VwGH vom 20.03.2007, 2003/17/0030
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
2003/17/0032
2003/17/0031
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerden der Wohnungseigentum-Gemeinschaft U in Bad Gastein, vertreten durch Dr. Wolfgang Winiwarter, Rechtsanwalt in 3500 Krems, Utzstraße 9, gegen die Bescheide der Salzburger Landesregierung 1. vom , Zl. 216/01-798/8-2001, 2. vom , Zl. 216/01-798/7-2001, und 3. vom , Zl. 216/01-798/5- 2001, betreffend Vorschreibung von Abfallgebühren für die Beitragsjahre 1996 (ad 3.), 1997 (ad 2.) und 1998 (ad 1.; mitbeteiligte Partei jeweils: Gemeinde Bad Gastein, Kaiser Franz Josef-Straße 1, 5640 Bad Gastein), zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.531,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit drei Bescheiden vom bzw. wurde der beschwerdeführenden Partei vom Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde für eine näher bezeichnete Liegenschaft eine Restmüllgebühr für die Jahre 1996, 1997 und 1998 vorgeschrieben. Die beschwerdeführende Partei erhob jeweils Berufung. Die Berufungen wurden mit drei Bescheiden des Gemeindevorstands der mitbeteiligten Gemeinde vom als unbegründet abgewiesen. Die Berechnung der Abgabe entspreche hinsichtlich Größe der Abfallbehälter, Häufigkeit der Entleerungen und vorzuschreibender Gebühr der Abfuhrordnung der mitbeteiligten Gemeinde.
1.2. Gegen diese Bescheide erhob die beschwerdeführende Partei Vorstellung. Mit den zu den obgenannten Zahlen angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde diese Vorstellungen jeweils als unbegründet ab. Begründend führt die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens jeweils übereinstimmend aus, dass gemäß § 10 Salzburger Abfallgesetz 1991, LGBl. Nr. 65/1991, idF LGBl. Nr. 87/1993, die Gemeinde unter Bedachtnahme auf die Ziele und Grundsätze gemäß § 2 des Gesetzes sowie auf die von der Landesregierung in Durchführung des Gesetzes erlassenen Verordnungen eine Abfuhrordnung zu erlassen habe. Diese habe jedenfalls die Häufigkeit der Entleerungen, die Anzahl und Größe der Abfallbehälter unter Bedachtnahme auf den durchschnittlichen Bedarf entsprechend der Zahl der in den einzelnen Haushalten gemeldeten Personen oder der Zahl der Haushalte bzw. entsprechend der Art und Größe der Betriebe oder der Betriebsstätten sowie den Abfallgebührentarif zu enthalten. Nach detaillierter Wiedergabe der in der Abfallordnung der mitbeteiligten Gemeinde festgelegten Sockelbeträge für verschiedene Haushaltsgrößen und der Angabe, wie viele Wohnungen verschiedener Größe sich in der "gegenständlichen Wohnanlage" befänden, und dem Hinweis darauf, wie viele "Stück Banderolen" vorgeschrieben worden seien und dass (zu diesen) "die Sockelbeträge hinzuaddiert" worden seien, wird resümiert, dass die Vorschreibung somit "den Vorgaben der Abfallordnung" entspreche.
Abschließend geht die belangte Behörde auf einen Einwand betreffend die Mitwirkung eines befangenen Organs an der Beschlussfassung über die bekämpften Bescheide und die Unbeachtlichkeit vergaberechtlicher Bestimmungen ein.
1.3. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschlüssen vom , B 1068/01-8, 1069/01-8 und 1070/01-8, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerden ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes zu allen drei Verfahren ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht auf Vorschreibung einer der Sach- und Rechtslage entsprechenden Abfallgebühr für die in Rede stehenden Jahre verletzt.
1.4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung aller drei Beschwerden beantragt.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und hat erwogen:
2.1. Die gemäß § 10 des Salzburger Abfallgesetzes 1991, LGBl. Nr. 65/1991, und mehrerer Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990 idgF, erlassene Abfuhrordnung der Gemeinde Bad Gastein lautet auszugsweise:
"§ 1
Einrichtung der Abfuhr
1.1. ...
...
1.8. Teilnehmer im Sinne dieser Abfuhrordnung sind sowohl Liegenschaftseigentümer als auch die sonstigen Benützungsberechtigten an der Liegenschaft, wie z.B. Mieter, Pächter, Fruchtgenussberechtigte oder Bauberechtigte.
...
§ 14
Abfallgebühr
14.1. Für die Teilnahme an der Abfuhr haben die Teilnehmer eine Gebühr als Gemeindeabgabe (Abfallgebühr) zu entrichten.
...
§ 16
Gebührenschuldner und Haftung
Miteigentümer schulden die Gebühr zur ungeteilten Hand. Tritt für eine Liegenschaft ein Eigentumsübergang ein, so geht die Gebührenschuld auf den neuen Eigentümer über. ..."
