Urkundenfälschung sowie der Fälschung besonders geschützter Urkunden unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach den §§ 147 Abs 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Jahren sowie gemäß § 389 StPO zum Strafkostenersatz verurteilt.

Mit Beschluss des LGS Wien zu 12e Vr 6672/99, Hv 2531/00 vom wurden die Pauschalkosten mit Euro 2.000,00 bestimmt und von einem Dritten für mich bezahlt.

Mit weiterem Beschluss vom wurde ich zur Zahlung der Kosten des Sachverständigen ... in der Höhe von insgesamt Euro 39.208,45 verhalten.

Meiner gegen diesen Beschluss an das OLG Wien erhobenen Beschwerde wurde nicht Folge gegeben und mit Beschluss vom , 19 Bs 354/02, dem LG für Strafsachen Wien als Erstgericht aufgetragen, über den in meiner Beschwerde gestellten Antrag, die Kosten des Strafverfahrens für uneinbringlich zu erklären, zu entscheiden. Dieser Antrag wurde mit Beschluss vom , 12e Vr 6672/99, Hv 2531/00, abgewiesen.

Nunmehr wurde der gegenständliche Zahlungsauftrag erlassen.

Ich wurde in der 39. KW des Jahres 2002 nach § 46 Abs 1 StGB bedingt entlassen. Seit meiner Entlassung lebe ich bei meiner Lebensgefährtin, ... . Ich verfüge über kein wie auch immer geartetes Vermögen und bin auf Grund meines schlechten Gesundheitszustandes auch nicht in der Lage, eine Arbeit anzunehmen. Es ist auch als notorisch bekannt voraus zu setzen, dass es einem 60ig jährigen, bedingt aus der Haft Entlassenen, nur sehr schwer möglich ist, eine Arbeit zu finden.

Darüber hinaus habe ich - wie aktenkundig ist - Unterhaltspflichten gegenüber meinen beiden studierenden Kindern sowie meiner Ehegattin.

Die Pauschalkosten des Verfahrens in der Höhe von Euro 2.000,00 konnte ich nur durch die Hilfe Dritter bezahlen.

Die vom Erstgericht mehrfach in seinen Beschlüssen angesprochene Erbschaft wurde zur Gänze während meiner Haft zur Finanzierung des Lebensunterhaltes meiner Familie verwendet.

Die Einbringung der im Zahlungsauftrag vom festgesetzten Beträge ist daher mit besonderer Härte für mich als Zahlungspflichtigen verbunden, weswegen meinem Begehren auf Nachlass dieser Kosten stattzugeben ist ..."

Nach den Beschwerdebehauptungen brachte der Beschwerdeführer überdies vor, über kein sonstiges Vermögen zu verfügen sowie völlig mittellos und auf die Hilfe dritter Personen angewiesen zu sein. Aus diesem Grunde sei die Forderung bereits jetzt uneinbringlich, sodass sein Antrag auch nicht als "wenig erfolgsversprechend" erscheine.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde dem Antrag des Beschwerdeführers, die ihm vorgeschriebenen Kosten des Strafverfahrens gemäß § 9 Abs. 2 des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes, BGBl. Nr. 288/1962 (im Folgenden: GEG), (teilweise) nachzulassen, nicht Folge gegeben.

Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 9 Abs. 2 GEG könnten - von dem hier nicht in Betracht kommenden Fall des öffentlichen Interesses abgesehen - Gebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre. Das Vorbringen des Beschwerdeführers stelle sich jedoch inhaltlich als solches im Sinne des § 391 Abs. 2 der Strafprozessordnung, BGBl. Nr. 631/1965 (im Folgenden: StPO), dar, wonach das Gericht die Kosten für uneinbringlich zu erklären habe, wenn mit Grund anzunehmen sei, dass sie wegen Mittellosigkeit des Zahlungspflichtigen auch nicht bloß zum Teil hereingebracht werden könnten, wobei durch die Eintreibung weder der zu einer einfachen Lebensführung notwendige Unterhalt des Ersatzpflichtigen und seiner Familie, für deren Unterhalt er zu sorgen habe, noch die Erfüllung der aus der strafbaren Handlung entspringenden Pflicht zur Schadensgutmachung gefährdet werden dürfe. Gesuche um Nachlass von Kosten des Strafverfahrens seien als Anträge, die Kosten des Strafverfahrens nach § 391 Abs. 2 StPO für uneinbringlich zu erklären, zu behandeln, wenn darin behauptet werde, dass die Voraussetzungen des § 391 Abs. 1 StPO gegeben seien.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , B 483/03-6, ab und trat sie mit Beschluss vom , B 483/03-8, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In seiner über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Nachlass der Kosten gemäß § 9 Abs. 2 GEG verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 9 Abs. 2 GEG in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides in Kraft stehenden Fassung lautet:

"§ 9. ...

