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VwGH vom 25.11.2003, 2003/17/0118

VwGH vom 25.11.2003, 2003/17/0118

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über die Beschwerde der G GmbH in Graz, vertreten durch

Dr. Kleinszig/Dr. Puswald/Mag. Wolf/Dr. Kassin, Rechtsanwälte in 9300 St. Veit/Glan, Unterer Platz 11, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. A 8/1- K 1247/2002 - 3, betreffend Vorschreibung einer Bauabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte am die Erteilung einer Baubewilligung für den Umbau eines Dachgeschoßes (Umbau von Büroräumen und Einrichtung einer Terrasse) eines näher bezeichneten Gebäudes sowie für den Einbau eines Liftschachtes.

Nach den dem Bauakt beiliegenden Einreichplänen zu diesem Antrag umfasste der bewilligungsgegenständliche Baukomplex im Altbestand einen straßenseitigen Teil (im Folgenden: Hauptgebäude) mit insgesamt sechs Geschoßen. Dieses Hauptgebäude war mit einem aus einem Keller und einem weiteren Geschoß bestehenden Trakt mit einem hofseitig gelegenen Teil (im Folgenden: Hofgebäude) verbunden. Letzterer wies nach Maßgabe der Einreichpläne als Altbestand insgesamt drei Geschoße auf, wobei sich in dem unter dem Dach befindlichen Geschoß bereits eingebaute Räume befanden, welche im Einreichplan als "Küche" und "Toiletten" bezeichnet wurden.

Gegenstand des zu bewilligenden Bauvorhabens sollte nun zum einen der Einbau weiterer Wände im obersten Geschoß des Hofgebäudes zur Schaffung weiterer Räumlichkeiten (Teeküche, Archiv, weitere WC-Anlagen), zum anderen die Errichtung eines bis zum obersten Geschoß des Hauptgebäudes reichenden Liftschachtes im Bereich des bisherigen Verbindungstraktes sein. In diesem Zusammenhang war weiters eine Änderung der Fassadengestaltung und eine Errichtung einer Terrasse geplant.

Am erteilte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz der Beschwerdeführerin gemäß § 29 des Steiermärkischen Baugesetzes, LGBl. Nr. 59/1995 (im Folgenden:

Stmk BauG), die Bewilligung zur plan- und beschreibungsgemäßen

Ausführung des Vorhabens

1) Errichtung eines Liftschachtes

2) Änderung der Fassadengestaltung

3) Dachgeschoßausbau

4) Errichtung einer Terrasse.

Aus Anlass der Erteilung dieser Baubewilligung schrieb der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz mit Bescheid vom der Beschwerdeführerin gemäß § 15 Stmk BauG eine Bauabgabe in der Höhe von EUR 1.118,10 zur Zahlung vor.

Die Berechnung der (zugewonnenen) Bruttogeschoßflächen ergebe Folgendes:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
"2. Kellergeschoß
3,60 m2 x 0,5 =
1,800 m2
Erdgeschoß
3,60 m2 x 1,0 =
3,600 m2
1 Obergeschoß
3,60 m2 x 0,5 =
1,800 m2
2. Obergeschoß
234,85 m2 x 0,5 =
117,425 m2
3. Obergeschoß
3,60 m2 x 0,5 =
1,800 m2
Dachgeschoß
3,60 m2 x 0,5 =
1,800 m2
128,225 m2"

Multipliziert mit dem Einheitssatz von EUR 8,72/m2 ergebe

dies eine Bauabgabe von EUR 1.118,12.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie brachte vor, beim Umbau im obersten Geschoß des Hofgebäudes (von der erstinstanzlichen Behörde offenbar als zweites Obergeschoß bezeichnet) habe es sich lediglich um einen inneren Umbau und eine Nutzungsänderung der mit einem Bescheid aus dem Jahr 1971 bereits genehmigten Fläche gehandelt.

Eine von der Abgabenbehörde eingeholte Stellungnahme der Bauabteilung ergab, dass "weder den Plänen noch der Vergebührung im Bezugsakt ein Hinweis auf die Bewilligung des Dachgeschoßbereiches" entnommen werden könne. Dieser Stellungnahme war eine aus dem Jahr 1967 stammende Gebühren-Zusammenstellung zur Vorschreibung einer Kanalanschlussgebühr anlässlich eines geplanten Hallenzubaus angeschlossen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des § 15 Abs. 1 bis 3 und 8 Stmk BauG sowie der Schilderung des bisherigen Verwaltungsverfahrens führte die erstinstanzliche Behörde aus, hinsichtlich der Vorschreibung der Bruttogeschoßflächen "für den Liftschacht" seien keine Einwendungen vorgebracht worden. Hinsichtlich des Dachgeschoßausbaues sei festgestellt worden, dass dieser erst mit dem Bescheid vom bewilligt worden sei. Dies gehe auch aus der eingeholten Stellungnahme der Bauabteilung hervor, wonach im Bauakt kein Hinweis auf eine frühere Bewilligung des Dachgeschoßbereiches (gemeint: für das dritte unter dem Dach befindliche Geschoß des Hofgebäudes) aufscheine. Ebenso wenig könne die Vorschreibung und Entrichtung eines Aufschließungsbeitrages oder einer Bauabgabe für diese Geschoßfläche festgestellt werden.

Dagegen richtete sich ein Vorlageantrag der Beschwerdeführerin, in welchem diese vorbrachte, eine Recherche in ihrem Archiv habe ergeben, dass für die bestehende Fläche im Dachgeschoß sehr wohl eine Genehmigung bestehe. Diese beruhe auf einer Augenscheinsverhandlung vom und einem Bescheid vom mit näher genannter Geschäftszahl. Auf dem diesbezüglichen, der Beschwerdeführerin vorliegenden und genehmigten Plan seien sämtliche Geschoße eingetragen und daher genehmigt. Aus diesem Anlass sei wohl auch eine Bauabgabe entrichtet worden.

In den Verwaltungsakten findet sich eine der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin am erteilte Widmungsgenehmigung samt Baubewilligung für die Errichtung eines hofseitigen Gebäudes als "Hallenzubau für Ausstellungs- und Lagerzwecke" sowie eine Bewilligung des Abbruches eines bis dahin dort bestandenen Altbauwerkes. Dort erliegt weiters der dieser Baubewilligung zu Grunde liegende Plan, auf welchem das Hofgebäude in bloß zweigeschoßiger Ausführung aufscheint. Schließlich ist dort der von der Beschwerdeführerin angeführte Bescheid vom enthalten, in welchem es heißt:

"Auf Grund des Ergebnisses der örtlichen Überprüfung am ergeht nachstehender

Spruch

Gemäß § 69 der Stmk. Bauordnung 1968, LGBl. 149/1968 wird die Bewilligung zur Benützung der neu errichten Räume ab Rechtskraft des Bescheides erteilt.

Unter einem wird die Bewilligung der Planabweichung gemäß den Ausführungsplänen erteilt."

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen.

Nach Wiedergabe des § 15 Stmk BauG sowie nach Schilderung des Verwaltungsverfahrens entgegnete die belangte Behörde dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach die dreigeschoßige Ausführung des Hofgebäudes bereits am bewilligt worden sei, Folgendes:

"Der im bezughabenden Archivakt aufliegende und mit Bescheid vom genehmigte Bauplan weist im gegenständlichen Bereich nur ein Erdgeschoß und ein Obergeschoß aus, hingegen der mit Bescheid vom genehmigte Plan auch ein Dachgeschoß. Insofern kann den Ausführungen der Abgabepflichtigen nicht gefolgt werden."

Überdies werde ein Aufschließungsbeitrag erst seit in der Steiermark erhoben, sodass schon aus diesem Grund die Leistung eines solchen durch die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin auszuschließen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin erachtet sich erkennbar in ihrem Recht verletzt, dass eine Vorschreibung der Bauabgabe zu unterbleiben habe, wenn die rechtlichen Voraussetzungen hiefür nicht vorliegen. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 4 Z 20, 21, 22, 33 und 56 sowie § 15 Stmk BauG lauten:

"§ 4

Begriffsbestimmungen

Die nachstehenden Begriffe haben in diesem Gesetz folgende

Bedeutung:

...

20. Bruttogeschoßfläche: die Fläche je Geschoß, die

von den Außenwänden umschlossen wird, einschließlich der Außenwände;

21. Dachboden: unausgebauter Dachraum;

22. Dachgeschoß: für Aufenthalts-, Lagerräume u.dgl.

ganz oder teilweise ausgebauter Dachraum;

...

33. Geschoß: der Gebäudeabschnitt zwischen Fußboden

und der darüberliegenden Decke, zwischen zwei übereinander gelegenen Decken oder zwischen Fußboden und der obersten Decke oder der Unterfläche des Daches, wenn die jeweils geforderte Raumhöhe erreicht wird;

...

56. Umbau: die Umgestaltung des Inneren oder Äußeren einer bestehenden baulichen Anlage, die die äußeren Abmessungen nicht verändert, jedoch geeignet ist, die öffentlichen Interessen zu berühren (z.B. Brandschutz, Standsicherheit, äußeres Erscheinungsbild), bei überwiegender Erhaltung der Bausubstanz;

...

§ 15

Bauabgabe

(1) Anlässlich der Erteilung der Baubewilligung oder der Genehmigung der Baufreistellung ist dem Bauwerber von der Abgabenbehörde eine Bauabgabe vorzuschreiben. Für die Bauabgabe samt Nebengebühren haftet auf dem Grundstück, bei Superädifikaten oder Objekten nach dem Baurechtsgesetz auf den baulichen Anlagen, ein gesetzliches Pfandrecht. Wird von der Baubewilligung nicht Gebrauch gemacht, so ist die vorgeschriebene Bauabgabe bei späteren Baubewilligungen auf demselben Grundstück anzurechnen.

(2) Bei Zu- und Umbauten ist die Bauabgabe entsprechend der neugewonnenen Bruttogeschoßfläche zu berechnen.

(3) Die Bauabgabe errechnet sich aus dem Produkt von Einheitssatz je Quadratmeter und der Bruttogeschoßfläche. Dabei sind Erdgeschosse zur Gänze, die übrigen Geschosse (Tiefgaragengeschosse, Keller, Obergeschosse, Dachgeschosse u. dgl.) zur Hälfte zu berechnen.

...

(6) Die Abgaben sind zur Finanzierung von folgenden Maßnahmen zweckgebunden:

1. Herstellung von Verkehrsflächen,

Oberflächenentwässerungen und Straßenbeleuchtungen;

2. Übernahme von Grundstücken in das öffentliche Gut;

3. Errichtung und Gestaltung von öffentlichen

Kinderspielplätzen sowie Grünflächen;

4. Erstellung von Bebauungsplänen und

Bebauungsrichtlinien."

Die belangte Behörde führt ausschließlich ins Treffen, dass die Beschwerdeführerin für die Errichtung des dritten Geschoßes vor Erlassung des Bescheides vom keine Baubewilligung erhalten habe.

Die Beschwerdeführerin rügt jedoch zu Recht, dass die belangte Behörde ihre Annahme, eine Baubewilligung für die Errichtung des dritten Geschoßes des Hofgebäudes sei vor dem nicht erteilt worden, nicht in schlüssiger Weise begründet hat. Die Beschwerdeführerin hat in ihrem Vorlageantrag behauptet, die diesbezügliche Baubewilligung sei mit Bescheid vom erteilt worden. Dort wird unter anderem die Bewilligung einer Planabweichung "gemäß den Ausführungsplänen" erteilt. Daraus folgt, dass am der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin eine Baubewilligung erteilt wurde, welche von der am erteilten abwich.

Es erweist sich daher als unschlüssig, wenn die belangte Behörde dem Argument der Beschwerdeführerin, die Baubewilligung für das dritte Obergeschoß sei mit dem Bescheid vom erfolgt, lediglich entgegengehalten hat, der mit Bescheid vom genehmigte Bauplan habe nur zwei Geschoße aufgewiesen.

Zutreffend rügt die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auch, dass die Abgabenbehörden sich diesbezüglich nicht auf die von der erstinstanzlichen Behörde erwähnte, pauschal gehaltene Auskunft der Bauabteilung hätten verlassen dürfen, sondern selbst in den Verwaltungsakt betreffend die Erlassung des Bescheides vom hätten Einschau nehmen und anhand des dort erwähnten Ausführungsplanes darlegen müssen, ob diese Bewilligung die Errichtung eines dritten Geschoßes im Bereich des Hofgebäudes umfasste oder nicht.

Ob - wie die Beschwerdeführerin meint - ihr im Falle der Nichtausnützung der in Rede stehenden Baubewilligung in Ermangelung einer einfachgesetzlichen Regelung kraft unmittelbar anwendbaren Verfassungsrechts ein Anspruch auf Rückzahlung einer allenfalls entrichteten Bauabgabe zustünde, welcher durch § 15 Abs. 1 letzter Satz Stmk BauG (in Verbindung mit Abs. 6 leg. cit., wie sie nicht nachvollziehbar behauptet) in verfassungswidriger Weise ausgeschlossen werde, kann bei Beurteilung des vorliegenden Falles dahingestellt bleiben, weil hier keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Beschwerdeführerin von der ihr erteilten Baubewilligung nicht Gebrauch und deshalb einen Rückzahlungsanspruch geltend machen werde und sich die Frage eines allfälligen Rückzahlungsanspruches der vorschreibungsgegenständlichen Bauabgabe hier nicht stellt. Die von der Beschwerdeführerin als verfassungswidrig angesehene Bestimmung hatte der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuwenden.

Auf Grund der oben aufgezeigten Verfahrensmängel war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Im fortgesetzten Verfahren empfiehlt es sich jedenfalls, durch Beschreibung des Altbestandes und Vergleich desselben mit dem bewilligten Bauvorhaben nachvollziehbar darzulegen, welche Vergrößerung der Bruttogeschoßfläche durch die bewilligte Errichtung des Liftschachtes (unter Berücksichtigung des Abbruches von Teilen des davor bestandenen Verbindungstraktes) eintritt.

Die Kostenentscheidung gründet auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am