VwGH vom 12.12.2005, 2003/17/0135
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der AH in Wien, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt Dr. Karl Bollmann in 1010 Wien, Weihburggasse 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zlen. UVS-05/V/6/2791/2002, UVS- 05/K/6/2787/2002/13, UVS-05/V/6/2788/2002, UVS-05/V/6/2789/2002, UVS-05/V/6/2790/2002, UVS-05/K/6/2792/2000 und UVS- 05/V/6/2793/2000, jeweils betreffend Übertretung des Wiener Parkometergesetzes,
Spruch
I. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er das in seinem Spruchpunkt I genannte erstinstanzliche Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom hinsichtlich der Verfahren Zlen. MA 67-PA-915079/1/1, MA 67-PA-915081/1/3, MA 67-PA- 915082/1/6 und MA 67-PA-915084/1/1, betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen, nämlich soweit der angefochtene Bescheid das erstinstanzliche Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom hinsichtlich der Verfahren Zlen. MA 67-PA- 915085/1/4, MA 67-PA-915086/1/7 und MA 67-PA-915087/1/0, betrifft, wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Begründung
I.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt vom wurde der Beschwerdeführerin aus der Verlassenschaft des am verstorbenen K.H. ua der Personenkraftwagen Mercedes 380 A an Zahlungs statt überlassen. Die Beschwerdeführerin wurde ermächtigt, wegen der Umschreibung der Kfz-Papiere hinsichtlich dieses Pkw beim Verkehrsamt der Polizeidirektion Wien einzuschreiten.
An die Beschwerdeführerin wurden im Sinne des § 1a Wiener Parkometergesetz ua - und zwar in den oben im Spruchpunkt I dieses Erkenntnisses genannten Verwaltungsstrafverfahren - vier Aufforderungen gerichtet, binnen zwei Wochen bekannt zu geben, wem sie das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen W- zu näher bestimmten Zeitpunkten überlassen gehabt habe.
Die Beschwerdeführerin erteilte daraufhin mit Schreiben vom die Antwort, sie habe "das Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen an keine andere Person überlassen". Im Übrigen verwies sie darauf, dass sie aus gesundheitlichen und finanziellen Gründen auch selbst nicht gefahren sei. Das Fahrzeug stamme aus der Verlassenschaft nach ihrem Lebensgefährten. Die Schlüssel zu dem Fahrzeug seien verschwunden, wobei sie die Tochter ihres verstorbenen Lebensgefährten bzw. deren Ehemann (Ehepaar B) verdächtige, das Fahrzeug entwendet zu haben.
Hinsichtlich der drei anderen Auskunftsersuchen erfolgten im Wesentlichen gleich lautende Antworten durch die Beschwerdeführerin.
Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis vom wurde die Beschwerdeführerin in allen vier Verfahren gleich lautend mit der Begründung für schuldig erkannt, sie habe dem Verlangen des Magistrates, innerhalb von zwei Wochen darüber Auskunft zu erteilen, wem sie das Fahrzeug überlassen habe, nicht entsprochen, weil die erteilte Auskunft unrichtig gewesen sei.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.
