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VwGH vom 16.02.2004, 2003/17/0250

VwGH vom 16.02.2004, 2003/17/0250

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über die Beschwerde 1.) des PF und

2.) der GF, beide in Eggendorf, vertreten durch Dr. Johann Szemelliker, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Fischauer Gasse 152, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IVW3-BE-3230501/071-99, betreffend Vorauszahlung auf die Kanaleinmündungsabgabe (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Eggendorf, vertreten durch Dr. Alois M. Leeb, Rechtsanwalt in 2620 Neunkirchen, Triester Straße 8), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 und der mitbeteiligten Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde gemäß §§ 2, 3 und 3a NÖ Kanalgesetz 1977 (NÖ KanalG), LGBl. 8230 in der geltenden Fassung, und der geltenden Kanalabgabenordnung der mitbeteiligten Gemeinde den beschwerdeführenden Parteien als Liegenschaftseigentümern für den zukünftigen Anschluss einer näher bezeichneten Liegenschaft an den öffentlichen Schmutzwasserkanal unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche von 220,31 m2 und einem Einheitssatz von S 175,--

nachstehenden Vorauszahlungsbetrag auf die zu entrichtende Kanaleinmündungsabgabe vor:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
"Kanaleinmündungsabgabe
80 %
VORAUSZAHLUNG
öS
38554,25
öS
30843,40
10 % USt
öS
3855,43
öS
3084,34
öS
42409,68
öS
33927,74"

Im Bescheid heißt es weiter, der Vorauszahlungsbetrag sei innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Bescheides an die Abgabenbehörde (Gemeinde) zu entrichten.

Dies mit der Begründung, die Gemeinde sei gemäß § 3a NÖ KanalG und der geltenden Kanalabgabenordnung berechtigt, vom Zeitpunkt des Baubeginnes der Kanalanlage an Vorauszahlungen in der Höhe von 80 % auf die zu entrichtende Kanaleinmündungsabgabe für jede Liegenschaft zu erheben, für die im Falle der Fertigstellung des bewilligten Kanalprojektes Anschlusspflicht bestehe. Die Berechnung habe unter Zugrundelegung des Projektes der Kanalanlage sowie des Umfanges der bestehenden oder im Bau befindlichen Gebäude zu erfolgen. Die Höhe der Kanaleinmündungsabgabe sei gemäß § 3 Abs. 1 NÖ KanalG durch Multiplikation der Berechnungsfläche mit dem Einheitssatz zu ermitteln. Die Berechnungsfläche sei gemäß § 3 Abs. 2 NÖ KanalG in der Weise zu ermitteln, dass die Hälfte der bebauten Fläche mit der um 1 erhöhten Zahl der an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoße multipliziert und das Produkt um 15 % der unbebauten Fläche, höchstens jedoch um 15 % von 500 m2 (maximal 75 m2) vermehrt werde. Nicht angeschlossene Gebäude oder Gebäudeteile zählten zur unbebauten Fläche.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachten die beschwerdeführenden Parteien vor, es liege ein Kostenvoranschlag für die Errichtung des Kanalnetzes vor. Dieser sei Grundlage für die Errichtung der Anlage und der dort genannte Preis sei als Fixpreis zu verstehen. Der angenommene Kostenvoranschlag liege um mehr als S 30 Mio. unter den vom Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde der Verordnung zu Grunde gelegten Baukosten von S 95 Mio. Die errechneten Baukosten von S 3.888,82/Längenmeter entsprächen daher nicht den tatsächlichen Kosten. Unter Zugrundelegung der im Kostenvoranschlag angeführten Baukosten in der Höhe von S 65 Mio. ergäben sich Baukosten auf den Längenmeter von S 2.660,77 und ein Einheitssatz von S 119,73, gerundet S 120,--. Unter Heranziehung der Berechnung der tatsächlichen Kosten hätten die beschwerdeführenden Parteien bei Bezahlung der vorgeschriebenen Beträge nicht 80 v.H. bezahlt, sondern mehr als 100 % der Kanaleinmündungsabgabe. Nach dem Bescheid habe die Bezahlung der Kanaleinmündungsabgabe in einem einzigen Betrag zu erfolgen, weil angenommen werde, der Kanal werde in einem Bauabschnitt errichtet. Tatsächlich sehe das Projekt aber die Errichtung eines Hauptsammelkanals, eines Nebensammelkanals, von Transportleitungen, eines Pumpwerkes und der Kläranlage in Sollenau vor. Der Bau der Kläranlage sei noch nicht vergeben. Das derzeit vergebene Projekt beziehe sich nur auf die Errichtung des Rohrnetzes. Das Projekt werde daher in mehreren Bauabschnitten errichtet. Die Einhebung einer Vorauszahlung in Höhe von 80 v.H. der errechneten Gesamtkosten sei unzulässig, weil die Vorauszahlungen nur nach Bauabschnitten vorzuschreiben und einzuheben gewesen wären.

