VwGH vom 26.02.2003, 2003/17/0003
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der V-Ges. m.b.H in Graz, vertreten durch Dr. Guido Lindner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Schmiedgasse 40, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. A 8/1-K 757/2000-1, betreffend die Vorschreibung eines Kanalisationsbeitrages, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
Aus der Beschwerde und dem mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Bescheid vom des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz wurde der Beschwerdeführerin für den Anschluss einer näher umschriebenen Liegenschaft an den öffentlichen Straßenkanal ein Kanalisationsbeitrag in der Höhe von S 940.397,70 (EUR 68.341,37) inkl. Umsatzsteuer vorgeschrieben. Für die Berechnung wurde eine verrechenbare Fläche von 2733,9 m2 für das Hauptgebäude und 14,4 m2 für ein Nebengebäude sowie eine befestigte Fläche von 2530 m2 zum Einheitssatz von S 284,85 (exkl. Umsatzsteuer) zu Grunde gelegt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung und begründete diese im Wesentlichen damit, dass die Berechnung der Flächen für die einzelnen Geschoße unzutreffend sei. Die Beschwerdeführerin legte in der Berufung eine eigene Berechnung der anzurechnenden Flächen vor, bei welcher hinsichtlich der einzelnen Geschoße die tatsächliche Geschoßfläche zu Grunde gelegt und hinsichtlich Keller und Dachgeschoß der Faktor 0,5 berücksichtigt wird.
Mit Berufungsvorentscheidung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom wurde der Berufung keine Folge gegeben und der Kanalisationsbeitrag neu mit EUR 70.357,70 inkl. 10 % USt festgesetzt. Die Beschwerdeführerin stellte den Antrag auf Vorlage der Berufung und wies im Verfahren neuerlich darauf hin, dass ihrer Ansicht nach die verschiedenen Größen der Geschoßflächen zu berücksichtigen seien.
Mit ihrem Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab, änderte aber den angefochtenen Bescheid dahin ab, dass für den Anschluss der Liegenschaft an den öffentlichen Straßenkanal (wie schon in der Berufungsvorentscheidung) ein Kanalisationsbeitrag in der Höhe von EUR 70.357,70 vorgeschrieben wurde. Die Erhöhung des Kanalisationsbeitrages ergebe sich daraus, dass zwar die befestigte Fläche auf Grund der Berücksichtigung der CAD-Pläne zu reduzieren gewesen sei, dass aber andererseits die verbaute Grundfläche für das Haupt- und Nebengebäude zu Lasten der Beschwerdeführerin zu korrigieren gewesen sei.
Unter Hinweis auf die hg. Rechtsprechung wird begründend ausgeführt, dass es im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin bei der Vervielfachung des Einheitssatzes lediglich auf die verbaute Grundfläche und die Geschoßanzahl ankomme. Es seien nicht die jeweils konkreten Geschoßflächen zu addieren.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin bekämpft den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes infolge unrichtiger Auslegung des § 4 Abs. 1 Steiermärkischen Kanalabgabengesetz 1955 und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Strittig ist im Beschwerdefall, ob die belangte Behörde zu Recht bei der Berechnung des Kanalisationsbeitrages die verbaute Grundfläche mit dem sich aus der Anzahl der Geschoße ergebenden Faktor vervielfacht hat und ob sie diesen Faktor zutreffend ermittelt hat.
2. Die belangte Behörde hatte das Gesetz vom über die Erhebung der Kanalabgaben durch die Gemeinden des Landes Steiermark (Kanalabgabengesetz 1955), LGBl. Nr. 71 idF LGBl. Nr. 80/1988 (im Folgenden: Stmk KanalAbgG 1955), anzuwenden. Nach dessen § 2 Abs. 1 ist der Kanalisationsbeitrag einmalig für alle Liegenschaften im Gemeindegebiet zu leisten, für die eine gesetzliche Anschlusspflicht an das bereits bestehende öffentliche Kanalnetz besteht, ohne Rücksicht darauf, ob sie an das Kanalnetz tatsächlich angeschlossen sind oder nicht. § 4 leg. cit. regelt die Höhe des Kanalisationsbeitrages. Dessen Abs. 1 lautet:
"(1) Die Höhe des Kanalisationsbeitrages bestimmt sich aus dem mit der verbauten Grundfläche (in Quadratmetern) mal Geschoßanzahl vervielfachten Einheitssatz (Abs. 2), wobei Dachgeschosse und Kellergeschosse je zur Hälfte eingerechnet werden; Wirtschaftsgebäude, die keine Wohnung oder Betriebsstätte enthalten, werden nach der verbauten Fläche ohne Rücksicht auf die Geschoßzahl, Hofflächen, das sind ganz oder teilweise von Baulichkeiten umschlossene Grundflächen, deren Entwässerung durch die Kanalanlage erfolgt, nach dem Flächenausmaß eingerechnet."
3. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 87/17/0261, vom , Zl. 96/17/0051, mwN, vom , Zl. 96/17/0460, oder vom , Zl. 2002/17/0036), kommt es nach dem diesbezüglich eindeutigen Gesetzeswortlaut bei der Vervielfachung des Einheitssatzes nur auf die verbaute Grundfläche (in Quadratmetern) einerseits und die Geschoßanzahl andererseits an, mit der das Ausmaß der Grundfläche zu multiplizieren ist. Zutreffend gibt auch die Beschwerde die grundsätzliche Berechnungsregel unter Bezugnahme auf die verbaute Grundfläche wieder (die Fläche anderer Geschoße stellt freilich keine Grundfläche dar). Die Fläche der Geschoße spielt bei der Berechnung keine Rolle. Für alle Geschoße außer für Dach- und Kellergeschoß gilt jeweils der Multiplikator 1. Dach- und Kellergeschoß sind nicht mit der Geschoßzahl 1, sondern je mit einer halben Geschoßzahl (Multiplikator 0,5) zu berücksichtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/17/0126).
Der Gesetzgeber geht in diesem Zusammenhang offensichtlich davon aus, dass die verbaute Grundfläche vervielfacht mit der Anzahl der angeschlossenen Geschoße bei typisierender Betrachtung der zu erwartenden Fälle einen tauglichen Maßstab für den Entsorgungsnutzen darstellt, den ein Gebäude aus der öffentlichen Kanalanlage zieht (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , mwN).
Das Beschwerdevorbringen lässt daher insoweit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erkennen.
4. Hinsichtlich des Vervielfachungsfaktors ist die belangte Behörde in der Bescheidbegründung davon ausgegangen, dass für das Erdgeschoß und das Obergeschoß jeweils der Faktor 1, für das Kellergeschoß der Faktor 0,5 anzusetzen sei. Die Beschwerdeführerin geht demgegenüber offenbar davon aus, dass das Obergeschoß als Dachgeschoß zu werten sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat Kopien der Einreichpläne des gegenständlichen Bauvorhabens beigeschafft, aus denen ersichtlich ist, dass das gegenständliche Geschäftsgebäude einen quaderförmigen Baukörper bildet, in dem ein Erdgeschoß (nach den Plänen für Kundenzentrum und Ausstellungsraum) und ein in den Plänen als Galerie bezeichnetes Obergeschoß untergebracht sind. Dieses Obergeschoß ist zur Gänze vom aufgehenden Mauerwerk umgeben; darüber befindet sich ein Flachdach (in dem sich im mittleren Bereich über der Stiege eine Lichtkuppel befindet). Es bestehen daher keine Bedenken gegen die Beurteilung der belangten Behörde, dieses Geschoß sei ein reguläres Geschoß und kein Dachgeschoß, welches nur mit dem Faktor 0,5 anzusetzen wäre.
Auch in der Beschwerde wird nichts vorgebracht, was die Qualifizierung des Obergeschoßes als Dachgeschoß stützen könnte. Die Beschwerdeführerin geht vielmehr in ihren Ausführungen stets davon aus, dass ein Obergeschoß vorliege. Dem Beschwerdevorbringen liegt offenbar implizit zu Grunde, dass das letzte Geschoß stets als Dachgeschoß zu werten sei. Diese Auffassung ist jedoch unzutreffend. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass unter einem Dachgeschoß im Sinne des § 4 Stmk KanalAbgG 1955 ein Geschoß innerhalb eines Daches zu verstehen ist (vgl. beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 91/17/0018, vom , Zl. 95/17/0012, oder zuletzt vom , Zl. 97/17/0538, betreffend eine Lager- und Verkaufshalle, die durch Zwischendecken nur in Teilbereichen zweigeschoßig war; in diesem Fall war zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insbesondere strittig, ob überhaupt ein Geschoß vorlag, weiters aber auch, ob dieses allenfalls ein Dachgeschoß darstellen könnte; der Verwaltungsgerichtshof bejahte damals sowohl das Vorliegen eines Geschoßes als auch die Eigenschaft als Vollgeschoß). Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes in dem zuletzt zitierten Erkenntnis machte der Umstand, dass das oberste Geschoß eines Gebäudes gegenüber dem Raum innerhalb des Daches (das Gebäude wies ein Dach mit einer Neigung von 5 Grad auf, welches in einer Höhe von 2,30 m, vom Boden des Obergeschoßes weg gemessen, begann) keine Decke aufwies, dieses Geschoß nicht zum Dachgeschoß. Dies gilt umso mehr für ein oberstes Geschoß unter einem Flachdach; auch dieses ist begrifflich kein Geschoß innerhalb des Dachraumes.
5. Soweit das Beschwerdevorbringen darauf abzielt, aus der Regel des § 4 Abs. 1 zweiter Halbsatz Stmk KanalAbgG 1955 abzuleiten, dass die Grundfläche auch für das gegenständliche Geschäftsgebäude nur mit dem Faktor 1 zu vervielfachen gewesen wäre, ist auf Folgendes zu verweisen:
Gemäß § 4 Abs. 1 zweiter Halbsatz Stmk KanalAbgG 1955 werden Wirtschaftsgebäude, die keine Wohnung oder Betriebsstätte enthalten, nach der verbauten Fläche ohne Rücksicht auf die Geschoßzahl eingerechnet. Es kann nun dahingestellt bleiben, ob der Begriff "Wirtschaftsgebäude" in § 4 Abs. 1 Stmk KanalAbgG 1955 (welcher insofern seit der Stammfassung des Jahres 1955 unverändert ist) auf Geschäftsgebäude wie das vorliegende anwendbar ist (in den Erläuterungen zur Vorlage der Steiermärkischen Landesregierung, 71 Blg Stmk LT, III. Periode, 5, finden sich keine näheren Anhaltspunkte für die Auslegung).
Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich in dem bereits genannten Erkenntnis vom , Zl. 97/17/0538, festgestellt, aus § 4 Abs. 1 zweiter Halbsatz Stmk KanalAbgG 1955 folge, dass die unterschiedlichen, die übrigen Merkmale eines Geschoßes aufweisenden Ebenen eines Gebäudes auch dann als Geschoß in die Berechnung des Faktors nach § 4 einzubeziehen sind, wenn sie "lediglich" im Rahmen einer Betriebsstätte genützt werden. Selbst wenn der Begriff der "Wirtschaftsgebäude" im Sinne der Ausnahmebestimmung auch über den Wortlaut im engeren Sinn hinaus nicht nur als landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude zu verstehen wäre, wäre im Hinblick auf den im Beschwerdefall gegebenen Betriebsstättencharakter für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen.
Die vorliegende Abgabenpflicht betrifft ein Bauwerk, für welches mit dem baubehördlichen Bescheid vom die Baubewilligung erteilt wurde. Das damit bewilligte Bauvorhaben betrifft nach dem Antrag der Beschwerdeführerin ein Geschäftsgebäude, in welchem ein Ausstellungsraum und ein Kundenzentrum vorgesehen sind. Ausgehend von diesem im Bauverfahren gegebenen Sachverhalt war die belangte Behörde nicht gehalten, weitere Feststellungen zur Qualifikation des gegenständlichen Gebäudes zu treffen, zumal die Beschwerdeführerin selbst im Abgabenverfahren in ihrer Berechnung die Fläche des Obergeschoßes mitberücksichtigt und der Abgabenbehörde sohin keine Veranlassung zu Zweifeln am Betriebsstättencharakter des Objekts gegeben hat.
6. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
7. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Es wird darauf hingewiesen, dass die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wird, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom , Zlen. 1902, 1903/78).
Wien, am