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VwGH vom 21.11.1991, 91/13/0183

VwGH vom 21.11.1991, 91/13/0183

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert sowie die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der Gemeinde P, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 5-1518/2/91, betreffend Lohnsteuer 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin hat mit Gemeinderatsbeschluß vom ihrem Dienstnehmer C. für die Dauer der Ausübung einer bestimmten Funktion im Gemeindeamt die Gemeindewohnung überlassen. Als die Beschwerdeführerin in der Folge diese Wohnung selbst für Amtszwecke benötigte, wurde 1988 mit dem Dienstnehmer folgende Regelung getroffen: Der Dienstnehmer erhielt von der Beschwerdeführerin ein zinsenloses Darlehen in Höhe von S 1 Mio; dieses wurde 1988 an den Dienstnehmer ausbezahlt. Die Darlehensgewährung erfolgte zu dem Zweck, um einerseits die Fertigstellung des neuen Wohnhauses des Dienstnehmers und seiner Gattin und andererseits die erforderliche Adaptierung der Dienstwohnung als Kanzleiräumlichkeiten zu ermöglichen. Der Dienstnehmer und seine Ehegattin verpflichteten sich in dem über dieses Darlehen ausgestellten Darlehens- und Pfandvertrag, die Dienstwohnung bis spätestens vollständig zu räumen und geräumt an die Beschwerdeführerin zu übergeben. Weiters verpflichteten sie sich zur ungeteilten Hand für sich und ihre Rechtsnachfolger, das Darlehen in 240 gleichen Monatsraten zurückzuzahlen. In einem Nachtrag zu diesem Darlehens- und Pfandvertrag wurde festgestellt, daß die Gattin des Dienstnehmers ausdrücklich nur als Pfandgeberin fungiere, daß das vertragsgegenständliche Darlehen ausschließlich an den Dienstnehmer zugesichert bzw. ausbezahlt worden sei sowie daß die von der Gattin des Dienstnehmers übernommene Räumungsverpflichtung und die Verpflichtung zur monatlichen Leistung der Rückzahlungsraten weiterhin aufrecht blieben.

1989 fand bei der Beschwerdeführerin eine die Jahre 1985 bis 1988 umfassende Lohnsteuerprüfung statt. Dabei vertrat der Prüfer die Auffassung, daß die aus dem zinsenlosen Darlehen der Beschwerdeführerin an ihren Dienstnehmer resultierenden Zinsenersparnisse ein der Lohnsteuer unterliegender Vorteil aus dem Dienstverhältnis seien. Die Abgabenbehörde erster Instanz schloß sich in ihrem Bescheid vom dieser Auffassung an und nahm die Beschwerdeführerin gemäß § 82 Abs. 1 EStG 1972 im Haftungswege für die Nachzahlung zu wenig einbehaltener Lohnsteuer in Anspruch.