Mit Bescheid vom gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde der Berufung nicht statt. Dies mit der Begründung, die Berufung übersehe, dass der von ihr in Ansatz gebrachte Betrag von S 65 Mio. lediglich die Erd- und Baumeisterarbeiten berücksichtige, nicht jedoch die weiteren im Zuge der Kanalerrichtung anfallenden Nebenkosten, die zu erwartenden Lohn- und Preiserhöhungen sowie Kostenanteile der mitbeteiligten Gemeinde an den mitzuerrichtenden Verbandsanlagen. Es zeige sich, dass die zu Grunde gelegte Baukostensumme letztlich nur unerheblich von den nach aktuellen Berechnungen zu erwartenden Bau- und Errichtungskosten abweiche. Das Wesen der Vorauszahlung der Kanaleinmündungsabgabe sei, dass diese nach den präliminierten Kosten für ein Gesamtprojekt errechnet werde. Von dem hieraus errechneten Einheitssatz und der sich jeweils daraus ergebenden Kanaleinmündungsabgabe könnten bis zu 80 % bei Baubeginn zur Finanzierung des Bauvorhabens eingehoben werden. Erst nach Fertigstellung des gesamten der Berechnung zu Grunde gelegten Werkes werde eine Nachberechnung mit den tatsächlichen Herstellungskosten durchgeführt und es ergebe sich erst dann die Veranlassung zu einem Ausgleich auf 100 % der Bau- und Errichtungskosten, welche dann eine Nachzahlung oder ein Guthaben der Liegenschaftseigentümer ergäben. Die Höhe des Einheitssatzes sei auch mit Schreiben der NÖ Landesregierung vom als im gesetzlich vorgesehenen Rahmen liegend bestätigt worden. Die in der Berufung vertretene Ansicht, die Errichtung der Abwasserbeseitigungsanlage erfolge nicht in einem, sei unrichtig. Das Projekt sei als eine Einheit samt allen Nebenanlagen beschlossen worden und werde auch so zur Ausführung gelangen. Die Vergabe der Errichtung der Verbandsanlage sei bereits beschlossen und somit sei klar, dass auch der wesentliche Teil in einem errichtet werde. Der Umstand, dass das Projekt sowohl die Errichtung eines Haupt- und Nebensammelkanals sowie von Transportleitungen und eines Pumpwerkes als auch die Errichtung einer Kläranlage in Sollenau vorsehe, bedeute lediglich die Aufgliederung der durchzuführenden Bauleistungen, jedoch nicht die beabsichtigte Ausführung in nicht zusammenhängenden Bauabschnitten.

