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VwGH vom 20.03.2006, 2003/17/0251

VwGH vom 20.03.2006, 2003/17/0251

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der AF in Wien, vertreten durch Dr. Walter Fleissner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Straße 21, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See als Vorstellungsbehörde vom , Zl. ND-02-04-1-1-2003, betreffend den Anschlussbeitrag gemäß dem Kanalabgabegesetz (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Podersdorf am See, Hauptstraße 2, 7141 Podersdorf am See), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, die Abwässer einer näher bezeichneten Liegenschaft in die wasserrechtlich bewilligte Kanalisationsanlage der mitbeteiligten Marktgemeinde einzuleiten. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am durch Hinterlegung zugestellt.

Mit Bescheid vom (zugestellt am ) schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde der Beschwerdeführerin einen Anschlussbeitrag für diese Liegenschaft in Höhe von EUR 5.316,50 (einschließlich Umsatzsteuer) vor, wobei eine Fläche von 333,32 m2 und ein Beitragssatz von EUR 14,50 der Berechnung zu Grunde gelegt wurde. Begründend wurde ausgeführt, die Kanalanschlussverpflichtung sei mit Bescheid vom ausgesprochen worden und der Bescheid in Rechtskraft erwachsen. Mit Verordnung des Gemeinderates vom über die Einhebung eines Anschlussbeitrages nach dem Kanalabgabegesetz sei der Beitragssatz mit EUR 14,50 festgesetzt worden. Die Errichtungskosten der Kanalisationsanlage betrügen EUR 7,875.273,49.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen die Vorschreibung des Anschlussbeitrages Berufung und führte darin aus, die mitbeteiligte Marktgemeinde habe mit Verordnung vom den Beitragssatz für die Errichtungskosten der Kanalisationsanlage mit S 70,-- (EUR 5,09) festgesetzt. Diese Verordnung sei am in Kraft getreten. Eine Anhebung dieses Beitragssatzes um nahezu das Dreifache sei mit Verordnung vom , welche mit in Kraft getreten sei, erfolgt. Der Kanalanschluss für das Wohnhaus der Beschwerdeführerin sei bereits 1999 fertig gestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei sie auch in das Haus eingezogen und benütze es seitdem. Die Fertigstellung des Kanalanschlusses sei somit vor der Änderung des Beitragssatzes erfolgt. Es stelle eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes dar, wenn die Höhe des Beitrages vom Datum der "Vorschreibung der Kanalabgabe" abhängig sein solle. Die Anhebung des Beitragssatzes in derartigem Ausmaß sei auch sachlich nicht gerechtfertigt, weil aus den Verordnungen ersichtlich sei, dass sich die gesamten Herstellungskosten lediglich um ca. 40 % erhöht hätten. Die Abgabenbehörde hätte entsprechend dem Fertigstellungszeitpunkt bei der Vorschreibung noch den Beitragssatz von EUR 5,09 heranziehen müssen.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde der Berufung keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Abgabenbescheid bestätigt.

Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Vorstellung und brachte darin im Wesentlichen vor, die Berufungsbehörde sei auf ihr Vorbringen, wonach die Anwendung des Beitragssatzes gemäß der Verordnung vom nicht sachlich gerechtfertigt gewesen sei, nicht eingegangen. Die Vorschreibung der Kanalanschlussgebühr müsse sich, um für alle Bescheidempfänger gleich zu sein, auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Anschlusses beziehen. Das Haus der Beschwerdeführerin sei zum Zeitpunkt der Erlassung des Kanalanschlussbescheides bereits zwei Jahre an das Kanalnetz angeschlossen gewesen. Die Abgabenbehörde habe nicht festgestellt, zu welchem Zeitpunkt der Anschluss des Kanals tatsächlich erfolgt sei. § 5 Abs. 3 Bgld KanalAbgG, wonach der Abgabenanspruch mit Rechtskraft des Anschlussbescheides bzw. der Anschlussbewilligung entstehe, sei jedoch "inhärent", dass der "Abgabenempfänger" den Anschlussbescheid zeitnah mit dem tatsächlichen Anschluss an den Kanal ausstelle. Der "Abgabenempfänger" könnte andernfalls willkürlich mit der Ausstellung des Anschlussbescheides auf die nächste oder übernächste Erhöhung der Beitragssätze zuwarten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Vorstellung keine Folge gegeben und die Berufungsentscheidung des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde bestätigt. Begründend wurde nach Wiedergabe der Rechtslage und des Verfahrensganges ausgeführt, mit Bescheid des Bürgermeisters vom sei dem § 3 Bgld Kanalanschlussgesetz, wonach die Behörde frühestens nach dem Eintritt der Rechtskraft der wasserrechtlichen Bewilligung für den zur Entsorgung der betreffenden Anschlussgrundfläche geeigneten Straßenkanal einer öffentlichen Kanalisationsanlage den Eigentümer der Anschlussgrundfläche mit schriftlichem Bescheid zum Anschluss zu verpflichten habe, entsprochen worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Verordnung des Gemeinderates vom in Geltung gestanden. Es sei der darin festgelegte Beitragssatz heranzuziehen gewesen. Der Zeitpunkt der tatsächlichen Durchführung des Kanalanschlusses sei oftmals nur sehr schwer festzustellen. Aus diesem Grund ziele das Kanalabgabegesetz nur auf den Zeitpunkt der ausgesprochenen Anschlussverpflichtung bzw. Anschlussbewilligung ab. Auf den Einwand betreffend die Höhe des mit Verordnung festgesetzten Beitragssatzes könne im Vorstellungsverfahren nicht eingegangen werden, weil eine "derartige Verordnung seitens der Aufsichtsbehörde, des Amtes der Burgenländischen Landesregierung gemäß § 82 Bgld Gemeindeordnung zu prüfen und zur Kenntnis zu nehmen" sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, erklärte in einem Begleitschreiben, die Bescheidbegründung "zum Inhalt dieser Gegenschrift" zu machen und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Durch § 2 Abs. 1 Burgenländisches Kanalabgabengesetz - KAbG (im Folgenden: Bgld KanalAbgG), LGBl. Nr. 41/1984, werden die Gemeinden ermächtigt, durch Verordnung des Gemeinderates Kanalisationsbeiträge (Erschließungsbeitrag, vorläufiger Anschlussbeitrag, Anschlussbeitrag, Ergänzungsbeitrag, vorläufiger Nachtragsbeitrag, Nachtragsbeitrag) zur Deckung der Errichtungskosten der Kanalisationsanlage zu erheben. An Kanalisationsbeiträgen darf jedoch jeweils insgesamt nicht mehr erhoben werden, als den von der Gemeinde geleisteten oder voranschlagsmäßig zu leistenden Aufwendungen für die Kanalisationsanlage entspricht. Nach Abs. 2 leg. cit. zählen die den Gemeinden für die Errichtung der Kanalisationsanlage gewährten Zuschüsse, die nicht zurückzuzahlen sind, nicht zu den in Abs. 1 genannten Aufwendungen. Das Beitragsausmaß ergibt sich nach § 2 Abs. 6 leg. cit. aus dem mit der Berechnungsfläche vervielfachten Beitragssatz.

Der Beitragssatz ist nach § 3 Abs. 1 erster und zweiter Satz Bgld KanalAbgG vom Gemeinderat durch Verordnung festzusetzen. Er darf jenen Betrag nicht überschreiten, der sich aus der Teilung der abgerechneten Errichtungskosten der Kanalisationsanlage (§ 2 Abs. 1 und 2) durch die um 10 v.H. erhöhte Summe aller Berechnungsflächen gemäß § 5 Abs. 2 in der Gemeinde ergibt. Nach Abs. 2 des § 3 kann der Beitragssatz neu festgesetzt werden, wenn sich auf Grund einer Änderung der Kanalisationsanlage die der letzten Festsetzung des Beitragssatzes zu Grunde liegenden Baukosten um mindestens 2 v.H. erhöht haben.

§ 5 Bgld KanalAbgG (Abs. 1 idF LGBl. Nr. 37/1990) lautet auszugsweise:

"(1) Für jene Anschlussgrundfläche bzw. Teile der Anschlussgrundfläche, für die eine Anschlussverpflichtung oder eine Anschlussbewilligung rechtskräftig ausgesprochen wurde, ist ein Anschlussbeitrag zu erheben.

...

(3) Der Abgabenanspruch entsteht mit der Rechtskraft des Anschlussbescheides bzw. der Anschlussbewilligung.

..."

