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VwGH vom 14.05.1991, 91/14/0039

VwGH vom 14.05.1991, 91/14/0039

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom , Zl. 30.881-3/90, betreffend Einkommensteuer 1983 bis 1987 sowie Vermögensteuer ab 1. Jänner der Jahre 1984 bis 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen im Betrag von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf die 1971 geborene Beschwerdeführerin sind als testamentarische Alleinerbin nach ihrem im Jänner 1988 infolge eines Sturzes vom Dach verstorbenen Vaters, von dem sie infolge Scheidung der Ehe der Eltern getrennt gelebt hatte, gemäß § 19 Abs. 1 BAO die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Vaters übergegangen. Die Beschwerdeführerin läßt es dahingestellt, ob der Todessturz auf Grund eines Unfalles oder in Selbstmordabsicht erfolgte. Am Todestag hatte der Vater der Beschwerdeführerin in einem gegen ihn wegen des Verdachtes der Verkürzung von Einkommensteuer in den Jahren 1983 bis 1986 aus Einkünften aus Kapitalvermögen "resultierend aus der Verlassenschaft nach" einem 1983 verstorbenen Onkel vor dem Finanzamt folgende Aussage abgelegt:

"Ich bin über meine Rechte belehrt worden und weiß vom Gegenstand der Einvernahme. Über Vorhalt: Die beiden in Rede stehenden Sparbücher des ÖCI mit den Nummern ... und ... haben Frau M. und ich wie aus den Sparkonten ersichtlich realisiert und den Gesamtbetrag halbiert. Davon wußten nur Frau M. und ich. Ich habe sodann diesen Betrag auf ein auf Überbringer lautendes Sparbuch überweisen lassen, und zwar ebenfalls beim ÖCI. Glaublich hat auch Frau M. dieselbe Vorgangsweise gewählt. Wir haben dies deshalb gemacht, um allenfalls zu entrichtende Steuern zu sparen. Wie ich heute einsehe, hätten wir diese Vorgangsweise nicht wählen sollen, zudem ich eigentlich nicht lügen kann, daher auch mein umfassendes, freiwillig gemachtes Geständnis, welches ich bitte, bei der Strafbemessung und überhaupt entsprechend zu würdigen."

