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VwGH vom 05.07.1994, 94/14/0021

VwGH vom 05.07.1994, 94/14/0021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Fellner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Hutter, über die Beschwerde der Bankaktiengesellschaft X in I, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol, Berufungssenat I, vom , Zl 30.574-3/93, betreffend

Umsatzsteuer 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Sacheinlagevertrag vom wurde die Sparkasse X rückwirkend per im Sinne der Bestimmungen des § 8a KWG und des § 1 Abs 2 StruktVG in das Unternehmen der (neu gegründeten) beschwerdeführenden Bankaktiengesellschaft eingebracht. In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1989 machte die Beschwerdeführerin eine Berichtigung der Vorsteuer gemäß § 12 Abs 10 UStG 1972 in der Höhe von S 27,628.652,15 geltend.

Anläßlich der Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung (bei der Sparkasse X) wurde nach Hinweis auf § 13 Abs 3 StruktVG, wonach die Einbringung auch umsatzsteuerrechtlich als mit erfolgt und auf § 13 Abs 1 StruktVG, wonach die Einbringung nicht als steuerbarer Umsatz gelte, die Ansicht vertreten, daß die geltend gemachte Vorsteuerberichtigung nicht anzuerkennen sei. Dies mit der Begründung, den Gesetzesmaterialien zu § 13 Abs 1 StruktVG sei zu entnehmen, daß die Regelung "als nicht steuerbarer Umsatz" verhindern solle, daß Vorgänge nach Art I bis IV StruktVG zu Verlusten von Vorsteuern führen, die im Zusammenhang mit unecht befreiten Umsätzen auftreten könnten. Würde man hingegen in der Einbringung nach § 8a KWG in Verbindung mit Art I StruktVG eine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse erblicken, hätte dies die nicht gewollte Konsequenz, daß die nicht steuerbare Einbringung zu einer Vorsteuerrückerstattung für jene Wirtschaftsgüter des Bankbereiches führe, die bei der seinerzeitigen Anschaffung (Herstellung) vom Vorsteuerabzug gesetzlich ausgeschlossen gewesen seien. Es wäre keine verfassungskonforme Auslegung des § 13 Abs 1 StruktVG, sollten damit nur Nachteile für die Abgabepflichtigen vermieden werden, nicht aber auch systemwidrige Vorteile. Das Finanzamt folgte der Ansicht der Prüfer und erließ einen Umsatzsteuerbescheid, in welchem die geltend gemachte Vorsteuerberichtigung nicht anerkannt wurde.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wurde die Ansicht vertreten, daß es durch die Einbringung des gesamten bankgeschäftlichen Betriebes durch einen "nichtsteuerbaren Umsatz" nach dem Gesetzeswortlaut zwingend zu einer Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs 10 UStG komme, da sich die Verhältnisse für den Vorsteuerabzug geändert hätten. Während sich zunächst der Ausschluß vom Vorsteuerabzug aus § 12 Abs 3 UStG im Zusammenwirken mit § 6 Z 8 UStG ergeben habe, sei das gesamte Anlagevermögen im Zuge der Einbringung nicht zur Ausführung eines unecht befreiten Umsatzes, sondern eben zur Ausführung eines "nichtsteuerbaren Umsatzes" herangezogen worden. Da es sich hiebei "zweifelsfrei um einen Umsatz im Sinne des § 1 UStG" handle, hätten