In der Berufungsverhandlung wurden ua das Ehepaar B einvernommen. Beide Eheleute sagten ua aus, keinen Führerschein zu besitzen. Herr B gab überdies an, von Dezember 2000 bis Jänner 2001 im Polizeigefangenenhaus Wien in Haft gewesen zu sein.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen und das Straferkenntnis ua in diesen vier Punkten seines Spruchpunktes I bestätigt. Begründend führte die belangte Behörde aus, bei der Einvernahme der Tochter des verstorbenen Lebensgefährten der Beschwerdeführerin und deren Ehemannes (des Ehepaares B) als Zeugen sei glaubhaft der Eindruck vermittelt worden, "dass die beiden Personen keine Verfügungsgewalt über die beiden Fahrzeuge im Tatzeitraum hatten und ihnen unbefugte Inbetriebnahme der Fahrzeuge nicht zu unterstellen" sei. Frau B habe "gar keinen Führerschein und ist nie mit Fahrzeugen gefahren. Herr (B) scheidet wegen Haftverbüßung über zwei Monate gänzlich aus und hat den Mercedes (als so genannte 'Heilige Kuh') überhaupt nie gelenkt, auch nicht als Chaffeur" der Beschwerdeführerin. Daraus folgerte die Berufungsbehörde, dass die von der Beschwerdeführerin "eingewandte unbefugte Inbetriebnahme des Kraftfahrzeuges durch Dritte und die Fahrzeugentwendung völlig unglaubwürdig und als Schutzbehauptung der Beschwerdeführerin zu werten ist. Schloss- und Schlüsselwechsel, Treibstoffentzug und zielstrebige Anzeigenverfolgung wären von der (Beschwerdeführerin) als Gegenmaßnahme und normgerechtes Verhalten zu erwarten gewesen. Offensichtlich sollten diese Schutzbehauptungen nur die eigenen Versäumnisse der (Beschwerdeführerin) überdecken, weshalb ihr die angelasteten Delikte zuzurechnen" seien.
Unter anderem gegen diese vier Punkte des Spruchpunktes I des angefochtenen Bescheides wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Nichtbestrafung gemäß § 1a in Verbindung mit § 4 Wiener Parkometergesetz mangels Erfüllung des gesetzlichen Tatbildes verletzt erachtet.
Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1a Abs. 1 Wiener Parkometergesetz (im Folgenden: Wr ParkometerG), LGBl. Nr. 47/1974 in der Fassung LGBl. Nr. 24/1987, hat der Zulassungsbesitzer und jeder, der einen Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges oder die Verwendung eines mehrspurigen Fahrzeuges überlässt, für deren Abstellen Parkometerabgabe zu entrichten war, falls das Kraftfahrzeug oder das Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war, dem Magistrat darüber Auskunft zu geben, wem er das Kraftfahrzeug oder das Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen gehabt hat.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist die Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muss, unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.
Sinn und Zweck der Regelung des § 1a Wr ParkometerG ist es, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen. Die auf Grund einer behördlichen Anfrage nach § 1a Abs. 1 Wr ParkometerG erteilte Auskunft darf daher weder in sich widersprüchlich noch unklar sein; sie muss vielmehr in solcher Weise richtig und vollständig sein, dass auf Grund dieser Auskunft die Person, der das Kraftfahrzeug überlassen worden ist, bzw. der Lenker des Fahrzeuges ohne weitere Umstände festgestellt und allenfalls zur Verantwortung gezogen werden kann (vgl. das dieselbe Beschwerdeführerin betreffende hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/17/0320).
Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Lenkerauskunft angegeben, das Fahrzeug an keine andere Person überlassen zu haben und auch nicht selbst gefahren zu sein, wofür sie gesundheitliche und finanzielle Gründe geltend machte. Diese Auskunft ist als untrennbare Einheit anzusehen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem zu § 103 Abs. 2 KFG ergangenen Erkenntnis vom , Zl. 81/03/0126 (ZfVB 1982/6/2236), ausgeführt hat, durfte die damals belangte Behörde bei der Beurteilung einer Auskunft des Halters, zur Tatzeit zu Hause gewesen zu sein und das Fahrzeug niemanden überlassen gehabt zu haben, angesichts des Umstandes, dass das Ermittlungsverfahren nicht ergeben habe, dass der PKW zum Tatzeitpunkt widerrechtlich in Betrieb genommen gewesen sei, davon ausgehen, dass der Halter keine dem § 103 Abs. 2 zweiter Satz KFG entsprechende richtige Antwort gegeben habe.
