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VwGH vom 19.02.1997, 94/13/0239

VwGH vom 19.02.1997, 94/13/0239

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

94/13/0238 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der X-AG in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat III, vom , Zl. 6/2-2108/89-10, betreffend Gewerbesteuer 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Aktiengesellschaft schloß am mit dem Bund (Republik Österreich) einen "Aufsuchungs-, Gewinnungs- und Speichervertrag" ab. Nach § 1 Abs. 1 dieses Vertrages überließ der Bund der Beschwerdeführerin die ausschließliche Ausübung der Rechte, innerhalb des Aufsuchungsgebietes Kohlenwasserstoffe aufzusuchen und kohlenwasserstofführende geologische Strukturen, die zum Speichern von flüssigen oder gasförmigen Kohlenwasserstoffen verwendet werden sollen, zu suchen und zu erforschen. Im § 9 Abs. 1 des Vertrages überließ der Bund der Beschwerdeführerin die ausschließliche Ausübung der Rechte des Gewinnens und der Aneignung von Kohlenwasserstoffen in den von der Berghauptmannschaft jeweils anerkannten Gewinnungsfeldern. Nach § 12 Abs. 1 des Vertrages war mit dem Recht auf Gewinnung innerhalb anerkannter Gewinnungsfelder auch die Ausübung des ausschließlichen Rechtes zum Speichern von flüssigen oder gasförmigen Kohlenwasserstoffen in kohlenwasserstofführenden geologischen Strukturen oder Teilen von solchen verbunden.

Im § 8 wurden als Entgelt für die Aufsuchungsrechte ein Flächenzins, im § 10 als Entgelt für die Gewinnung ein Feld- und ein Förderzins sowie im § 13 ein Speicherzins vereinbart.

Im Wirtschaftsjahr 1987 wurden auf Grund der nach dem Vertrag vom zu leistenden Entgelte folgende Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend gemacht:

Förderzins S 380,423.238,28

Feldzins S 6,045.465,36

Flächenzins S 32,379.189,24

Speicherzins S 1,762.341,60

Summe S 420,610.134,48

Bei der Veranlagung zur Gewerbesteuer 1987 wurde die Hälfte dieser Entgelte, das sind S 210,305.117,--, im Sinne des § 7 Z. 8 GewStG dem Gewinn aus Gewerbebetrieb zugerechnet.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde insbesondere die Auffassung vertreten, Flächen-, Feld-, Förder- und Speicherzins stellten weder Miet- und Pachtzinse im Sinne des bürgerlichen Rechts noch ein einem Abbauzins im Rahmen von Abbauverträgen vergleichbares Entgelt dar. Mit den Aufsuchungs- und Gewinnungsverträgen übertrage der Bund nur das Recht, Kohlenwasserstoffe zu suchen, zu gewinnen und zu speichern. Da der Bund nicht Eigentümer des jeweiligen Grundstückes sei, könne die Übertragung des Grundstückes auch nicht Gegenstand des Vertrages sein. Der Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache liege bei der Übertragung des Rechtes zum Aufsuchen und Gewinnen von bundeseigenen Bodenschätzen nicht vor, weil die wirtschaftliche Absicht der Vertragspartner sich darauf richte, daß die Beschwerdeführerin gegen Zahlung bestimmter Abgaben Eigentum an Kohlenwasserstoffen erwerben soll. Auch die Abhängigkeit des Förderzinses von der Menge des erworbenen Erdöls spreche für diese Ansicht. Daß keine unverbrauchbare Sache vorliege, erhelle aus der Tatsache, daß ab jenem Zeitpunkt, ab dem der Abbau der Kohlenwasserstoffe erfolgt ist, jede Grundlage für die Weitergeltung bzw. Weiterführung von Vereinbarungen über Aufsuchung und Gewinnung der Bodenschätze wegfalle.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 77 Abs. 1 BergG 1975 könne der Bund die Ausübung des Rechtes des Gewinnens von Kohlenwasserstoffen und des damit verbundenen Rechtes zum Speichern von flüssigen oder gasförmigen Kohlenwasserstoffen in kohlenwasserstofführenden geologischen Strukturen anderen Personen gegen ein angemessenes Entgelt überlassen. Für die Beschwerdeführerin stelle dieses Recht ein fremdes bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens dar. Daß dieses Recht ein nicht in Grundbesitz bestehendes Wirtschaftsgut sei, folge daraus, daß im BergG ausdrücklich das Eigentum an bundeseigenen Mineralien vom Eigentum am Grund und Boden getrennt sei. Der Ansicht der Beschwerdeführerin, die strittigen Entgelte stellten eine Art von Abgaben dar, wurde von der belangten Behörde entgegengehalten, daß ein zivilrechtlicher Vertrag geschlossen wurde, dessen Vertragsinhalt gegen die Qualifizierung von Abgaben spreche. Daß die Höhe des Förderzinses mit einer Verordnung festgelegt werde, stehe dem nicht entgegen.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom , B 1505/94-3, abgelehnt; gleichzeitig wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Vor dem Verwaltungsgerichtshof werden inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem Recht verletzt, daß es zu keiner Hinzurechnung gemäß § 7 Z. 8 GewStG kommt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 7 Z. 8 GewStG werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Hälfte der Miet- und Pachtzinse für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, hinzugerechnet. Dies gilt nicht, soweit die Miet- oder Pachtzinse beim Empfänger zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind.

