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VwGH vom 22.10.1991, 91/14/0043

VwGH vom 22.10.1991, 91/14/0043

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Dr. B in I, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom , Zl. 30.873-3/90, betreffend Einkommensteuer 1985 bis 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In den nach einer abgabenbehördlichen Prüfung (im wiederaufgenommenen Verfahren) erlassenen Einkommensteuerbescheiden 1985 bis 1987 ließ das Finanzamt den Abzug der Versicherungsprämien für ein Versicherungspaket - beinhaltend eine Er- und Ablebensversicherung, eine Unfalltod-Zusatzversicherung und eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung - in der Höhe von jeweils rund S 88.000,-- als Betriebsausgaben nicht zu. Sonderausgaben für Personenversicherungen wurden nur bis zu dem nach § 18 Abs. 2 Z. 2 lit. a EStG 1972 errechneten Höchstbetrag berücksichtigt.

Die gegen diese Bescheide erhobene Berufung des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid ab. Sie führte im wesentlichen aus: Die vom Beschwerdeführer auf 36 Jahre abgeschlossene "Kapitalversicherung mit Gewinnbeteiligung" beinhalte laut Polizze eine Erlebens- und Ablebensversicherung (Versicherungssumme je S 1 Mio zuzüglich Gewinnsumme) mit Zusatzvereinbarungen betreffend Unfalltod (Erhöhung der Versicherungssumme auf S 2 Mio) und Berufsunfähigkeit. Versicherte Leistung bei der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung sei die Prämienbefreiung der Hauptversicherung und eine Berufsunfähigkeitsrente von monatlich S 20.000,-- (wertgesichert). Nach den allgemeinen Vertragsbedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung gelte der Versicherte dann als berufsunfähig, wenn er infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen seien, voraussichtlich auf Lebenszeit außerstande sei, seinen Beruf oder eine ähnliche Tätigkeit auszuüben, die seiner Ausbildung entspreche und gleichwertige Fähigkeiten und Kenntnisse voraussetze. Die allgemeinen Vertragsbedingungen legten auch ausdrücklich fest, daß die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit der Hauptversicherung eine Einheit bilde und ohne die Hauptversicherung nicht fortgesetzt werden könne. Da die Berufsunfähigkeitsversicherung demnach untrennbar mit einer - als Altersvorsorge typischerweise dem privaten Lebensbereich zuzuordnenden - Lebensversicherung verbunden sei, stehe der Anerkennung der Versicherungsprämien als Betriebsausgaben schon das Aufteilungsverbot entgegen. Selbst wenn man aber die einheitliche Prämie auf Haupt- und Zusatzversicherung aufteilen wolle, käme der Abzug der anteilig auf die Berufsunfähigkeitsversicherung entfallenden Zahlungen als Betriebsausgaben nicht in Betracht. Anders als bei der Betriebsunterbrechungsversicherung, die dem Versicherten den Ersatz des tatsächlich entgangenen Betriebsgewinnes einschließlich der laufenden Betriebsausgaben im Falle einer (vorübergehenden) Betriebsunterbrechung sichere, bestehe nämlich hier die versicherte Leistung in einer Versorgungsrente nach Beendigung der betrieblichen Tätigkeit und in der Prämienbefreiung von der (typisch privaten) Hauptversicherung (Lebensversicherung). Der Leistungsanspruch des Versicherten sei auch keineswegs nur auf eine durch berufsbedingte Erkrankungen hervorgerufene Berufsunfähigkeit eingeschränkt. Ein Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde müsse bei der Ausübung seines Berufes nicht typischerweise mit einer erhöhten (das allgemeine Gesundheitsrisiko erheblich übersteigenden) Erkrankungs- oder Unfallgefahr rechnen. Ein Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen könne somit hier nicht damit begründet werden, daß die strittige Versicherung (auch) das Risiko der Berufsunfähigkeit als Folge einer typischen Berufskrankheit decken solle. Die strittige Versicherung erfülle als Maßnahme einer allgemeinen Zukunftsvorsorge nicht den Betriebsausgaben-, sondern nur den Sonderausgabentatbestand gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972.

Durch diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer erkennbar in seinem Recht auf Anerkennung der strittigen Aufwendungen als Betriebsausgaben verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß Prämien zu freiwilligen Personenversicherungen grundsätzlich - auch bei einer gewissen betrieblichen Mitveranlassung - als Aufwendungen der privaten Lebensführung nicht als Betriebsausgaben absetzbar sind (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch, 2. Auflage, § 4 Tz 81, § 20 Tz 23). Private Zwecke sind bei einer Er- und Ablebensversicherung, wie sie der Beschwerdeführer abgeschlossen hat, durch die in dieser Versicherungsform enthaltene Sparkomponente offenkundig und keinesfalls unbedeutend (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/13/0098). Zutreffend weist die belangte Behörde darauf hin, daß auch die Benennung der Ehegattin des Beschwerdeführers als Bezugsberechtigte im Ablebensfall ein außerbetriebliches Element darstellt.

