VwGH vom 08.09.2003, 2003/17/0240

VwGH vom 08.09.2003, 2003/17/0240

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde 1. des Dr. Wolfgang Stolz, Rechtsanwalt in 5550 Radstadt, Schernbergstraße 19 und 2. der AS in X., die zweitbeschwerdeführende Partei vertreten durch die erstbeschwerdeführende Partei, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 1/02-38.287/4-2003, betreffend Beitrag nach dem Salzburger Interessentenbeiträgegesetz (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Radstadt, Stadtplatz 17, 5550 Radstadt), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde schrieb den Beschwerdeführern mit Bescheid vom einen Beitrag nach dem Salzburger Interessentenbeiträgegesetz (in der Folge: Sbg IBG) in der Höhe von EUR 1.283,92 (ohne Umsatzsteuer) vor.

In ihrer Berufung brachten die Beschwerdeführer vor, dass die Bewertungspunkte von 3,02 auf 2,65 zu "berichtigen" seien und andererseits der angefochtene Bescheid deshalb ersatzlos aufzuheben sei, weil § 10 Sbg IBG Ergänzungsbeiträge nur dann vorsehe, wenn eine bauliche Änderung zu einer Vergrößerung des Ausmaßes der vom Grundstück verursachten Inanspruchnahme der Anlage führe.

In der Berufungsentscheidung der Gemeindevorstehung der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom wurden die Bewertungspunkte von 3,02 auf 2,65 "berichtigt"; im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die verminderten Bewertungspunkte ergäben sich aus den Angaben vom über den Zubau beim bestehenden Wohnhaus in Radstadt.

In ihrer dagegen erhobenen Vorstellung führten die Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass sich die Berufungsbehörde nur auf die Bestimmung des § 2 Abs. 3 Sbg IBG, nicht aber auf § 10 leg. cit., bezogen habe. Woher eine stärkere Inanspruchnahme der Kanalanlage herrühren solle, werde von der Berufungsbehörde nicht ausgeführt. Es werde nicht dargelegt, von welchem Sachverhalt die Behörde ausgehe und wie sie daher zur Vorschreibung eines Ergänzungsbeitrages gelange. Im gegenständlichen Fall seien keine zusätzlichen Nassräume installiert worden, sodass keine vermehrte Beanspruchung der Kanalanlage erfolge. Von den etwa 45,58 m2 neu geschaffener Wohnnutzfläche gingen keine zusätzlichen Nutz- oder Fäkalabwässer in die Abwasseranlage der Stadtgemeinde. Es sei nur von der zusätzlich geschaffenen Dachfläche im Ausmaß von 37,17 m2 im Sinne des Gesetzes eine zusätzliche Punktebewertung zu erstellen gewesen. Aus diesem Grunde sei die zusätzliche Vorschreibung in der ausgewiesenen Höhe als rechtswidrig anzusehen.

Mit ihrem Bescheid vom wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab.

Unbestritten sei im gegenständlichen Fall, dass durch den Zubau beim bestehenden Objekt zusätzliche Wohnflächen von 45,58 m2 geschaffen worden seien. Für diese zusätzliche Wohnfläche seien 2,28 Bewertungspunkte zu veranschlagen. Für die Dachfläche (laut Plan 37,17 m2) seien (weitere) 0,37 Bewertungspunkte zu berechnen; die Summe der Bewertungspunkte von 2,65 werde von den Vorstellungswerbern (den beschwerdeführenden Parteien dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens) auch als richtig anerkannt.

