VwGH vom 31.07.2003, 2003/17/0110

VwGH vom 31.07.2003, 2003/17/0110

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

2003/17/0111

2003/17/0113

2003/17/0112

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerden jeweils der Steiermärkischen Landesregierung gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark, jeweils vom , 1. Zl. UVS 30.16-156/2002-2 (hg. Verfahren Zl. 2003/17/0110), 2. Zl. UVS 30.16-127/2002-2 (hg. Verfahren Zl. 2003/17/0111), 3. Zl. UVS 30.16-157/2002-2 (hg. Verfahren Zl. 2003/17/0112) und 4. Zl. UVS 30.16-155/2002-2 (hg. Verfahren Zl. 2003/17/0113), jeweils betreffend Übertretung des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes (mitbeteiligte Partei: W G in G, vertreten durch Schmid & Horn, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kalchberggasse 8), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1.1.1. Mit dem dem hg. Verfahren Zl. 2003/17/0110 zu Grunde liegenden erstinstanzlichen Bescheid legte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligten zur Last, sie habe laut Feststellung eines beeideten Aufsichtsorganes am in der Zeit von 12.31 Uhr bis 12.44 Uhr ein dem behördlichen Kennzeichen nach bestimmtes mehrspuriges Kraftfahrzeug in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Graz an einem näher bezeichneten Ort ohne Parkschein geparkt, obwohl sie verpflichtet gewesen wäre, die Parkgebühr bei Beginn des Parkens des Kraftfahrzeuges mit einem ordnungsgemäß "gelösten" (entwerteten) Parkschein zu entrichten. Sie habe dadurch die vorgeschriebene Parkgebühr hinterzogen. Wegen Verletzung des § 2 des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes 1979, LGBl. Nr. 62/2001, in Verbindung mit den §§ 2, 3 und 4 der Grazer Parkgebührenverordnung 1997 in der geltenden Fassung wurde über sie daher gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von 43,60 EUR (sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

1.1.2. Mit dem dem hg. Verfahren Zl. 2003/17/0111 zu Grunde liegenden erstinstanzlichen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz wurde der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligten zur Last gelegt, sie habe laut Feststellung eines beeideten Aufsichtsorganes am in der Zeit von 15.07 Uhr bis 15.22 Uhr ein dem behördlichen Kennzeichen nach bestimmtes mehrspuriges Kraftfahrzeug in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Graz an einem näher bezeichneten Ort ohne Parkschein geparkt, obwohl sie verpflichtet gewesen wäre, die Parkgebühr bei Beginn des Parkens des Kraftfahrzeuges mit einem ordnungsgemäß gelösten Parkschein zu entrichten. Sie habe dadurch die vorgeschriebene Parkgebühr hinterzogen. Wegen Verletzung des § 2 des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes 1979 in Verbindung mit den §§ 2, 3 und 4 der Grazer Parkgebührenverordnung 1997 in der geltenden Fassung wurde über sie daher gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von 43,60 EUR (sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

1.1.3. Mit dem dem hg. Verfahren Zl. 2003/17/0112 zu Grunde liegenden erstinstanzlichen Straferkenntnis legte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligten zur Last, sie habe laut Feststellung eines beeideten Aufsichtsorganes am in der Zeit von 13.11 Uhr bis 13.24 Uhr ein dem behördlichen Kennzeichen nach bestimmtes mehrspuriges Kraftfahrzeug in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Graz an einem näher bezeichneten Ort ohne Parkschein geparkt, obwohl sie verpflichtet gewesen wäre, die Parkgebühr bei Beginn des Parkens des Kraftfahrzeuges mit einem ordnungsgemäß gelösten Parkschein zu entrichten. Sie habe dadurch die vorgeschriebene Parkgebühr hinterzogen. Wegen Verletzung des § 2 des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes 1979 in Verbindung mit den §§ 2, 3 und 4 der Grazer Parkgebührenverordnung 1997 in der geltenden Fassung wurde über sie daher gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von 43,60 EUR (sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

1.1.4. Mit dem dem hg. Verfahren Zl. 2003/17/0113 zu Grunde liegenden erstinstanzlichen Straferkenntnis legte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligten zur Last, sie habe laut Feststellung eines beeideten Aufsichtsorganes am in der Zeit von 14.36 Uhr bis 14.49 Uhr ein dem behördlichen Kennzeichen nach bestimmtes mehrspuriges Kraftfahrzeug in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Graz an einem näher bezeichneten Ort ohne Parkschein geparkt, obwohl sie verpflichtet gewesen wäre, die Parkgebühr bei Beginn des Parkens des Kraftfahrzeuges mit einem ordnungsgemäß gelösten Parkschein zu entrichten. Sie habe dadurch die vorgeschriebene Parkgebühr hinterzogen. Wegen Verletzung des § 2 des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes 1979 in Verbindung mit den §§ 2, 3 und 4 der Grazer Parkgebührenverordnung 1997 in der geltenden Fassung wurde über sie daher gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von 43,60 EUR (sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

1.2. Mit den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden gab die belangte Behörde jeweils der Berufung der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligten Folge, behob jeweils das erstinstanzliche Straferkenntnis und stellte das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG ein.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen übereinstimmend aus, es sei als amtsbekannt festzustellen, dass für den Zufahrtsbereich zur verfahrensgegenständlichen Tatörtlichkeit ein allgemeines Fahrverbot gemäß § 52a Z 1 StVO ("Fahrverbot in beiden Richtungen, ausgenommen Ladetätigkeit mit Fahrzeugen bis 7,5 t, Taxi, Behinderte, Zufahrt zu Privatparkplätzen und Parkberechtigte der Zone 1") verordnet und durch Aufstellung der entsprechenden Vorschriftszeichen kundgemacht worden sei.

