VwGH vom 09.12.1992, 91/13/0204

VwGH vom 09.12.1992, 91/13/0204

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde des Dr. F in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. 6/4 - 4183/91-07, betreffend Androhung einer Zwangsstrafe, Zurückweisung eines Fristerstreckungsansuchens und Verhängung einer Zwangsstrafe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit in Bescheidform erlassener verfahrensleitender Verfügung vom forderte das Finanzamt den Beschwerdeführer unter Androhung der Verhängung einer Zwangsstrafe von S 1.000,-- zur Abgabe von Umsatz- und Einkommensteuererklärung für das Jahr 1989 bis längstens auf. Das daraufhin vom Beschwerdeführer eingebrachte Ansuchen um Gewährung einer Nachfrist bis zum Abschluß der zu dieser Zeit in seinem Unternehmen stattfindenden abgabenbehördlichen Prüfung wurde mit Bescheid vom als verspätet zurückgewiesen. Nachdem der Beschwerdeführer auch weiterhin keine Abgabenerklärungen für das Jahr 1989 vorgelegt hatte, setzte das Finanzamt mit Bescheid vom die angedrohte Zwangsstrafe fest.

Gegen die Bescheide vom , und erstattete der Beschwerdeführer einen Berufungsschriftsatz, in dem er einwandte, es erscheine ihm zweckmäßig, die Steuererklärungen erst nach Abschluß des Prüfungsverfahrens der Abgabenbehörde zu überreichen, sodaß die Feststellungen der Prüfungsorgane für die Vorjahre auch in die Erklärungen des gegenständlichen Veranlagungszeitraumes Eingang finden könnten. Betrachte man die erheblichen Beschränkungen, denen die Geschäftstätigkeit in seiner Notariatskanzlei durch die lange Dauer der Betriebsprüfung unterworfen sei, und die zum Jahreswechsel in der Regel stark anwachsende berufliche Auslastung, sei die gewährte Frist auch zu kurz bemessen gewesen. Im übrigen komme sämtlichen Bescheiden keine Bescheidqualität zu, da sie nicht unterfertigt seien; zudem fehle es ihnen auch noch an dem Hinweis, daß es sich um Ausfertigungen mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung handle.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde in Punkt 1 ihres Spruches die Berufung, soweit sie sich gegen die verfahrensleitenden Verfügungen vom und vom richtet, als nicht zulässig zurück, und wies in Punkt 2 des Spruches die Berufung, soweit sie sich gegen die bescheidmäßige Festsetzung der Zwangsstrafe richtet, als unbegründet ab. Die belangte Behörde führte dazu aus, daß zum einen gegen nur das Verfahren betreffende Verfügungen ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig sei, und zum anderen der die Angelegenheit abschließende Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet sei. Zu Recht habe das Finanzamt mit Bescheid vom das Fristverlängerungsansuchen vom zurückgewiesen, weil der Beschwerdeführer weder die ihm zur Abgabe von Jahreserklärungen gemäß § 134 Abs. 1 BAO zur Verfügung stehende Frist eingehalten, noch vor deren Ablauf einen Verlängerungsantrag eingebracht habe. Isoliert betrachtet sei die vom Finanzamt unter Zwangsstrafenandrohung gesetzte dreiwöchige Frist wohl zu kurz bemessen gewesen, nicht jedoch, wenn man berücksichtige, daß seit Ablauf der gesetzlichen Frist bereits mehrere Monate verstrichen gewesen seien. Wenn es auch sinnvoll erscheinen möge, bis zum Abschluß eines laufenden abgabenbehördlichen Prüfungsverfahrens mit der Abgabe von Steuererklärungen für die Folgejahre zuzuwarten, könne es im Einzelfall erforderlich sein, diese Erklärungen zeitgerecht abzurufen und allfällige Anpassungen durch das Finanzamt im Zuge des Veranlagungsverfahrens vornehmen zu lassen. Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer seinen steuerlichen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der fristgerechten Einreichung von Abgabenerklärungen seit Jahren nicht nachkomme, sei der Ansatz der Zwangsstrafe in der festgesetzten Höhe geboten gewesen. Soweit der Beschwerdeführer vermeine, die angefochtenen Bescheide seien rechtlich nicht existent, da es ihnen an einer Unterschrift oder Beglaubigung mangle und diese Bescheide keinen Hinweis darauf enthielten, daß sie datenverarbeitungsgestützt ausgefertigt wurden, so sei er auf § 96 BAO verwiesen, wonach Erledigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung bedürfen. Eine Verpflichtung, durch gesonderten Ausdruck auf diesen Umstand hinzuweisen, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Beide Parteien haben ihr Vorbringen mit weiteren Schriftsätzen ergänzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 111 Abs. 1 BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffener Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muß der Verpflichtete nach § 111 Abs. 2 BAO unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden.