Die beschwerdeführenden Parteien erhoben Vorstellung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, die mitbeteiligte Gemeinde betreibe zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Kanalabgabenordnung vom einen Schmutzwasserkanal und einen Regenwasserkanal. Der Schmutzwasserkanal in der Siedlung Maria Theresia sei ein eigenständiges System. Die Schmutzwässer würden in der Verbandskläranlage in Sollenau entsorgt. Die Abwässer des weiteren Kanals in "Eggendorf-Ort" würden in die Kläranlage Neufeld eingeleitet. Zwischen den beiden Kanälen bestehe keine Verbindung. Es sei daher davon auszugehen, dass die Voraussetzungen zur Festsetzung eigener Einheitssätze für den Ortsteil Siedlung Maria Theresia im Sinne des § 1 Abs. 4 NÖ KanalG vorlägen. Gemäß § 3a Abs. 3 NÖ KanalG sei in der Verordnung über die Erhebung der Vorauszahlungen der Einheitssatz für die Berechnung der Kanaleinmündungsabgabe gemäß § 3 NÖ KanalG nur dann auf Grund eines Kostenvoranschlages unter projektierter Rohrnetzlänge festzulegen, wenn zum Zeitpunkt der Vorschreibung der Vorauszahlungen noch keine Kanalabgabenordnung nach § 6 NÖ KanalG vorliege. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde habe in seiner Sitzung am für das Gemeindegebiet bereits eine Kanalabgabenordnung nach den damals geltenden Bestimmungen erlassen. Die Erlassung einer Verordnung über die Erhebung von Kanalerrichtungsabgaben und Kanalbenützungsgebühren mit gleichzeitiger Festsetzung des Einheitssatzes zur Berechnung der Kanaleinmündungsabgaben sei nicht nur auf Grund eines Kostenvoranschlages zulässig. Gemäß § 6 Abs. 2 lit. a NÖ KanalG habe die Kanalabgabenordnung die Höhe des Einheitssatzes zur Berechnung der Kanaleinmündungsabgabe und die der Berechnung des Einheitssatzes zu Grunde gelegten Baukosten sowie die Gesamtlänge des Kanalnetzes zu enthalten. In dieser Bestimmung sei die Notwendigkeit von Kostenvoranschlägen nicht festgelegt. Die Gemeinde habe zur Festsetzung der Baukostensumme in der Kanalabgabenordnung vor Beschlussfassung eine Abteilung des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung kontaktiert, welche die voraussichtlichen Baukosten für den Schmutzwasserkanal im Ortsteil Siedlung Maria Theresia bei einer Rohrnetzlänge von 24.429 lfm mit S 95 Mio. beziffere. Beide Werte seien vom Gemeinderat in die Kanalabgabenordnung unverändert übernommen worden. Da § 6 Abs. 2 lit. a NÖ KanalG die Zugrundelegung von Kostenvoranschlägen für die Ermittlung der Baukostensumme nicht zwingend vorsehe und in der Gemeinde zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Kanalabgabenordnung am bereits eine gültige Kanalabgabenordnung existierte, habe auf die Möglichkeit der Schätzung der Baukosten zurückgegriffen werden können.

Die beschwerdeführenden Parteien stellten sodann vor dem Verfassungsgerichtshof einen auf Art. 139 Abs. 1 letzter Satz B-VG gestützten Antrag auf Aufhebung der Verordnung der Gemeinde Eggendorf für den Ortsteil Siedlung Maria Theresia über eine Kanalabgabenordnung vom .

Der Verfassungsgerichtshof wies diesen Antrag mit Beschluss vom , V 100/99-3, zurück.

In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof machen die beschwerdeführenden Parteien Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und erachten sich in ihrem Recht auf Nichterhebung der Vorauszahlung auf die Kanaleinmündungsabgabe in der von der belangten Behörde festgesetzten Höhe verletzt.

Die belangte Behörde sowie die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragen.

Der Verwaltungsgerichtshof stellte mit Beschluss vom , Zl. A 16/2000, gemäß Art. 139 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, die Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde für den Ortsteil Siedlung Maria Theresia über eine Kanalabgabenordnung vom zur Gänze und in eventu § 1 dieser Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben.

Der Verfassungsgerichtshof wies mit Erkenntnis vom , V 96/00-11, den primär gestellten Antrag, die Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom als gesetzwidrig aufzuheben, zurück und gab dem in eventu gestellten Antrag, § 1 der Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom für den Ortsteil Siedlung Maria Theresia über eine Kanalabgabenordnung als gesetzwidrig aufzuheben, keine Folge. In der Begründung dieses Erkenntnisses führte der Verfassungsgerichtshof (auszugsweise wiedergegeben) aus:

