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VwGH vom 17.03.1994, 91/14/0040

VwGH vom 17.03.1994, 91/14/0040

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Hutter, über die Beschwerde des F in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , Zl. 13/66/2-BK/Ko-1990, betreffend Einkommensteuer 1986 und 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die B GmbH wurde gemäß Art. III § 10 GmbHG-Novelle 1980, BGBl. 1980/320, in sinngemäßer Anwendung der §§ 2 ff Umwandlungsgesetz, BGBl. 1954/187, zum auf den Beschwerdeführer als Alleingesellschafter umgewandelt. Die Handelsregistereintragung der Umwandlung im Sinn des § 5 Abs. 1 Umwandlungsgesetz erfolgte am .

Die B GmbH hatte das Optiker- und Handelsgewerbe betrieben. Mit Eingabe vom teilte sie dem Finanzamt mit, sie habe mit Ende Juni 1984 vorerst die Verkaufstätigkeit eingestellt und den beschäftigten Mitarbeiter gekündigt. In den nächsten Monaten sei daher nicht mit dem Entstehen von Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Umsatzsteuer zu rechnen. Es werde daher ersucht, "U, L und DB-Signal entsprechend zu ändern und die Überwachung einzustellen".

In der Bilanz der B GmbH zum sind als Aktiva ausschließlich Maschinen mit einem Buchwert von S 26.408,-- ausgewiesen. In der Bilanz zum (zugleich Umwandlungsbilanz) sind keine aktiven Wirtschaftsgüter ausgewiesen, die passiven Wirtschaftsgüter setzen sich wie folgt zusammen: Verbindlichkeit gegenüber Finanzamt (S 2.700,-- und S 51.734,--) sowie Privatdarlehen (S 595.435,32). Die Gewinn- und Verlustrechnung für 1985 weist als einzigen Ertrag den Erlös aus Anlagenverkäufen von S 13.500,-- aus.

Bei der gemäß § 200 Abs. 1 BA0 vorläufigen Festsetzung der Einkommensteuer des Beschwerdeführers für 1986 und 1987 berücksichtigte das Finanzamt als Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 EStG 1972 Verluste, die bei der B GmbH erwachsen waren, und zwar für 1986 mit einem Betrag von S 445.586,-- und für 1987 mit einem Betrag von S 397.912,--.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, daß die B GmbH seit ihrer Gründung im Jahr 1979 nur Verluste erwirtschaftet habe und ihre Verkaufstätigkeit im Juni 1984 eingestellt worden sei. Zum sei der einzige Arbeitnehmer, der Geschäftsführer P. R., gekündigt und die Gewerbeberechtigung zurückgelegt worden. Im Jahre 1984 habe die B GmbH auch den Mietvertrag gekündigt und das Geschäftslokal geräumt sowie Inventar, optische Maschinen und Geräte sowie Handelswaren (Brillenfassungen, etc.) abverkauft. Im Jahre 1985 sei das restliche Anlagevermögen um S 13.500,-- verkauft worden. Aus der Umwandlung der B GmbH zum habe der Beschwerdeführer ausschließlich Verbindlichkeiten übernommen. Es sei daher zu keiner Übertragung eines Betriebes von der GmbH an den Beschwerdeführer gekommen. Der Beschwerdeführer habe auch nicht den Betrieb der B GmbH weitergeführt. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als Dienstnehmer der Firma M. Optik habe er nebenberuflich Erlöse aus vermittelnder und beratender Tätigkeit auf dem Werbesektor erzielt, und zwar im Jahre 1986 außerordentliche Erlöse von S 2.700,-- und im Jahre 1987 (ab September dieses Jahres) Provisionserlöse von S 60.000,--. Da somit der Betrieb, der die Verluste verursacht hatte, nicht von der B GmbH auf den Beschwerdeführer übergegangen sei, könnten beim Beschwerdeführer die Verlustvorträge nicht anerkannt werden.

Mit den gemäß § 200 Abs. 2 BA0 endgültigen Bescheiden hob das Finanzamt für 1986 die Veranlagung auf - mit gesondertem Bescheid sprach es aus, daß die Einkommensteuer 1986 gemäß § 41 Abs. 1 EStG nicht veranlagt werde - und setzte für 1987 die Einkommensteuer mit einem geänderten Betrag fest, wobei es zu keiner Anerkennung von Verlustvorträgen kam.