(2) Gebühren und Kosten können auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlass im öffentlichen Interesse gelegen ist."

§ 391 Abs. 1 und 2 StPO lautet:

"§ 391. (1) Die Kosten des Strafverfahrens sind jedoch vom Ersatzpflichtigen nur insoweit einzutreiben, als dadurch weder der zu einer einfachen Lebensführung notwendige Unterhalt des Ersatzpflichtigen und seiner Familie, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, noch die Erfüllung der aus der strafbaren Handlung entspringenden Pflicht zur Schadensgutmachung gefährdet wird.

(2) Ist nach den im Verfahren hervorgekommenen Umständen mit Grund anzunehmen, dass die Kosten des Strafverfahrens wegen Mittellosigkeit des Zahlungspflichtigen auch nicht bloß zum Teile hereingebracht werden können, so hat das Gericht, soweit tunlich, gleich bei Schöpfung des Erkenntnisses die Kosten für uneinbringlich zu erklären; andernfalls entfällt eine Entscheidung über die Einbringlichkeit der Kosten. Der Beschluss, womit die Kosten für uneinbringlich erklärt werden, kann jederzeit aufgehoben und, wenn später Umstände der bezeichneten Art hervorkommen, nachträglich gefasst werden."

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2001/17/0176, mit näherer Begründung, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, darlegte, ist § 391 Abs. 2 StPO eine auf die Kosten des Strafverfahrens abgestellte Spezialvorschrift, deren Anwendung der generellen Norm des § 9 Abs. 2 GEG vorgeht. Daraus wiederum folgt, dass der Ersatzpflichtige von Kosten eines Strafverfahrens die in § 391 Abs. 1 StPO umschriebenen Umstände nicht mit Erfolg zur Begründung eines auf § 9 Abs. 2 GEG gestützten Antrages ins Treffen führen kann. Dies bedeutet jedoch, wie der Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis weiter ausführte, nicht etwa, dass dem § 9 Abs. 2 GEG in Ansehung von Kosten des gerichtlichen Strafverfahrens jeder Anwendungsbereich entzogen wäre. Vielmehr sind durchaus Fallkonstellationen denkbar, in denen die Einbringung solcher Kosten eine besondere Härte darstellen kann, ohne dass deshalb die Voraussetzungen des § 391 Abs. 1 StPO vorliegen müssten. Den Justizverwaltungsbehörden kommt daher auch in Ansehung der Kosten des gerichtlichen Strafverfahrens eine abstrakte Zuständigkeit zur Entscheidung über auf § 9 Abs. 2 GEG gestützte Anträge zu.

Vorliegendenfalls hat der Beschwerdeführer nach seinem eigenen Vorbringen den Nachlassantrag insbesondere damit begründet, dass er völlig mittellos und solcherart auf die Hilfe dritter Personen angewiesen sei. Die in Rede stehende Forderung sei im Zeitpunkt seiner Antragstellung uneinbringlich gewesen. Er hat damit - wie die belangte Behörde zutreffend erkannte - ausschließlich unter § 391 Abs. 1 und 2 StPO subsumierbare Umstände geltend gemacht.

Unstrittig ist, dass der Antrag des Beschwerdeführers vom auf die Erlassung der in Rede stehenden Gerichtskosten in Anwendung des § 9 Abs. 2 GEG gerichtet war. Ein auf § 391 Abs. 1 und 2 StPO gestützter Antrag war im Übrigen zu diesem Zeitpunkt bereits vom Gericht abgewiesen worden.

Entgegen der missverständlichen Formulierung in der Begründung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde - wie der insofern unmissverständliche Spruch desselben zeigt - über den auf Nachlass der Kosten des Strafverfahrens gemäß § 9 Abs. 2 GEG gerichteten Antrag vom mit der nach dem Vorgesagten zutreffenden Begründung inhaltlich abweislich entschieden, die vom Beschwerdeführer allein ins Treffen geführten Umstände seien zur Begründung eines Nachlassbegehrens nach § 9 Abs. 2 GEG ungeeignet. Von einer - wie in der Beschwerde gerügt - unzulässigen Umdeutung des Antrages kann daher im Ergebnis nicht gesprochen werden (vgl. auch hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom ).

Da schon der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde - ungeachtet des vom Beschwerdeführer gestellten Verhandlungsantrages - gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Hinsichtlich der zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht ist, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am