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VwGH vom 20.12.2001, 97/08/0428

VwGH vom 20.12.2001, 97/08/0428

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des E in S, vertreten durch Dr. Karl Krückl und Dr. Kurt Lichtl, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Harrachstraße 14/I, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice für Oberösterreich vom , Zl. B1- 12897298-12, betreffend Zuerkennung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund den Aufwand von S 4.565,-- (EUR 331,75) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Grund eines am i.S. des § 46 Abs. 1 AlVG gestellten schriftlichen Antrags des Beschwerdeführers auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum ab sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Eferding mit Bescheid vom aus, dass dem Beschwerdeführer ab dem das Arbeitslosengeld gebühre.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er habe bereits am , dem Tag der einvernehmlichen Auflösung seines Dienstverhältnisses, beim Arbeitsmarktservice erstmals vorgesprochen und das Arbeitslosengeld beantragt. Der zuständige Sachbearbeiter des Arbeitsmarktservice, Herr N., habe jedoch die Entgegennahme des Antrags unter Hinweis darauf verweigert, dass der Einheitswert der Landwirtschaft des Beschwerdeführers S 66.000,-- betrage. Dabei habe er aber übersehen, dass dem Beschwerdeführer nur die Hälfte dieses Einheitswertes zuzurechnen sei. Die am unmittelbar nach Aufklärung dieses Irrtums erfolgte neuerliche (und diesmal förmliche) Antragstellung wirke daher auf den Tag der ersten Vorsprache zurück.

Der Sachbearbeiter N. hatte zu dem Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld in einem Aktenvermerk vom wie folgt Stellung genommen:

"Am oder sprach Hr. E. mit der Arbeitsbescheinigung ohne EHW-Bescheid bei mir vor, um sich arbeitslos zu melden. Ich fragte ihn, warum er sich nicht schon nach Ende des DV im Sommer 1996 beim AMS AL vormerken ließ. Hr. E. teilte mir mit, dass er da war, aber die Auskunft erhielt bei 66.000,-- EHW keinen Anspruch zu haben.

Ich teilte Hr. E. erneut mit, dass (er) bei dieser EHW-Höhe keinen Anspruch hätte und verwies ihn zu Klärung seines Krankenversicherungsschutzes auf die Bauernkammer. Außerdem informierte ich ihn, dass er jederzeit einen Antrag stellen könne, er bekäme dann jedenfalls einen Bescheid.

Am sprach Hr. E. erneut mit der Arbeitsbescheinigung und dem EHW-Bescheid vor. Dabei stellte ich fest, dass Hr. E. nur die Hälfte der Landwirtschaft gehörte und informierte ihn, dass er sofort einen Antrag stellen soll. Ich verwies ihn zu seinem Berater, Hr. P.

Ich kann mich nicht erinnern, dass Hr. E. im Sommer einmal bei mir war, um sich eine Information über den Leistungsanspruch einzuholen."

Auf eine Anfrage der belangten Behörde nahm der Sachbearbeiter N. am wie folgt Stellung:

"1: Ich war am 12. u. sowie zwischen und im Dienst. Beschäftigung: Betriebsservice, Informationsstelle und Ausländerberatung.

2. Ob sich Herr E. im Juni 96 in der I-Stelle bezüglich LKW-Stellen informiert hat, habe ich mir nicht gemerkt. Auskünfte werden entweder mündlich erteilt oder Stellenvorschläge über EDV ausgedruckt und mitgegeben. Zusätzlich steht auch ein Samsomat zur Verfügung.

3. Leere Anträge werden grundsätzlich nicht ausgegeben. Geltendmachung von Ansprüchen nur beim Berater. Ein leeres Antragsformular kann man sich bei der Gebietskrankenkasse oder Gemeinde jederzeit besorgen.

4. Die Vorsprache des Hrn. E. am oder oder begann mit der Frage nach der Krankenversicherung (wo bekommt Hr. E. einen Krankenschein). Da mir Hr. E. nicht gesagt hat, dass seine Gattin im Krankenhaus Wels beschäftigt ist, habe ich ihn an die Bezirksbauernkammer verwiesen. Erst als ich die Arbeitsbescheinigung in seiner Hand sah und mir diese anschaute, kam die Sprache auf Arbeitslosengeld und warum er sich nicht schon im Juni 96 arbeitslos gemeldet hat.

Ansonsten gilt der AV vom Vers.Akt Blatt 2/7, sowie Berichtigung des Absatz 1. Den Einheitswertbescheid von Hrn. E.

habe ich am zum ersten mal gesehen."

