VwGH vom 17.03.1999, 94/13/0231

VwGH vom 17.03.1999, 94/13/0231

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde des C in W, vertreten durch Schuppich, Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien I, Falkestraße 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom , Zl 6/3-3145/94-04, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte 1990 und Umsatzsteuer 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung, somit hinsichtlich Umsatzsteuer 1991, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer und HS erwarben mit Kaufvertrag vom je zur Hälfte eine Liegenschaft (mit einem darauf befindlichen Gebäude) im 4. Wiener Gemeindebezirk. Für die Jahre 1990 und 1991 wurde beim Finanzamt jeweils eine Umsatzsteuererklärung und eine Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften (Gemeinschaften) eingereicht, wobei als Unternehmer bzw als Gemeinschaft jeweils der Name des Beschwerdeführers "und Mitbesitzer" angeführt wurde.

Anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, daß das Haus nach dem Ankauf 1990 bis 1992 saniert und der Dachboden zu zwei Wohnungen ausgebaut worden sei sowie Wohnungen zusammengelegt worden seien. Ab Mai 1990 seien "Wohnungen" an Interessenten mit der Verpflichtung, daß Wohnungseigentum begründet werde, verkauft worden. Bis 1992 habe HS "seinen Anteil (50 %) zur Gänze" verkauft, der Beschwerdeführer halte per noch 189/1920 Anteile, welche fremdvermietet seien. In der Folge wurde u.a. die Ansicht vertreten, daß der "allgemeine Grundsatz, daß die im § 12 Abs 1 Z 1 und 2 UStG bezeichneten Vorsteuern abgezogen werden könnten, im vorliegenden Fall nicht gilt", da die Eigentümer steuerfreie Umsätze im Sinne des § 6 Z 9a ausgeführt hätten. Der Vorsteuerabzug habe insoweit zu unterbleiben, als die Vorsteuern mit Umsätzen dieser Art im Zusammenhang stünden. Es seien daher die Vorsteuerbeträge, die für die Sanierung des Gebäudes geltend gemacht worden seien, im Ausmaß von S 380.182,39 im Jahr 1991 gemäß § 12 Abs 3 UStG vom Vorsteuerabzug auszuschließen.

Das Finanzamt folgte diesen Feststellungen und erließ an den Beschwerdeführer "und Mitbesitzer" für die Jahre 1990 und 1991 entsprechende Umsatzsteuer- und Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO. In einer gegen den Feststellungsbescheid 1990 und den Umsatzsteuerbescheid 1991 gerichteten Berufung wandte sich der Beschwerdeführer gegen den unrichtigen Vorsteuerabzug und gegen die "in der Folge daraus abgeleitete Einkünfteverteilung". Darin hielt der Beschwerdeführer fest, daß ursprünglich der Umbau erfolgt sei, um Vermietungseinkünfte zu erzielen, weshalb der "totale Vorsteuerabzug" gerechtfertigt sei. Als dann "teilweise verkauft wurde", sei der seinerzeitige Vorsteuerabzug zu berichtigen gewesen. Weiters sei in keiner Weise berücksichtigt worden, was der Beschwerdeführer bzw sein Partner verkauft habe und sei eine richtige Zuordnung nicht erfolgt. Der Beschwerdeführer verwies auch auf die Differenzierung von Haus- und Wohnungssanierung. Für den selbst "heute" noch vermieteten Teil gelte auch "heute" noch der unverminderte aliquote Steuerabzug.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Begründend wies sie sachverhaltsbezogen auf bestimmtes Aktenmaterial hin und vertrat die Ansicht, es sei im Hinblick auf die unechte Steuerbefreiung des § 6 Z 9a UStG 1972 zu prüfen, ob die im Prüfungsbericht angeführten Vorsteuerbeträge durch die beabsichtigte Veräußerung veranlaßt gewesen seien. Die beabsichtigte Veräußerung sei laut den Angaben in einer Niederschrift vom , wonach der Zweck der Tätigkeit der Erwerb des Miethauses zur bestmöglichen Verwertung nach erfolgter Sanierung, dh die Wohnungen zu verkaufen, gewesen sei, in Verbindung mit den in der Folge durchgeführten "Wohnungsverkäufen (Parifizierung)" zu bejahen. Dem Vorbringen in der Berufung, es sei ursprünglich der Umbau erfolgt, um Vermietungseinkünfte zu erzielen, folgte die belangte Behörde mit dem Hinweis nicht, daß die Behörde bei widersprechenden Angaben der Abgabepflichtigen den Angaben bei der ersten Vernehmung erhöhte Glaubwürdigkeit beimessen könne.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen eingebrachte Beschwerde erwogen:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Beschwerde ungeachtet des Umstandes, daß der Beschwerdeführer darin ausführt, den angefochtenen Bescheid zur Gänze anzufechten, kein Vorbringen enthält, in welchem Recht er sich hinsichtlich der Feststellung von Einkünften für 1990 verletzt erachtet. Auch die Beschwerdegründe beziehen sich ausschließlich auf die Umsatzsteuer 1991, sodaß davon auszugehen ist, daß der angefochtene Bescheid nur hinsichtlich dieser Abgabe angefochten ist, zumal sich eine allenfalls unrichtige Festsetzung der Umsatzsteuer 1991 auf die Feststellung der Einkünfte für das Jahr 1990 nicht auswirkt.

