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VwGH vom 24.04.1996, 94/13/0217

VwGH vom 24.04.1996, 94/13/0217

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des Ing. G in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 7 - 974/3/93, betreffend Pfändungsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Vollstreckungsbescheid vom stellte das Finanzamt fest, daß die Einbringlichkeit einer Abgabenschuld von insgesamt S 173.551,-- (für deren Entrichtung am Zahlungserleichterungen bewilligt worden seien) gefährdet erscheine und daher gemäß § 230 Abs. 7 BAO die erforderlichen Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet würden. In seinem Rechtenschaftsbericht über die sodann am vorgenommene Vollstreckungshandlung hielt der Vollstrecker u.a. fest, daß das seit 10 Jahren in Bau befindliche und zum Teil fertiggestellte Wohnhaus des Beschwerdeführers "diverse alte Möbel, Werkzeuge, Baumaterial etc" enthalte und die Verwertung der vorhandenen Fahrnisse die Kosten der Verbringung kaum decken würde. Der Beschwerdeführer beziehe nur Einkommen aus der Notstandshilfe und habe ansonsten keinerlei Einkünfte.

Mit Bescheid vom wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 26 AbgEO (neben Postspesen von S 5,50) eine Pfändungsgebühr in Höhe von S 1.740,-- vorgeschrieben.

Gegen den Vollstreckungsbescheid vom und den Bescheid über die Festsetzung der Pfändungsgebühren vom erhob der Beschwerdeführer am Berufung. In deren Begründung wird ausgeführt, "zum Vollstreckungszeitpunkt" sei kein Zahlungsverzug eingetreten und somit kein Terminverlust gegeben gewesen. Die bewilligte Zahlungserleichterung hätte damit nicht wiederrufen werden dürfen. Die Vollstreckungsbegründung "wie Mittellosigkeit des Abgabepflichtigen sowie gefährdete Einbringlichkeit der Abgabenschuld" rechtfertige nicht die von der Abgabenbehörde gesetzten Einbringungsmaßnahmen bzw. deren Kosten. Die persönliche Lage des Beschwerdeführers sei der Abgabenbehörde spätestens "ab dem Ansuchen vom " bekannt. Sie sei in etlichen Ansuchen und Eingaben seither dargelegt worden (Anm.:

derartige Schriftstücke oder das Ansuchen vom befinden sich nicht in den vorgelegten Verwaltungsakten). Die Gegebenheiten zur Einbringlichkeit der Abgabenschuld seien im Vollstreckungszeitpunkt "keine anderen als 1990" gewesen. Gerade die gesetzten Einbringungsmaßnahmen gefährdeten "die Einbringlichkeit der Abgabeschuld in höchstem Maße". Durch die Vollstreckungsgebühren werde die Abgabenschuld unnotwendig und unbegründet erhöht.

Mit Bescheid vom sprach die belangte Behörde über die Berufung betreffend den Vollstreckungsbescheid ab. Der Berufung wurde dabei insoweit stattgegeben, als der vom Vollstreckungsbescheid umfaßte Abgabenbetrag von S 173.951,-- auf S 129.863,-- eingeschränkt wurde. In der Begründung wird u. a. ausgeführt, daß die Einbringlichkeit der Abgaben nach wie vor als gefährdet anzusehen sei (so habe der Beschwerdeführer beispielsweise am beim Finanzamt persönlich vorgesprochen und anläßlich dieser Vorsprache seine Mittellosigkeit dargetan).

In der Folge kam es mit Bescheid vom entsprechend der Berufungsentscheidung über den Vollstreckungsbescheid zu einer Neufestsetzung der Pfändungsgebühr (Verminderung von S 1.740,-- auf S 1.299,--).

Mit Schriftsatz vom brachte der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid vom über die Abänderung der Pfändungsgebühren Berufung ein. Er verwies darauf, daß sich die Voraussetzungen für die Festsetzung von Pfändungsgebühren - wie in der Berufung vom ausgeführt - in keiner Weise geändert hätten. Die seinerzeitige Berufungsbegründung bleibe damit auch für den nunmehr angefochtenen Bescheid vollinhaltlich aufrecht.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde der Berufung vom keine Folge gegeben. Die Begründung lautet wie folgt: "Da aufgrund der Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom Ihrer Berufung insoweit stattgegeben wurde, als der vom Vollstreckungsbescheid umfaßte Abgabenbetrag von S 173.591,-- auf S 129.863,-- eingeschränkt wurde, konnte die Abänderung der Nebengebühren nur in entsprechender Höhe erfolgen. Ihrer Berufung muß daher der Erfolg versagt bleiben".