In der Berufung gegen die vorgenannten Bescheide begehrte der Beschwerdeführer die Anerkennung der geltend gemachten Verluste gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 EStG. Zur Begründung führte er aus, J. R. habe zwar als Optikermeister der B GmbH die Gewerbeberechtigung vermittelt, er sei auch für die Herstellung von Brillen verantwortlich gewesen; alle kaufmännischen Entscheidungen (Einkauf, Verhandlungen mit Banken, Überwachung des Rechnungswesens, Durchführung von Werbekampagnen, etc.) habe aber der Beschwerdeführer getroffen. Der Beschwerdeführer sei bis auch noch Außendienstmitarbeiter einer Brillenvertriebs-GmbH gewesen. Deshalb habe er seine Geschäftsführertätigkeit für die B GmbH zumindest im Bezirk V. für alle Mitbewerber am Markt verdeckt halten müssen. Spätestens 1982 sei klar gewesen, daß die B GmbH in der bestehenden Form am Markt nicht reüssieren könne. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei die Sanierung des Betriebes zur vordringlichsten Aufgabe geworden. Da es bis Sommer 1984 nicht gelungen sei, einen anderen gewerberechtlichen Geschäftsführer zu finden, sei in Anbetracht der angewachsenen Verluste die Aufgabe des Optikergewerbes zum ein Gebot der Stunde gewesen. Nur durch die Kündigung des gewerberechtlichen Geschäftsführers hätten existenzbedrohende Zukunftsverluste hintangehalten werden können. Da der Beschwerdeführer selber keine Meisterprüfung als Optiker abgelegt habe, sei bereits damals unzweifelhaft gewesen, daß die Fortführung der Geschäftstätigkeit der B GmbH nur in Form der von Anfang an mitbetriebenen Aktivitäten im Bereich des Handels betrieben werden könne. Es sei in der Folge versucht worden, eine entsprechende Generalvertretung für Österreich zu erhalten; dabei seien bereits 1985/1986 entsprechende Kontakte zu verschiedenen Anbietern geknüpft worden, die aber wegen der internationalen Verflechtung und der nichtselbständigen Beschäftigung des Beschwerdeführers bei einer Brillenvertriebs-GmbH mit entsprechender Vorsicht geführt worden seien. Im März 1990 sei aber ein Vertrag über die Generalvertretung mit der französischen Firma L abgeschlossen worden, der Beschwerdeführer sei sodann mit aus seiner nichtselbständigen Tätigkeit ausgeschieden und betreibe nunmehr einen Brillengroßhandel in L. In den Jahren 1985 bis 1989 seien zwar nur relativ wenige Umsätze erzielt worden, das sei aber auf die schwierigen Verhandlungen mit den ausländischen Partnern zurückzuführen.

In der mündlichen Verhandlung brachte der Beschwerdeführer vor, die B GmbH sei zunächst überwiegend für die Ausübung des Optikergewerbes geschaffen worden. Im Sommer 1984 sei die verlustbringende Optikertätigkeit eingestellt und der Handelsbereich forciert worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der Abzug von Verlusten, die vor der Umwandlung entstanden seien, könne von den Rechtsnachfolgern nur in den Grenzen des Art. IV § 1 Abs. 3

2. Satz GmbHG-Novelle 1980 beansprucht werden. Danach hänge der Übergang der Verlustvorträge u.a. von einer Objektidentität ab. Die Verlustvorträge müssen dem übertragenen Betrieb zugerechnet werden können. Die B GmbH habe den Verluste erzielenden Betrieb aber eingestellt. Durch die Kündigung des Geschäftsführers, die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung, die Räumung des Geschäftslokals und den Abverkauf des Inventars ergebe sich eine Betriebsaufgabe. Auch aus der Gewinn- und Verlustrechnung für 1985 sei lediglich ein geringfügiger Erlös (und zwar aus Anlagenverkäufen) ersichtlich.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht auf Berücksichtigung der bei der B GmbH entstandenen Verluste als Verlustvorträge im Sinn des § 18 Abs. 1 Z 4 EStG 1972 verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Aus Art. IV § 1 GmbHG-Novelle 1980 ergibt sich:

Beschließt eine Gesellschaft, die gemäß Art. III §§ 2 und 4 GmbHG-Novelle zur Einzahlung des Fehlbetrages auf S 250.000,-- oder zur Kapitalerhöhung verpflichtet ist, ihre Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz 1954, und wird der Beschluß bis längstens zum Handelsregister angemeldet, so unterbleibt bei der umgewandelten Gesellschaft, wenn ihre Buchwerte fortgeführt werden, eine Besteuerung gemäß den §§ 18 und 19 Abs. 1 KStG 1966 (§ 1 Abs. 1).

Gemäß § 1 Abs. 2 ist Abs. 1 auch auf Gesellschaften anzuwenden, auf die die Voraussetzungen des Art. III § 10 zutreffen, wenn im Rahmen der Umwandlung ein Betrieb übertragen wird. Gemäß § 1 Abs. 3 sind der § 3 Abs. 2 und die §§ 4 bis 7 im Art. II sowie die Art. VI und VII des Strukturverbesserungsgesetzes auf Vorgänge im Sinne des § 1 Abs. 1 und 2 entsprechend anzuwenden. Der Abzug von Verlusten gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 EStG und von Fehlbeträgen gemäß § 6 Abs. 3 GewStG, die vor der Umwandlung entstanden sind, kann von den Rechtsnachfolgern nur mit jenem Betrag in Anspruch genommen werden, der sich aus dem Ausmaß ihrer Beteiligung an der umgewandelten Gesellschaft im Zeitpunkt der Umwandlung ergibt und der dem übertragenen Betrieb zugerechnet werden kann; das Ausmaß der Beteiligung verringert sich um jene Anteile, die nach dem im Wege der Einzelrechtsnachfolge erworben worden sind, sofern die vorzutragenden Verluste oder Fehlbeträge nicht erst in Wirtschaftsjahren entstanden sind, die nach dem Anteilserwerb begonnen haben oder in Abgabenvorschriften nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist.

Gemäß Art. III § 10 GmbHG-Novelle 1980 kann eine Gesellschaft, die kein Vollhandelsgewerbe und kein Handelsgewerbe betreibt und die gemäß §§ 2 bis 4 zur Einzahlung des Fehlbetrages auf S 250.000,-- oder zur Kapitalerhöhung verpflichtet ist, ihre Umwandlung in sinngemäßer Anwendung des Umwandlungsgesetzes durch Übertragung des Unternehmens auf einen Gesellschafter oder auf eine Erwerbsgesellschaft nach bürgerlichem Recht beschließen; der Beschluß ist bis längstens zum Handelsregister anzumelden.

Die B GmbH führte nach ihrer Gründung im Jahr 1979 einen Betrieb, der zunächst im wesentlichen die Optikertätigkeit und in untergeordnetem Ausmaß den Handel mit Brillen umfaßte. Wesentliche Betriebsgrundlagen sind bei produzierenden Gewerbebetrieben das Betriebsgebäude bzw. das Mietrecht am Betriebslokal, sowie maschinelle Anlagen und Einrichtungen, bei Einzelhandelsunternehmungen zusätzlich das Warenlager. Wesentliche Betriebsgrundlagen bei Großhandel oder Generalvertretungen sind Geschäftsverbindungen mit Kunden und Auftraggebern (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch EStG 1988, § 24 Tz 22.4).

Die B GmbH gab im Jahr 1984 ihr Mietrecht durch Kündigung des Mietvertrages auf und veräußerte das gesamte Anlagevermögen bis auf einige Maschinen, die sie sodann im Jahr 1985 verkaufte, sowie das gesamte Umlaufvermögen. Sie hat sich damit ihrer wesentlichen Geschäftsgrundlagen bereits vor dem Umwandlungsstichtag entledigt. Die B GmbH betrieb weder einen Großhandel noch erlangte sie eine Generalvertretung; der Beschwerdeführer behauptet auch nicht, daß die in diesem Fall eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellenden Geschäftsverbindungen zu Kunden und Auftraggebern (insbesondere Kundenstock) im Jahre 1985 noch in relevanter Weise vorhanden gewesen wären. Auch seinem Vorbringen nach konnte die B GmbH auf dem Markt nicht reüssieren, und wurde eine Generalvertretung nicht von der B GmbH, sondern erst von ihm, und zwar erst im Jahre 1990 erlangt. Er bestreitet auch nicht, daß in den Jahren 1985 bis 1987 keine Handelsumsätze (abgesehen vom Verkauf von geringfügigem Anlagevermögen im Jahr 1985) erzielt wurden. Bei dieser Sachlage und unter Berücksichtigung der Umstände, daß die Gewerbeberechtigung zurückgelegt, der einzige Dienstnehmer gekündigt und dem Finanzamt die (zumindest vorläufige) Einstellung der werbenden Tätigkeit mitgeteilt worden war, konnte die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen, daß spätestens im Jahr 1985, jedenfalls jedoch bereits vor dem Umwandlungsstichtag der Betrieb der GmbH aufgegeben war. Durch den bloßen Versuch, eine Generalvertretung für den Handel mit Brillen zu erlangen - nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers konnte dieses Bestreben in Anbetracht seiner Tätigkeit als Dienstnehmer eines Konkurrenzunternehmens ohnedies nur vorsichtig betrieben werden - steht in Anbetracht der anderen Umstände der Betriebsaufgabe nicht entgegen.

Der Beschwerdeführer bringt zutreffend vor, daß eine Betriebseinschränkung noch nicht zur Aufgabe des Betriebes führt. Von einer Betriebseinschränkung kann aber nicht die Rede sein, wenn das gesamte Vermögen veräußert wird und keine Warenumsätze mehr getätigt werden. Der Verwaltungsgerichtshof kann der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Ansicht, die Bedienung der Betriebskredite und der Abverkauf von Anlagevermögen deuteten auf die Aufrechterhaltung des Betriebes, nicht beitreten. Auch der Umstand, daß der Beschwerdeführer als natürliche Person im Jahre 1986 eine andere betriebliche Tätigkeit (Vermittlungstätigkeit) entfaltet hat, um die Zinsen der von der B GmbH aufgedeckten Kredite zu decken, und daß der Beschwerdeführer schließlich im Jahre 1990 in L. einen Brillengroßhandel eröffnet hat, stehen der Aufgabe des Betriebes durch B GmbH nicht entgegen.

Der Anwendungsbereich des Umwandlungsgesetzes wurde durch die GmbHG-Novelle 1980 auch auf Gesellschaften erweitert, die kein Vollhandelsgewerbe betreiben. Voraussetzung für die Anwendbarkeit der steuerlichen Vorschriften des Art. IV GmbHG-Novelle 1980 ist allerdings, daß im Rahmen der Umwandlung ein BETRIEB - im Sinne der §§ 21 bis 23 EStG 1972 (vgl. Putschögl-Bauer-Quantschnigg, Kommentar zum KStG 1966, § 8 Tz 11.3) - übertragen wird (vgl. Helbich, Umgründungen4, Seite 381 f). Da im gegenständlichen Fall im Rahmen der Umwandlung ein Betrieb nicht übergegangen ist, kommt § 1 Abs. 3 des Art. IV GmbHG-Novelle 1980, aus welcher Bestimmung sich das Recht des Beschwerdeführers auf Geltendmachung der Verlustvorträge hinsichtlich der Verluste der B GmbH ergeben könnte, nicht zur Anwendung. Zudem ergäbe sich aus dem 2. Satz des § 1 Abs. 3 des Art. IV GmbHG-Novelle 1980 der Ausschluß des Rechtes auf Geltendmachung der Verlustvorträge, weil ein Betrieb eben nicht übertragen wurde (vgl. Helbich, Umgründungen4, Seite 389). Der angefochtene Bescheid, mit welchem die Verluste der B GmbH nicht als Sonderausgaben iSd § 18 Abs. 1 Z 4 EStG berücksichtigt wurden, erweist sich daher nicht als rechtswidrig.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.