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VwGH vom 01.07.2005, 2003/17/0228

VwGH vom 01.07.2005, 2003/17/0228

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des GV in V, vertreten durch Dr. Ewald Jenewein und Dr. Gerhard Zimmermann, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 21, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ib- 1479/3, betreffend Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages nach dem Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetz (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Völs, 6176 Völs), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Antrag vom suchte der Beschwerdeführer als Eigentümer der Grundstücke Nr. 1578/1 und 1577/3, KG X, um die baubehördliche Bewilligung für zwei (bereits errichtete) Folientunnel mit Fundament und Tragkonstruktion an. Nach dem Einreichplan vom , GZl. 4471/98, war eine Grundteilung derart in Aussicht genommen, dass die Folientunnel zur Gänze auf einem neu zu bildenden Grundstück "1577/3" zu liegen gekommen wären.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde dem Beschwerdeführer die Baubewilligung für die Errichtung von zwei Foliengewächshäusern auf der Grundparzelle "1577/3, KG X, nach Maßgabe der eingereichten Pläne und Baubeschreibung", erteilt.

1.2. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde dem Beschwerdeführer für das "mit Bescheid vom , Zl. ..., bewilligte Bauvorhaben" nach dem Gesetz vom über die Erhebung von Ausgleichsabgaben sowie von Erschließungs- und Gehsteigbeiträgen - Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetz, LGBl. Nr. 22/1998 (im Folgenden: Tir VerkAufschlAbgG), und dem Beschluss des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom ein Erschließungsbeitrag in der Höhe von S 118.423,93 vorgeschrieben. Als Bauplatzanteil wurde in diesem Bescheid unter Hinweis auf § 9 Abs. 2 Tir VerkAufschlAbgG unter der Nennung "Gp. 1577/3" ein Anteil von 892,80 m2 x S 62,50 x 1,50 = S 83.700,00 angegeben.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

1.3. Mit Berufungsvorentscheidung vom wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab.

Der Beschwerdeführer beantragte die Vorlage seiner Berufung an die Berufungsbehörde.

1.4. Mit Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Begründend verwies der Gemeindevorstand auf die §§ 7 und 9 Tir VerkAufschlAbgG und bezog sich weiterhin auf ein Grundstück "1577/3", auf welchem sich die beiden Thermohäuser befänden. Zum Vorbringen, dass es sich um ein Grundstück handle, auf welchem bereits ein Gebäude bestehe, wurde ausgeführt, dass es sich um "Schwarzbauten" handle, "für die nie ein Erschließungsbeitrag" bezahlt worden sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung.

1.5. Mit Vorstellungsbescheid vom hob die belangte Behörde den bei ihr bekämpften Gemeindebescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass sie zwar die Ansicht vertrete, dass es sich bei den beiden Thermohäusern um Gebäude im Sinne der Tiroler Bauordnung handle und diese nicht als Folientunnel im Sinne des § 2 Abs. 7 Tiroler Bauordnung 1998 anzusehen seien. Es sei jedoch die Frage, ob für den gegenständlichen Bauplatz bereits Erschließungskosten bezahlt worden seien oder nicht, nicht vollständig geklärt worden. Im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung, dass bereits Erschließungskosten geleistet worden seien und die nur kursorisch erfolgende Behandlung dieses Einwandes durch den Gemeindevorstand sei nicht auszuschließen, dass die Bestimmung des § 10 Abs. 3 Tir VerkAufschlAbgG betreffend die Anrechnung von bereits geleisteten Beträgen zur Anwendung gelangen könnte. Das Ermittlungsverfahren sei diesbezüglich zu ergänzen und das Ergebnis unter Wahrung des Parteiengehörs bei der Erlassung eines neuen Bescheides im fortgesetzten Verfahren zu beachten.

1.6. In Folge erging der Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes vom , mit welchem der Berufung des Beschwerdeführers stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert wurde, dass der Erschließungsbeitrag neu berechnet und mit S 166.911,43 festgesetzt wurde. Auch diesem Bescheid wurde ein Grundstück "1577/3" im Ausmaß von 1.460 m2 zu Grunde gelegt, wobei ein (im Norden des Grundstücks gelegener und gerundeter) Teil von 50,00 m2, der bereits durch die Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages für das fiktive Grundstück "1578/3" erfasst gewesen wäre, in Abzug gebracht wurde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung.

1.7. Mit Bescheid vom wurde der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes vom Folge gegeben, der vor der Tiroler Landesregierung bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde verwiesen.

In der Begründung führte die Tiroler Landesregierung aus, dass bei der Bemessung des Bauplatzanteiles die Sach- und Rechtslage heranzuziehen sei, die zum Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches bestanden habe. Wie aus dem gegenständlichen Verfahrensakt und insbesondere aus dem Auszug aus der digitalen Katastralmappe zu ersehen sei, bestehe eine Differenz zu dem im Bauverfahren eingereichten Vermessungsplan. Im gesamten bisherigen Verfahren sei davon ausgegangen worden, dass sich die beiden Glashäuser auf einem Grundstück "Nr. 1577/3" befänden. Die Abgabenbehörde habe für diese Fläche beziehungsweise für dieses Grundstück den Bauplatzanteil vorgeschrieben. Die Abgabenbehörde habe dabei jedoch übersehen, dass es sich hiebei um ein imaginäres Grundstück gehandelt habe, da die in dem für das Bauverfahren eingereichten Plan dargestellte Grundteilung im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches nicht durchgeführt gewesen sei. Wie ein Vergleich zwischen der digitalen Katastralmappe, die den Grundstücksstand im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches darstelle, und dem Einreichplan ergebe, würden durch die beiden Glashäuser die Grundstücke Nr. 1577/3 und Nr. 1578/1 berührt. Die Behörde sei jedoch bei ihrer Berechnung von einem imaginären Grundstück "1577/3" ausgegangen. Dadurch sei der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages entsprechend den Bestimmungen des § 2 Tir VerkAufschlAbgG verletzt worden.

