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VwGH vom 20.04.1995, 94/13/0228

VwGH vom 20.04.1995, 94/13/0228

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Ing. P in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) vom , Zl 6/1-1141/94-05, betreffend Einkommensteuer 1989 bis 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.870,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Geschäftsführer und (neben seiner Gattin) mit 0,3 % beteiligter Gesellschafter der E GmbH. Anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung bei dieser Gesellschaft wurde festgestellt, daß ein dem Beschwerdeführer und seiner Gattin je zur Hälfte gehörendes Einfamilienhaus von der Gesellschaft in den Jahren 1989 und 1990 angemietet und dem Beschwerdeführer als Dienstwohnung zur Verfügung gestellt worden sei, wobei der geldwerte Vorteil als Sachbezug der Lohnsteuer unterzogen worden sei. Unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 87/14/0200, wonach eine solche Gestaltung völlig ungewöhnlich und unangemessen sei und es sich dabei um einen jener steuersparenden Umwege, denen § 22 BAO vorbeugen wolle, handle, behandelte der Prüfer die als Mietaufwand verbuchten Beträge sowie die daraus geltend gemachte Vorsteuer als verdeckte Ausschüttung an den Beschwerdeführer. "Auf Grund des Wegfalls des Sachbezugs für die Dienstwohnung des Gesellschafter-Geschäftsführers und der gleichzeitigen Beurteilung der Angemessenheit seiner Bezüge" stellte der Prüfer für die nun fehlende Bezugskomponente in Höhe der Sachbezüge eine Verbindlichkeit in die Bilanz der Gesellschaft ein.

Ebenfalls als verdeckte Gewinnausschüttung behandelte der Prüfer eine Nichtverzinsung des Verrechnungskontos des Beschwerdeführers im Jahr 1991.

Das für die Einkommensteuer des Beschwerdeführers zuständige Finanzamt nahm die Verfahren ua hinsichtlich Einkommensteuer 1989 bis 1991 gemäß § 303 Abs 4 BAO wieder auf und brachte in neuen Sachbescheiden entsprechende Einkünfte aus Kapitalvermögen in Ansatz.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, auch unter Einschluß aller Sachleistungen inklusive der als verdeckte Gewinnausschüttung beurteilten Beträge habe er für seine Tätigkeit als Geschäftsführer keine Bruttobezüge erhalten, die ein angemessenes Ausmaß überstiegen hätten. Die Verzinsung des Verrechnungskontos sei "offenkundig" übersehen worden. Ein solcher Irrtum könne jedoch nicht dazu führen, daß der Anspruch auf Zinsen seitens der Gesellschaft verloren gehe. Die Gesellschaft habe innerhalb der Verjährungsfrist die Zinsen nachgefordert.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den seine Berufung abweisenden angefochtenen Bescheid nach dem Inhalt der Beschwerde erkennbar in seinem Recht verletzt, daß der Differenzbetrag von Mietaufwand und Sachbezug sowie die Nichtverzinsung des Verrechnungskontos nicht als verdeckte Gewinnausschüttung beurteilt wird und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter verdeckten Gewinnausschüttungen sind alle außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegenen Zuwendungen einer Körperschaft an Anteilsinhaber, die das Einkommen der Körperschaft zu Unrecht vermindern und ihre Wurzel in der Anteilinhaberschaft haben, zu verstehen (vgl Bauer-Quantschnigg, KStG 1988, § 8 Tz 31). Vorteile, die eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern zuwendet, die sie aber anderen Personen, die nicht ihre Gesellschafter sind, nicht oder nicht unter den gleichen günstigen Bedingungen zugestehen würde, sind durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt (vgl das hg Erkenntnis vom , 90/14/0221).

Zum "Mietaufwand" rügt der Beschwerdeführer zu Recht, daß die belangte Behörde in diesem Zusammenhang nicht auf sein Berufungsvorbringen eingegangen ist. Die belangte Behörde begründet mit ihrer auf das hg Erkenntnis vom , 87/14/0200, gestützten Ansicht, es sei völlig ungewöhnlich und unangemessen, wenn ein Arbeitnehmer ein ihm gehörendes und von ihm bewohntes Einfamilienhaus dem Arbeitgeber vermiete und dann von diesem als Dienstwohnung wieder zur Verfügung gestellt bekomme, weshalb es sich dabei um einen jener steuersparenden Umwege handle, denen § 22 BAO vorbeugen wolle, nämlich nicht, warum ihrer Ansicht nach die als verdeckte Gewinnausschüttung beurteilten Beträge (Mietzinse) eine solche verdeckte Gewinnausschüttung, nicht aber - wie der Beschwerdeführer in der Berufung behauptet hat - angemessenes, wenn auch unter falschem Rechtstitel ausbezahltes Leistungsentgelt darstellen. Wiewohl nun zwar die Mißbrauchsbestimmung des § 22 BAO und das Institut der verdeckten Gewinnausschüttung gewisse Gemeinsamkeiten haben, sind beide Begriffe keineswegs so miteinander verknüpft, daß sich bei Beurteilung eines Sachverhaltes als Mißbrauch jede weitere Begründung zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung erübrigt. Im Fall eines Formen- und Gestaltungsmißbrauches sind nach § 22 Abs 2 BAO die wirtschaftlichen Vorgänge, Tatsachen und Verhältnisse und deren angemessene rechtliche Gestaltung festzustellen. Es kann nun sein, daß eine derartige angemessene rechtliche Gestaltung in einer Einkommensverteilung der juristischen Person an einen ihrer Gesellschafter zu sehen ist. Nur in diesem Fall wird auch von einer verdeckten Gewinnausschüttung an den betreffenden Gesellschafter auszugehen sein. Damit wäre aber im Beschwerdefall jedenfalls auch zu begründen gewesen, warum die als angemessen beurteilte rechtliche Gestaltung in einer solchen Einkommensverteilung gesehen wurde. Bezüglich der "als Mietaufwand verbuchten Beträge und der daraus geltend gemachten Vorsteuer" enthält der angefochtene Bescheid im übrigen keine Ausführungen, ob die von der Gesellschaft aufgewendete Miete ausschließlich dem Beschwerdeführer oder, wie dies im Hinblick darauf, daß das Einfamilienhaus nach den vorgelegten Verwaltungsakten dem Beschwerdeführer und seiner Gattin je zur Hälfte gehört, angenommen werden könnte, teilweise auch seiner Gattin, welche ebenfalls Gesellschafterin der E GmbH ist, zugeflossen ist.

Insbesondere zeigt die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht auf, worin die vermögenswerten Vorteile gesehen wurden, welche die E GmbH zu ihren Lasten dem Beschwerdeführer aus Anlaß des Gesellschaftsverhältnisses zugewendet hat, zumal die diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde insofern widersprüchlich sind, als die belangte Behörde einerseits die als Mietaufwendungen verbuchten Beträge sowie die daraus geltend gemachte Vorsteuer als verdeckte Gewinnausschüttung beurteilt, andererseits aber ausführt, daß NUR der Differenzbetrag zwischen Mietaufwand und Sachbezug als verdeckte Gewinnausschüttung "zu erfassen und der KESt zu unterziehen" sei. Die zuletzt angeführte Begründungspassage widerspricht im übrigen dem Bescheidspruch, wonach die Berufung abgewiesen wurde, obwohl der erstinstanzliche Bescheid - entsprechend der erstgenannten Begründungspassage - eine höhere verdeckte Gewinnausschüttung zum Inhalt hatte. Damit hat die belangte Behörde aber Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie hinsichtlich der Jahre 1989 und 1990 zu einem anders lautenden Bescheid kommen hätte können.

Bezüglich der als verdeckte Gewinnausschüttung beurteilten Nichtverzinsung des Verrechnungskontos des Beschwerdeführers im Jahr 1991 ist richtig, daß eine unverzinsliche Verrechnungsforderung der Gesellschaft gegenüber einem Gesellschafter zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen kann. Die verdeckte Gewinnausschüttung hat in diesen Fällen ihre Wurzel darin, daß dem Gesellschafter Geldmittel kreditiert werden, ohne daß dieser zur Zahlung von Zinsen verpflichtet wäre. Die verdeckte Gewinnausschüttung resultiert also letztlich aus der fehlenden Verpflichtung zur Zinsenzahlung (vgl das hg Erkenntnis vom , 88/14/0111).

Im Beschwerdefall führte der Beschwerdeführer aber in der Berufung ausdrücklich aus, eine Verzinsung sei "offenkundig übersehen" worden. Damit behauptet er aber in Verbindung mit dem weiteren Vorbringen, ein solcher Irrtum könne nicht dazu führen, daß der Anspruch auf Zinsen seitens der Gesellschaft verloren gehe, einen Sachverhalt, nämlich eine bestehende Verpflichtung zur Zinsenzahlung seinerseits, welcher unter der Voraussetzung, daß eine formal abgeschlossene Zinsenvereinbarung ernst gemeint war, eine Beurteilung als verdeckte Gewinnausschüttung (mit Ausnahme hinsichtlich allfälliger Verzugszinsen) nicht rechtfertigt. Wiewohl es richtig ist, daß eine bereits bewirkte verdeckte Gewinnausschüttung nicht mit steuerlicher Wirkung rückgängig gemacht werden kann, enthebt dies die Behörde nicht von der Verpflichtung, sich mit der im Berufungsverfahren relevierten Frage auseinanderzusetzen, OB eine verdeckte Gewinnausschüttung bewirkt wurde. War eine Verzinsung - wie dies der Beschwerdeführer behauptet hat - vereinbart, so kann unter der oben genannten Voraussetzung eine allenfalls irrtümlich unterbliebene Anlastung der vereinbarten Zinsen im Streitjahr eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht bewirken. Da die belangte Behörde aber auf das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers in keiner Weise einging, belastete sie den angefochtenen Bescheid durch diesen Begründungsmangel auch hinsichtlich des Jahres 1991 mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der angefochtene Bescheid war daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Kosten für die Schriftsätze waren dem Beschwerdeführer im beantragten Ausmaß zuzusprechen. Die Beilagengebühr war nur im Ausmaß von S 60,-- zuzusprechen, da der angefochtene Bescheid nur in einfacher Ausfertigung vorzulegen war.