VwGH vom 07.12.1994, 91/13/0171
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Dr. S in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V) vom , Zl. 6/3-3117/91-09, betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer 1986 bis 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer unterrichtet an einer Universität und erzielt aus dieser Tätigkeit zum Teil Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und zum Teil solche aus selbständiger Arbeit als Lehrbeauftragter. Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung für die Jahre 1986 bis 1988 vertrat der Prüfer die Auffassung, daß Prüfungstaxen und Kollegiengeldabgeltungen, die auf den Jahreslohnzetteln der Hochschule als "einkommensteuerpflichtige Nebengebühren" ausgewiesen worden waren, Einkünfte aus selbständiger Arbeit seien, die auch der Umsatzsteuer unterlägen.
Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ entsprechende Abgabenbescheide. Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Bei den Nebengebühren handle es sich um Einnahmen für die "Erbringung von Dienstpflichten im Rahmen des bestehenden Dienstverhältnisses als Beamter". Aus "rein organisatorischen Gründen" seien sie nicht der Lohnsteuer unterworfen worden. Das ändere aber nichts daran, daß es sich dabei um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit handle.
Der Prüfer nahm zu der Berufung Stellung. Im Zuge einer Erhebung bei der Besoldungsstelle der Universität sei eine genaue Aufgliederung der auf den Jahreslohnzetteln der Jahre 1986 bis 1988 ausgewiesenen einkommensteuerpflichtigen Nebengebühren vorgelegt worden. Aus den aufscheinenden Nebengebührenschlüsseln sei eine exakte Zuordnung der Nebengebühren auf Kollegiengeldabgeltungen bzw. auf Prüfungstaxen möglich.
Der Beschwerdeführer nahm "zur Kenntnis", daß die Kollegiengeldabgeltungen und die Prüfungstaxen den "einkommensteuerpflichtigen Einkünften" zugeordnet wurden, vertrat aber die Auffassung, daß daraus nicht der Schluß "Einkommensteuerpflicht = Umsatzsteuerpflicht" gezogen werden könne. Zur Begründung wies er auf die §§ 1 bis 4 des Bundesgesetzes vom , BGBl. Nr. 463, über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an Hochschulen hin, die keinen Hinweis auf eine Umsatzsteuerpflicht enthielten.
Die belangte Behörde wies die Berufung ab.
Kollegiengeldabgeltungen und Prüfungstaxen, die im Zusammenhang mit Einkünften aus selbständiger Arbeit stünden, seien diesen Einkünften zuzurechnen und unterlägen daher gleich wie diese der Umsatzsteuer.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erklärt sich insoferne in seinen Rechten verletzt, als die belangte Behörde die streitgegenständlichen Kollegiengeldabgeltungen und Prüfungstaxen als Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 22 EStG 1972) anstatt als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 EStG 1972) beurteilt und als Folge dieser rechtlichen Beurteilung für die genannten Entgelte Umsatzsteuer vorgeschrieben hat.
Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer an derselben Universität sowohl eine selbständige unterrichtende Tätigkeit im Rahmen eines Lehrauftrages entfaltet als auch eine nichtselbständige unterrichtende Tätigkeit im Rahmen eines Dienstverhältnisses. Der Prüfer hat durch Einsichtnahme in Unterlagen bei der Besoldungsstelle dieser Universität festgestellt, daß die als "einkommensteuerpflichtige Nebengebühren" bezeichneten Bezugsteile Kollegiengeldabgeltungen und Prüfungstaxen beinhalteten. Aus dem ihm und mit den Verwaltungsakten auch dem Gerichtshof vorgelegten "Verzeichnis der Nebengebührenschlüssel" ist ersichtlich, daß die genannten Bezugsteile ausdrücklich als nicht lohnsteuerpflichtig, sondern einkommensteuerpflichtig bezeichnet wurden.
Der Beschwerdeführer hat in seiner Stellungnahme dazu im wesentlichen vorgebracht, aus der Einkommensteuerpflicht könne nicht der Schluß auf Umsatzsteuerpflicht gezogen werden. Diese Auffassung ist deswegen verfehlt, weil das hier entscheidende Merkmal der Selbständigkeit einer Tätigkeit, das einerseits ein Kriterium für das Vorliegen einer der Umsatzsteuer unterliegenden Unternehmertätigkeit darstellt und andererseits der einkommensteuerlichen Abgrenzung einer selbständigen Tätigkeit von einer nichtselbständigen Tätigkeit dient, den gleichen Begriffsinhalt hat. Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit SELBSTÄNDIG ausübt (§ 2 Abs. 1 UStG 1972). Fehlt einer Tätigkeit dieses Merkmal, so sind die aus einer solchen Tätigkeit erzielten Einkünfte regelmäßig als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 EStG) zu qualifizieren. Da Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die im Rahmen eines Dienstverhältnisses erzielt werden, gemäß § 47 Abs. 1 EStG 1972 lohnsteuerpflichtig sind, liegt der Umkehrschluß nahe, daß Einkünfte, die ausdrücklich als nicht lohnsteuerpflichtig, sondern als einkommensteuerpflichtig bezeichnet werden, nicht aus einem Dienstverhältnis stammen. Es trifft zwar zu, daß es auch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gibt, die nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegen, sondern einkommensteuerlich im Veranlagungsweg zu erfassen sind; es handelt sich dabei aber im wesentlichen um Arbeitslohn von dritter Seite (z.B. Trinkgelder eines Kellners), der mit Kollegiengeldabgeltungen und Prüfungstaxen nicht verglichen werden kann.
Die belangte Behörde hat aus der Mitteilung der Besoldungsstelle der Universität, daß die Kollegiengeldabgeltungen und Prüfungstaxen nicht lohnsteuerpflichtig, sondern einkommensteuerpflichtig seien, den Schluß gezogen, daß die Tätigkeit des Beschwerdeführers, für die er die genannten Entgelte bezogen hat, in Zusammenhang mit seiner unbestritten selbständigen unterrichtenden Tätigkeit als Lehrbeauftragter und nicht mit seiner ebenfalls unterrichtenden Tätigkeit als Dienstnehmer stand. Eine solche Beweiswürdigung verstößt weder gegen die Denkgesetze noch gegen menschliches Erfahrungsgut. Der Bechwerdeführer hat zwar wiederholt das Gegenteil behauptet; er hat jedoch nichts Substantielles zur Untermauerung dieser Behauptung vorgebracht. Ein solches Vorbringen, das eine Zuordnung bzw. Abgrenzung der beiden unterrichtenden Tätigkeiten, z.B. nach dem jeweils vermittelten Wissensgebiet, ermöglicht hätte, wäre aber erforderlich und zumutbar gewesen, weil Kollegiengeldabgeltungen und Prüfungstaxen sowohl mit der selbständigen Tätigkeit eines Lehrbeauftragten als auch mit einer unterrichtenden Tätigkeit im Rahmen eines Dienstverhältnisses im Zusammenhang stehen können.
Konnte die belangte Behörde somit - wie dargelegt - davon ausgehen, daß dem Beschwerdeführer die strittigen Bezüge nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses, sondern im Zusammenhang mit seiner unbestritten einkommensteuerpflichtigen Tätigkeit als Lehrbeauftragter zugeflossen sind, so unterlagen sie, ebenso wie diese, auch der Umsatzsteuer.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.