Als inhaltlich rechtswidrig bekämpft die Beschwerde die Festsetzung der Zwangsstrafe, indem sie dem angefochtenen Bescheid zunächst vorwirft, dem Beschwerdeführer wäre eine angemessene Frist zur Abgabe der Steuererklärungen für das Jahr 1989 nicht eingeräumt worden. Der Verwaltungsgerichtshof kann dieser Auffassung nicht beitreten, übersieht der Beschwerdeführer doch, daß gemäß § 134 Abs. 1 BAO die Abgabenerklärungen bis zum Ende des Monates März eines jeden Jahres einzureichen sind, wobei der Bundesminister für Finanzen diese Frist allgemein erstrecken kann. Der Beschwerdeführer selbst geht in der Beschwerde davon aus, daß er als Bezieher lohnsteuerabzugspflichtiger Einkünfte die Steuererklärungen bis einzureichen hatte.

Vor dem Hintergrund der den Beschwerdeführer seit diesem Zeitpunkt bereits vorzuwerfenden Säumigkeit kann die vom Finanzamt unter Androhung der Zwangsstrafe gesetzte knapp dreiwöchige Frist als unangemessen kurz nicht angesehen werden. Zum einen konnte die auf gesetzmäßig geführten Aufzeichnungen basierende Erstellung der urgierten Abgabenerklärungen innerhalb auch dieses Zeitraumes unschwer zu bewältigen sein; die im angefochtenen Bescheid konzedierte Einschätzung der gesetzten Frist als - isoliert betrachtet - zu kurz bemessen teilt der Verwaltungsgerichtshof nach der Lage des Beschwerdefalles nicht. Zum anderen ist der belangten Behörde zuzustimmen, wenn sie die bereits zum Zeitpunkt der Fristsetzung vorliegende beträchtliche Säumigkeit des Beschwerdeführers in die Beurteilung der ihm gesetzten Frist insoweit einbezieht, weil das Ausmaß der noch zuzubilligenden Zeit zur Fertigstellung der Erklärungsschriftsätze durchaus in Relation zur bereits überzogenen Zeitspanne zu setzen war.

Soweit der Beschwerdeführer ins Treffen führt, die letzten Wochen vor dem Jahreswechsel seien für einen öffentlichen Notar in der Regel mit besonderen beruflichen Belastungen verbunden, sodaß er sich nicht in der Lage gesehen hätte, noch zusätzlich Zeit für die Erstellung von Steuererklärungen zu erübrigen, muß ihm entgegengehalten werden, daß es seiner Vorsorge anheimgestellt war, die abgabenrechtlichen Pflichten fristgerecht zu erfüllen und sie nicht gegenüber seinen beruflichen Obliegenheiten hintanzusetzen. Auch der Einwand, er wäre im Zuge der in seinem Unternehmen durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung mit einem zeitaufwendigen Vorhalteverfahren konfrontiert gewesen, überzeugt nicht, weil der Beschwerdeführer für die Ausarbeitung der Anfragebeantwortung bis zum Zeit hatte und sich überdies den damit allenfalls zusammenhängenden Zeitdruck durch seine Säumnis mit den Abgabenerklärungen selbst zuschreiben mußte.

Verfehlt ist die Auffassung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde verkenne den Charakter der Zwangsstrafe, wenn sie diese als Mittel betrachte, das unter anderem dazu diene, dem Beschwerdeführer vor Augen zu führen, daß er sich als Steuerpflichtiger an die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung zu halten und seine abgabenrechtlichen Pflichten fristgerecht zu erfüllen habe. Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt, soll das Institut der Zwangsstrafe die Abgabenbehörde einerseits bei Erreichung ihrer Verfahrensziele unterstützen und andererseits die Abgabepflichtigen zur Einhaltung ihrer Obliegenheiten anhalten. Zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten gehört auch die Abgabe von Steuererklärungen (vgl. Madlberger, Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO, ÖStZ 1987, Seite 249, und das hg. Erkenntnis vom , 88/14/0066).

Den Standpunkt des Beschwerdeführers, der Bescheid über die Festsetzung der Zwangsstrafe sei nicht als datenverarbeitungsgestützte Ausfertigung im Sinne des § 96 BAO anzusehen und hätte daher zu seiner Rechtswirksamkeit einer Unterschrift oder Beglaubigung bedurft, vermag der Verwaltungsgerichtshof ebensowenig zu teilen.

Der Beschwerdeführer irrt, wenn er behauptet, die ihm zugestellten Erledigungen enthielten auf den Schriftstücken selbst keinerlei Hinweis auf eine Erstellung mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung. Wie aus den der Beschwerde angeschlossenen Beilagen ersehen werden kann, weisen sowohl der Bescheid über die Verhängung der Zwangsstrafe als auch die beiden verfahrensleitenden Verfügungen am rechten unteren Rand jeweils eine Registernummer des Datenverarbeitungsregisters mit der näheren Kennzeichnung "DVR" auf. Daraus ist entgegen den Beschwerdeausführungen deutlich erkennbar, daß die gegenständlichen Ausfertigungen mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt wurden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 84/03/0326, vom , 88/02/0006, und vom , 88/18/0013).

