VwGH vom 08.06.1994, 91/13/0244
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des P in B, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VII, vom , Zl. 6/4 - 4135/90-05, 6/4 - 4203/90-05 und 6/4 - 4207/90-05, betreffend Gewerbesteuer und Bundesgewerbesteuer samt Zuschlägen für die Jahre 1986 bis 1989 und Gewerbesteuervorauszahlung für das Jahr 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Kommanditist und Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der B. Vertriebsgesellschaft m. b.H. & Co KG, deren Geschäftsgegenstand der Vertrieb von Fertigteilhäusern ist. Neben den aus dieser Mitunternehmerschaft bezogenen Einkünften aus Gewerbebetrieb erklärte der Beschwerdeführer in den Streitjahren auch Einkünfte aus selbständiger Arbeit für vereinnahmte Lizenzgebühren aus der Verwertung von Patenten.
Nur über die Gewerbesteuerpflicht des Beschwerdeführers für diese seine Lizenzeinkünfte geht der zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bestehende Streit.
Im angefochtenen Bescheid gelangte die belangte Behörde im Instanzenzug zu einer Bejahung der Gewerbesteuerpflicht des Beschwerdeführers für diese Einkünfte aus der Überlegung, daß zwischen der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Mitunternehmer der B. Vertriebsgesellschaft m.b.H. & Co KG und seiner Tätigkeit als Erfinder ein enger sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang bestehe, welcher zur Qualifikation auch der Lizenzeinkünfte als solcher aus Gewerbebetrieb zu führen habe. Die belangte Behörde sah diesen Zusammenhang in den Umständen,
.) daß verschiedene Aufwendungen im Zusammenhang mit der Entwicklung der Patente nicht vom Beschwerdeführer direkt, sondern zunächst von der Kommanditgesellschaft getragen und erst in weiterer Folge an den Beschwerdeführer verrechnet worden seien,
.) daß alle mit den Lizenznehmern abgeschlossenen Lizenzverträge mit dem Firmenstempel der KG versehen worden seien, was darauf schließen lasse, daß seitens der Vertragsparteien keine Trennung zwischen der KG und dem Beschwerdeführer erfolgt sei, worauf auch Undeutlichkeiten im Inhalt der Lizenzverträge schließen ließen,
.) daß der Beschwerdeführer ausreichend Gelegenheit gehabt habe, seine branchenmäßigen Erfahrungen bei der Entwicklung seiner Erfindungen zu verwerten, weil er Kundenreklamationen berücksichtigen und die daraus gewonnenen Hinweise seinen Patenten zugrunde legen habe können,
.) daß die Lizenznehmer gleichzeitig auch Lieferanten der Vertriebs-KG seien, was zur Folge habe, daß die Erfindungen im überwiegenden Interesse der Kommanditgesellschaft gemacht worden seien,
.) daß - ausschließlich - die Vertriebs-KG die auf der Basis der Lizenzen von den Lizenznehmern gefertigten Häuser an die Endabnehmer in Gewinnerzielungsabsicht veräußere,
.) daß der Beschwerdeführer und seine Gattin die einzigen Kommanditisten der Vertriebs-KG seien und
.) daß der Beschwerdeführer seine österreichischen Patente schließlich im Jahre 1990 an die Komplementärgesellschaft der KG veräußert habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, hilfsweise jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben; der Beschwerdeführer erklärt sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf richtige Anwendung der Bestimmung des § 1 Gewerbesteuergesetz 1953, hilfsweise in seinem Recht auf richtige Anwendung der Bestimmungen des § 4 Abs. 1 leg. cit. in Verbindung mit den Vorschriften der §§ 53 Abs. 1 lit. b und 60 Abs. 1 BAO als verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz 1953 unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird, wobei unter Gewerbebetrieb ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen ist. Im Beschwerdefall war somit zu untersuchen, ob die Erzielung der Lizenzeinkünfte durch den Beschwerdeführer als ein Unternehmen angesehen werden kann, das zum einen von seinen gewerblichen Einkünften aus der Mitunternehmerschaft an der Kommanditgesellschaft abgegrenzt war, und in welchem er zum anderen Einkünfte bezogen hat, die ihrerseits als solche aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren waren.
Der Beschwerdeführer erkennt zutreffend, daß der von ihm erwogenen - eine Gewerbesteuerpflicht nicht auslösenden - Subsumtion der aus Lizenzvergabe erzielten Einkünfte unter die Bestimmung des § 28 Abs. 1 Z. 3 EStG 1972 die im vierten Absatz dieses Paragraphen normierte Subsidiaritätsklausel entgegensteht, wonach solche Einkünfte jenen im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 5 EStG 1972 zuzurechnen sind, soweit sie zu diesen gehören; fallbezogen kamen nur Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb in Betracht.
Gemäß § 23 Z. 1 EStG 1972 sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb Einkünfte aus einer selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als selbständige Arbeit anzusehen ist. Da am Vorliegen der positiv formulierten Tatbestandsvoraussetzungen dieser aus § 28 BAO übernommenen gesetzlichen Definition gewerblicher Einkünfte im Beschwerdefall Streit nicht besteht, stellte sich die Frage einer Beurteilbarkeit der Lizenzeinkünfte als solche aus selbständiger Arbeit.