2.2. Die Bescheide der Abgabenbehörden wurden an die "Wohnungseigentum-Gemeinschaft U" gerichtet; in deren Namen wurde sowohl die Berufung als auch die Vorstellung erhoben. Die belangte Behörde hat den angefochtenen (Vorstellungs-)Bescheid ebenfalls an die "Wohnungseigentum-Gemeinschaft U" adressiert.
Die Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof wurden daher im Namen der "Wohnungseigentum-Gemeinschaft U" unter Beifügung einer Liste der Eigentümer laut Grundbuchsauszug erhoben; unter dieser Bezeichnung erfolgte auch die Verbesserung der Beschwerde nach ihrer Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof. Mit den jeweiligen Miteigentumsanteilen ist Wohnungseigentum verbunden; insofern bilden die Miteigentümer auch (nunmehr) eine Eigentümergemeinschaft gemäß § 2 Abs. 5 iVm § 18 WEG 2002, BGBl. Nr. 114. Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides stand das Wohnungseigentumsgesetz 1975, BGBl. Nr. 417, in Kraft (hinsichtlich des hier maßgeblichen § 13c WEG 1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 147/1999). Gemäß § 13c WEG 1975 bildeten die Wohnungseigentümer die sogenannte Wohnungseigentümergemeinschaft.
2.3. Ungeachtet der Bezeichnung "Wohnungseigentum-Gemeinschaft U" wollten die Abgabenbehörden und die belangte Behörde - wie sich auch aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt - erkennbar die Wohnungseigentümergemeinschaft iSd damals geltenden § 13c WEG 1975 (nunmehr die Eigentümergemeinschaft gemäß § 2 Abs. 5 iVm § 18 WEG 2002, BGBl. Nr. 114) als Abgabepflichtige und Adressatin des jeweiligen Bescheides behandeln. Die angefochtenen Bescheide waren insofern an eine bestehende Rechtsperson gerichtet und sind mit ihrer Zustellung wirksam entstanden.
Der Verwaltungsgerichtshof geht weiters davon aus, dass die vorliegenden, ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerden der Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 13c WEG 1975 bzw. nunmehr der Eigentümergemeinschaft gemäß § 2 Abs. 5 iVm § 18 WEG 2002, BGBl. Nr. 114, zuzurechnen sind. Da die Wohnungseigentümergemeinschaft nach dem Vorgesagten auch Adressatin der angefochtenen Bescheide war und somit durch die Bescheide in ihren Rechten verletzt sein kann, sind die Beschwerden zulässig, gleichgültig, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 13c WEG 1975 zu Recht als Abgabepflichtige behandelt wurde.
2.4. Nach der hg. Rechtsprechung ist es auch im Geltungsbereich des § 13c WEG 1975 bzw. des § 18 WEG 2002 Angelegenheit des materiellen Abgabengesetzgebers, die Person des Abgabenschuldners zu bestimmen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2003/17/0318, und vom , Zl. 2005/16/0271). Für den Fall der Bezeichnung des jeweiligen Eigentümers als Abgabepflichtigen unter Normierung einer Solidarhaftung der Miteigentümer kommt eine Stellung der Wohnungseigentümergemeinschaft als Abgabepflichtige nach dieser Rechtsprechung nicht in Betracht (vgl. neben den bereits genannten Erkenntnissen zuletzt beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/17/0083).
Da gemäß § 14 Abs. 1 der Abfuhrordnung der mitbeteiligten Gemeinde die "Teilnehmer" gebührenpflichtig sind und gemäß § 1 Abs. 8 der Abfuhrordnung "Teilnehmer" sowohl die Liegenschaftseigentümer als auch die sonstigen Benützungsberechtigten an der Liegenschaft wie Mieter, Pächter, Fruchtgenussberechtigte, sind, und nach § 16 der Abfuhrordnung Miteigentümer die Abgabe zur ungeteilten Hand schulden, wird in der hier anzuwendenden materiellen Abgabenvorschrift, ebenso wie in den den oben genannten Erkenntnissen zu Grunde liegenden Bestimmungen, an die Eigentümerstellung angeknüpft und werden die Miteigentümer als Abgabeschuldner vorgesehen. Damit scheidet jedoch die Wohnungseigentümergemeinschaft als Adressatin der Vorschreibung der Abgabe aus.
Der jeweils mit Vorstellung bekämpfte Bescheid des Gemeindevorstands wäre daher schon aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben gewesen.
2.5. Dadurch, dass die belangte Behörde diese Rechtswidrigkeit, die auch die subjektiven Rechte der einschreitenden Wohnungseigentümergemeinschaft verletzte, weil die Vorschreibung der Abgabe ihr gegenüber rechtens nicht vorgenommen werden kann, nicht wahrgenommen hat, belastete sie ihre Bescheide mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
2.6. Diese Rechtswidrigkeit des Inhaltes war vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen des Beschwerdepunktes auch ohne ausdrückliche Geltendmachung in der Beschwerde aufzugreifen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 82/03/0112, Slg. 11.525/A).
2.7. Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
2.8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am