Da sich die Mitbeteiligte des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auf keine der zitierten Ausnahmen berufen könne, sei sie somit entgegen den gesetzlichen Bestimmungen zum Tatort zugefahren. Die Bestimmungen des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes unterwürfen nur ein Parken im Sinne der StVO der Gebührenpflicht. Daraus folge, dass nur ein Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen auf jenen Bereichen öffentlicher Verkehrsflächen, auf welchen das Parken gestattet sei, der Gebührenpflicht des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes unterliege. Ein straßenverkehrsordnungswidriges Abstellen von Kraftfahrzeugen erfülle demnach nicht den Tatbestand der Abgabenverkürzung, da es nicht durch die Entrichtung einer Gebühr "legalisiert" werden könne.

Die Mitbeteiligte hätte im konkreten Fall allenfalls eine Verwaltungsübertretung gemäß § 24 Abs. 1 lit. n StVO zu verantworten gehabt, nicht jedoch eine solche nach den Bestimmungen des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes.

1.3. Die beschwerdeführende Steiermärkische Landesregierung macht in ihren jeweils auf § 18d des Gesetzes über den Unabhängigen Verwaltungssenat, LGBl. für die Steiermark Nr. 78/1990, in der Fassung des Gesetzes vom , LGBl. Nr. 56, gestützten Amtsbeschwerden ausschließlich Rechtswidrigkeit des Inhaltes des jeweils bekämpften Bescheides der belangten Behörde geltend.

1.4. Die belangte Behörde hat die Akten der Verwaltungsverfahren gemeinsam vorgelegt.

Die Mitbeteiligte hat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren jeweils Gegenschriften mit dem Antrag erstattet, die Beschwerden als unzulässig zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden nach Verbindung der Verfahren wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges erwogen:

2.1. Die Mitbeteiligte bestreitet zunächst "aus Gründen der advokatorischen Vorsicht" die Zulässigkeit der Beschwerden unter Hinweis auf eine allfällige Versäumung der Beschwerdefristen.

Gemäß § 26 Abs. 1 Z 4 VwGG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde gemäß Art. 131 B-VG sechs Wochen; sie beginnt (Z 4) in den Fällen des Art. 131 Abs. 2 B-VG dann, wenn der Bescheid auf Grund der Verwaltungsvorschriften dem zur Erhebung der Beschwerde befugten Organ zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, sonst mit dem Zeitpunkt, zu dem dieses Organ von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat (zum Begriff des "Kenntniserlangens" vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/03/0202).

Mit dem Gesetz vom , mit dem das Gesetz über den Unabhängigen Verwaltungssenat geändert wird, (Steiermärkisches) LGBl. Nr. 56, wurde dem Gesetz über den Unabhängigen Verwaltungssenat ein § 18d hinzugefügt. Dieser regelt die Amtsbeschwerde dahin, dass gegen Entscheidungen des Unabhängigen Verwaltungssenates in Angelegenheiten, in denen - wie im Beschwerdefall - die Zuständigkeit zur Gesetzgebung den Ländern obliegt, die Landesregierung wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben kann. Diese Bestimmung trat am in Kraft.

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz als Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz ist demnach nicht zur Erhebung einer Amtsbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen die angefochtenen Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates berechtigt, weil § 18d leg. cit. diese Befugnis nur der Landesregierung einräumt. Dieser wiederum waren die angefochtenen Bescheide nicht zuzustellen, sodass zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Verwaltungsgerichtshofbeschwerden auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem die Steiermärkische Landesregierung von den angefochtenen Bescheiden jeweils Kenntnis erlangt hat. Aus den zugleich mit den Beschwerden vorgelegten Schreiben jeweils des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom , gerichtet an die beschwerdeführende Partei, ergibt sich, dass diese nicht vor dem Kenntnis von den angefochtenen Bescheiden erlangt haben kann. Die jeweils am zur Post gegebenen Amtsbeschwerden sind daher rechtzeitig im Sinne des § 26 Abs. 1 Z 4 VwGG.

2.2. Soweit aber die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligte zur Frage der Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerden noch darauf verweist, diese beschränkten sich darauf, auf die Ausführungen des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz zu verweisen, ohne ihrerseits eine Begründung für die Erhebung der Amtsbeschwerden zu "liefern", so ist dem zu erwidern, dass die vorliegenden Beschwerden ausdrücklich den Inhalt der Ausführungen des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz wiedergeben und zum Inhalt des Beschwerdevorbringens erheben; es ist kein Grund ersichtlich, warum eine derartige Gestaltung der Amtsbeschwerde - zumal der Antrag an den Verwaltungsgerichtshof von der beschwerdeführenden Partei im eigenen Namen gestellt wird - beim Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen den Formerfordernissen an einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde nicht entsprechen sollte.

2.3. Im Übrigen gleichen die hier zu entscheidenden Beschwerdefälle sowohl vom Sachverhalt als auch von der anzuwendenden Rechtslage her demjenigen, den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. 2002/17/0350, entschieden hat. Auf dieses Erkenntnis kann daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden.

2.4. Aus den dort näher dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die hier angefochtenen Bescheide auf einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht beruhen; sie waren daher wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

2.5. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am