Zugleich berichtigte N. den ersten Absatz seines

Aktenvermerkes vom wie folgt:

"Am , oder sprach Hr. E. primär wegen

eines Krankenscheines bzw. Krankenversicherung vor. Ich stellte

fest, dass er nicht vorgemerkt war und bemerkte eine AB in seiner

Hand. Auf meine Frage warum er sich nicht schon im Juni 96

arbeitslos gemeldet hat, teilte mir Hr. E. mit, dass er von einer

Frau die Auskunft bekommen hat, bei einem Einheitswert von

S 66.000,-- keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat."

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG u.a. mit folgender Begründung ab:

"Im Arbeitslosenversicherungsrecht gilt der Grundsatz, dass die Leistungsgewährung einen diesbezüglichen Antrag des Versicherten voraussetzt (Antragsprinzip).

Der materiell-rechtliche Leistungsanspruch entsteht, wenn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Die Leistung kann jedoch erst dann gewährt werden, wenn sie beantragt wurde. Zu den Bezugsvoraussetzungen gehört daher neben der Erfüllung der materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzung auch die formale Leistungsbeantragung im Sinne des § 46 Abs. 1 AlVG. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das hiefür bundeseinheitlich aufgelegte Antragsformular zu verwenden.

Die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 17 und 46 AlVG stellen zwingendes Recht dar. Ein Abgehen vom Antragsprinzip bei Vorliegen von berücksichtigungswürdigen Umständen ist im Arbeitslosenversicherungsrecht nicht vorgesehen.

Der von Ihnen vorgebrachte Einwand, dass Sie bereits am 12. oder einen Antrag stellen wollten, die Antragstellung Ihnen allerdings von einem Mitarbeiter des Arbeitsmarktservice verwehrt worden wäre, ist nicht geeignet, Ihnen auf Grund der formalen Antragstellung vom das Arbeitslosengeld ab dem Tag der behaupteten erstmaligen Vorsprache zuzuerkennen.

Er erfolgte die Beurteilung Ihres Arbeitslosengeldantrages durch das Arbeitsmarktservice Eferding ab zu Recht."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom bis verletzt. Der von der belangten Behörde bestätigte erstinstanzliche Bescheid vom spricht dem Beschwerdeführer lediglich einen Arbeitslosengeldanspruch ab dem zu, ohne den davor liegenden Teil des Anspruchs formell abzuweisen. In der Begründung wird allerdings darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer den Antrag auf Arbeitslosengeld erst an diesem Tage persönlich (bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle) geltend gemacht habe. Der Wortlaut des - durch den angefochtenen Bescheid mit einer entsprechenden Begründung übernommenen - Spruches des erstinstanzlichen Bescheides ist daher im Sinne einer Abweisung des Anspruches auf Arbeitslosengeld für den besagten Zeitraum zu verstehen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 98/08/0387).

Der Beschwerdeführer macht geltend, die belangte Behörde habe über die Ursachen der verspäteten formellen Antragstellung keinerlei Sachverhaltsfeststellungen getroffen. Das AlVG sehe unter gewissen Voraussetzungen, die hier (sinngemäß) erfüllt seien, auch eine rückwirkende Zuerkennung von Arbeitslosengeld vor.

§ 46 Abs. 1, 3 und 4 AlVG i.d. für den vorliegenden Sachverhalt anwendbaren Fassung BGBl. Nr. 297/1995 lauten:

"(1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist vom Arbeitslosen persönlich bei der nach seinem Wohnsitz, mangels eines solchen bei der nach seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort zuständigen regionalen Geschäftsstelle geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das hiefür bundeseinheitlich aufgelegte Antragsformular zu verwenden. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn das Antragsformular innerhalb der von der regionalen Geschäftsstelle festgesetzten Frist bei der regionalen Geschäftsstelle persönlich abgegeben wurde. Hat der Arbeitslose die von der regionalen Geschäftsstelle festgesetzte Frist zur Abgabe des Antrages ohne triftigen Grund versäumt, so ist der Anspruch erst ab dem Tag zu beurteilen, an dem der Antrag bei der regionalen Geschäftsstelle abgegeben wurde. Über die Abgabe des Antrages ist dem Antragsteller eine Bestätigung auszustellen. Die Abgabe des Antrages kann auch durch einen Vertreter erfolgen, wenn der Arbeitslose aus zwingenden Gründen, wie Arbeitsaufnahme oder Krankheit, verhindert ist, den Antrag persönlich abzugeben.

(2) ...

(3) Abweichend von Abs. 1 gilt:

1. Hat der Arbeitslose zwecks Geltendmachung von Arbeitslosengeld bei einer regionalen Geschäftsstelle vorgesprochen und stellt sich später heraus, dass hiefür nicht diese, sondern eine andere regionale Geschäftsstelle zuständig ist, so gilt als Tag der Geltendmachung der Tag der Vorsprache bei der erstgenannten regionalen Geschäftsstelle, sofern der Arbeitslose seinen Antrag binnen angemessener Frist bei der an sich zuständigen regionalen Geschäftsstelle einbringt.