Am stellte der Beschwerdeführer bezüglich der "Berufungsentscheidung vom , betreffend den Bescheid über die Abänderung von Nebengebühren" den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Finanzamtes vom , betreffend Pfändungsgebühr, mit folgender Begründung ab: "Die Ausführungen des Finanzamtes zur Berufungsvorentscheidung vom , denen der Berufungswerber nichts entgegengesetzt hat, werden zur Begründung der Finanzlandesdirektion erhoben".

In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und "unrichtige rechtliche Beurteilung" geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat zusammen mit der Aktenvorlage eine Gegenschrift erstattet und darin die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 26 Abs. 1 lit. a AbgEO hat der Abgabenschuldner für Amtshandlungen des Vollstreckungsverfahrens anläßlich einer Pfändung eine Pfändungsgebühr im Ausmaß von 1 % vom einzubringenden Abgabenbetrag zu entrichten (wird an Stelle einer Pfändung lediglich Bargeld abgenommen, dann nur 1 % vom abgenommenen Geldbetrag). Die genannte Gebühr ist auch dann zu entrichten, wenn die Amtshandlung erfolglos verlief oder nur deshalb unterblieb, weil der Abgabenschuldner erst unmittelbar vor Beginn der Amtshandlung an den Vollstrecker bezahlt hat (§ 26 Abs. 2 AbgEO).

Die Pfändungsgebühr als reine Amtshandlungsgebühr fällt grundsätzlich damit auch dann an, wenn die Amtshandlung zu keiner Pfändung geführt hat, weil keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden wurden oder der Schuldner nicht angetroffen wurde (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 90/14/0023). Der Beschwerdeführer kann damit aus seinem Vorbringen, mangels Durchführung einer TATSÄCHLICHEN Pfändung sei keine "Pfändungsgebühr" vorzuschreiben, für sich allein nichts gewinnen. Soweit in der Beschwerde allgemein die Festsetzung der Pfändungsgebühr pauschal mit 1 % des einzubringenden Abgabebetrages als "gesetzwidrig" bezeichnet wird (dazu auch auf eine andersgeartete Berechnung im gerichtlichen Einbringungsverfahren hingewiesen wird) ist auf die oben zitierte Bestimmung des § 26 Abs. 1 lit. a AbgEO (und auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 87/13/0012,0013) zu verweisen (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 9409).

Allerdings ist zu beachten, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, Vollstreckungshandlungen, die sich von vornherein als objektiv ungeeignet darstellen, keine Kostenersatzpflicht nach sich ziehen (siehe dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 87/13/0012, 0013, vom , 90/13/0046, und vom , 94/14/0059). Vor allem gilt dies für den Fall, wenn nicht zu erwarten ist, daß der Erlös einer Vollstreckungsmaßnahme den Betrag der Exekutionskosten übersteigt, sohin die Exekution einzustellen bzw. i.S.d. § 16 Z. 6 AbgEO von ihrer Durchführung oder Fortsetzung Abstand zu nehmen wäre (siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 92/15/0176).

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren in seiner Berufung vom (auf deren Inhalt sich der Beschwerdeführer in seiner weiteren Berufung vom ausdrücklich stützte) mit seinen Hinweisen auf eine seit dem Jahr 1990 bezüglich der (Un-)Einbringlichkeit der Abgabenschuld unverändert bestehende Situation ein Vorbringen erstattet, das auf die Durchführung einer von vornherein als objektiv ungeeignet anzusehenden Vollstreckungshandlung hindeutete. Damit, daß sich die belangte Behörde mit diesem Vorbringen überhaupt nicht auseinandersetzte (auch die verwiesene Berufungsvorentscheidung vom ging mit keinem Wort auf die Ausführungen in der Berufungsschrift vom ein), hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet, der den Gerichtshof auch hindert, diesen auf seine Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben (vgl. dazu auch Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 603).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 59 Abs. 1) VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.