Hinsichtlich der Umsatzsteuer für 1991 ist folgendes zu sagen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, muß die nach § 93 Abs 3 lit a BAO gebotene Begründung eines Abgabenbescheides erkennen lassen, welcher konkrete Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, daß gerade dieser konkrete Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einem bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet, wobei von zentraler Bedeutung für die Tragfähigkeit der Begründung eines Bescheides die zusammenhängende Darstellung des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes ist, der durch den bloßen Hinweis auf irgendwelches "Aktenmaterial" nicht ersetzt werden kann (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , 94/13/0200).

Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Bescheid nicht. So ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen, wen die belangte Behörde als Empfänger der Rechnungen, in welchen die allenfalls als Vorsteuer abziehbare Umsatzsteuer ausgewiesen wurde, angesehen hat. Dem Umstand, daß sich die belangte Behörde zur Prüfung der Vorsteuerabzugsberechtigung vornehmlich auf eine mit dem Beschwerdeführer und HS aufgenommene Niederschrift und einen sich daraus ergebenden "Zweck der Tätigkeit" gestützt hat, könnte entnommen werden, daß die belangte Behörde davon ausgegangen ist, daß nur diesen beiden Personen gegenüber die in den Rechnungen (aus dem Jahr 1991) ihren Niederschlag findenden Leistungen erbracht wurden. Demgegenüber ist dem angefochtenen Bescheid aber zu entnehmen, daß ab Mai 1990 "Wohnungen" verkauft wurden - ohne daß aber davor Wohnungseigentum begründet worden wäre -, die Miteigentümergemeinschaft somit ab diesem Zeitpunkt nicht mehr allein aus dem Beschwerdeführer und HS, sondern auch aus den Käufern der entsprechenden Liegenschaftsanteile bestand. Nach den in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen Rechnungen sind als Rechnungsempfänger zum (geringen) Teil der Beschwerdeführer, zum Teil die Hausverwaltung und zum Teil die Hausinhabung der Liegenschaft (zum Teil mit, zum Teil ohne namentliche Anführung des Beschwerdeführers und/oder HS) angeführt. Geht man davon aus, daß die belangte Behörde nach den im Jahr der Rechnungslegungen bestehenden Eigentumsverhältnissen die Miteigentümergemeinschaft als Rechnungsempfänger angenommen hat, so wäre die Niederschrift vom mit zwei Personen über deren Absichten zu einem Zeitpunkt, in welchem sie noch alleinige Liegenschaftseigentümer waren, allein nicht geeignet, eine Verweigerung der im Jahr 1991 geltend gemachten Vorsteuern zu begründen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß auch die Bezeichnung des Bescheidadressaten des angefochtenen Bescheides, welche lediglich auf den namentlich genannten Beschwerdeführer "und Mitbesitzer" lautet, nicht erkennen läßt, wen die belangte Behörde nun tatsächlich hinsichtlich der Umsatzsteuer 1991 als Unternehmer angesehen hat. Unter den gegebenen Umständen wären jedenfalls Feststellungen erforderlich gewesen, welchen Personen und aus welchen Gründen diesen gegenüber die belangte Behörde die in den Rechnungen ausgewiesenen Leistungen als erbracht angesehen hat, und aus welchen Gründen dem aus diesen entsprechenden Personen gebildeten Unternehmer die Berechtigung zum entsprechenden Vorsteuerabzug versagt wurde. Die von der belangten Behörde angeführten Gründe für die Verweigerung des Vorsteuerabzuges mögen in einem Fall geeignet sein, über einen Vorsteuerabzug zu befinden, in welchem einem Unternehmer, welcher selbst noch keine Leistungen erbringt, Leistungen mit Umsatzsteuerausweis in Rechnung gestellt werden und daher abzuklären ist, mit welchen (künftigen) Lieferungen oder sonstigen Leistungen des Unternehmers die von dem anderen Unternehmer erbrachten Leistungen in Zusammenhang stehen (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , 93/14/0132). Unter den im Beschwerdefall gegebenen, völlig anderen Sachverhaltskonstellationen vermag aber die von der belangten Behörde gegebene Begründung den angefochtenen Bescheid in keiner Weise zu tragen.

Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde aus den in der erwähnten Niederschrift angeführten Gründen und dem Umstand, daß ein Großteil der "Wohnungen" verkauft worden sei, eine Realisierung des in der Niederschrift erwähnten Zweckes erblickt und deswegen die Abzugsfähigkeit der gesamten, auf die Sanierung der Liegenschaft entfallenden Umsatzsteuern als Vorsteuer verweigert hat, ohne aber zu berücksichtigen, daß nach den Feststellungen des Prüfers selbst zum noch rd 1/10 der Liegenschaft vermietet war und insofern auch mit den Sanierungsaufwendungen in Zusammenhang stehende, nicht unecht steuerbefreite Leistungen zu berücksichtigen gewesen wären. Die belangte Behörde hat daher auch dadurch Verfahrensvorschriften verletzt, daß sie ohne hierauf einzugehen dennoch den Abzug der gesamten, für die Sanierungsleistungen in Rechnung gestellten Umsatzsteuer als Vorsteuer verweigert hat.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher im Umfang seiner Anfechtung, somit hinsichtlich Umsatzsteuer 1991, als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er insoweit gemäß § 42 Abs 2 Z 3 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am