"2.1.1.1. Gemäß § 2 KanalG ist die Kanaleinmündungsabgabe für

den möglichen Anschluß an die öffentliche Kanalanlage zu

entrichten. Die Pflicht zur Entrichtung dieser Abgabe entsteht

somit unter Umständen bereits vor Beginn des förmlichen

Benützungsverhältnisses. Die Kanaleinmündungsabgabe ist daher im

Sinne der ständigen Rechtsprechung (VfSlg. 10947/1986, 11376/1987,

15608/1999, 16116/2001, 16377/2001; )

keine Benützungsgebühr iSd § 14 Abs. 1 Z 16, § 15 Abs. 3 Z 5

FAG 1997 (bzw. der Vorgängerbestimmungen; nunmehr § 15 Abs 1 Z 14,

§ 16 Abs. 3 Z 4 FAG 2001), sondern ein Interessentenbeitrag iSd

§ 14 Abs. 1 Z 15 FAG 1997 (bzw. der Vorgängerbestimmungen; nunmehr

§ 15 Abs. 1 Z 13 FAG 2001). Solche Beiträge sind gemäß § 14 Abs. 2

FAG 1997 ausschließliche Gemeindeabgaben; gemäß § 8 Abs 5 F-VG 1948 müssen die wesentlichen Merkmale dieser Abgaben, insbesondere auch ihr zulässiges Höchstausmaß, durch Landesgesetz bestimmt sein.

...

2.1.1.2. In der Gemeinde Eggendorf bestand bereits vor Erlassung der angefochtenen Verordnung eine Kanalabgabenordnung. Die Vorauszahlungen wurden dennoch nicht aufgrund der Beiträge vorgeschrieben, die sich aus dieser Kanalabgabenordnung ergeben hätten, sondern aufgrund der eigens erlassenen angefochtenen Verordnung. Daß die Gemeinde nicht auf die bestehende Kanalabgabenordnung zurückgriff, wird vom Verwaltungsgerichtshof nicht gerügt und steht mit dem Gesetz in Einklang, weil die neu zu errichtende Kanalanlage für den Ortsteil Siedlung Maria Theresia einen eigenen Entsorgungsbereich hat und gemäß § 1 Abs. 4 KanalG die Kanalerrichtungsabgaben (und Kanalbenützungsgebühren) daher uU in anderer Höhe festzusetzen sind, wenn sich ein unterschiedliches Kostendeckungserfordernis ergibt. Der Verfassungsgerichtshof versteht § 6 Abs. 1 KanalG dahin, daß Vorauszahlungen (iSd § 3a KanalG) für derartige, getrennte Kanalanlagen nicht auf der Grundlage einer Kanalabgabenordnung zu berechnen sind, die zwar besteht, aber eine andere Kanalanlage im Auge hat. Denn es ist offenkundig, daß § 3a Abs. 4 KanalG von der Höhe der zukünftig zu entrichtenden Kanaleinmündungsabgabe ausgeht, die im beschriebenen Fall von der in der bestehenden Kanalabgabenordnung vorgesehenen abweicht.

2.1.2. Gemäß § 6 Abs. 1 KanalG ist in jeder Gemeinde, in der eine öffentliche Kanalanlage 'vorhanden ist', gleichzeitig mit dem Beschluß über die Einhebung von Kanalerrichtungsabgaben und Kanalbenützungsgebühren eine Kanalabgabenordnung zu beschließen. Der Verwaltungsgerichtshof schließt aus dieser Formulierung, daß eine Kanalabgabenordnung erst erlassen werden dürfe, sobald die Kanalanlage 'vorhanden ist'. Vorauszahlungen gemäß § 3a Abs. 4 KanalG, der eine Kanalabgabenordnung bereits voraussetzt, wären dann nur möglich, wenn nicht eine Kanalanlage neu errichtet, sondern eine bereits vorhandene Anlage erweitert oder umgebaut wird.

2.1.3. Dagegen spricht der Wortsinn des § 3a Abs. 4 KanalG:

Der Ausdruck "des Projektes der Kanalanlage" deutet eher auf einen Neubau als (nur) auf eine Erweiterung oder einen Umbau hin; andernfalls hätte der Gesetzgeber eher von einem Projekt der Erweiterung gesprochen. Auch § 3a Abs. 1 KanalG spricht von einem "bewilligte(n) und vom Gemeinderat beschlossene(n) Projekt" für eine Kanalanlage, unterscheidet somit nicht zwischen Neubauten und Erweiterungen oder Umbauten. Diese Frage kann jedoch letztlich auf sich beruhen. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes genügt es, wenn sich eine Verordnung auf irgendeine gesetzliche Ermächtigung stützen kann (VfSlg. 2276/1952, 2432/1952, 4375/1963, 9253/1981). Wie die Niederösterreichische Landesregierung und die mitbeteiligte Gemeinde zutreffend ausgeführt haben, ermächtigt aber § 3a Abs. 1 und 3 KanalG jedenfalls zur Erlassung einer Verordnungsbestimmung, mit der Vorauszahlungen vorgesehen werden.