Das Finanzamt folgte einer Schätzung der abgabenbehördlichen Prüfer, laut der vom Vater der Beschwerdeführerin seit 1983 von dem auf ihn aus der Erbschaft nach seinem Onkel entfallenen und von ihm sogleich zinstragend angelegten Realisat von rund S 1,000.000,-- jährlich S 200.000,-- sowie die Zinsen von durchschnittlich 5,25 % pro anno verbraucht wurden. Es unterzog daher die Zinsen von diesem fallenden Kapital in den Jahren des Streitzeitraumes als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Besteuerung vom Einkommen und die fallenden Spareinlagen als sonstiges Vermögen der Besteuerung vom Vermögen.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gegen die betreffenden Bescheide des Finanzamtes hinsichtlich dieser Besteuerung nicht Folge. Sie erachtete die Behauptung der Beschwerdeführerin, deren Vater habe den von ihm geerbten Betrag schon 1983 in einem Casino in Jugoslawien verspielt, wofür sie auf die Aussage eines Baumeisters verwies, für nicht glaubhaft gemacht, weil diese Aussage zu unbestimmt sei. Auch der Aussage einer zweiten Person lasse sich dergleichen nicht entnehmen. Wohl seien durch diese Aussage höhere Geldausgaben während der Urlaube, die sich allerdings von denen aus der Zeit vor dem Erbfall nicht unterschieden hätten, bestätigt worden. Diesem Umstand sei durch die Schätzung (jährliche Ausgaben an Kapital und Zinsen von rund S 250.000,--) ausreichend Rechnung getragen, zumal der Vater der Beschwerdeführerin noch über beträchtliche Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb sowie aus Vermietung und Verpachtung verfügt habe. Gegen die Behauptung der Beschwerdeführerin spreche die Aussage ihres Vaters an dessen Todestag vor der Finanzstrafbehörde. Es sei daher von der nach den Lebensverhältnissen naheliegendsten Annahme auszugehen, daß ein relativ hoher Kapitalbetrag solang angelegt werde, wie es den Erfordernissen relativer Sicherheit einerseits und relativer Wirtschaftlichkeit andererseits am ehesten entspreche (VwSlg. 5206 F/1978). Aus der Tatsache, daß das Schließfach bei seiner gewaltsamen Öffnung im Rahmen des Finanzstrafverfahrens im Sommer 1988 leer gefunden worden sei, lasse sich nichts für die Beschwerdeführerin gewinnen, weil auch bei der Schätzung davon ausgegangen worden sei, daß der 1983 geerbte Betrag 1988 bereits verbraucht gewesen sei.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in dem Recht verletzt, für Kapitalerträge aus dem erwähnten Erbteil nicht zur Einkommensteuer und aus dem Kapitalbetrag nicht zur Vermögensteuer herangezogen zu werden. Sie behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf Grund der vom Vater der Beschwerdeführerin an dessen Todestag im Finanzstrafverfahren abgelegten, oben wiedergegebenen Aussage durfte die belangte Behörde als erwiesen annehmen, daß der Vater der Beschwerdeführerin im Jahre 1983 den Betrag von über S 1,000.000,-- aus dem Nachlaß seines Onkels behoben und sodann auf ein auf Überbringer lautendes Sparbuch beim selben Kreditinstitut überwiesen hatte. Diese Aussage zeigt keinen Hinweis darauf, daß der Vater der Beschwerdeführerin bei seiner Deposition nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte gewesen sein könnte. Es sind die Nummern der Konten von denen behoben wurde angeführt und es ist der Aussage zu entnehmen, wie vom Vater der Beschwerdeführerin über den Betrag unmittelbar nach der Behebung verfügt wurde. Dabei handelt es sich um eine Mitteilung über Vorgänge, die nur der Vater der Beschwerdeführerin selbst wissen konnte. Aus dem Todessturz vom Dach seines Hauses nach der Vernehmung vor der Finanzstrafbehörde läßt sich gegen die Glaubwürdigkeit der Aussage nichts gewinnen. Die in dieser Aussage enthaltene Bemerkung "zumal ich eigentlich nicht lügen kann" unterstreicht die subjektive und objektive Wahrhaftigkeit der Deposition. Von einer Person, die sich nicht im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte befindet, sind nach der Lebenserfahrung derartige Angaben nicht zu erwarten. Es ist daher nicht zu beanstanden, daß die belangte Behörde der Aussage Glauben schenkte.

Ausgehend von dieser Überlegung bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung, den seinerzeit vernehmenden Finanzbeamten noch dazu zu hören, mit welchem Inhalt er den Beschuldigten über den Gegenstand der Einvernahme (Hinterziehung von Erbschaftsteuer oder Hinterziehung von Einkommen- und Vermögensteuer) belehrt hatte, um solcherart zu klären, ob die Worte der Aussage "um allenfalls zu entrichtende Steuern zu sparen" auf Einkommen- und Vermögensteuer oder nur auf Erbschaftsteuer bezogen waren. Selbst wenn letzeres der Fall gewesen sein sollte, oblag nämlich dem Steuerpflichtigen der Nachweis oder zumindest die Glaubhaftmachung dafür, daß der von ihm auf ein Überbringersparbuch und damit zinstragend angelegte Betrag in der Folge verbraucht wurde, weil er das nach der allgemeinen Lebenserfahrung eher ungewöhnliche Verhalten, nämlich das Verspielen einer so hohen Summe im Casino im Jahre 1983, darzutun gehabt hätte (vgl. Verwaltungsgerichtshof , 82/14/0027, 0068, ÖStZB 1983, 254). Da durch die Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten ihres Vaters auf die Beschwerdeführerin übergegangen sind, trifft diese auch die Pflicht zum Nachweis oder zumindestens zur Glaubhaftmachung der vom normalen Lauf der Dinge abweichenden Vorgänge, die für Bestand und Umfang der Abgabenpflicht von Bedeutung sein können. Gemäß § 138 Abs. 1 BAO hat nämlich auf Verlangen der Abgabenbehörde der Abgabepflichtige in Erfüllung der Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt seines Anbringens zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen, jedenfalls aber glaubhaft zu machen, letzteres unabhängig von der Zumutbarkeit einer solchen Glaubhaftmachung. Denn nach der zitierten Vorschrift ist Glaubhaftmachung erlaubt, soweit der Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden kann.

Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin ist nicht zu beanstanden, daß die belangte Behörde mangels derartiger Glaubhaftmachung von einem Verhalten des Vaters der Beschwerdeführerin ausging, das bei der gegebenen Situation eher der Lebenserfahrung entspricht.

Der Aussage des Baumeisters war entnehmbar, daß sich dieser vom Vater der Beschwerdeführerin schon seit mehreren Jahren einen Auftrag zur Generalsanierung eines Gebäudes in Millionenhöhe erhofft hatte. Vom Vater der Beschwerdeführerin hatte der Baumeister von der Erbschaft erfahren, die nicht nur in Geld- sondern auch in Liegenschaftsbesitz bestanden hatte. Trotz dieser Erbschaft hatte der Vater der Beschwerdeführerin dem Baumeister erklärt, daß eine Generalsanierung im großen Stil wegen der Höhe der Kosten nicht vorgenommen werden könne, jedoch wurde die Erstellung eines Konzeptes vereinbart. Zu einer solchen Erstellung sei es aber nicht gekommen. "Glaublich 1984" habe der Vater der Beschwerdeführerin dem Baumeister erklärt, daß es mit der Sanierung doch nichts werde, weil er "einen Blödsinn geschossen" habe, er habe vorerst in Jugoslawien ein Haus am Strand kaufen wollen, habe dazu einen Geldbetrag von gut S 1,000.000,-- bei sich gehabt, das Geld jedoch im Casino verspielt. Nähere Angaben über Ort und Zeit seien nicht gemacht worden.

Der belangten Behörde ist darin beizupflichten, daß diese Aussage zur Glaubhaftmachung des Vorbringens der Beschwerdeführerin nicht genügte. Von der unzureichenden zeitlichen Einordnung des Hörensagenberichtes abgesehen, läßt sich nämlich nicht ausschließen, daß der Vater der Beschwerdeführerin durch die Erzählung gegenüber dem Baumeister nur einen Vorwand gebrauchte, um auf die in Aussicht genommene Erstellung eines Sanierungskonzeptes nicht mehr zurückkommen zu müssen. Die Auskunftsperson bestätigte nämlich, sich darüber geärgert zu haben, daß aus dem Sanierungsauftrag nichts geworden sei.

Die andere Auskunftsperson bestätigte eine gewisse Großzügigkeit des Vaters der Beschwerdeführerin, wenn er getrunken hatte, bei der Bewirtung seiner Urlaubsbegleiter (Größenordnung ca. S 20.000,--). Der Urlaub 1983 sei wie die anderen zuvor verlaufen. Dieser Auskunftsperson war nicht erinnerlich, daß der Vater der Beschwerdeführerin in diesen Jahren mehr Geld ausgegeben habe als während früherer Urlaube. Von Spielverlusten berichtete die Auskunftsperson nicht. Auch dieses Ermittlungsergebnis erlaubte daher keine Feststellung im Sinne der Behauptung der Beschwerdeführerin.

Der Vorwurf, die belangte Behörde messe mit zweierlei Maß, weil sie aus dem Umstand, daß das Schließfach bei seiner gewaltsamen Öffnung im Zuge des Finanzstrafverfahrens im Jahre 1988 leer gewesen sei, keine für die Beschwerdeführerin günstigen Schlüsse gezogen habe, ist unberechtigt. Auf Grund der Glaubhaftmachung einer gewissen Großzügigkeit des Vaters der Beschwerdeführerin während seiner Urlaube durfte die belangte Behörde der erwähnten Schätzung jährlicher Ausgaben folgen. Diese Ausgaben hatten aber dazu geführt, daß im Jahr der Öffnung des Schließfaches die ererbte Summe aufgebraucht war, sodaß das Fehlen eines Sparbuches keinen Beweis dafür darstellte, daß ein solches auch in den Jahren 1983 bis 1987 nicht vorhanden gewesen sei.

Die Beweiswürdigung der belangten Behörde ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Da weder eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides noch eine Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften durch die belangte Behörde festgestellt werden konnte, bei deren Beachtung diese zu einem für die Beschwerdeführerin günstigeren Bescheid hätte gelangen können, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.