Nach der Bestimmung des § 2 Abs. 3 Sbg IBG - so die belangte Behörde in ihrem Bescheid weiter - seien unabhängig von der Anzahl der Bewohner 20 m2 Wohnungs-Nutzfläche im Sinne der abgabenrechtlichen Bewertungsvorschriften einer Punkteeinheit gleichgesetzt. Da in dieser Gesetzesbestimmung unabhängig von der Anzahl der Bewohner und unabhängig von der weiteren Unterteilung der Wohnungsnutzung (Wohnraum oder Schlafraum) nur die Fläche heranzuziehen sei, könne in der vorliegenden Punkteberechnung kein Fehler gefunden werden. Die Vorstellungswerber irrten, wenn nach ihrer Ansicht nur Nassräume für die Heranziehung zur Punktebewertung "geeignet" wären. Dies lasse sich aus der vorgenannten Gesetzesbestimmung nicht ableiten. Größere Wohnnutzflächen könnten den Aufenthalt einer größeren Personenanzahl bedingen und damit auch eine größere Beanspruchung der Kanalanlage. Eben dies könne durch eine bauliche Vergrößerung eines Wohnobjektes erfolgen. Die Ansicht der Vorstellungswerber laufe darauf hinaus, dass § 10 Sbg IBG nur dann heranzuziehen wäre, wenn durch einen Zubau ausschließlich Nassräume geschaffen würden; dies sei aber aus der genannten Bestimmung nicht ableitbar. Es seien sohin Rechte der Vorstellungswerber nicht verletzt worden.

Die beschwerdeführenden Parteien bekämpfen diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Sie erachten sich in ihren gesetzlichen Rechten auf richtige Anwendung des Salzburger Interessentenbeiträgegesetzes und auf Durchführung eines gesetzmäßigen Verwaltungsverfahrens verletzt; nach dem Inhalt der Beschwerde verstehen die beschwerdeführenden Parteien darunter, dass sie den vorgeschriebenen Interessentenbeitrag nicht entrichten müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Das Gesetz über die Leistung von Interessentenbeiträgen für die Herstellung gemeindeeigener Abwasseranlagen in Gemeinden des Landes Salzburg mit Ausnahme der Landeshauptstadt Salzburg (Salzburger Interessentenbeiträgegesetz), LGBl. Nr. 161/1962, in der Fassung der Landesgesetzes LGBl. Nr. 44/1965, 68/1969, 76/1976, 48/1978 und 55/1988, lautet auszugsweise:

"§ 1

(1) Zu den Herstellungskosten gemeindeeigener Abwasseranlagen - im folgenden kurz Anlagen bezeichnet - haben in Gemeinden des Landes Salzburg mit Ausnahme der Landeshauptstadt Salzburg die Interessenten nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes Beiträge zu leisten.

(2) ...

(3) Interessenten sind die Eigentümer von Grundstücken, von denen Abwässer unmittelbar oder mittelbar in die Anlage eingeleitet werden und zwar gleichgültig, ob der Anschluss an die Anlage im Zuge ihrer Herstellung oder zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Im Falle eines Baurechtes gelten die Berechtigten als Interessenten.

...

Bewertung der Inanspruchnahme der Anlage

§ 2

(1) Die Bewertung des Ausmaßes der Inanspruchnahme der Anlage ist in Bewertungspunkten auszudrücken.

(2) Punkteeinheit ist jene Inanspruchnahme der Anlage, die von der Ableitung ausschließlich häuslicher Abwässer einer Person herrührt.

(3) Bei Wohnräumen sind unabhängig von der Anzahl der Bewohner 20 m2 Wohnungs-Nutzfläche im Sinne der abgabenrechtlichen Bewertungsvorschriften einer Punkteeinheit gleichzusetzen.

...

Beitrag

§ 4

(1) Der Beitrag ist in jenem Ausmaß zu leisten, das sich durch die Vervielfachung der den Interessenten treffenden Anzahl der Bewertungspunkte (§ 2) mit der Berechnungszahl und einer allfälligen Steigerung nach Abs. 4 bestimmt.

...

Ergänzungsbeitrag

§ 10

Erhöht sich bei einem Interessenten nach der Vorschreibung des Beitrages (§ 4, § 6) die Anzahl der Bewertungspunkte infolge einer durch bauliche oder betriebliche Änderungen bedingten Vergrößerung des Ausmaßes der vom Grundstück herrührenden Inanspruchnahme der Anlage, so hat der Interessent einen Ergänzungsbeitrag zu leisten. Für die Ermittlung des Ausmaßes des Ergänzungsbeitrages sowie für seine Erhebung gelten die §§ 4 bis 9 sinngemäß.