§ 1 der Verordnung findet daher in § 3a Abs. 3 KanalG seine Deckung. Die Bezeichnung der Verordnung als "Kanalabgabenordnung" und die Angabe des § 6 KanalG als Rechtsgrundlage haben, selbst wenn § 6 KanalG nicht zur Erlassung der angefochtenen Verordnung ermächtigen sollte, keinen Einfluß auf ihre Gesetzmäßigkeit (VfSlg. 2432/1952, 9253/1981, 14938/1997).

...

§ 3a Abs. 3 KanalG macht einen Kostenvoranschlag zur Voraussetzung einer Verordnung und verfolgt damit den offenkundigen Zweck, von einer Grundlage auszugehen, die in einem realistischen Verhältnis zu den letztlich tatsächlich anfallenden Baukosten steht. Bedenkt man diesen Zweck, so hat der Verfassungsgerichtshof keinen Zweifel, daß die konkret vorliegende Kostenberechnung eines Zivilingenieurs für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft, die - in untergeordnetem Ausmaß - auch Schätzungen, die von der Abteilung Siedlungswasserwirtschaft beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung auf Grund von Erfahrungswerten erstellt worden sind, enthält, ausreicht, um die gesetzliche Voraussetzung zu erfüllen. Es kann davon ausgegangen werden, daß der Sachverstand, der erforderlich ist, um einen Kostenvoranschlag zu erstellen, und über den typischerweise ein Unternehmer verfügt, der solche Arbeiten durchführt und mit ihnen betraut werden soll, in einem Fall wie dem vorliegenden zum Tragen kommt und daß auch die vorgelegte Kostenberechnung eine objektive Grundlage für die zu erwartenden Kosten abgibt. Diese Einschätzung wird im übrigen durch die vorgelegten Unterlagen bestätigt.

2.2.3. Die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofs treffen daher nicht zu: § 1 der Verordnung wurde aufgrund eines Kostenvoranschlags iSd § 3a Abs. 3 KanalG erlassen."

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Niederösterreichische Kanalgesetz 1977 (NÖ KanalG), LGBl. 8230 in der hier maßgeblichen Fassung 8230-5, lautet auszugsweise:

"§ 1

Kanalerrichtungsabgaben und Kanalbenützungsgebühren

(1) Die Gemeinden werden gemäß § 8 Abs. 5 Finanzverfassungsgesetz 1948, BGBl. Nr. 45, ermächtigt, Kanalerrichtungsabgaben (Kanaleinmündungs-, Kanalergänzungs-, Kanalsonderabgabe) und Kanalbenützungsgebühren nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu erheben.

...

(3) Die Kanalerrichtungsabgaben und Kanalbenützungsgebühren sind in einer Kanalabgabenordnung (§ 6) näher auszuführen.

(4) Für verschiedene Kanalanlagen mit jeweils getrennten Entsorgungsbereichen in einer Gemeinde sind die Kanalerrichtungsabgaben und Kanalbenützungsgebühren verschieden hoch festzusetzen, wenn sich dies aufgrund eines unterschiedlichen Kostendeckungserfordernisses ergibt.

...

§ 2

Kanaleinmündungsabgabe, Ergänzungsabgabe

(1) Für den möglichen Anschluß an die öffentliche Kanalanlage ist eine Kanaleinmündungsabgabe zu entrichten.

...

§ 3

(1) Die Höhe der Kanaleinmündungsabgabe ergibt sich aus dem Produkt der Berechnungsfläche (Abs. 2) mit dem Einheitssatz (Abs. 3).

...

(3) Der Einheitssatz (Abs. 1) ist vom Gemeinderat in der Kanalabgabenordnung (§ 6) festzusetzen; er darf 5 v.H. jenes Betrages nicht übersteigen, der unter Zugrundelegung der im Zeitpunkt des Gemeinderatsbeschlusses für die gesamte Kanalanlage einschließlich der Nebenanlagen erforderlichen Baukosten auf den laufenden Meter der Kanalanlage durchschnittlich entfällt. Die vom Gemeinderat der Ermittlung des Einheitssatzes zugrunde gelegten Baukosten sowie die Gesamtlänge des Kanalnetzes sind in die Kanalabgabenordnung aufzunehmen.

