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VwGH vom 15.03.1995, 94/13/0258

VwGH vom 15.03.1995, 94/13/0258

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 5 - 1636/94, betreffend Gewährung erhöhter Familienbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe für seine am geborene Tochter mit der Begründung ab, daß gemäß § 8 Abs. 5 lit. c Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (in seiner zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung geltenden Fassung) als erheblich behindert Kinder gälten, deren Berufsausbildung infolge eines Leidens oder Gebrechens voraussichtlich dauernd und wesentlich beeinträchtigt sei, was auf die Tochter des Beschwerdeführers nicht zutreffe, da sie in keiner Berufsausbildung stehe.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung verwies der Beschwerdeführer darauf, daß auf Grund des vorgelegten Zeugnisses der II. Universitäts-Augenklinik in Wien feststehe, daß zumindest aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen der genannten Norm gegeben seien. Daß die Tochter des Beschwerdeführers noch nicht in Berufsausbildung stehe, hindere die Anwendung des § 8 Abs. 5 lit. c des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 deswegen nicht, weil diese Norm umso mehr auf solche Fälle anzuwenden sei, in denen die Behinderung die Aufnahme einer Berufsausbildung gar nicht ermögliche.

Nachdem das Finanzamt mit Schreiben vom den Beschwerdeführer um Vorlage eines amtsärztlichen Zeugnisses oder einer Bestätigung des Arbeitsamtes darüber ersucht hatte, daß für seine Tochter auf Grund ihrer Behinderung keine Berufsausbildungsstelle zu erhalten sei, legte der Beschwerdeführer ein ärztliches Zeugnis der II. Universitäts-Augenklinik in Wien vom vor, in dessen Vordruck sowohl das Kalkül, daß das Kind in der Berufsausbildung voraussichtlich dauernd und wesentlich beeinträchtigt sei, als auch das Kalkül, daß das Kind voraussichtlich dauernd nicht fähig sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, angekreuzt war.

In den Besitz eines Schreibens der Firma D. vom gelangt, nach welchem die Tochter des Beschwerdeführers bei diesem Unternehmen im Zeitraum vom bis zum beschäftigt gewesen und ein monatliches Einkommen in Höhe eines S 12.000,-- übersteigenden Bruttobetrages erzielt hatte, richtete das Finanzamt an die II. Universitäts-Augenklinik in Wien ein Ersuchen um Stellungnahme zum ausgestellten amtsärztlichen Zeugnis mit dem Hinweis auf die nachgewiesene Berufstätigkeit der Tochter des Beschwerdeführers. Mit Schreiben vom wurde dieses Schreiben durch die II. Universitäts-Augenklinik dahin beantwortet, daß "bei ausgeprägter Motivation der Patientin bei gegebener BEEINTRÄCHTIGUNG (EINÄUGIGKEIT) jedoch keine dauernde Unfähigkeit zur Berufsausübung bestehe".

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab, wobei es auf die von der Tochter des Beschwerdeführers ausgeübte Berufstätigkeit im Jahre 1992 und das von ihr erzielte Einkommen sowie auf den Umstand hinwies, daß nach Anfrage der Finanzbehörde durch die II. Universitäts-Augenklinik in Wien festgestellt worden sei, daß eine dauernde Unfähigkeit zur Berufsausübung beim Kind nicht vorliege.