Für das fortgesetzte Verfahren wies die belangte Behörde auf Folgendes hin:

"1. Grundstück 1578/1

Dieses Grundstück entspricht in seinem heutigen Umfang dem, der bereits bei der Baueingabe 1989 geherrscht hat. Nachdem auf diesem Grundstück eines der beiden Glashäuser zu liegen kommt, kann ein Bauplatzanteil gemäß § 9 Abs. 2 leg. cit. zur Anrechnung gebracht werden.

2. Grundstück 1577/3

Dieses Grundstück hat in seiner heutigen Form eine schmale längliche Konfiguration, die vom Grundstück 1570 (Gießenbach) bis 1580 (Weg) reicht. Im Verfahren 1987 ging ein Teil in der imaginären Grundparzelle 1587/2 auf und wurde somit für einen Teil bereits ein Erschließungsbeitrag bezahlt. Das Gleiche gilt auch für das Verfahren 1989, bei dem für ein Glashaus auf der imaginären Parzelle 1578/3 Erschließungsbeiträge vorgeschrieben wurden. Für den Teil, der in den Plänen 1987 beziehungsweise 1989 als 1577/3 bezeichnet worden ist, ist jedoch noch kein Erschließungsbeitrag bezahlt worden. Für diese Flächen kann daher ein Bauplatzanteil gemäß § 9 Abs. 2 leg. cit. zur Anrechnung gebracht werden. Eine volle Verrechnung des Grundstückes 1577/3 wäre daher nicht rechtens, da in den Jahren 1987 und 1989 für die imaginären Flächen 1578/2 und 1578/3, die auch Teile des heutigen Grundstückes 1577/3 umfassen, bereits Erschließungsbeiträge bezahlt wurden. Durch die beschriebene Vorgangsweise ist gewährleistet, dass es zu keiner Doppelvorschreibung auf einem Grundstücksteil des Grundstückes 1577/3 kommt."

1.8. Mit Berufungsbescheid vom setzte daraufhin der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde die gegenständliche Verkehrsaufschließungsabgabe mit S 360.451,87 neu fest.

Der Gemeindevorstand begründete seine Entscheidung damit, dass die Grundabteilung, wie sie in der vom Beschwerdeführer im Bauverfahren vorgelegten Planurkunde vorgesehen gewesen sei, im Grundbuch nicht durchgeführt worden sei. Nach dem Stand des digitalen Katastralmappenauszuges zum Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches seien durch die gegenständliche Baumaßnahme die Grundparzellen 1578/1 und 1577/3 betroffen gewesen. Die beiden Liegenschaften wiesen einen in Nordsüdrichtung verlaufenden gemeinsamen Grenzverlauf auf, wobei es sich bei der Grundparzelle 1577/3 um eine Riemenparzelle handle.

Dem Bauverfahren aus dem Jahre 1987 (Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom ) sei eine imaginäre Grundparzelle 1578/2 zugrundegelegt worden. Die Teilung, aus der diese Grundparzelle hervorgehen hätte sollen, sei jedoch nie durchgeführt worden. Die Fläche des diesem Bauverfahren zugrundegelegenen Grundstückes habe 751 m2 betragen und habe sich aus Teilen der heutigen Grundparzellen 1578/1 und 1577/3 zusammengesetzt. Für diese imaginäre Grundparzelle sei bereits ein Erschließungsbeitrag bezahlt worden.

Betreffend die Baumaßnahme aus dem Jahre 1989 liege ein ähnlicher Sachverhalt vor. Damals sei dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde die Baubewilligung für die Änderung des bewilligten Gärtnereibetriebsgebäudes mit Garage und für die Errichtung eines Glashauses auf den Grundparzellen 1578/2 und 1578/3 erteilt worden. Die Abtrennung beider Bauliegenschaften sei letztlich im Grundbuch nicht durchgeführt worden. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom sei dem Beschwerdeführer ein Erschließungsbeitrag vorgeschrieben worden. Der Berechnung des Erschließungsbeitrages sei ein Bauplatzanteil von 405,18 m2 von der imaginären Grundparzelle 1578/3 zugrundegelegt worden.

Die beiden den seinerzeitigen Bauvorhaben zu Grunde liegenden und in der Grundteilung tatsächlich nie realisierten Grundparzellen 1578/2 und 1578/3 hätten sich aus Teilflächen der zum Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches bestehenden Grundparzellen 1578/1, 1578/2 (Altbestand) und 1577/3 zusammengesetzt. Es sei daher für Teilflächen dieser Grundparzellen bereits ein Erschließungsbeitrag bezahlt worden, und zwar einmal für eine Fläche von 751 m2 (imaginäre Grundparzelle 1578/2) und einmal für einen Bauplatzanteil von 405,18 m2 (imaginäre Grundparzelle 1578/3), somit für eine Gesamtfläche (bestehend aus den Grundstücken 1578/1, 1578/2 und 1577/3) von 1.156,18 m2.

Diese Fläche sei bei der Neuberechnung des Erschließungsbeitrages vom Gesamtflächenausmaß der Grundparzellen 1578/1, 1578/2 und 1577/3 in Abzug zu bringen gewesen. Daraus ergebe sich wiederum ein bei der Berechnung des Erschließungsbeitrages anrechenbares Flächenausmaß von 3.844,82 m2. Diese Fläche bilde die Grundlage für die Berechnung des Bauplatzanteiles.