Zu einer anderen Betrachtung möchte der Beschwerdeführer gelangen, weil er mit der Lebensversicherung auch eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung abgeschlossen hat. Er behauptet eine einheitliche Versicherung und begehrt die steuerliche Anerkennung der gesamten Versicherungsprämie. Folgt man der vom Beschwerdeführer selbst betonten Einheitlichkeit des Versicherungsverhältnisses, so scheitert die begehrte Anerkennung der in der Polizze ausgewiesenen einheitlichen Prämie im Hinblick auf § 20 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 bereits an der zumindest gemischten Veranlassung. Es trifft keinesfalls zu, daß die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung dominierenden Charakter hätte. Dem Polizzennachtrag vom kann nämlich entnommen werden, daß auf die Zusatzprämie zwar ein gewichtiger, nicht aber der ganz überwiegende Teil der Gesamtprämie entfällt, sodaß die Lebensversicherung, der die Grundprämie zuzuordnen ist, nicht vernachlässigt werden kann. Anzumerken ist noch, daß nach den Versicherungsbedingungen im Falle der Berufsunfähigkeit die Verpflichtung zur Prämienzahlung für die Lebensversicherung als HAUPTversicherung entfällt, was für die Untrennbarkeit der abgeschlossenen Versicherungen spricht.

Nimmt man die Aufschlüsselung der Prämienbestandteile im erwähnten Polizzennachtrag aber zum Anlaß, eine Anerkennung (bloß) der Zusatzprämie als Betriebsausgabe zu erwägen, so gelangt man auch insoweit zu keinem für den Beschwerdeführer günstigen Ergebnis: Gegenstand der Versicherung ist nämlich nicht nur eine Berufsunfähigkeit infolge Realisierung eines typischen Berufsrisikos, sondern infolge jeglicher Erkrankung, Körperverletzung oder Kräfteverfalles. Im Vordergrund steht demnach die allgemeine Vorsorge für die Zukunft. Da es nach dem Umfang der abgeschlossenen Zusatzversicherung an einer ausreichend engen Verknüpfung mit der beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers fehlt, gehen seine weitwendigen Ausführungen zum speziellen Risiko eines HNO-Arztes ins Leere. Darin, daß die belangte Behörde hiezu keine wissenschaftlichen Abhandlungen eingeholt und erörtert hat, kann ein wesentlicher Verfahrensmangel nicht gelegen sein.

Der Beschwerdeführer möchte als operierender Facharzt mit einem Artisten verglichen werden und beruft sich auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 1951/76, und (erkennbar) vom , Zl. 81/13/0206. In diesen Erkenntnissen war als Beispiel für eine Personenversicherung, bei der das Moment der Freiwilligkeit in den Hintergrund tritt, der Fall eines Artisten genannt worden, der ein Auslandsengagement nur erhält, wenn er eine (private) Unfallversicherung abschließt. Eine vergleichbare berufliche Notwendigkeit bestand für den Beschwerdeführer aber nicht. Der Verwaltungsgerichtshof kann auch die Meinung des Beschwerdeführers, die Risken eines Artisten und eines HNO-Arztes wären nur durch die Berufsbezeichnung verschieden, nicht teilen.

Es mag sein, daß das vom Beschwerdeführer zitierte Urteil des Obersten Gerichtshofes vom , 7 Ob 55/86, betreffend eine Betriebsunterbrechungsversicherung, zur Entwicklung eines neuen Versicherungspaketes, das Schutz gegen das Risiko dauernder Berufsunfähigkeit bietet, geführt hat. Zur Frage der steuerlichen Anerkennung der strittigen Prämien als Betriebsausgaben kann diese Entscheidung aber nichts beitragen.

Schließlich will der Beschwerdeführer die Qualifizierung der Prämienzahlungen als Betriebsausgaben damit rechtfertigen, daß die zur Ausschüttung gelangenden Versicherungsrenten als Betriebseinnahmen besteuert würden. § 29 Z. 1 EStG 1972, welche Bestimmung der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang ins Treffen führt, betrifft aber gerade keine betrieblichen, sondern sonstige Einkünfte, die eben nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 6 EStG 1972 gehören. Von Betriebseinnahmen - denen die strittigen Aufwendungen als Betriebsausgaben entsprechen sollen - könnte daher auch bei dieser Betrachtung keine Rede sein. Zutreffend weist die belangte Behörde darauf hin, daß die strittigen Versicherungsprämien nicht der Sicherung künftiger betrieblicher Einnahmen dienen, sondern die Versorgung des Anspruchsberechtigten nach der Beendigung seiner beruflichen Tätigkeit (infolge dauernder Berufsunfähigkeit) gewährleisten sollen. Der Ansicht des Beschwerdeführers, die Verweigerung der Anerkennung der Versicherungsprämien als Betriebsausgaben wäre nahezu "sittenwidrig und rechtsmißbräuchlich", stimmt der Gerichtshof nicht zu. Die für Beiträge zu freiwilligen Personenversicherungen vorgesehene Begünstigung als Sonderausgaben ist dem Beschwerdeführer im übrigen ohnehin gewährt worden.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.