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VwGH vom 19.03.2002, 99/14/0333

VwGH vom 19.03.2002, 99/14/0333

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Graf, Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des H H in G, vertreten durch Dr. Heinz Ortner, Rechtsanwalt in 4810 Gmunden, Kirchengasse 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , Zl. RV- 166.97/1-6/97, betreffend Umsatzsteuer 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1089,68 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Im Bericht über eine beim Beschwerdeführer, einem Forstwirt, durchgeführte abgabenbehördliche Prüfung wurde unter anderem festgehalten, dass ab dem auf Grund einer Verordnung zum Strukturanpassungsgesetz 1996 der LKW "Land Rover Defender 90" als Pkw einzustufen sei. Es stehe damit ab diesem Zeitpunkt von den laufenden Betriebskosten mit Ausnahme der monatlichen Leasingraten kein Vorsteuerabzug mehr zu.

Das Finanzamt folgte der Ansicht des Prüfers und kürzte im Rahmen der Veranlagung des Beschwerdeführers zur Umsatzsteuer 1996 die geltend gemachte Vorsteuer entsprechend.

In einer dagegen erhobenen Berufung wandte der Beschwerdeführer ein, dass auf der Grundlage des Strukturanpassungsgesetzes 1996 eine Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur steuerlichen Einstufung von Fahrzeugen als Personenkraftwagen und Kombinationskraftwagen, BGBl. Nr. 273/1996, erlassen worden sei, in welcher der "Land Rover Defender 90" als Pkw und der "Land Rover Defender 110" weiterhin als Lkw eingestuft worden sei. Diese beiden Fahrzeugtypen unterschieden sich nur durch die Länge des Radstandes. Das Fahrzeug mit dem längeren Radstand (Defender 110) sei jedoch zum Befahren und Wenden auf den im Gebirge liegenden Forststraßen und Waldungen ungeeignet und nur im Hügelland oder in der Ebene zu verwenden. Auf Grund der geografischen Gegebenheiten und der Witterungsverhältnisse benötige der Beschwerdeführer als Betriebsfahrzeug einen Geländewagen mit nicht zu langem Radstand.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Nach § 5 Z. 3 der genannten Verordnung seien unter anderem solche Fahrzeuge als Kastenwagen und damit nicht als Pkw einzustufen, deren Laderaum entweder vom Führerhaus abgesetzt sei oder eine Länge von mindestens 1500 mm aufweise, wobei dieses Ausmaß sowohl im unteren als auch im oberen Bereich des Laderaumes erreicht werden müsse. Unbestritten erfülle das fragliche Fahrzeug diese Voraussetzung nicht, weshalb der begehrte Vorsteuerabzug nicht zustehe.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , B 1503/98, abgelehnt und sie gemäß Art 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Lieferungen und sonstige Leistungen, die im Zusammenhang mit der Anschaffung, Miete oder dem Betrieb von Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen oder Krafträdern stehen (ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge, Vorführkraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuge, die ausschließlich zur gewerblichen Weiterveräußerung bestimmt sind, sowie Kraftfahrzeuge, die zumindestens 80 % dem Zweck der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienen) berechtigen gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994 nicht zum Vorsteuerabzug. Die genannte Gesetzesbestimmung wurde unverändert aus der bis zum Beitritt Österreichs zur EU geltenden Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. c UStG 1972 übernommen.

Der EuGH hat - auf Grund eines Vorabentscheidungsersuchens des Verwaltungsgerichtshofes - mit Urteil vom , Metropol Treuhand WirtschaftstreuhandgmbH und Michael Stadler, C- 409/99, ausgeführt:

Die Regelung eines Mitgliedstaates, die nach dem Inkrafttreten der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie 77/388/EWG, im Folgenden Richtlinie (für Österreich ist die Richtlinie zum Zeitpunkt des Beitrittes zur EU am in Kraft getreten), die bestehenden Vorsteuerausschlusstatbestände erweitere und sich damit vom Ziel der Richtlinie entferne, verstoße gegen deren Art. 17 Abs. 2 und stelle keine nach Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 zulässige Ausnahme dar. Art. 17 Abs. 6 der Richtlinie enthalte eine Stand-still-Klausel, die die Beibehaltung der innerstaatlichen Ausschlusstatbestände vom Vorsteuerabzugsrecht vorsehe, die vor dem Inkrafttreten der Richtlinie in Geltung gestanden seien. Mit dieser Bestimmung sollten die Mitgliedstaaten ermächtigt werden, bis zum Erlass der gemeinschaftsrechtlichen Regelung der Tatbestände des Ausschlusses vom Vorsteuerabzugsrecht durch den Rat alle Regelungen des innerstaatlichen Rechts über den Ausschluss des Vorsteuerabzugs beizubehalten, die ihre Behörden zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie tatsächlich angewandt hätten. "Angesichts dieses besonderen Zweckes umfasst der Begriff innerstaatliche Rechtsvorschriften im Sinne von Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie nicht nur Rechtsetzungsakte im eigentlichen Sinne, sondern auch die Verwaltungsakte und Verwaltungspraktiken der Behörden des betroffenen Mitgliedstaats" (Rz 49).

Der EuGH betont im genannten Urteil, es sei einem Mitgliedstaat nach Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der Richtlinie verwehrt, die Ausgaben für bestimmte Kraftfahrzeuge nach dem Inkrafttreten der Richtlinie vom Recht auf Vorsteuerabzug auszuschließen, wenn zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie für solche Ausgaben das Recht auf Vorsteuerabzug nach ständiger, auf einem Ministerialerlass beruhender Praxis der Verwaltungsbehörden dieses Mitgliedstaates gewährt worden sei.

Aus dieser Entscheidung des EuGH ergibt sich für den gegenständlichen Fall, dass der Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit Anschaffung und Betrieb des in Rede stehenden Fahrzeuges des Beschwerdeführers nicht deshalb versagt werden durfte, weil dieses Fahrzeug die in der auf Grund der Verordnungsermächtigung des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996 erlassenen Verordnung festgelegten Anforderungen nicht erfüllt. Entscheidend sind vielmehr die innerstaatlichen Rechtsvorschriften einschließlich der Verwaltungsakte und Verwaltungspraktiken zum Zeitpunkt des Beitrittes Österreichs zur EU am .

In Verkennung der Rechtslage hat sich die belangte Behörde im gegenständlichen Fall nicht damit auseinander gesetzt, ob das betreffende Fahrzeug die Voraussetzungen dieser Rechtsvorschriften erfüllt, wobei im Beschwerdefall die Verordnung vom , BGBl. Nr. 134/1993, zu berücksichtigen gewesen wäre.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der pauschalierte Schriftsatzaufwand (einschließlich Umsatzsteuer) 908 EUR beträgt.

Wien, am