Ausgehend von der neuen Berechnungsgrundlage errechne sich ein Erschließungsbeitrag von S 360.451,87.

1.9. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, in der er sich unter anderem gegen die Miteinbeziehung des Grundstückes Nr. 1578/2 in die Berechnung der Bauplatzfläche wandte. Eine Anrechnung der bereits geleisteten Erschließungsbeiträge hätte für jede Grundparzelle getrennt erfolgen müssen. Zudem habe die Voreigentümerin der betroffenen Grundstücke auf dem damals noch ungeteilten Grundstück 1578/1 bereits ein Gewächshaus errichtet. Nach den Feststellungen der Behörde seien von der damaligen Eigentümerin keine Erschließungsbeiträge bezahlt worden. Es wäre aber zu erörtern gewesen, ob solche Beiträge vorgeschrieben worden seien. Keinesfalls könne es aber zur Vorschreibung von Beiträgen kommen, die der Voreigentümerin vorgeschrieben werden hätten müssen und daher nunmehr verjährt seien. Um eine Umgehung der gesetzlichen Verjährungsbestimmungen zu vermeiden, hätten folglich jene Beträge, die der Voreigentümerin vorgeschrieben werden hätten müssen, bei der Anrechnung der bereits geleisteten Beiträge berücksichtigt werden müssen.

1.10. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde diese Vorstellung als unbegründet ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Gemeinde "und auch die Parteien des Verfahrens" an die tragenden Gründe eines in Rechtskraft erwachsenen aufhebenden aufsichtsbehördlichen Bescheides gebunden seien. Diese Bindung erstrecke sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch auf die Gemeindeaufsichtsbehörde und den Verwaltungsgerichtshof. Diese Bindung beziehe sich sowohl auf Fragen des materiellen Rechtes als auch auf solche des Verfahrensrechtes. Im gegenständlichen Verfahren sei davon auszugehen, dass seitens der Vorstellungsbehörde in ihren aufhebenden Entscheidungen einerseits die Frage der Erschließungsbeitragspflicht für die beiden Thermohäuser geklärt sei, andererseits aber auch dargelegt worden sei, dass bei der Vorschreibung des Bauplatzanteiles die Rechts- und Sachlage heranzuziehen sei, die zum Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches bestanden habe. Es sei der Gemeinde insbesondere im Bescheid vom genau vorgeschrieben worden, wie sie ihre Ermittlungen bzw. Berechnungen durchzuführen habe, um zu einer gesetzmäßigen Vorschreibung des Erschließungsbeitrages zu gelangen. Nachdem die beiden Vorstellungsbescheide unbekämpft in Rechtskraft erwachsen seien, hätte die Abgabenbehörde zweiter Instanz in Bindung an diese Rechtsansicht ihre Entscheidung zu fällen gehabt. Dass diese Entscheidung im nunmehr angefochtenen Bescheid nicht der in den Vorstellungsbescheiden dargelegten Rechtsansicht entspreche, behaupte nicht einmal der Vorstellungswerber. Auf Grund der dargestellten Rechtslage habe der Beschwerdeführer durch die nunmehrige Entscheidung, die in Bindung an die Rechtsauffassung der Vorstellungsbehörde ergangen sei, in seinen Rechten nicht verletzt werden können.

1.11. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , B 1235/00-6, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

1.12. In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

1.13. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Tir VerkAufschlAbgG (Stammfassung) lauten auszugsweise:

"§ 2

Begriffsbestimmungen

(1) Bauplatz ist ein Grundstück, auf dem ein Gebäude errichtet werden soll oder besteht. Grundstück ist eine Grundfläche, die im Grundsteuerkataster oder im Grenzkataster mit einer eigenen Nummer bezeichnet ist oder die in einem Zusammenlegungsverfahren als Grundabfindung gebildet wurde.

...

(3) Gebäude sind überdeckte, allseits oder überwiegend umschlossene bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und die dazu bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen, soweit sie der Tiroler Bauordnung 1998 unterliegen oder auf Grund des § 1 Abs. 3 lit. a oder b der Tiroler Bauordnung 1998 von deren Geltungsbereich ausgenommen sind. Nicht als Gebäude gelten:

a) Städel und Bienenhäuser im Sinne des § 41 Abs. 2 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997, LGBl. Nr. 10, in der jeweils geltenden Fassung im Freiland;

b) Almgebäude, Kochhütten, Feldställe und Städel in Massivbauweise auf Sonderflächen nach § 47 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997 oder im Freiland;

c) bauliche Anlagen vorübergehenden Bestandes im Sinne des § 44 der Tiroler Bauordnung 1998 und Folientunnels im Sinne des § 2 Abs. 17 der Tiroler Bauordnung 1998.

(4) Baumasse ist der durch ein Gebäude umbaute Raum. Die Baumasse ist geschossweise zu ermitteln, wobei bei Räumen mit einer lichten Höhe von mehr als 3,50 m der diese Höhe übersteigende Teil außer Betracht bleibt. Der umbaute Raum ist jener Raum, der durch das Fußbodenniveau des untersten Geschosses und durch die Außenhaut des Gebäudes oder, soweit eine Umschließung nicht besteht, durch die gedachte lotrechte Fläche in der Flucht der anschließenden Außenhaut begrenzt wird.

...

3. Abschnitt

Erschließungsbeitrag

§ 7

Abgabengegenstand, Erschließungsbeitragssatz

(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, im Falle des Neubaus eines Gebäudes oder der Änderung eines Gebäudes, durch die seine Baumasse vergrößert wird, einen Erschließungsbeitrag zu erheben. Verlieren Gebäude im Sinne des § 2 Abs. 3 zweiter Satz oder Teile davon ihren Verwendungszweck durch bauliche Änderungen, so gilt dies als Neubau.