Eine Untersuchung der Tragfähigkeit der von der belangten Behörde genannten Gründe, welche sie dazu veranlaßten, zwischen dem gewerblichen Engagement des Beschwerdeführers als Mitunternehmer der B. Vertriebsgesellschaft m.b.H. & Co KG und den Lizenzeinnahmen aus der Verwertung seiner Patente durch die Lieferunternehmen der Vertriebsgesellschaft einen sachlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang zu sehen, welcher es nach den in vergleichbaren Fällen angestellten Erwägungen der verwaltungsgerichtlichen Judikatur (vgl. etwa die
hg. Erkenntnisse vom , 1578/59, vom , 178/68, vom , 1727/69, vom , 1401/74, und vom , 2551, 2662/77, ebenso wie auch vom , 2737, 2960, 2961/79 und 3000/80) gebiete, auch die Lizenzeinnahmen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu beurteilen, kann unterbleiben. Aus der Richtigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Qualifizierung der in Streit stehenden Einkünfte wäre im Beschwerdefall für die rechtliche Beurteilung einer Gewerbesteuerpflicht des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid nämlich nichts gewonnen.
Zwar gehen jene hilfsweise erstatteten Ausführungen des Beschwerdeführers ins Leere, mit denen er der belangten Behörde vorwirft, eine Unzuständigkeit des Finanzamtes zur Bescheiderlassung nicht wahrgenommen zu haben, weil der angefochtene Bescheid ja nicht über die Gewerbesteuerpflicht der Kommanditgesellschaft, sondern über jene des Beschwerdeführers abspricht. Daß das Finanzamt zur Entscheidung über eine Gewerbesteuerpflicht der vom Beschwerdeführer außerhalb seiner Mitunternehmerschaft an der Vertriebs-KG erzielten Einkünfte örtlich aber zuständig war, ist nicht zweifelhaft und wird so auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten.
Der Beschwerdeführer vertritt im Zusammenhang mit seiner verfehlten Verfahrensrüge inhaltlich aber die Auffassung, daß auf dem Boden der von der belangten Behörde gewonnenen Betrachtungsweise seiner Lizenzeinkünfte diese nicht ihm, sondern der Kommanditgesellschaft zuzurechnen wären. Die behördliche Annahme eines "Verwertungszusammenhangs" zufolge Vertriebs der unter Anwendung der patentierten Verfahren von Dritten erzeugten Produkte hätte diesfalls gewerbesteuerlich eine Zurechnung der Lizenzeinkünfte nur an das Steuerrechtsobjekt erlaubt, welchem auch die Vertriebseinkünfte zuzurechnen seien; dies wäre aber nicht der Beschwerdeführer, sondern die Kommanditgesellschaft. Damit ist der Beschwerdeführer im Recht.
Verliert eine Tätigkeit, die an sich als Ausübung eines freien Berufes anzusehen wäre, zufolge ihres sachlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs mit einem Gewerbebetrieb ihre Selbständigkeit, dann hat dies nämlich die Konsequenz, daß sie mit dem Gewerbebetrieb, zu dem dieser sachliche und wirtschaftliche Zusammenhang besteht, der Gewerbesteuer zu unterwerfen ist (vgl. neben den zuvor zitierten Erkenntnissen etwa auch das hg. Erkenntnis vom , 91/13/0201). Im Beschwerdefall ist Steuergegenstand jenes Gewerbebetriebes, in bezug auf den die belangte Behörde einen engen sachlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang der erzielten Lizenzeinnahmen unterstellt hat, die B. Vertriebsgesellschaft m.b.H. & Co KG, nicht jedoch der Beschwerdeführer. Wären demnach die vom Beschwerdeführer erzielten Lizenzeinnahmen gewerbesteuerlich der Kommanditgesellschaft zuzurechnen, dann fehlte es für eine Gewerbesteuerpflicht des Beschwerdeführers aus der Erzielung dieser Lizenzeinkünfte am Vorliegen eines Unternehmens, das von den gewerblichen Einkünften aus der Mitunternehmerschaft an der Kommanditgesellschaft abgegrenzt war. Von einer Unternehmenseinheit zwischen der B. Vertriebsgesellschaft m. b.H. & Co KG und der Erfindertätigkeit des Beschwerdeführers durfte die belangte Behörde nicht ausgehen, wie sie in ihrer Gegenschrift zutreffend einräumt. Ohne die Unterstellung einer solchen Unternehmenseinheit bestand aber für die Annahme einer Gewerbesteuerpflicht des Beschwerdeführers für seine Lizenzeinkünfte aus den von der belangten Behörde angestellten Überlegungen keine gesetzliche Grundlage.
Die belangte Behörde hat ihren Bescheid deshalb mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, sodaß er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994; Stempelgebührenaufwand war deshalb nur in geringerem als dem verzeichneten Ausmaß zuzusprechen, weil es der Vorlage des angefochtenen Bescheides in lediglich einfacher Ausfertigung bedurfte.