Im Beschwerdefall wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom die Anschlussverpflichtung der Liegenschaft der Beschwerdeführerin ausgesprochen. Dieser Bescheid wurde am der Beschwerdeführerin zugestellt. Die Berufungsfrist beträgt nach § 63 Abs. 5 AVG iVm Art. II Abs. 2 Z 30 EGVG zwei Wochen. Zum Zeitpunkt der Erlassung der erstinstanzlichen Abgabenvorschreibung mit Bescheid vom (zugestellt am ) war somit von einem rechtskräftigen Ausspruch einer Anschlussverpflichtung und vom bereits bestehenden Abgabenanspruch auszugehen. Die zur Zeit des Entstehens dieses Abgabenanspruches in Geltung befindliche Verordnung der Gemeinde über den Beitragssatz vom sah einen Beitragssatz von EUR 14,50 (zuzüglich Umsatzsteuer) vor.

Die Beschwerdeführerin rügt, der Ausspruch des Bürgermeisters über die Anschlussverpflichtung sei verspätet erfolgt. Der Anschlussverpflichtungsbescheid hätte zeitnah zum tatsächlich 1999 erfolgten Anschluss der Liegenschaft an die Kanalisationsanlage erfolgen müssen, sodass die Verordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom , welche mit S 70,-- (EUR 5,09) einen wesentlich niedrigeren Beitragssatz vorgesehen habe, anzuwenden gewesen wäre.

Wenn die Beschwerdeführerin meint, aus den Bestimmungen des Bgld Kanalanschlussgesetzes ergebe sich, dass der bescheidmäßige Anspruch über die Kanalanschlussverpflichtung zeitnah zum tatsächlichen Anschluss der Liegenschaft zu erfolgen habe, so kommt es jedenfalls bei der hier gegenständlichen Anschlussbeitragsvorschreibung darauf nicht an.

In der Verordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom , in welcher der Beitragssatz mit S 70,-- festgesetzt wurde, wurden die Errichtungskosten der Kanalisationsanlage mit S 61,332.867,86 und die um 10 v.H. erhöhte Summe aller Berechnungsflächen mit 437.775,80 m2 angegeben.

In der Verordnung vom , die mit in Kraft trat und mit welcher der Beitragssatz bei gleich bleibenden (um 10 v.H. erhöhten) Berechnungsflächen auf S 200,-- angehoben wurde, wurden die Errichtungskosten erstmals mit S 108,366.125,79 angegeben. Die im Beschwerdefall anzuwendende Verordnung vom ging von denselben Werten aus.

Der von der Beschwerdeführerin gerügte Umstand, dass die angeführten Errichtungskosten sich annähernd verdoppelt, der Beitragssatz hingegen verdreifacht hat, vermag beim Verwaltungsgerichtshof noch keine Bedenken, die einen Antrag an den Verfassungsgerichtshof auf Aufhebung der letztgenannten Verordnung rechtfertigten, zu erwecken, hält sich der festgesetzte Betrag doch mit S 200,-- nach den Feststellungen betreffend die Errichtungskosten und die Berechnungsflächen innerhalb des durch den Gesetzgeber in § 3 Abs. 1 Bgld KanalAbgG gezogenen Rahmens. Das Vorbringen hinsichtlich angeblich in den Errichtungskosten enthaltenen Zuschüssen wurde nicht weiter präzisiert. Soweit das Beschwerdevorbringen darauf abzielen sollte, dass es bei der gegebenen Rechtslage der Abgabengläubiger in der Hand hätte, durch die Wahl des Zeitpunktes für die Erlassung des Anschlussbescheides die Abgabenhöhe zu beeinflussen, ist dazu darauf zu verweisen, dass hinsichtlich der absoluten Höhe der Abgabe jedenfalls die gesetzliche Beschränkung nach § 3 Abs. 1 Bgld KanalAbgG zu beachten ist. Angesichts dessen, dass auch der Verfassungsgerichtshof bisher gegen die Zulässigkeit des Anknüpfens des Abgabengesetzgebers an die Erlassung von Anschlussbescheiden keine Bedenken geäußert hat, können auch allfällige gleichheitsrechtliche Bedenken wegen einer unterschiedlichen Abgabenhöhe selbst bei gleichzeitiger Errichtung von Anschlüssen nicht als durchschlagend erachtet werden.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung war auch nicht unter dem Aspekt des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, erforderlich, weil die vorliegende Abgabensache nicht "civil rights" betrifft.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333/2003. Der bloße Verweis auf die Begründung des angefochtenen Bescheides stellt keine Gegenschrift iSd § 48 Abs. 2 Z 2 VwGG dar.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am