Im Beschwerdefall steht in Streit, ob die im Streitjahr als Betriebsausgaben geltend gemachten Beträge an Förderzins, Feldzins, Flächenzins und Speicherzins den angeführten Hinzurechnungstatbestand erfüllen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Frage der Hinzurechnungen auf Grund des § 7 Z. 8 GewStG nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechtes zu erfolgen. Die Maßgeblichkeit des einkommensteuerrechtlichen Begriffes der Vermietung und Verpachtung gilt für den gewerbesteuerrechtlichen Bereich ganz allgemein - so insbesondere für die Überlassung aller möglichen Arten von immateriellen Rechten (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2262/76, m.w.H.). Die Erscheinungsformen der "Vermietung und Verpachtung" in diesem einkommensteuerrechtlichen Sinne hat wohl einen wesentlich umfassenderen Inhalt als nach bürgerlichem Recht (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , 85/14/0201). Es sind grundsätzlich alle wirtschaftlich einer Vermietung und Verpachtung gleichartigen Sachverhalte zu erfassen (vgl. das Erkenntnis vom , 88/14/0171).

Kohlenwasserstoffe sind gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 BergG 1975 bundeseigene mineralische Rohstoffe. Die für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des IV. Hauptstückes des BergG 1975 in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung der Novelle BGBl. Nr. 520/1982 lauten auszugsweise:

"§ 76. (1) Der Bund ist berechtigt, außer in fremden Bergbaugebieten (§ 176 Abs. 1), es sei denn, die in diesen Gewinnungs- oder Speicherberechtigten stimmen zu, im Amtsbezirk der Berghauptmannschaft nach von dieser zu genehmigenden Arbeitsprogrammen (§ 79) bundeseigene mineralische Rohstoffe aufzusuchen und kohlenwasserstofführende geologische Strukturen, die zum Speichern von flüssigen oder gasförmigen Kohlenwasserstoffen verwendet werden sollen, zu suchen und zu erforschen. Er ist weiters berechtigt, bundeseigene mineralische Rohstoffe in von der Berghauptmannschaft anzuerkennenden Gewinnungsfeldern (§§ 81 bis 85) ausschließlich zu gewinnen und flüssige oder gasförmige Kohlenwasserstoffe in kohlenwasserstofführenden geologischen Strukturen oder Teilen von solchen innerhalb von Gewinnungsfeldern ausschließlich zu speichern.

...

§ 77. (1) Der Bund kann die Ausübung der Rechte nach § 76 Abs. 1 hinsichtlich der Kohlenwasserstoffe oder der uran- und thoriumhaltigen mineralischen Rohstoffe einschließlich des Rechtes zur Aneignung dieser mineralischen Rohstoffe in von ihm zu bestimmenden Gebieten im Amtsbezirk einer Berghauptmannschaft (Aufsuchungsgebieten) natürlichen oder juristischen Personen, die über die notwendigen technischen und finanziellen Mittel zur Eröffnung und Führung eines Bergbaus verfügen, gegen ein angemessenes Entgelt überlassen. Für die Dauer der Überlassung der Ausübung der Rechte des Aufsuchens von Kohlenwasserstoffen sowie der Suche und Erforschung kohlenwasserstofführender geologischer Strukturen, die zum Speichern von flüssigen oder gasförmigen Kohlenwasserstoffen verwendet werden sollen, oder des Rechtes des Aufsuchens von uran- und thoriumhaltigen mineralischen Rohstoffen ist ein Flächenzins zu entrichten. Für die Dauer der Überlassung der Ausübung des Rechtes des Gewinnens von Kohlenwasserstoffen oder von uran- und thoriumhaltigen mineralischen Rohstoffen einschließlich des Rechtes zur Aneignung dieser mineralischen Rohstoffe sind ein Feldzins und ein Förderzins zu entrichten. Für die Ausübung des mit dem Recht des Gewinnens von Kohlenwasserstoffen verbundenen Rechtes zum Speichern von flüssigen oder gasförmigen Kohlenwasserstoffen in kohlenwasserstofführenden geologischen Strukturen oder Teilen von solchen ist ein Speicherzins zu entrichten.

(2) Der Förderzins beträgt für flüssige Kohlenwasserstoffe 20% und für gasförmige Kohlenwasserstoffe 15% des Wertes, der sich bei Zugrundelegung des durchschnittlichen jährlichen Importwertes loco Grenze pro t Rohöl (für flüssige Kohlenwasserstoffe) und pro m3 Erdgas (für gasförmige Kohlenwasserstoffe) im Kalenderjahr der Förderung, errechnet auf Grund der Einfuhrstatistik des Österreichischen Statistischen Zentralamtes, ergibt.

...