(2) Die Erhebung des Erschließungsbeitrages erfolgt durch Festlegung des Erschließungsbeitragssatzes (Abs. 3).

(3) Der Erschließungsbeitragssatz ist ein Prozentsatz des Erschließungskostenfaktors nach § 5 Abs. 2. Er ist von der Gemeinde durch Verordnung einheitlich für das gesamte Gemeindegebiet festzulegen. Die Höhe des Erschließungsbeitragssatzes hat sich nach der von der Gemeinde zu tragenden Straßenbaulast zu richten und darf 5 v. H. des Erschließungskostenfaktors nicht überschreiten.

§ 8

Abgabenschuldner

(1) Abgabenschuldner ist der Eigentümer des Bauplatzes, auf dem der Neubau errichtet wird oder das Gebäude, dessen Baumasse vergrößert wird, besteht.

...

§ 9

Bemessungsgrundlage und Höhe der Abgabe

(1) Der Erschließungsbeitrag ist die Summe aus dem Bauplatzanteil (Abs. 2) und dem Baumassenanteil (Abs. 3).

(2) Der Bauplatzanteil ist das Produkt aus der Fläche des Bauplatzes in Quadratmetern und 150 v. H. des Erschließungsbeitragssatzes. Bei Bauplätzen, die als Freiland oder als Sonderflächen nach § 44, § 45 oder § 46 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997 gewidmet sind, und bei Bauplätzen für Gebäude, die nach § 1 Abs. 3 lit. a oder b der Tiroler Bauordnung 1998 von deren Geltungsbereich ausgenommen sind, tritt die durch das Gebäude überbaute Fläche samt der Fläche eines daran anschließenden Randes, dessen Tiefe in sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs. 1 lit. a der Tiroler Bauordnung 1998 zu ermitteln ist, an die Stelle der Fläche des Bauplatzes. Die durch Gebäude oder Gebäudeteile für Laufställe überbaute Fläche ist in die Fläche des Bauplatzes nur zur Hälfte einzurechnen. Verlieren jedoch solche Gebäude oder Gebäudeteile diesen Verwendungszweck durch bauliche Änderungen, so gilt dies als Vergrößerung des Bauplatzes im Ausmaß der Hälfte der tatsächlich überbauten Fläche.

(3) Der Baumassenanteil ist

a) im Falle des Neubaus eines Gebäudes das Produkt aus der Baumasse des Gebäudes,

b) im Falle der Änderung eines Gebäudes, durch die seine Baumasse vergrößert wird, das Produkt aus der zusätzlich geschaffenen Baumasse, jeweils in Kubikmetern und 70 v. H. des Erschließungsbeitragssatzes. Die Baumasse landwirtschaftlicher Wirtschaftsgebäude und entsprechend genutzter Gebäudeteile ist nur zur Hälfte, im Falle von Gebäuden oder Gebäudeteilen für Laufställe nur zu einem Viertel, anzurechnen. Verlieren jedoch solche Gebäude oder Gebäudeteile diesen Verwendungszweck durch bauliche Änderungen, so gilt dies als Vergrößerung der Baumasse im Ausmaß der Hälfte, im Falle von Gebäuden oder Gebäudeteilen für Laufställe im Ausmaß von drei Vierteln, der tatsächlichen Baumasse. Als Vergrößerung der Baumasse gilt weiters der Ausbau des Dachgeschosses von Gebäuden, für die ein Erschließungsbeitrag unter Zugrundelegung der betreffenden Teile des Dachgeschosses noch nicht entrichtet wurde.

§ 10

Bemessungsgrundlage bei Grundstücksänderungen, Rückzahlung

(1) Wird der Bauplatz vor der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages vergrößert oder verkleinert, so ist der Bauplatzanteil außer bei Bauplätzen im Sinne des § 9 Abs. 2 zweiter Satz von der gegenüber dem Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches geänderten Fläche des Bauplatzes zu ermitteln.

(2) Wird der Bauplatz nach der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages vergrößert, so ist außer bei Bauplätzen im Sinne des § 9 Abs. 2 zweiter Satz ein Erschließungsbeitrag zu entrichten, der dem Bauplatzanteil für jene Fläche entspricht, um die der Bauplatz vergrößert wurde.

(3) Wird der Bauplatz nach der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages verkleinert, so ist, sofern der abgetrennte Grundstücksteil dauerhaft einer Verwendung zugeführt wird, die dem neuerlichen Entstehen eines Abgabenanspruches entgegensteht, auf Antrag des Abgabenschuldners oder seines Rechtsnachfolgers der Betrag, der dem Bauplatzanteil für die Fläche des Trennstückes entspricht, zurückzuzahlen. Anderenfalls ist die Fläche des Trennstückes bei einem neuerlich entstehenden Abgabenanspruch nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Rückzahlungsanspruch nach Abs. 3 entsteht ...

§ 11

Bemessungsgrundlage bei Änderungen des Baubestandes

(1) Wird auf einem Bauplatz, für den bereits ein Erschließungsbeitrag nach diesem Gesetz oder nach früheren Rechtsvorschriften unter Zugrundelegung der Gesamtfläche des Bauplatzes entrichtet wurde, ein Neubau errichtet oder ein Gebäude so geändert, dass seine Baumasse vergrößert wird, so ist nur ein dem Baumassenanteil entsprechender Erschließungsbeitrag zu entrichten.