sich die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzuges geändert. Hätte der Gesetzgeber Verschmelzungsvorgänge als keine Umsätze im Sinne des UStG ansehen wollen, müßte § 13 Abs 1 StruktVG dahingehend lauten, daß Vorgänge im Sinne der Art I bis IV keine Umsätze im Sinne des UStG sind. So habe er aber diese Vorgänge "ex lege als Umsatz" erklärt. In der Folge wies die Beschwerdeführerin auf das neue im Gesetzwerdungsstadium befindliche Umgründungssteuergesetz und die Erläuterungen zu dessen Begutachtungsentwurf hin, wonach sich die im § 13 Abs 3 StruktVG verankerte Einbeziehung der Umsatzsteuer in die Rückwirkungsdefinition nicht als zweckmäßig erwiesen hätte. Sie solle daher entfallen. Damit behalte die übertragende Körperschaft bis zu ihrem Erlöschen die Unternehmereigenschaft. Da in dem für den Beschwerdefall maßgeblichen StruktVG eine derartige Bestimmung nicht enthalten sei und ausdrücklich festgehalten werde, daß die Einbringung als "nichtsteuerbarer Umsatz im Sinne des UStG" gelte, müsse gefolgert werden, daß im Berufungsfall die Rechtsfolgen des § 12 Abs 10 sehr wohl einträten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1989 als unbegründet ab. Die belangte Behörde könne nicht erkennen, inwieweit der Zeitpunkt der Rechtsnachfolge für eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs 10 UStG von Relevanz sein solle. Die Erläuternden Bemerkungen zum Umgründungssteuergesetz seien nach Ansicht der belangten Behörde vielmehr dahingehend zu verstehen, daß eine allfällige Änderung der Verhältnisse gemäß § 12 Abs 10 UStG bei dem in die Rechtsstellung Eintretenden so zu beurteilen ist, als wäre sie beim Rechtsvorgänger eingetreten. Unter Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 12 Abs 10 UStG sei eine Änderung des Zusammenhanges der Vorsteuer mit Umsätzen, die vom Vorsteuerabzug ausschließen, in einem der Leistung an den Unternehmer folgenden Veranlagungszeitraum zu verstehen. Der Argumentation der Beschwerdeführerin, wonach eine Änderung der Verhältnisse für den Vorsteuerabzug darin läge, daß das gesamte Anlagevermögen im Zuge der Einbringung in die Beschwerdeführerin nunmehr nicht zur Ausführung eines unecht befreiten Umsatzes, sondern eben zur Ausführung eines "nichtsteuerbaren Umsatzes" herangezogen würde, könne nicht gefolgt werden. Für "nicht steuerbare Umsätze" sei die Anwendung der übrigen Bestimmungen des UStG und damit ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Wesentlich sei, daß die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens der Rechtsnachfolgerin weiterhin zur Durchführung unecht befreiter Umsätze dienten. Daher liege keine Änderung der Verhältnisse vor.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Vorsteuerabzug (Vorsteuerberichtigung nach Einbringung gemäß § 8a KWG) verletzt und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Die Beschwerdeführerin replizierte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin ging im Verwaltungsverfahren und geht auch im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß § 13 Abs 1 StruktVG folgenden Wortlaut habe:

"Vorgänge im Sinne der Art I bis IV gelten als nicht steuerbare (bzw. nichtsteuerbare) Umsätze im Sinne des Umsatzsteuergesetzes 1972." Daraus leitete die Beschwerdeführerin in der Berufung ab, daß es sich bei dem "nichtsteuerbaren Umsatz" zweifelsfrei um einen Umsatz im Sinne des § 1 UStG handle. In weiterer Folge vertrat die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung die Ansicht, daß dann, wenn der Gesetzgeber Verschmelzungsvorgänge "als keine Umsätze im Sinne des UStG" ansehen hätte wollen, § 13 Abs 1 StruktVG dahingehend lauten hätte müssen, daß "Vorgänge im Sinn der Art I bis IV keine Umsätze im Sinne des UStG" seien.

Nun ist jedoch darauf hinzuweisen, daß der Wortlaut des

§ 13 Abs 1 StruktVG in der für den streitgegenständlichen

Zeitraum geltenden Fassung wie folgt lautet: "Vorgänge im Sinne

der Art I bis IV gelten nicht als steuerbare Umsätze im Sinne

des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl Nr 223." Bei Betrachtung

des tatsächlichen Gesetzeswortlautes wird aber deutlich, daß

der Gesetzgeber im § 13 Abs 1 StruktVG genau das zum Ausdruck

gebracht hat, was er nach Ansicht der Beschwerdeführerin im

Verwaltungsverfahren zum Ausdruck bringen hätte müssen, wenn er

Verschmelzungsvorgänge als "keine Umsätze" im Sinn des

UStG 1972 normieren hätte wollen. Heißt doch die gesetzliche

Bestimmung, daß Vorgänge im Sinne des Art I bis IV NICHT ALS

STEUERBARE UMSÄTZE im Sinn des UStG 1972 gelten, nichts

anderes, als daß es sich dabei um "keine Umsätze im Sinne des

UStG" handelt. Anders als bei der von der Beschwerdeführerin

herangezogenen unrichtigen Zitierung des Gesetzes ("... ALS

NICHTSTEUERBARE Umsätze im Sinne des UStG") kann nämlich

jedenfalls beim tatsächlichen Gesetzeswortlaut ("... NICHT ALS

STEUERBARE Umsätze im Sinne des UStG") nicht mehr davon ausgegangen werden, daß es sich bei Umgründungsvorgängen jedenfalls um einen Vorgang im Sinn des § 1 UStG (welcher nur "steuerbare Vorgänge" zum Inhalt hat) handelt. Dies räumt die Beschwerdeführerin (erstmals) in der Beschwerde selbst ein. Wenn die Beschwerde demgegenüber aber meint, das seinerzeit erworbene Anlagevermögen sei zunächst zur Ausführung von "steuerfreien Umsätzen iS des § 12 Abs 3 Z 1 UStG", später aber zur "Durchführung eines weiteren - nichtsteuerbaren - Umsatzes verwendet" worden, so übersieht sie, daß das Gegenteil von steuerbaren Umsätzen nicht "nicht steuerbare Umsätze" sind, sondern "nach Umsatzsteuergesetz nicht steuerbare Vorgänge". Dies schon deshalb, weil der Begriff "Umsatz" grundsätzlich bereits die Steuerbarkeit eines Vorganges nach dem Umsatzsteuergesetz einschließt.

Damit ist aber klargestellt, daß ein nach dem UStG nicht steuerbarer Vorgang - nichts anderes, als daß es sich bei einer beschwerdefallbezogenen Einbringung im Sinn des StruktVG um einen solchen handelt, wird im § 13 Abs 1 StruktVG ausgesagt - keine Änderung der Verhältnisse der grundsätzlich auf Umsätze, steuerfreie oder steuerpflichtige, jedenfalls aber nach dem UStG steuerbare Vorgänge abgestellten gesetzlichen Bestimmung des § 12 Abs 10 UStG 1972 bewirken kann.

Der Ansicht der belangten Behörde, daß im Beschwerdefall eine Berichtigung gemäß der zuletzt genannten Norm nicht zu erfolgen hat, ist daher zuzustimmen.

Einer Auseinandersetzung mit den Bestimmungen des Umgründungssteuergesetzes bedarf es schon deshalb nicht, weil diese unbestrittenerweise im Beschwerdefall nicht anzuwenden waren. Im übrigen ist aber § 6 Abs 3 erster Halbsatz des Umgründungssteuergesetzes insoweit mit § 13 Abs 1 StruktVG gleichlautend als jeweils entsprechende Vorgänge "nicht als steuerbare Umsätze im Sinn des Umsatzsteuergesetzes 1972" gelten.

Soweit die Beschwerdeführerin den Ausführungen der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift, die Verhältnisse hätten sich gegebenenfalls zweifach, einmal zugunsten und einmal zu Lasten der Beschwerdeführerin geändert, weil im Augenblick der vollzogenen Einbringung wiederum eine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse zu erblicken wäre, da die eingebrachten Gegenstände neuerlich zur Durchführung steuerfreier Umsätze verwendet würden, in ihrer Replik entgegenhält, daß die verglichenen "Umsätze" von verschiedenen Unternehmen getätigt worden wären, ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, daß die gegenständliche Vorsteuerberichtigung jedenfalls von dem Unternehmen geltend gemacht wurde, welches das - im Rahmen eines nicht der Umsatzsteuer unterliegenden Vorganges - eingebrachte Anlagevermögen seinerseits zur Ausführung unecht steuerbefreiter Umsätze verwendet. Geht man aber - wie die Beschwerdeführerin in ihrer Replik zur Gegenschrift - von verschiedenen Unternehmen aus, so kann die Beschwerdeführerin schon deshalb nicht in ihrem Recht auf Vorsteuerabzug verletzt sein, weil sich bei ihr die Verhältnisse keinesfalls in der Weise geändert haben, daß ein ihr bisher nicht zustehender Vorsteuerabzug nunmehr zustehe.

Da die Beschwerdeführerin somit aus den angeführten Erwägungen in den vom Beschwerdepunkt umfaßten Rechten nicht verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.