2. Hat der Arbeitslose zwecks Geltendmachung von Arbeitslosengeld bei einem Amtstag der regionalen Geschäftsstelle vorgesprochen, so gebührt das Arbeitslosengeld bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen ab dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit, sofern die Vorsprache an dem auf den Eintritt der Arbeitslosigkeit nächstfolgenden Amtstag erfolgt ist.

3. Hat der Arbeitslose seinen Wohnsitz (Aufenthaltsort) nach Eintritt der Arbeitslosigkeit in den Zuständigkeitsbereich einer anderen regionalen Geschäftsstelle verlegt, so gebührt das Arbeitslosengeld bei Erfüllung, der sonstigen Voraussetzungen ab dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit, sofern der Arbeitslose binnen angemessener Frist bei der nunmehr zuständigen regionalen Geschäftsstelle zwecks Geltendmachung des Arbeitslosengeldes vorspricht.

(4) Der Arbeitslose hat seinen Anspruch bei der regionalen Geschäftsstelle nachzuweisen. Er hat eine Bestätigung des Dienstgebers über die Dauer und Art des Dienstverhältnisses, über die Höhe des Entgeltes und über die Art der Lösung des Dienstverhältnisses beizubringen. Der Dienstgeber ist zur Ausstellung dieser Bestätigung verpflichtet. Die näheren Bestimmungen hierüber erlässt der Bundesminister für soziale Verwaltung durch Verordnung. Wenn die regionale Geschäftsstelle dem Arbeitslosen keine zumutbare Arbeit vermitteln kann, hat sie über den Anspruch zu entscheiden."

Gemäß § 17 Abs. 1 AlVG gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Geltendmachung. Gemäß § 46 Abs. 4 letzter Satz AlVG kann Arbeitslosengeld erst gewährt werden, wenn die regionale Geschäftsstelle dem Arbeitslosen keine zumutbare Arbeit vermitteln kann. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist zur Realisierung einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung daher ein diesbezüglicher Antrag und damit verbunden die Meldung als arbeitssuchend bzw. die Zurverfügungstellung des Arbeitslosen für die Arbeitsvermittlung (vgl. § 7 Abs. 1 Z 1 AlVG und § 29 Abs. 2 Z 1 AMSG) unbedingt erforderlich (Antragsprinzip, vgl. Dirschmied, AlVG3, Pkt. 1 zu § 46).

Nach dem klaren Wortlaut des § 46 Abs. 1 AlVG kommt es für die Qualifizierung eines Sachgeschehens als "Geltendmachung des Anspruches", an die das Gesetz den Beginn des Bezuges von Leistungen nach dem AlVG knüpft, auf die persönliche Abgabe des Antrages bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice unter Verwendung des hiefür bundeseinheitlich aufgelegten Antragsformulars innerhalb der in § 46 Abs. 1 dritter und vierter Satz AlVG genannten Fristen an (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Erkenntnisse vom , Zl. 92/08/0097, vom , Zl. 97/08/0517, und vom , Zl. 98/08/0099).

Die dem Beschwerdevorbringen letztlich zu Grunde liegende Rechtsauffassung, dass die auf einer unrichtigen Rechtsauskunft des zuständigen Sachbearbeiters beruhende Unterlassung einer dem § 46 Abs. 1 AlVG entsprechenden Antragstellung einer Geltendmachung im Sinne dieser Bestimmung mit der Rechtswirkung des § 17 Abs. 1 leg. cit. gleichzuhalten sei, findet in den genannten Bestimmungen keine Deckung (vgl. auch hiezu die genannten hg. Erkenntnisse). § 46 AlVG stellt eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder unterlassener fristgerechter Antragstellungen dar. Infolge dieser abschließenden Normierung ist der Arbeitslose in jenen Fällen, in denen er auf Grund einer von einem Organ des Arbeitsmarktservice schuldhaft erteilten unrichtigen Auskunft einen Schaden erleidet, der durch Anwendung des § 46 AlVG nicht abgewendet werden kann, auf die Geltendmachung allfälliger Amtshaftungsansprüche verwiesen.

Die vom Beschwerdeführer geforderte rückwirkende Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab dem Zeitpunkt, ab dem er von einer Antragstellung wegen einer (behaupteten) unrichtigen Auskunft eines Sachbearbeiters Abstand genommen hat, ist durch die zitierten gesetzlichen Ausnahmebestimmungen (§ 46 Abs. 3 AlVG) ebenfalls nicht gedeckt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am