(2) Wird auf einem Bauplatz, für den noch kein Erschließungsbeitrag oder ein Erschließungsbeitrag nach diesem Gesetz oder nach früheren Rechtsvorschriften unter Zugrundelegung nur einer Teilfläche des Bauplatzes entrichtet wurde, auf dem aber bereits ein oder mehrere Gebäude bestehen, ein Neubau errichtet oder ein Gebäude so geändert, dass seine Baumasse vergrößert wird, so ist ein Erschließungsbeitrag zu entrichten, der dem Baumassenanteil sowie einem Bauplatzanteil entspricht, der sich unter Zugrundelegung jener Teilfläche des Bauplatzes ergibt, die sich zur Gesamtfläche des Bauplatzes verhält wie die dem Baumassenanteil zu Grunde liegende Baumasse zur Summe aus dieser Baumasse und der Baumasse des bestehenden Gebäudes oder der bestehenden Gebäude. Insgesamt darf dem Bauplatzanteil jedoch höchstens die Gesamtfläche des Bauplatzes zu Grunde gelegt werden.

(3) Wird im Falle des Abbruchs oder der sonstigen Zerstörung eines Gebäudes oder Gebäudeteiles, dessen Baumasse bereits Grundlage für die Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages nach diesem Gesetz oder nach früheren Rechtsvorschriften war, dieses (dieser) wieder aufgebaut oder auf demselben Bauplatz sonst ein Neubau errichtet oder ein Gebäude so geändert, dass seine Baumasse vergrößert wird, so ist der Baumassenanteil von der um die Baumasse des zerstörten Gebäudes oder Gebäudeteiles verminderten Baumasse zu ermitteln.

...

§ 12

Entstehen des Abgabenanspruches, Vorschreibung

(1) Der Abgabenanspruch entsteht bei bewilligungspflichtigen Bauvorhaben mit dem Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung, bei anzeigepflichtigen Bauvorhaben mit dem Zeitpunkt, in dem auf Grund des § 28 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung 1998 mit der Ausführung des angezeigten Bauvorhabens begonnen werden darf, und bei allen anderen Bauvorhaben mit dem Baubeginn.

(2) Bei Grundstücksänderungen nach § 10 Abs. 2 entsteht der Abgabenanspruch mit der grundbücherlichen Durchführung der Grundstücksänderung.

(3) Bei bewilligungspflichtigen und anzeigepflichtigen Bauvorhaben ist der Erschließungsbeitrag nach dem Baubeginn vorzuschreiben. Dabei gilt § 6 Abs. 2 zweiter Satz sinngemäß. "

2.3. Im Hinblick auf die im Zuge des Abgabenverfahrens ergangenen Vorstellungsentscheidungen ist es zunächst erforderlich zu klären, inwiefern sich aus diesen Entscheidungen eine Bindungswirkung für das fortgesetzte Verfahren ergab.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Bindungswirkung einer aufhebenden Vorstellungsentscheidung auf die ausdrücklich geäußerte Rechtsansicht der Vorstellungsbehörde im Umfang der die Aufhebung tragenden Begründungselemente beschränkt. Jener Teil der Begründung eines aufhebenden Vorstellungsbescheides hingegen, der darlegt, in welchen Punkten nach Auffassung der Aufsichtsbehörde Rechte des Vorstellungswerbers nicht verletzt worden sind, der also aufzeigt, welche der in der Vorstellung geltend gemachten Rechtsverletzungen mangels tatsächlicher Rechtsverletzung keine Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides nach sich zu ziehen hätte, löst keine bindende Wirkung aus, weil er den aufhebenden Spruch nicht trägt. Ebenso entfalten Hinweise der Vorstellungsbehörde für das fortgesetzte Verfahren, die über die die Aufhebung tragenden Gründe hinaus gehen (so genannte obiter dicta), keine Bindungswirkung. Die so zu verstehende Bindungswirkung der die Aufhebung tragenden Gründe des Vorstellungsbescheides für die Gemeindebehörden erstreckt sich in der Folge auch auf die Vorstellungsbehörde selbst sowie die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/17/0063).

Im Lichte dieser Rechtsprechung kommt nur jenen Gründen der (zweiten) Vorstellungsentscheidung vom bindende Wirkung zu, die für die Aufhebung des Bescheides des Gemeindevorstandes vom tragend waren. Der Grund für die Aufhebung des Bescheides war die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass unzulässiger Weise ein imaginäres Teilgrundstück an Stelle der im Zeitpunkt der Abgabenentstehung im Grenzkataster ausgewiesenen Grundstücke bei der Berechnung des gegenständlichen Bauplatzanteiles von den Gemeindebehörden herangezogen worden sei, sodass der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages entsprechend den Bestimmungen des § 2 Tir VerkAufschlAbgG verletzt worden sei. Nur im Hinblick auf diese Rechtsauffassung vermochte die Vorstellungsentscheidung vom Bindungswirkung für das fortgesetzte Verfahren zu entfalten.

Hingegen bestand - entgegen der Auffassung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - keine Bindung an die im obiter dictum der Vorstellungsentscheidung vom dargelegte Berechnungsmethode bzw. die Feststellung, dass für das Grundstück Nr. 1578/1 ein Bauplatzanteil gemäß § 9 Abs. 2 Tir VerkAufschlAbgG "zur Anrechnung gebracht werden" könne. Es ist daher nicht näher zu untersuchen, wie die Hinweise der belangten Behörde betreffend Flächen, "für die" ein Bauplatzanteil in Rechnung gestellt werden könnte, zu verstehen waren, und ob die vom Gemeindevorstand durchgeführte Berechnung dieser Rechtsauffassung entsprochen hat.

