VwGH vom 09.11.1994, 91/13/0221
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 7-987/11/91, betreffend Abrechnung im Sinne des § 216 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte mit formlosem Schreiben vom unter Bezugnahme auf seine Umsatzsteuer-Voranmeldung vom selben Tag für den Kalendermonat Oktober 1988 die Verrechnung von Vorsteuern betreffend Oktober 1988 im Ausmaß von S 41.346,-- mit der für dieses Monat zu entrichtenden Umsatzsteuer in Höhe von S 23.244,-- sowie mit Lohnsteuer XI/1988 (S 10.770,--) und Dienstgeberbeitrag XI/1988 (S 4.395,--); somit verbleibe ein "Guthaben" von S 2.937,--.
Mit ebenfalls formlosem Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf seine Umsatzsteuer-Voranmeldung vom selben Tag für den Kalendermonat November 1988 die Verrechnung von Vorsteuern betreffend November 1988 im Ausmaß von S 25.627,-- mit der für dieses Monat zu entrichtenden Umsatzsteuer in Höhe von S 28.613,--. Unter Berücksichtigung des Guthabens "aus USt-Verrechnung X/88" verbleibe ein Saldo von S 49,--.
In der Folge beantragte der Beschwerdeführer die Erlassung eines Abrechnungsbescheides gemäß § 216 BAO. Da das Finanzamt diesem Antrag nicht nachkam, stellte der Beschwerdeführer schließlich einen Devolutionsantrag (§ 311 BAO), in dem allerdings nicht nur die Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend den Abrechnungsbescheid vorgebracht, sondern auch darauf hingewiesen wurde, daß die Abgabenbehörde über zwei Berufungen betreffend Säumniszuschläge bisher noch nicht entschieden habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde diesem Devolutionsantrag stattgegeben und einen Abrechnungsbescheid erlassen, dessen Spruch wie folgt lautet:
"Auf Grund des Antrages vom wird gemäß § 216 BAO entschieden, daß die Verpflichtung zur Zahlung der Lohnsteuer 11/88 in Höhe von S 10.770,--, des Dienstgeberbeitrages 11/88 in Höhe von S 4.395,-- sowie der Umsatzsteuervorauszahlung 11/88 in Höhe von S 2.986,-- erloschen ist."
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird im wesentlichen die Rechtsansicht vertreten, daß eine Verrechnungsweisung im Sinne des § 214 Abs. 4 BAO rechtswirksam nur auf dem Zahlungsbeleg erfolgen könne, und daß als solcher im Beschwerdefall die amtliche Drucksorte "U 30" zu verwenden gewesen wäre, die für die Umsatzsteuer-Voranmeldung von Überschüssen vorgesehen sei. Da die formlosen Verrechnungsweisungen des Beschwerdeführers somit keine Rechtswirkungen entfaltet hätten, sei die Verrechnung gemäß § 214 Abs. 1 BAO (Verrechnung mit den ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten) erfolgt. Dessen ungeachtet seien jene Abgaben, deren verrechnungsweise Entrichtung der Beschwerdeführer angestrebt habe, zwischenzeitig durch andere Gutschriften und Zahlungen entrichtet worden.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Rechtsansicht
der belangten Behörde, wonach seine Verrechnungsweisungen
deswegen keine Rechtswirkungen entfaltet hätten, weil sie nicht
unter Verwendung der amtlichen Drucksorte "U 30" erteilt worden
seien, und bringt in diesem Zusammenhang auch vor, daß die "im
angefochtenen Bescheid vorgenommene Verrechnung und die darin
enthaltenen Tilgungs- und sonstigen Beträge nicht
nachvollziehbar sind". Weiters erklärt er sich dadurch
beschwert, daß die von ihm "gestellten Anträge ... - verwiesen
wird insbesondere ... auf die Ausführungen in den Berufungen
vom und sowie im Devolutionsantrag vom - nicht vollständig erledigt wurden".
Zu dem eben zitierten Beschwerdevorbringen ist zu sagen, daß Anträge, die über jenen auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides im Devolutionsweg hinausgehen, nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides waren, sodaß sich schon aus diesem Grund die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nicht auch auf solche andere Anträge erstrecken kann. Abgesehen davon hat es der Beschwerdeführer unterlassen, Gegenstand und Inhalt dieser Anträge darzulegen. Der Beschwerde kommt hingegen Berechtigung zu, soweit sie die Verrechnungsweisung im Sinne des § 214 Abs. 4 BAO betrifft; die zitierte Bestimmung lautet:
"(4) Dem der Abgabenbehörde auf dem Zahlungsbeleg bekanntgegebenen Verwendungszweck entsprechend zu verrechnen sind Zahlungen, soweit sie
a) Abgabenschuldigkeiten betreffen, deren Höhe nach den Abgabenvorschriften vom Abgabepflichtigen selbst berechnet wurde, oder
b) die in Abgabenvorschriften vorgesehene Abfuhr einbehaltener Abgabenbeträge betreffen, oder ...
Dies gilt sinngemäß für die Verwendung sonstiger Gutschriften, soweit sie im Zusammenhang mit einer in den Abgabenvorschriften vorgesehenen Selbstbemessung oder Einbehaltung und Abfuhr von Abgaben entstehen."
Entgegen der Auffassung der belangten Behörde wird mit dem Begriff "Zahlungsbeleg" noch keineswegs zum Ausdruck gebracht, daß darunter ein amtliches Formular zu verstehen ist. Verdeutlicht wird dies durch die Bestimmung, wonach die Verrechnungsweisung sinngemäß für "die Verwendung sonstiger Gutschriften" gilt, bei denen regelmäßig gar kein Zahlungsbeleg vorhanden sein wird. Daran vermag auch die Bestimmung des § 133 Abs. 2 BAO nichts zu ändern, wonach eine Verpflichtung besteht, die Abgabenerklärungen unter Verwendung amtlicher Vordrucke abzugeben, sofern solche aufgelegt sind. Abgabenerklärungen und Verrechnungsweisungen sind völlig verschiedene Anbringen. Für Verrechnungsweisungen sieht das Gesetz keinerlei Formerfordernis vor. Es genügt, wenn der Wille des Abgabepflichtigen aus seiner Weisung eindeutig zu erkennen ist. Dies trifft im Beschwerdefall zu. Die Rechtsansicht der belangten Behörde, daß die Verrechnungsweisungen des Beschwerdeführers ausschließlich deswegen keine rechtlichen Wirkungen entfalten hätten können, weil sie nicht unter Verwendung einer amtlichen Drucksorte erteilt worden waren, findet im Gesetz keine Deckung. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, ohne daß auf die weitere Rüge des Beschwerdeführers konkret einzugehen war, wonach die von der Abgabenbehörde vorgenommene Verrechnung seiner Abgabenschuldigkeiten, die - wie dargelegt - jedenfalls rechtswidrig war, nicht nachvollziehbar sei. Aus prozeßökonomischen Erwägungen sieht sich der Gerichtshof jedoch veranlaßt darauf hinzuweisen, daß ein Abrechnungsbescheid im Sinne des § 216 BAO nicht nur - wie dies im angefochtenen Bescheid geschehen ist - die Aussage zu enthalten hat, daß die Zahlungsverpflichtung bei bestimmten Abgaben erloschen ist; vielmehr muß zusätzlich Klarheit geschaffen werden, durch welche Verrechnungsvorgänge bzw. Tilgungstatbestände dies bewirkt wurde.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994. Der Ersatz von Stempelgebühren war nur in jener Höhe zuzusprechen, in der Stempelgebühren für Schriftsätze und Beilagen zu entrichten waren, die der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienten.