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VwGH vom 23.05.2000, 99/14/0335

VwGH vom 23.05.2000, 99/14/0335

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde des A R in K, vertreten durch Dr. Michael Mülner, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Lidmanskygasse 9/I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom , RV 169/1-4/99, betreffend Zurückweisung der Berufung gegen ein Straferkenntnis, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit einem am eingereichten Schreiben teilte der Beschwerdeführer der Finanzstrafbehörde mit:

"Hiermit ziehen wir den vom erklärten Rechtsmittelverzicht zurück und verweisen darauf, dass wir bei der oben genannten Verhandlung keinen Rechtsbeistand zu Rate gezogen haben."

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen ein am zugestelltes Erkenntnis des Spruchsenates II beim Finanzamt Klagenfurt zurück.

In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, der Beschwerdeführer sei mit dem Erkenntnis des Spruchsenates wegen einer Finanzordnungswidrigkeit zu einer Geldstrafe von 70.000 S verurteilt worden. Bei der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat am habe der Beschwerdeführer erklärt, dass er auf Rechtsmittel verzichte. Er sei bei der Verhandlung nicht durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertreten gewesen.

Mit einem am beim Finanzamt eingereichten Schreiben habe der Beschwerdeführer erklärt, dass er seinen Rechtsmittelverzicht zurückziehe. Er habe in der Folge am eine schriftliche Berufungsausführung eingebracht.

Gemäß § 154 FinStrG könne ein Verzicht binnen drei Tagen widerrufen werden. Diese Frist sei im gegenständlichen Fall ungenützt verstrichen. Die Berufung sei daher zurückzuweisen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

§ 154 FinStrG lautet:

"Ein Rechtsmittel ist nicht mehr zulässig, wenn nach Verkündung oder Zustellung des Erkenntnisses (Bescheides) ausdrücklich auf ein Rechtsmittel verzichtet wurde. Der Verzicht ist der Behörde, die das Erkenntnis (den Bescheid) erlassen hat, schriftlich bekannt zu geben oder zu Protokoll zu erklären. Wurde der Verzicht nicht von einem berufsmäßigen Parteienvertreter oder im Beisein eines solchen abgegeben, so kann er binnen drei Tagen schriftlich oder zur Niederschrift widerrufen werden."

In der Beschwerde wird vorgebracht, die Verhandlung vor dem Spruchsenat habe am stattgefunden. Mit dem am beim Finanzamt eingereichten Schreiben sei der Rechtsmittelverzicht zurückgezogen worden. Die Zurückziehung sei daher rechtswirksam. Die belangte Behörde habe irrtümlich angenommen, dass die Verhandlung vor dem Spruchsenat bereits am stattgefunden habe.

In ihrer Gegenschrift räumt die belangte Behörde ein, dass der Beschwerdeführer für den zur mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat vorgeladen worden sei. Dies deckt sich mit der Aktenlage.

In der Gegenschrift wird weiters ausgeführt, die Verhandlung vor dem Spruchsenat habe, wie dies eine Rücksprache mit dem Vorsitzenden des Spruchsenates und den Beisitzern ergeben habe, tatsächlich am stattgefunden. Bei der Verhandlung sei kein Parteienvertreter anwesend gewesen. Es sei aus nicht mehr aufklärbaren Gründen in der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses des Spruchsenates fälschlich der als Tag der mündlichen Verhandlung angeführt worden.

Somit ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer den Rechtsmittelverzicht in der Verhandlung vom abgegeben hat.

Gemäß § 56 Abs. 2 FinStrG iVm § 108 Abs. 1 und 3 BAO währte im gegenständlichen Fall die Dreitagesfrist des § 154 FinStrG bis zum Ablauf des (Montag). Die Zurücknahme des Rechtsmittelverzichts ist an diesem Tag und somit rechtzeitig erfolgt.

Die belangte Behörde hat Verfahrensvorschriften verletzt, weil sie, obwohl die aktenkundige Ladung an den Beschwerdeführer den als Tag der Verhandlung vor dem Spruchsenat ausgewiesen hat und auch in seinem Schreiben betreffend den Rechtsmittelverzicht dieser Tag genannt ist, ohne weitere Ermittlungen, insbesondere ohne Gewährung von Parteiengehör den als Tag der Abgabe des Rechtsmittelverzichts angenommen hat. Die Verletzung der Verfahrensvorschriften erweist sich aus den oben darstellten Gründen als wesentlich.

Der angefochtene Bescheid war sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 24 Abs. 3 und 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.

Wien, am