Nach einem vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, in welchem er ein Sachvorbringen nicht erstattete, wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Berufung als unbegründet ab. Unbestritten sei, führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid begründend aus, daß die Tochter des Beschwerdeführers nach ihrem Heimatrecht im Dezember 1992 volljährig geworden sei und sich nicht in Berufsausbildung befinde. Es lägen damit die in § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 normierten Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Familienbeihilfe nicht vor. Ein Anspruch auf Gewährung von Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. c Familienlastenausgleichsgesetz 1967 würde voraussetzen, daß die Tochter des Beschwerdeführers wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande wäre, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Diese Voraussetzungen seien für die Tochter des Beschwerdeführers in Würdigung der Verfahrensergebnisse nicht als vorliegend zu erkennen. Das bestehende Leiden begründe zwar eine Beeinträchtigung, doch sei diese nicht als derart weitreichend zu beurteilen, daß sie eine Berufsausbildung unmöglich und das Kind dadurch erwerbsunfähig mache. Es bestehe demnach für die Tochter des Beschwerdeführers ab dem überhaupt kein Anspruch auf Familienbeihilfe, weshalb auch kein Anspruch auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe nach § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 entstanden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Erklärung begehrt, sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe für seine Tochter als verletzt zu erachten.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zutreffend hat die belangte Behörde erkannt, daß die Beurteilung des Anspruches des Beschwerdeführers auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe nach § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 dann obsolet werden mußte, wenn die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gar nicht als vorliegend zu erkennen waren. Den Bestand des Beihilfenanspruches des Beschwerdeführers für seine Tochter nach dieser Gesetzesstelle aber hat die belangte Behörde im Ergebnis eines Verfahrens rechtlich verneint, dem die vom Beschwerdeführer gerügten Mängel nicht anhaften.

Daß die belangte Behörde die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, insbesondere die das ursprüngliche Zeugnis im entscheidenden Punkt widerrufende ergänzende Stellungnahme der II. Universitäts-Augenklinik in Wien nicht vorgehalten und dadurch das Parteiengehör in relevanter Weise verletzt habe, wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde zu Unrecht vor. Wurde dem Beschwerdeführer doch schon durch die Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes bekannt gemacht, daß dem Finanzamt eine solche nachträgliche Äußerung der Klinik vorlag, nach welcher eine dauernde Unfähigkeit der Tochter des Beschwerdeführers zur Berufsausübung verneint worden war. Angesichts der Wirkung einer Berufungsvorentscheidung als Vorhalt im Sinne des § 183 Abs. 4 BAO (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung, Kommentar II 1902, mit den dort gegebenen Judikaturnachweisen) war es Sache des Beschwerdeführers, dem ihm im Wege der Berufungsvorentscheidung mitgeteilten abweichenden Ermittlungsergebnis in der nunmehr in der Beschwerde aufgezeigten Weise bereits im Verwaltungsverfahren entgegenzutreten. Die Würdigung widersprechender amtsärztlicher Bekundungen aber ist ein Akt behördlicher Beweiswürdigung nach § 167 Abs. 2 BAO (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , 92/15/0026, ÖStZB 1993, 110, mit weiteren Nachweisen, in welchem dies selbst für die nach § 8 Abs. 6 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 erforderlichen Atteste ausgesprochen wurde). Daß die behördliche Beweiswürdigung auf der Basis der vorgelegenen und dem Beschwerdeführer in der Berufungsvorentscheidung bekanntgegebenen Ermittlungsergebnisse unschlüssig wäre, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf und ist auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides findet sich auch eine Bemerkung des Inhaltes, daß der Beschwerdeführer den Beweis für seine Behauptung, die Behinderung des Kindes mache die Aufnahme einer Berufsausbildung unmöglich, schuldig geblieben sei. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen diese Ausführungen der belangten Behörde mit dem Vorbringen, ohnehin eine der ihm behördlicherseits zur Beweisführung angebotenen Alternativen durch Vorlage des amtsärztlichen Zeugnisses der II. Universitäts-Augenklinik in Wien ergriffen zu haben. Darin hat der Beschwerdeführer recht, woraus für den Erfolg seiner Beschwerde aber nichts gewonnen ist, weil die lediglich unter dem Aspekt eines Anspruches auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe relevante Frage der Möglichkeit der Aufnahme einer Berufsausbildung für die Beurteilung des Anspruches auf Gewährung von Familienbeihilfe überhaupt nach der Bestimmung des § 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 nicht bedeutsam war. Die vom Beschwerdeführer mit Recht kritisierten Ausführungen des angefochtenen Bescheides bilden demnach kein tragendes Element seiner Begründung und konnten eine Rechtswidrigkeit seines Spruches nicht bewirken.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erwies, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.