...

§ 3a

Vorauszahlungen

(1) Liegt für eine öffentliche Kanalanlage ein nach den gesetzlichen Vorschriften bewilligtes und vom Gemeinderat beschlossenes Projekt vor, so ist die Gemeinde berechtigt, unter sinngemäßer Anwendung des § 152 Abs. 1 NÖ Abgabenordnung, LGBl. 3400, aufgrund einer Verordnung des Gemeinderates, Vorauszahlungen auf die nach den §§ 2 und 3 zu entrichtende Kanaleinmündungsabgabe zu erheben.

(2) Die im Abs. 1 genannte Abgabe ist vom Zeitpunkt des Baubeginnes der Anlage an für jene Liegenschaften zu erheben, für die im Falle der Fertigstellung des bewilligten Kanalprojektes Anschlusspflicht bestehen würde. Wird die öffentliche Kanalanlage in mehreren Bauabschnitten errichtet, so können Vorauszahlungen nur jeweils für begonnene Bauabschnitte erhoben werden.

(3) Liegt eine Kanalabgabenordnung (§ 6) zum Zeitpunkt der Vorschreibung der Vorauszahlungen noch nicht vor, ist in der Verordnung über die Erhebung der Vorauszahlungen der Einheitssatz für die Berechnung der Kanaleinmündungsabgabe gemäß § 3 aufgrund des Kostenvoranschlages und der projektierten Rohrnetzlänge festzulegen.

(4) Die Vorauszahlung ist einheitlich mit einem Hundertsatz jedoch nicht mit mehr als 80 v.H. jenes Betrages zu erheben, der unter Zugrundelegung des Projektes der Kanalanlage sowie des Umfanges der bestehenden oder in Bau befindlichen Gebäude (Anlage) gemäß den Bestimmungen des § 3 zu entrichten wäre.

5) Die Vorauszahlungen sind mit 4 v.H. per anno verzinst innerhalb einer Frist von 3 Monaten zurückzuzahlen, wenn die Anschlusspflicht nicht innerhalb von 7 Jahren ab Baubeginn der Anlage entstanden ist oder schon vor diesem Zeitpunkt feststeht, dass es zu keiner Anschlussverpflichtung kommen wird.

(6) Die Rückzahlung hat an jene Person zu erfolgen, die bei einer Anschlussverpflichtung im Zeitpunkt der Rückzahlung Abgabepflichtiger gemäß § 9 wäre.

(7) Für die Erhebung der Vorauszahlungen gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes über die Erhebung von Kanaleinmündungsabgaben sinngemäß.

§ 6

Kanalabgabenordnung

(1) In jeder Gemeinde, in der eine öffentliche Kanalanlage vorhanden ist, ist gleichzeitig mit dem Beschluss über die Einhebung von Kanalerrichtungsabgaben und Kanalbenützungsgebühren eine Kanalabgabenordnung zu beschließen.

(2) Die Kanalabgabenordnung hat nach Maßgabe des Einhebungsbeschlusses (§ 1) zu enthalten:

a) die Höhe des Einheitssatzes für die Berechnung der Kanaleinmündungsabgabe und der Ergänzungsabgabe und die der Berechnung des Einheitssatzes zugrunde gelegten Baukosten sowie die Gesamtlänge des Kanalnetzes, erforderlichenfalls getrennt für Schmutz-(Misch-)wasserkanäle und Regenwasserkanäle

(§ 3 Abs. 3);

..."

Die Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde für den Ortsteil Siedlung Maria Theresia über die Kanalabgabenordnung vom lautet auszugsweise:

"§ 1

Einmündungsabgaben für den Anschluss

an einen

öffentlichen Schmutzwasserkanal

(1) Der Einheitssatz für die Berechnung der Kanaleinmündungsabgaben für die Einmündung in den öffentlichen Schmutzwasserkanal wird gemäß § 3 des NÖ Kanalgesetzes 1977 mit 4,5 % v.H. der auf einen Längenmeter entfallenden Baukosten (S 3.888,82) das ist mit S 175,-- festgesetzt.