Die Bindungswirkung der Vorstellungsentscheidung vom geht somit dahin, dass die Berechnung des Erschließungsbeitrages unter Zugrundelegung des Standes nach dem Auszug aus der digitalen Katastermappe vom , welche den Stand zum Zeitpunkt der Entstehung des Anspruches wiedergibt, zu erfolgen hat. Für welche Grundstücke demnach ein Erschließungsbeitrag zu entrichten ist und welche Anrechnungsbestimmungen zur Anwendung zu kommen haben, ist ohne Bindung an eine Rechtsansicht der belangten Behörde auf Grund der maßgeblichen Rechtslage zu beurteilen. Die belangte Behörde hat in der Vorstellungsentscheidung vom insbesondere auch keine Aussage zur Frage getroffen, auf welche (nach dem Auszug aus der digitalen Katastermappe vom tatsächlich bestehende) Grundstücke sich die Abgabenvorschreibung beziehe bzw. beziehen könne.

2.4. Unter dieser Voraussetzung erweist sich der angefochtene Bescheid bereits deshalb als inhaltlich rechtswidrig, weil die vom Gemeindevorstand im dritten Rechtsgang gewählte Berechnungsmethode nicht den Bestimmungen des Tir VerkAufschlAbgG entspricht.

Die belangte Behörde hat die vom Gemeindevorstand vorgenommene Berechnung des Erschließungsbeitrages unter Verwendung eines Bauplatzanteiles, der sich aus der Differenz zwischen der Summe aller drei hier betroffenen Grundstücke und jener Flächen ergab, welche schon einmal bei der Berechnung eines Erschließungsbeitrages zu Grunde gelegt worden waren, als rechtmäßig erachtet.

Dies ist in zweierlei Hinsicht mit dem Gesetz nicht in Einklang zu bringen: Zum einen hat die Anrechnung bereits erfolgter Vorschreibungen, wie unten näher darzustellen ist, bei der Ermittlung des Bauplatzanteils nicht durch einfache Subtraktion bereits "zu Grunde gelegter Flächen" von der Gesamtfläche zu erfolgen. Zum Anderen ist auf der Basis der Annahmen der Abgabenbehörden - wie ebenfalls näher auszuführen ist - Gegenstand des dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Abgabenverfahrens die Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages für Gebäude, die auf den Grundstücken 1578/1 und 1577/3 liegen. Die Einbeziehung des (in der Realität vorhandenen) Grundstückes Nr. 1578/2 im vorliegenden Abgabenverfahren erweist sich daher als unzulässig.

2.5. § 2 Abs. 1 Tir VerkAufschlAbgG definiert den Begriff des Bauplatzes als ein Grundstück, auf dem ein Gebäude errichtet werden soll oder besteht. Ein Grundstück ist nach dieser Bestimmung eine Grundfläche, die im Grundsteuerkataster oder im Grenzkataster mit einer eigenen Nummer bezeichnet ist oder die in einem Zusammenlegungsverfahren als Grundabfindung gebildet wurde. Die belangte Behörde hat - wie oben dargestellt - ihre Aufhebung mit Bescheid vom insofern folgerichtig (und, worauf es entscheidend ankommt, mit Bindungswirkung für das vorliegende Verfahren) auf den Umstand gestützt, dass die Abgabenbehörden den Erschließungsbeitrag nicht gesondert für jedes (tatsächlich existierende) Grundstück berechnet hatten.

Für die bei der Bauplatzberechnung heranzuziehenden Grundstücksgrenzen und -flächen waren somit die im Grundsteuerkataster oder im Grenzkataster ausgewiesenen Grundstücke maßgebend und nicht die dem Grundbuchstand widersprechenden Grundgrenzen, wie sie in den in einem Bauverfahren vorgelegten Planunterlagen eingezeichnet sind.

Bei der Berechnung der Bauplatzfläche nach dem Tir VerkAufschlAbgG ist daher die Fläche des einzelnen jeweils von der Bauführung betroffenen Grundstückes heranzuziehen. Eine Miteinbeziehung anderer Grundstücke, auf denen kein Neubau errichtet oder ein bereits bestehendes Gebäude geändert wird, bei der Berechnung der Erschließungsabgaben ist unzulässig.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass weder die Abgabenbehörden noch die belangte Behörde bislang klarstellten, welche Abgabe Gegenstand der mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom erfolgten Vorschreibung war. Sache des Berufungsverfahrens vor dem Gemeindevorstand kann nur diese Abgabenvorschreibung gewesen sein.

Im Hinblick darauf, dass im Abgabenverfahren die Behörden davon ausgegangen sind, dass sich die den Abgabentatbestand auslösenden Gebäude (lediglich) auf den Grundstücken 1578/1 und 1577/3 befänden, ist nur die Abgabenvorschreibung eines Erschließungsbeitrages für jene Grundstücke Gegenstand des Abgabenverfahrens, das zur vorliegenden Beschwerde geführt hat. Dass die Abgabenbehörden dabei immer (unzutreffend) von einem (weiteren nicht realen) Grundstück "1577/3" gesprochen haben, welches es in dieser Form nie gegeben hat und auch derzeit nicht gibt, ändert daran nichts. Es ist durch die Bezugnahme auf die Baubewilligung vom ausreichend klar gestellt, auf welches Projekt sich die Abgabenvorschreibung bezog. Gegenstand des Abgabenverfahrens war demnach die Vorschreibung des Erschließungsbeitrages für jene Grundstücke, die nach den Feststellungen der Abgabenbehörden vom Projekt betroffen sind. Das sind die Grundstücke Nr. 1578/1 und 1577/3. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, dass Gegenstand des Verfahrens nicht nur die Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages für das tatsächlich existierende Grundstück Nr. 1577/3 (das lang gestreckte, "durchgehende" Grundstück zwischen den beiden Wegen 1570 und 1580) ist, sondern auch die Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages für das Grundstück Nr. 1578/1.