(4) Der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie und der Bundesminister für Finanzen haben erstmals 1984 und in der Folge in Abständen von jeweils einem Jahr gemeinsam zu überprüfen, ob der Förderzins für flüssige und gasförmige Kohlenwasserstoffe noch ein angemessenes Entgelt im Sinne des Abs. 1 darstellt, und, falls dies infolge Änderung der für den Kohlenwasserstoffbergbau maßgebenden volkswirtschaftlichen oder technischen Verhältnisse nicht mehr zutrifft, hat der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung, die des Einvernehmens mit dem Hauptausschuß des Nationalrates bedarf, Zuschläge zum Förderzins oder Abschläge von diesem festzusetzen. ...

§ 78. (1) Bei Überlassung der Ausübung der Rechte des Aufsuchens und Gewinnens von Kohlenwasserstoffen oder von uran- und thoriumhaltigen mineralischen Rohstoffen (§ 77 Abs. 1) ist hierüber vom Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen namens des Bundes ein bürgerlichrechtlicher Vertrag zu schließen, in dem die allgemeinen Rechte und Pflichten beim Aufsuchen und Gewinnen und ferner, wenn sich der Vertrag auf Kohlenwasserstoffe bezieht, auch die allgemeinen Rechte und Pflichten beim Suchen und Erforschen kohlenwasserstofführender geologischer Strukturen, die zum Speichern flüssiger oder gasförmiger Kohlenwasserstoffe verwendet werden sollen, sowie beim Speichern solcher Kohlenwasserstoffe in kohlenwasserstofführenden geologischen Strukturen festzusetzen sind. Im Vertrag ist überdies, soweit nicht der § 77 Abs. 2 bis 4 gilt, das zu leistende, angemessen zu bestimmende Entgelt (Flächen-, Feld,- und Speicherzins; Förderzins für uran- und thoriumhaltige mineralische Rohstoffe) festzusetzen. Außerdem ist das Aufsuchungsgebiet anzugeben."

Mit der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom , BGBl. Nr. 287, wurde für die Zeit ab der Förderzins für flüssige und gasförmige Kohlenwasserstoffe festgesetzt.

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich aus den angeführten Bestimmungen des Berggesetzes, daß der Bund die im § 76 BergG bezeichneten Gewinnungs- und Speicherrechte der bundeseigenen Kohlenwasserstoffe an entsprechend qualifizierte Personen überlassen kann. Der im § 78 Abs. 1 BergG angeordnete Abschluß eines "bürgerlich-rechtlichen Vertrages" erstreckt sich seinem Inhalt nach allein auf "allgemeine Rechte und Pflichten" beim Aufsuchen und Gewinnen bzw. beim Suchen und Erforschen kohlenwasserstofführender geologischer Strukturen, nicht aber auf die Hauptsache des Vorganges, nämlich die Überlassung der im § 76 Abs. 1 BergG vorgesehenen Rechte selbst. Auch die Gegenleistung für das Gewinnen der Kohlenwasserstoffe, nämlich der Förderzins, wird (und zwar seit der Berggesetznovelle BGBl. Nr. 520/1982) nicht durch einen "bürgerlich-rechtlichen Vertrag" bestimmt. Vielmehr wird die Höhe des Förderzinses im Gesetz selbst bzw. Veränderungen desselben in der auf Grund entsprechender Ermächtigung erlassenen Verordnung bestimmt. Lediglich die innerhalb der Gesamtregelung als Nebenleistungen einzustufenden Beträge an Feld-, Flächen- und Speicherzins sind nicht von vornherein durch Gesetz (Verordnung) bestimmt, sondern werden in dem "bürgerlich-rechtlichen Vertrag" näher geregelt. In seiner den Charakter der Gesamtregelung prägenden Hauptvereinbarung, nämlich in der Überlassung der Gewinnungsrechte zu einem bestimmten Förderzins, kann aber nicht ein bürgerlich-rechtliches Rechtsgeschäft zwischen einander gleichrangig gegenüberstehenden Vertragspartnern, sondern muß eine dem öffentlichen Recht auf Grund nicht weiter disponierbarer Vorgaben zuzuordnende Vereinbarung erblickt werden, zumal die Zulässigkeit öffentlich-rechtlicher Verträge nicht auszuschließen ist (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 47/79).

Im Beschwerdefall liegt somit nicht ein durch privatrechtliche Einigung der Vertragspartner erfolgte Überlassung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens zum Gebrauch als ein wirtschaftlich einer Vermietung gleichzuhaltenden Vorgang vor; vielmehr handelt es sich dabei in seinem Wesen um die im öffentlichen Recht begründete Übertragung von dem Bund vorbehaltenen Rechten gegen eine gesetzlich bestimmte Geldleistung, auf deren Charakter näher einzugehen sich aus der Sicht des Beschwerdefalles erübrigt. Der im § 7 Z. 8 GewStG umschriebene Tatbestand der Leistung von Miet- und Pachtzinsen wurde damit aber nicht erfüllt.

Der Gesetzeszweck der Objektsteuer auf Gleichbehandlung von gemieteten und gekauften Wirtschaftsgütern wird mit dieser Auslegung nicht verletzt, weil das Recht an den bundeseigenen Mineralien nicht anders als in der vorgesehenen Weise hätte verwertet werden können.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte dabei aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.