(2) Gemäß § 6 Abs. 2) des NÖ Kanalgesetzes 1977 wird für die Ermittlung des Einheitssatzes (Abs. 1) eine Baukostensumme von S 95 Millionen und eine Gesamtlänge des Schmutzwasserkanalnetzes von lfm 24.429 zugrundegelegt.

...

§ 4

Vorauszahlungen

Gemäß § 3a des NÖ Kanalgesetzes 1997 (richtig wohl: 1977) sind Vorauszahlungen auf die gemäß § 2 zu entrichtende Kanaleinmündungsabgabe in der Höhe von 80 % v.H., der gemäß § 3 NÖ Kanalgesetz 1977 ermittelten Kanaleinmündungsabgabe zu erheben."

Soweit die beschwerdeführenden Parteien die Art der Ermittlung der Baukosten als Grundlage für den in der Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom festgesetzten Einheitssatz rügen, bekämpfen sie die Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde. Eine Entscheidung darüber fällt jedoch nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes. Diesbezüglich wird daher auf die Entscheidungsgründe des bereits zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , V 96/00, verwiesen. Nach dieser Entscheidung teilte der Verfassungsgerichtshof die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde nicht und kam zu dem Ergebnis, dass § 1 der Verordnung auf Grund eines (tauglichen) Kostenvoranschlages im Sinne des § 3a Abs. 3 NÖ KanalG erlassen worden sei.

Nach § 4 der Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde sind gemäß § 3a des NÖ KanalG Vorauszahlungen auf die gemäß § 2 NÖ KanalG zu errichtende Kanaleinmündungsabgabe in der Höhe von 80 v.H. der gemäß § 3 NÖ KanalG ermittelten Kanaleinmündungsabgabe zu erheben.

Wenn in der Beschwerde die Anwendung des Vorauszahlungssatzes von 80 v.H. für die Vorauszahlung auf die zu entrichtende Kanaleinmündungsabgabe bekämpft wird, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass auch damit die nicht in die Entscheidungszuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes fallende Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde bekämpft wird, in der die Einhebung der Vorauszahlung auf die Kanaleinmündungsabgabe in der Höhe von 80 v.H. der ermittelten Kanaleinmündungsabgabe normiert ist. Die genannte Verordnung hält sich dabei aber in dem in § 3a NÖ KanalG festgelegten Rahmen. Bedenken gegen diesen in der genannten Gemeindeverordnung angeführten Abgabensatz (Vorauszahlungssatz) sind aus Anlass des Beschwerdefalles nicht entstanden.

Entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Parteien liegen auch keine einzelnen Bauabschnitte im Sinne des § 3a Abs. 2 KanalG vor. Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid bereits feststellte, ergibt sich weder aus dem Spruch des Bescheides des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , mit dem die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung dieses Projektes erteilt wurde, noch aus dessen Begründung eine Gliederung des Projektes in Bauabschnitte. Dass die Anlage aus mehreren Teilen, nämlich einem Hauptsammelkanal, Nebensammelkanal, aus Transportleitungen, einem Pumpwerk und einer Ableitung in die Verbandskläranlage besteht, die Schritt für Schritt ausgeführt werden, bedeutet nicht, dass mehrere Bauabschnitte vorliegen. Bauabschnitte im Sinne des § 3a Abs. 2 NÖ KanalG liegen nur vor, wenn diese in einem bewilligten Bauvorhaben als solche ausgewiesen wurden und für sie auch eigene Bauvollendungsfristen festgelegt worden sind. Der Bewilligungsbescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom enthält solche Bauabschnitte nicht.

Das Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien, die Vorschreibung der Vorauszahlung auf die Kanaleinmündungsabgabe wäre nicht in der gesamten, sondern in der den Bauabschnitten entsprechenden Höhe vorzunehmen gewesen, erweist sich damit als unbegründet. Da ein einheitliches Projekt vorliegt, ist der auf § 4 der Verordnung vom gegründete Abgabenanspruch der mitbeteiligten Gemeinde im Zeitpunkt des Baubeginnes der Kanalanlage im gesamten Ausmaß entstanden.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführenden Parteien durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden sind.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert werden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am