Unmaßgeblich ist jedoch im Hinblick auf die dezidierten Feststellungen der Abgabenbehörden, dass nach dem im Akt befindlichen Plan vom , GZl. 4471/98, der der gegenständlichen Baubewilligung zugrundegelegt wurde, die beiden Folienkonstruktionen zu einem kleinen Teil auch auf dem Grundstück 1578/2 liegen dürften und daher die Sachverhaltsfeststellung der Gemeindebehörden (von denen auch die belangte Behörde im obiter dictum ausgegangen ist), wonach dieses Grundstück von der gegenständlichen Bauführung nicht betroffen sei, möglicher Weise unzutreffend ist. Die Errichtung der gegenständlichen Folienhäuser würde nach den im Akt erliegenden Unterlagen auf allen drei Grundstücken, wie sie nach dem Auszug aus der digitalen Katastermappe vom zum maßgeblichen Zeitpunkt bestanden, erfolgen. Nach den von der belangten Behörde übernommenen Sachverhaltsfeststellungen der Abgabenbehörden sind jedoch nur die Grundstücke 1577/3 und 1578/1 betroffen, sodass die rechtliche Beurteilung, dass im Rahmen des Berufungsverfahrens auf Grund der Berufung gegen den Bescheid vom auch über die Vorschreibung einer Abgabe für das Grundstück Nr. 1578/2 abgesprochen werden könnte, verfehlt ist.

2.6. Die Berechnung der vorzuschreibenden Erschließungsabgaben hätte darüber hinaus aber jedenfalls für jedes von der Bauführung betroffene Grundstück getrennt, insbesondere im Falle des Zutreffens der Voraussetzungen nach § 11 Abs. 2 Tir VerkAufschlAbgG nach den dort enthaltenen näheren Regelungen für die Anrechnung früher entrichteter Beiträge, erfolgen müssen. Das Abstellen auf die Gesamtfläche der drei Grundstücke 1578/1, 1578/2 und 1577/3 war daher schon im Ansatz verfehlt.

Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen zum Gegenstand der Abgabenvorschreibung, die von der Behörde erster Instanz mit Bezug auf ein nicht existentes Grundstück "1577/3" vorgenommen wurde, kann als Gegenstand des Abgabenverfahrens entsprechend den Feststellungen der Abgabenbehörden die Vorschreibung der Erschließungsbeiträge für die Grundstücke Nr. 1578/1 und 1577/3 (und zwar entsprechend ihrer tatsächlichen Ausformung) angesehen werden.

Der angefochtene Bescheid leidet daher schon insoweit an Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weil die Einbeziehung der Fläche des Grundstückes 1578/2 bei der Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages für die Grundstücke 1578/1 und 1577/3 rechtswidrig war.

2.7. Wie sich aus den oben wiedergegebenen Bestimmungen des Tir VerkAufschlAbgG ergibt, enthält dieses Regelungen für verschiedene Sachverhalte im Zusammenhang mit der Veränderung von bzw. auf Grundstücken. Während § 10 des Gesetzes Änderungen des Bauplatzes betrifft, beschäftigt sich § 11 des Gesetzes mit Veränderung des Baubestandes auf Grundstücken. Dabei regelt § 11 Abs. 1 den Sachverhalt, dass auf einem Bauplatz, für den bereits "unter Zugrundelegung der Gesamtfläche" ein Erschließungsbeitrag entrichtet wurde, ein Neubau errichtet wird. Da keiner der von den Abgabenbehörden genannten Abgabenbescheide sich auf eines der drei betroffenen Grundstücke zur Gänze bezog, ist dieser Tatbestand im Beschwerdefall nicht erfüllt.

Da die den Abgabenvorschreibungen in den Jahren 1988 und 1990 zu Grunde liegenden "fiktiven" Grundstücke "1578/2" und "1578/3" wesentliche Teile der drei Grundstücke, wie sie nach wie vor (nach dem Auszug aus der digitalen Katastermappe vom ) grundbücherlich bestehen, betrafen, käme schon aus diesem Grund eine Anwendung des § 11 Abs. 2 Tir VerkAufschlAbgG (zweiter Tatbestand) grundsätzlich in Betracht. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass nach § 11 Abs. 2 Tir VerkAufschlAbgG (erster Tatbestand) auch dann, wenn für einen Bauplatz noch kein Erschließungsbeitrag entrichtet wurde, sich darauf aber Gebäude befinden, der Bauplatzanteil nach § 11 Abs. 2 Tir VerkAufschlAbgG zu berechnen ist. Auch insoweit wären somit von den Abgabenbehörden Feststellungen zu treffen gewesen (selbst wenn sich etwa ergeben hätte, dass die Flächen, für welche schon ein Erschließungsbeitrag vorgeschrieben wurde, das Grundstück Nr. 1578/1 nicht betrafen).

2.8. Gemäß § 11 Abs. 2 Tir VerkAufschlAbgG ist der Bauplatzanteil unter Zugrundelegung jener Teilfläche des Bauplatzes zu berechnen, die sich zur Gesamtfläche des Bauplatzes verhält wie die dem Baumasseanteil zu Grunde liegende Baumasse zur Summe aus dieser Baumasse und der Baumasse der bestehenden Gebäude. Es sind somit nicht bloß jene Flächen von der Gesamtfläche abzuziehen, für welche bereits eine Erschließungsabgabe entrichtet wurde, sondern es ist die Verhältniszahl der dem Baumasseanteil zu Grunde liegenden Baumasse und der Summe aus dieser Baumasse und der Baumasse der bestehenden Gebäude zu bilden. Als Bauplatzanteil ist sodann jener Teil des Bauplatzes anzusetzen, der zur Gesamtfläche im gleichen Verhältnis steht. Ausschlaggebend ist somit nicht nur, für welche Fläche bereits ein Erschließungsbeitrag entrichtet wurde, sondern primär, in welchem Verhältnis die neue Baumasse zur Summe aus dieser Baumasse und der Baumasse der bestehenden Gebäude steht.

