VwGH vom 21.06.1994, 94/14/0033
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Hutter, über die Beschwerde des Dr. P in V, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom , Zl. 152/1-2/91, betreffend Haftung gemäß § 9 BAO für Umsatzsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Das Finanzamt zog den Beschwerdeführer, einen Rechtsanwalt, gemäß §§ 9, 80 BAO zur Haftung für Umsatzsteuer aus dem Verkauf vom von Unternehmensbestandteilen durch die Gemeinschuldnerin während des Konkurses über deren Vermögen heran, weil der Beschwerdeführer als Masseverwalter nicht für die Abführung der Umsatzsteuer aus diesem Geschäft gesorgt habe.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung mit der Begründung, er habe bis zu seiner Enthebung als Masseverwalter anläßlich der Aufhebung des Konkurses am vom Kaufvertrag, der namens der Gemeinschuldnerin von deren Rechtsanwalt abgeschlossen worden sei, keine Kenntnis gehabt, der Vertrag sei ihm entgegen dem Inhalt der Kaufvertragsurkunde nicht zur Unterfertigung vorgelegt und auch der Kaufpreis entgegen einer entsprechenden Bestimmung in der Vertragsurkunde nicht zu seinen Handen erlegt worden. Mangels Kenntnis des Vertrages und in Ermangelung der aus ihm stammenden Mittel habe er für die Abführung der Umsatzsteuer nicht sorgen können.
Aus den Verwaltungsakten ist zu entnehmen, daß sich die Gemeinschuldnerin laut dem Beschluß über die Bestätigung des Zwangsausgleichs vom gemäß § 157a ff KO bis zur Erfüllung des Zwangsausgleichs der Überwachung durch den Beschwerdeführer als Sachwalter unterwarf, dem das gesamte gemeinschuldnerische Vermögen zur Verwertung übertragen wurde und der den Auftrag hatte, nach Einbringlichmachung des Erlöses die Quote an die Konkursgläubiger auszuzahlen. Mit Beschluß vom wurde zufolge gänzlicher Erfüllung des Zwangsausgleiches die mit vorgenanntem Beschluß angeordnete Sachwalterschaft für beendigt erklärt und der Beschwerdeführer als Sachwalter seines Amtes enthoben.
Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab. Die dem Masseverwalter auferlegten Pflichten endeten erst mit Rechtskraft des die Aufhebung des Konkurses verfügenden Beschlusses. Dies bedeute, daß der Beschwerdeführer über den hinaus noch als gesetzlicher Vertreter der Gemeinschuldnerin anzusehen gewesen sei. Die Rechtskraft der Aufhebung des Konkurses sei frühestens am eingetreten. Obwohl dem Beschwerdeführer die Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes bekannt gewesen sei, habe er den Kaufvertrag nicht angefochten, er habe weder die übrigen Gläubiger noch das Konkursgericht davon verständigt, daß er vom Abschluß des Kaufvertrages keine Kenntnis erlangt habe und der Kaufpreis nicht bei ihm als Sachwalter hinterlegt worden sei. Der Beschwerdeführer habe daher die wirtschaftlichen Ergebnisse des Rechtsgeschäftes bestehen lassen wollen. Im Bericht vom an das Konkursgericht habe der Beschwerdeführer als Sachwalter mitgeteilt, daß die Veräußerung durchgeführt und der Kaufpreis vom Käufer erlegt worden sei, ohne zu erwähnen, daß der Vertrag ohne sein Wissen abgeschlossen und der Kaufpreis nicht bei ihm hinterlegt worden sei. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte der Beschwerdeführer das Konkursgericht von der Unwirksamkeit des Vertrages verständigen müssen. Der Einwand des Beschwerdeführers, er habe vom Verkauf keine Kenntnis erlangt, sei reine Zweckbehauptung. Bereits anläßlich der Prüfungs- und Zwangsausgleichstagsatzung vom , bei der der Beschwerdeführer anwesend gewesen sei, sei vom Gemeinschuldnervertreter die Verkaufsabsicht erklärt worden. Wenn auch die Verkaufsverhandlung von der Gemeinschuldnerin unter Mitwirkung ihres Rechtsvertreters geführt worden sei, hätte sich der Beschwerdeführer über den Stand der Verhandlungen laufend informieren müssen. Dies getan zu haben, habe der Beschwerdeführer nicht behauptet. Von ihm als Vertreter der Gemeinschuldnerin müsse ein Mindestmaß an Überwachung verlangt werden. Da der Beschwerdeführer die Verkaufsabsichten gekannt habe, dürfe er sich nicht darauf berufen, er hätte die Vorlage der Vertragsurkunde erwartet. Durch Nachforschungen beim Vertreter der Gemeinschuldnerin hätte der Beschwerdeführer in Erfahrung bringen können, daß der Vertrag bereits im Jänner 1990 abgeschlossen worden sei. Damit hätte er rechtzeitig für die Entrichtung der aus der Veräußerung resultierenden Abgaben sorgen können. Der Beschwerdeführer habe daher für den Abgabenausfall aufzukommen. Aus seinem Bericht als Sachwalter vom über die Erfüllung des Zwangsausgleichs aus den beim Verkauf erlösten Beträgen sei ersichtlich, daß die Mittel zur Berichtigung der Umsatzsteuer vorhanden gewesen seien. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte der Beschwerdeführer die Umsatzsteuer abführen müssen. Die Aufhebung des Konkurses und die Amtsenthebung des Masseverwalters am hätten an der Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers im Hinblick auf § 157b Abs. 2 KO nichts geändert, weil der Beschwerdeführer mit Beschluß vom zum Sachwalter bestellt und ihm das gesamte gemeinschuldnerische Vermögen übertragen worden sei. Er habe als Sachwalter eine dem Masseverwalter ähnliche Verantwortung gehabt und könne daher gemäß § 9 BAO zur Haftung herangezogen werden. Zu den Pflichten des Sachwalters gehöre auch die Entrichtung der Abgaben, die aus der Verwertung des übertragenen Vermögens resultierten.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht verletzt, nicht zur Haftung für die Umsatzsteuer aus dem Verkauf herangezogen zu werden. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb Bescheidaufhebung.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der von der belangten Behörde vertretenen Ansicht, der Beschwerdeführer hafte gemäß § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 80 Abs. 1 und 2 BAO (auch) auf Grund seiner Stellung als Sachwalter gemäß §§ 157a ff KO, dem das Vermögen der Gemeinschuldnerin übertragen worden sei, wegen Pflichtverletzung im Sinne des § 80 BAO, begegnet der Beschwerdeführer nur mit der unbegründeten Behauptung, dem Sachwalter komme eine die Haftung gemäß § 9 BAO einschließende Position nicht zu. Entscheidend sei (daher) ausschließlich das Datum der rechtskräftigen Beendigung des Konkursverfahrens. Abgesehen davon seien zum Zeitpunkt seiner Kenntnisnahme hinsichtlich des abgeschlossenen Kaufvertrages keinerlei liquide Mittel zur Erfüllung abgabenrechtlicher Verpflichtungen zur Verfügung gestanden.
Mit diesem Vorbringen gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, die aus seiner Stellung als Sachwalter, dem das gesamte Vermögen der Gemeinschuldnerin zur Verwertung übertragen worden war, abgeleitete Haftung zu entkräften:
Hinsichtlich des Sachwalters im Zwangsausgleich, dem das Vermögen zur Verwaltung und zur Verwertung übergeben wurde, hat der Verwaltungsgerichtshof die dem Masseverwalter vergleichbare Haftung bereits unter Hinweis auf § 67 Abs. 10 ASVG und die §§ 9, 80 BAO bereits bejaht (Erkenntnis vom , 89/08/0044, ZfVB 1990/1810). Der Gerichtshof sieht unter dem Blickwinkel des Beschwerdefalles keinen Grund, von dieser Rechtsprechung abzugehen.
Der Beschwerdeführer bestätigt, daß er jedenfalls am , also dem Tag, an dem er bereits als Sachwalter dem Konkursgericht über die Veräußerung und den Erlag des Kaufpreises Bericht erstattet hat, von den betreffenden Vorgängen Kenntnis hatte. Diesem Bericht ist zu entnehmen, daß der Kaufpreis von rund 2,1 Mio S bisher zu rund 1,38 Mio S zu Zahlungen verwendet worden war und der Rest nach Vorliegen diverser behördlicher Bewilligungen zu weiteren Überweisungen verwendet werden solle. Allein daraus ergibt sich, daß die Mittel für die Umsatzsteuer (Haftungsbetrag S 111.820,08) vorhanden gewesen wären. Mit keinem Wort legte der Beschwerdeführer dar, was ihn daran gehindert haben soll, seiner Pflicht als Sachwalter, für die Begleichung der aus dem Verkauf entstehenden Umsatzsteuerschuld - sei es auch nur durch entsprechende Aufträge an die Gemeinschuldnerin oder deren anwaltlichen Rechtsvertreter - zu sorgen. Dies initiativ darzulegen wäre schon im Verwaltungsverfahren Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen. In Ermangelung eines solchen Vorbringens durfte die belangte Behörde von einer schuldhaften Pflichtverletzung im Sinne der §§ 9, 80 BAO des Beschwerdeführers als Sachwalter gemäß § 157a ff KO, dem das Vermögen vom Gemeinschuldner zur Verwertung übergeben worden war, und demgemäß von der Haftung für die durch die Veräußerung von Unternehmensbestandteilen entstandene Umsatzsteuerschuld ausgehen.
Damit erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen zur Frage, ob die belangte Behörde bereits von einer Pflichtverletzung des Beschwerdeführers in seiner Funktion als Masseverwalter ausgehen durfte.
Da der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des Beschwerdepunktes in seinen Rechten nicht verletzt wird, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.