Der Verwaltungsgerichtshof ist auch bei Anwendung des § 1a Wr ParkometerG der Auffassung, dass eine Erklärung dieser Art, wie sie auch in der Auskunft der Beschwerdeführerin vorliegt, nur dann als widerspruchsfrei und damit als eine taugliche Auskunft zu werten ist, wenn die auskunftspflichtige Person glaubhaft macht, dass das Fahrzeug gegen ihren Willen ihrer Gewahrsame entzogen und von einer anderen Person an dem Ort und zu der Zeit, die in der Anfrage genannt worden sind, benützt worden sei.
Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang die Ergebnisse ihres Ermittlungsverfahrens dahingehend zusammengefasst, das Ehepaar B hätte bei der Zeugeneinvernahme glaubhaft den Eindruck vermittelt, dass beide Personen im Tatzeitraum keine Verfügungsgewalt über das Fahrzeug gehabt hätten und ihnen eine unbefugte Inbetriebnahme desselben nicht zu unterstellen sei. Frau B habe keinen Führerschein und sei nie mit dem Fahrzeug gefahren. Herr B scheide wegen Haftverbüßung über zwei Monate gänzlich aus und habe den Mercedes überhaupt nie gelenkt, auch nicht als Chauffeur der Beschwerdeführerin.
Daraus hat die belangte Behörde die Schlussfolgerung gezogen, die von der Beschwerdeführerin eingewendete unbefugte Inbetriebnahme des Fahrzeuges durch Dritte oder eine Fahrzeugentwendung sei völlig unglaubwürdig und als eine Schutzbehauptung zu werten. Offensichtlich hätten damit nur die eigenen Versäumnisse der Beschwerdeführerin überdeckt werden sollen, weshalb ihr die angelasteten Delikte zuzurechnen seien.
Die dieser Schlussfolgerung zu Grunde gelegten Feststellungen sind aber nicht vollständig durch die Ermittlungsergebnisse gedeckt. Laut der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Aussage des Zeugen B in der Berufungsverhandlung hat sich dieser nämlich lediglich von Dezember 2000 bis Jänner 2001 im Polizeigefangenenhaus Wien in Haft befunden. Die für die verfahrensgegenständlichen Strafverfahren relevanten Zeitpunkte, zu denen das Fahrzeug in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne Entrichtung von Parkgebühren abgestellt war, liegen aber in den Monaten Februar bis April 2001. Der angefochtene Bescheid enthält jedoch keine Feststellungen und auch sonst keine Anhaltspunkte dahingehend, dass der Zeuge B auch in diesem Zeitraum eine Haftstrafe verbüßt hätte. Es ist somit nicht erkennbar, worauf sich die oben genannte Feststellung gründet, der Zeuge B scheide wegen seiner zweimonatigen Haftstrafe gänzlich aus dem Kreis derjenigen aus, die das Fahrzeug hätten in Betrieb nehmen können. Die getroffene Feststellung erweist sich als unschlüssig.
Die Feststellungen der belangten Behörde erlauben daher keine Beurteilung, ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, die Beschwerdeführerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass ihr das Fahrzeug gegen ihren Willen aus der Gewahrsame entzogen und von einer anderen Person an den Orten und zu den Zeiten, die in der Anfrage genannt wurden, benützt wurde. Insofern hat die belangte Behörde durch die unzureichende Begründung Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl. etwa die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 600 f, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
II.
Gemäß § 33a VwGG idF BGBl. I Nr. 89/2004 kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines Unabhängigen Verwaltungssenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil sie von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird, in Verwaltungsstrafsachen außerdem nur dann, wenn eine Geldstrafe von höchstens EUR 750,-- verhängt wurde.
Die Voraussetzungen für eine Ablehnung der vorliegenden Beschwerde gemäß § 33a VwGG sind erfüllt. Es wurde keine den Betrag von EUR 750,-- übersteigende Geldstrafe verhängt. Die Fällung einer Sachentscheidung über die Beschwerde hängt auch von keiner Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am