Die Rechtsfolge einer früheren Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages unter "Zugrundelegung nur einer Teilfläche des Bauplatzes" ist somit nicht, dass bei der Berechnung des Erschließungsbeitrages nur der noch nicht der Vorschreibung zu Grunde gelegte Teil bei der Berechnung des Bauplatzanteils heranzuziehen wäre, sondern es ist ein Erschließungsbeitrag zu entrichten, "der dem Baumasseanteil sowie einem Bauplatzanteil entspricht, der sich unter Zugrundelegung jener Teilfläche des Bauplatzes ergibt, die sich zur Gesamtfläche des Bauplatzes verhält wie die dem Baumassenanteil zu Grunde liegende Baumasse zur Summe aus dieser Baumasse und der Baumasse des bestehenden Gebäudes".

Dies wird von der Abgabenbehörde im fortgesetzten Verfahren (nach Aufhebung des vor der belangten Behörde bekämpften Bescheides auf Grund der hiemit erfolgenden Aufhebung des bekämpften Vorstellungsbescheides) zu berücksichtigen sein.

2.9. Zur Berechnung des Erschließungsbeitrages für das Grundstück Nr. 1578/1 ist für das fortgesetzte Verfahren auf Folgendes zu verweisen:

Für das seinerzeit einer Abgabenvorschreibung zu Grunde gelegte imaginäre Grundstück "1578/3" ist zunächst nicht ersichtlich, ob dieses Grundstück auch Teile des Grundstücks 1578/1 umfassen sollte. Eine Messung auf den Plänen für die Baueingabe 1987 ergibt zwar, dass dieses Grundstück wohl durch die von den Grenzpunkten 10640 und 10639 gebildete Linie begrenzt werden sollte, sodass das Grundstück keinen Teil des Grundstücks 1578/1 beansprucht hätte. Die Abgabenbehörden haben jedoch selbst im Verfahren die Auffassung vertreten, im Jahre 1987 sei mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom unter Zugrundelegung eines fiktiven Grundstücks "1578/2", das sich angeblich auch auf Teile des Grundstücks 1578/1 erstreckt habe, ein Erschließungsbeitrag vorgeschrieben worden. Diesbezüglich werden exakte Feststellungen zu treffen sein.

Im Beschwerdefall ist in diesem Zusammenhang hinsichtlich des Grundstücks Nr. 1578/1 aber auch noch auf Folgendes hinzuweisen:

Selbst für den Fall, dass festgestellt werden sollte, dass das Grundstück 1578/1 weder durch das seinerzeit fiktiv gebildete Grundstück "1578/3" noch durch das fiktive Grundstück "1578/2" betroffen war, könnte im Beschwerdefall § 11 Abs. 2 Tir VerkAufschlAbgG bei der Berechnung des Erschließungsbeitrages für das Grundstück 1578/1 im Hinblick auf das Bestehen von Gebäuden auf dem Bauplatz zur Anwendung kommen. § 11 Abs. 2 Tir VerkAufschlAbgG sieht nämlich auch eine besondere Berechnung der Bemessungsgrundlage nach den Vorschriften des § 11 Abs. 2 in jenen Fällen vor, in denen für den Bauplatz noch kein Erschließungsbeitrag nach diesem Gesetz oder nach früheren Vorschriften entrichtet wurde, auf dem Bauplatz aber bereits Gebäude bestehen. Wenn auch der Abgabenbehörde zweiter Instanz beizupflichten ist, dass die Anwendung dieser Regelung das Bestehen konsentierter Gebäude voraussetzt (weil nur für solche die Sachlichkeit der Regelung, die zu einer Anrechnung unabhängig davon führt, ob für diese Gebäude bereits ein Erschließungsbeitrag entrichtet wurde oder nicht, bejaht werden kann), wäre für die Berechnung der Abgabe der Gebäudebestand zu erheben, wenn § 11 Abs. 2 zweiter Tatbestand Tir VerkAufschlAbgG nicht eingreifen sollte.

2.10. Zur Berechnung des Erschließungsbeitrages für das Grundstück Nr. 1577/3 ist für das fortgesetzte Verfahren Folgendes festzuhalten:

Das Grundstück Nr. 1577/3 war in seinem nord-östlichen Teil nach den Feststellungen der Abgabenbehörden und der belangten Behörde jedenfalls von beiden bereits erfolgten Abgabenvorschreibungen für die fiktiven Grundstücke "1578/2" und "1578/3" erfasst. Die Berechnung des Erschließungsbeitrages hätte daher nach § 11 Abs. 2 Tir VerkAufschlAbgG zu erfolgen gehabt. Auch in diesem Zusammenhang erweist sich die konkret vorgenommene Berechnung schon im Hinblick auf die "einheitliche" Berechnung, aber auch im Hinblick darauf, dass keine Bedachtnahme auf die vom Gesetz geforderte Berechnung der Verhältniszahl der Baumassen zueinander erfolgte, als inhaltlich rechtswidrig. Die Berechnung des Bauplatzanteils wird unter Berücksichtigung der nach § 11 Abs. 2 Tir VerkAufschlAbgG gebildeten Verhältniszahl zu erfolgen haben.

2.11. Dadurch, dass die belangte Behörde die dargelegten Rechtswidrigkeiten nicht aufgriff und den bekämpften Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes vom bestätigte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

2.12. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

2.13. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am