Insoferne der Beschwerdeführer die Verarbeitung von personenbezogenen Daten bei Festsetzung der Zwangsstrafe gänzlich in Abrede stellen will, hält ihm die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend entgegen, daß unter Zugrundelegung des Ordnungsbegriffes der Steuernummer eine Verknüpfung mit den Grunddaten des Abgabepflichtigen erfolgte. Im übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 87/01/0256, den Standpunkt eingenommen, daß eine automationsunterstützte Datenverarbeitung schon bei Erstellung von Bescheiden unter Zuhilfenahme eines bloßen Textverarbeitungssystems vorliege.

Dem Beschwerdeführer gelingt es auch nicht, die Rechtmäßigkeit des Zwangsstrafenbescheides in Zweifel zu ziehen, wenn er aus dem Umstand, daß Zwangs- und Ordnungsstrafen in der Bundesabgabenordnung nicht im Abschnitt über die Erhebung der Abgaben geregelt sind, abzuleiten sucht, das Bundesrechenamt - gemäß § 2 Abs. 1 Z. 12 Bundesrechenamtsgesetz mit der Mitwirkung an der Erhebung der Abgaben betraut - habe bei Erstellung der strittigen Schriftstücke unzulässigerweise seinen Aufgabenbereich überschritten. Unter Erhebung der Abgaben im Sinne des § 49 Abs. 2 BAO sind alle der Durchsetzung von Abgabenansprüchen dienenden Maßnahmen zu verstehen, welche die Ermittlung, Festsetzung, Einhebung und zwangsweise Einbringung zum Ziel haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 90/16/0003), somit auch solche Maßnahmen der Abgabenbehörden, die dazu dienen, den Abgabepflichtigen zur Erfüllung seiner Obliegenheiten zu verhalten.

Auch die von der Beschwerde vertretene Auffassung, die in Streit gezogenen Erledigungen seien, zumal sie dem Beschwerdeführer unmittelbar durch das Bundesrechenamt zugestellt worden waren, als Ausfertigungen des Bundesrechenamtes und nicht als solche der zuständigen Abgabenbehörde anzusehen, entbehrt jeder Grundlage. Sämtliche Ausfertigungen enthalten in der Kopfzeile die Bezeichnung des Finanzamtes Z. als der bescheiderlassenden Behörde, sodaß für den Bescheidadressaten klar erkennbar ist, von welcher Behörde die Schriftstücke ausgehen und welcher sie zuzurechnen sind. Zutreffend hat die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift dargelegt, das Finanzamt als Auftraggeber im Sinne des § 3 Z. 3 Datenschutzgesetz habe sich des Bundesrechenamtes lediglich als Dienstleisters im Sinne des § 3 Z. 4 Datenschutzgesetz bei der datenverarbeitungsgestützten Erstellung der Bescheide bedient. Es kann daher kein Zweifel bestehen, daß die strittigen Ausfertigungen im Namen und unter Verantwortung des Finanzamtes Z. ergangen sind.

In seinen nach Erstattung der behördlichen Gegenschrift hintereinander überreichten Schriftsätzen bringt der Beschwerdeführer vor,

.) daß das Finanzamt im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung sämtliche Unterlagen vorgelegt erhalten habe, weshalb die Erstattung der mit der Zwangsstrafe erzwungenen Erklärungen sowohl durch die Abgabenbehörde selbst, als auch durch einen Dritten sich hätte bewerkstelligen lassen,

.) daß der Erlaß des Bundesministers für Finanzen vom , geltend auch für das Jahr 1989, die Frist zur Abgabe der Steuererklärungen für berufsmäßige Parteienvertreter in einer Weise regle, derzufolge der Beschwerdeführer mit seinen Abgabenerklärungen gar nicht säumig gewesen sei, und

.) daß der Umstand der aufsichtsbehördlichen Behebung eines den Verspätungszuschlag für Einkommensteuer 1988 betreffenden Bescheides der belangten Behörde aus dem Grunde des Ausbleibens einer Erledigung eines fristgerecht gestellten Fristverlängerungsansuchens die behördliche Feststellung widerlege, daß der Beschwerdeführer seinen steuerlichen Verpflichtungen seit Jahren nicht nachkomme.

Mit diesen Behauptungen verstößt der Beschwerdeführer gegen das aus § 41 Abs. 1 VwGG abzuleitende Neuerungsverbot, was es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt, auf dieses Vorbringen einzugehen. Es fallen nämlich auch Rechtsausführungen unter das Neuerungsverbot, wenn sie nur unter Einbeziehung von Sachverhaltselementen stichhältig sind, die im Verwaltungsverfahren nicht einbezogen wurden, weil der Beschwerdeführer in der betroffenen Richtung untätig geblieben war (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 553 f, wiedergegebene hg. Judikatur).

Dem angefochtenen Bescheid haftet die im Rahmen der Beschwerdepunkte behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit nicht an; eine Verletzung von Verfahrensvorschriften hat der Beschwerdeführer zwar als Aufhebungsgrund geltend gemacht, doch ist die Beschwerde in diesem Punkt nicht ausgeführt. Da auch der Verwaltungsgerichtshof nicht finden konnte, daß die belangte Behörde Verfahrensvorschriften außer acht gelassen habe, erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.