..."

2. Soweit in der Beschwerde Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird, lässt sich das Vorbringen dahin zusammenfassen, die belangte Behörde habe die Rechtslage insoweit verkannt, dass - richtiger Weise - allein die Vergrößerung des Ausmaßes der Inanspruchnahme der Abwasseranlage für die Entrichtung des Ergänzungsbeitrages entscheidend sei, und nicht - wie die belangte Behörde angenommen habe - die Vergrößerung der Wohnnutzfläche.

3. Der Verwaltungsgerichtshof vermag dieser Ansicht nicht zu folgen: Unstrittig liegt eine bauliche Änderung vor. Strittig ist im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen, ob hiedurch eine Vergrößerung des Ausmaßes der vom Grundstück herrührenden Inanspruchnahme der Anlage im Sinne des § 10 erster Satz Sbg IBG vorliegt. Wie die Inanspruchnahme der Anlage im Einzelnen zu bewerten ist, regelt des Näheren § 2 Sbg IBG. Diese Bestimmung sieht in ihrem Abs. 1 die Bewertung des Ausmaßes der Inanspruchnahme durch Bewertungspunkte vor, auf welche sich auch § 10 leg. cit. - und zwar sowohl in seinem ersten Satz als auch in seinem zweiten Satz durch die Verweisung auf § 4 (der zufolge auch der Ergänzungsbeitrag "in jenem Ausmaß zu leisten ist, das sich durch die Vervielfachung der den Interessenten betreffenden Anzahl der Bewertungspunkte (§ 2) mit der Berechnungszahl ... bestimmt") -

bezieht. § 2 Abs. 2 leg. cit. definiert die Punkteeinheit als jene Inanspruchnahme der Anlage, die von der Ableitung ausschließlich häuslicher Abwässer einer Person herrührt. § 2 Abs. 3 Sbg IBG stellt jedoch bei Wohnräumen unabhängig von der Anzahl der Bewohner auf eine bestimmte Quadratmeteranzahl an Wohnungs-Nutzfläche für eine Punkteeinheit ab und setzt 20 m2 Wohnungs-Nutzfläche mit einer Punkteeinheit gleich. Diese Abweichung von dem im vorhergehenden Absatz ausgedrückten Grundgedanken lässt sich dadurch rechtfertigen, dass typischerweise - unabhängig von der Anzahl der dauernden Bewohner -

eine höhere Inanspruchnahme der vorhandenen Abwasseranlagen mit einer Vergrößerung der Wohnnutzfläche verbunden ist, zumal nach allgemeiner Lebenserfahrung eine Vergrößerung der Wohnnutzfläche zumindest die Möglichkeit nach sich zieht, dass weitere Personen diese Wohnnutzfläche zumindest zeitweise benützen.

Aus der Regelung des Salzburger Interessentenbeiträgegesetzes ergibt sich in diesem Zusammenhang somit eindeutig, dass der Gesetzgeber für die Bewertung der Inanspruchnahme einer Abwasseranlage auch im Fall der Vergrößerung der Wohnnutzfläche von einer Durchschnittsbetrachtung ausgegangen ist und diese zur Grundlage der Beitragsbemessung gemacht hat.

Es kommt daher - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer - für die Einhebung des Ergänzungsbeitrages nicht darauf an, ob die vergrößerte Wohnnutzfläche auch tatsächlich von einer größeren Anzahl von Personen genutzt wird, sondern - infolge der typischen Betrachtungsweise des Gesetzgebers - nur darauf, dass tatsächlich die Wohnnutzfläche vergrößert wurde.

Die im Beschwerdefall gegebene Vergrößerung der Wohnnutzfläche und die sich daraus ergebende Änderung der Bewertungspunkte ist jedoch unstrittig.

4. Aus den dargelegten Erwägungen bedarf es auch nicht der von den beschwerdeführenden Parteien unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gerügten weiteren Feststellungen hinsichtlich der Anzahl der die gegenständlichen Abwasseranlagen nutzenden Personen.

5. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am