Die von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung abgewiesen. Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, im vorliegenden Fall müsse als unbestritten angesehen werden, daß eine Zinsenersparnis aus einem vom Arbeitgeber zinsenlos zur Verfügung gestellten Darlehen einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis darstelle. Die Ansicht der Beschwerdeführerin, daß dies wegen der gegebenen Umstände nicht der Fall sei, weil der Dienstnehmer im Gegenzug auf die Mietrechte an der der Beschwerdeführerin gehörenden Wohnung verzichtet habe, würde nur dann zutreffen, wenn das Rechtsverhältnis hinsichtlich dieser Wohnung durch einen auf privater Basis abgeschlossenen Mietvertrag begründet worden wäre. Da jedoch die Wohnung dem Dienstnehmer nur auf Grund seines Dienstverhältnisses und nur für die Dauer seiner Dienstzeit zur Verfügung gestellt worden sei, seien auch die sich in der Folge ergebenden Tatbestände als mit dem Dienstverhältnis zusammenhängend anzusehen. Der Verzicht auf das Recht, die Dienstwohnung zu benützen, werde durch die Gewährung des zinsenlosen Dienstgeberdarlehens kompensiert. Daß dieses Darlehen dem Dienstnehmer nur auf Grund seines Dienstverhältnisses gewährt worden sei, zeige auch der Nachtrag zum Darlehensvertrag.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt vor, die ersparten Zinsen aus einem unverzinslichen Darlehen des Arbeitgebers könnten nur dann als geldwerter Vorteil aus dem Dienstverhältnis den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugerechnet werden, wenn dem Dienstnehmer diese Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z. 4 bis 7 EStG 1972 zufließen würden; dies treffe aber hier nicht zu. Der Dienstnehmer der Beschwerdeführerin habe eine geldwerte Leistung, nämlich ein Benützungsrecht an der Gemeindewohnung im Gemeindeamtsgebäude auf die Dauer seiner Stellung in der Gemeindeverwaltung erhalten. Wenn nun die Gemeinde in höchster Raumnot, an der Rückgewinnung dieser Räume zur Verwendung als Amtsräume dringend interessiert, in einem tauschähnlichen Vorgang für die Freigabe der Räume eine vermögenswerte Leistung erbringe, so sei diese Leistung für den Dienstnehmer zwar ein geldwerter Vorteil, nicht jedoch ein solcher im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Dazu komme, daß die Räumungsverpflichtung auch von der Gattin des Beschwerdeführers eingegangen habe werden müssen, die ihrerseits in keinem Dienstverhältnis zur Gemeinde stehe und nur durch die günstige Darlehensgewährung an ihren Ehemann zur sofortigen Räumung (ohne Gerichtsverfahren) habe bewogen werden können.

Nach § 25 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) alle Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Dabei ist es unmaßgeblich, ob es sich um einmalige oder laufende Einnahmen handelt, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob sie dem zunächst Bezugsberechtigten oder seinem Rechtsnachfolger zufließen (§ 25 Abs. 2 leg. cit.).

Daß Zinsenersparnisse bei Darlehen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer zu den Bezügen und Vorteilen im Sinne des § 25 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 gehören, ergibt sich zweifelsfrei bereits aus § 3 Z. 26 EStG 1972. Nach dieser Bestimmung sind Zinsenersparnisse bei zinsverbilligten oder unverzinslichen Arbeitgeberdarlehen, soweit das Darlehen S 100.000,-- nicht übersteigt, von der Einkommensteuer befreit. Daraus folgt, daß Zinsenersparnisse aus darüber hinausgehenden Arbeitgeberdarlehen als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Einkommensteuer unterliegen.

Die Tatsache, daß die Beschwerdeführerin mit der Darlehensgewährung den Zweck verfolgt hat, ihren Dienstnehmer und dessen Ehegattin zur Räumung der im Amtshaus gelegenen Wohnung zu veranlassen, um diese zu eigenen Zwecken zu benützen, ändert nichts daran, daß die Darlehenshingabe ihre Wurzel im Dienstverhältnis hat. Die Beschwerdeführerin hat ihrem Dienstnehmer die Wohnung zu günstigen Bedingungen überlassen. Diese begünstigte Wohnungsüberlassung stellte - was vom Lohnsteuerprüfer festgestellt wurde und im vorliegenden Beschwerdefall auch gar nicht mehr strittig ist - einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis dar. Die aus dem Darlehen resultierenden Zinsenersparnisse traten an die Stelle dieses Vorteils. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis vom , Zl. 1341/62, ausgesprochen, daß Beträge, die ein Arbeitnehmer bei Aufgabe seiner Dienstwohnung zum Erwerb einer neuen Wohnung erhält, einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis darstellen, da dadurch dem Arbeitnehmer teilweise ein Aufwand genommen werden soll, den er sonst hätte selbst tragen müssen. Eine gleichartige Betrachtung ist hinsichtlich der in Rede stehenden Zinsersparnisse geboten. Darlehensnehmer ist der Dienstnehmer der Beschwerdeführerin. Ihm ist der Zinsenvorteil zugekommen. Daß seine Gattin als Pfandgeberin fungiert und daß auch sie zur Räumung der Wohnung verpflichtet ist, ändert daher nichts daran, daß der Zinsenvorteil den Einkünften aus unselbständiger Arbeit ihres Ehemannes aus seinem Dienstverhältnis zur Beschwerdeführerin zuzuordnen ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.