zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 27.04.2006, 2003/16/0511

VwGH vom 27.04.2006, 2003/16/0511

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des S Orden in W, vertreten durch Dr. Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 12, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt vom , Zl. Jv 4352-33/02, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom stellte die beschwerdeführende Partei an die Agrarbezirksbehörde K den Antrag, bescheidmäßig festzustellen, dass der mit Kaufvertrag vom 27. August und erfolgte Erwerb von näher bezeichneten Grundstücken durch die beschwerdeführende Partei eine Bodenreformmaßnahme im Sinne des § 3 GrEStG (Grunderwerbsteuergesetz) darstelle.

Mit Bescheid vom wies die Agrarbezirksbehörde diesen Antrag gemäß den §§ 1 und 44 Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetzes 1979 und § 3 Abs. 1 Z 4 Grunderwerbsteuergesetz 1987 ab.

Mit Bescheid vom wies der Landesagrarsenat beim Amt der Kärntner Landesregierung die dagegen erhobene Berufung als unbegründet ab.

Die beschwerdeführende Partei erhob dagegen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Mit Beschluss vom bewilligte und vollzog das Bezirksgericht Wolfsberg als Grundbuchsgericht die mit Antrag vom von der beschwerdeführenden Partei beantragten Grundbuchshandlungen.

Am überwies die beschwerdeführende Partei die Eintragungsgebühr gemäß TP 9b Z 1 GGG in Höhe von S 185.500,-- (EUR 13.480,81).

Mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/07/0033, hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid des Landesagrarsenates vom wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.

Mit Bescheid vom stellte der Landesagrarsenat beim Amt der Kärntner Landesregierung fest, dass die Kaufverträge vom bzw. zur Durchführung der Flurbereinigung erforderlich gewesen seien.

Mit Schreiben vom beantragte die beschwerdeführende Partei unter Hinweis auf den Bescheid des Landesagrarsenates vom die Rückzahlung der Eintragungsgebühr in Höhe von S 185.500,-- (EUR 13.480,81). Gemäß § 15 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 Agrarverfassungsgesetz sei eine Befreiung von der gerichtlichen Eintragungsgebühr vorgelegen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Rückerstattung ab und führte im Wesentlichen aus, der Anspruch des Bundes werde hinsichtlich der Gebühren für die Eintragung in die öffentlichen Bücher oder Register mit der Vornahme der Eintragung begründet. Diese Eintragung sei mit Beschluss des Bezirksgerichtes Wolfsberg vom vollzogen worden. Infolge der Novellierung des § 15 Abs. 3 Agrarverfahrensgesetz durch das BudgetbegleitG 2000, BGBl. I Nr. 26/2000, bestehe seit für so genannte "vereinfachte Flurbereinigungsverfahren" gemäß § 50 Abs. 2 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes keine Gebührenbefreiung mehr. Auch vor dem wäre eine Gebührenbefreiung nur dann eingetreten, wenn die Übereinstimmung mit den Zielen des Gesetzes durch die Agrarbehörde festgestellt worden wäre. Der Feststellungsbescheid hätte zur Zeit der Entstehung der Gebührenschuld, somit bereits am , vorliegen müssen. Der spätere Feststellungsbescheid vom bilde keinen Anwendungsfall des § 30 Abs. 1 GGG.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , B 450/03-3, ab und trat die Beschwerde mit Beschluss vom , B 450/03-5, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit § 87 Abs. 3 VfGG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht auf Befreiung von der Grundbuchseintragungsgebühr hinsichtlich der Eigentumseinverleibung auf Grund des Kaufvertrages vom , hinsichtlich dessen die Agrarbehörde das Vorliegen einer Flurbereinigungsmaßnahme festgestellt hat, gemäß der Befreiungsregelung des § 15 Abs. 3 Agrarverfahrensgesetz verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Gerichts- und Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrte.

Die beschwerdeführende Partei erstattete eine Stellungnahme zur Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz sieht zwei Möglichkeiten eines vereinfachten Verfahrens der Zusammenlegung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke vor, die sich durch verschieden gewichtete Einflussnahmemöglichkeit der Parteien auf die inhaltliche Ausgestaltung des Verfahrensergebnisses unterscheiden ("Flurbereinigungsverfahren"). Im Verfahren nach § 50 Abs. 1 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz ist das Verfahren von Amts wegen mit Bescheid einzuleiten und abzuschließen. Im Verfahren nach § 50 Abs. 2 leg. cit. kann von der Erlassung des Einleitungsbescheides und des Flurbereinigungsplanes Abstand genommen werden, wenn die Parteien Verträge in verbücherungsfähiger Form ("Flurbereinigungsverträge") oder "Übereinkommen" vor der Behörde ("Flurbereinigungsübereinkommen") abgeschlossen haben. Diese Vereinbarungen sind dem Flurbereinigungsverfahren zu Grunde zu legen, wenn die Behörde mit Bescheid feststellt, dass sie zur Durchführung der Flurbereinigung erforderlich sind (vgl. Walter/Mayer, Grundriss des Besonderen Verwaltungsrechts2, 273).

Gemäß § 30 Abs. 2 Z 1 GGG sind Gebühren zurück zu zahlen, wenn sie ohne Zahlungsauftrag entrichtet wurden, sich aber in der Folge aber ergibt, dass überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wird.

Die belangte Behörde begründete die Abweisung des Rückzahlungsansuchens der beschwerdeführenden Partei im Wesentlichen damit, dass zum Zeitpunkt der Entstehung der Gebührenschuld, also bereits am , kein Feststellungsbescheid, wonach die Kaufverträge zur Flurbereinigung erforderlich gewesen wären, vorgelegen sei. Der spätere Feststellungsbescheid vom bilde keinen Anwendungsfall des § 30 Abs. 1 GGG, zumal seit keine Gebührenbefreiung mehr für so genannte "vereinfachte Flurbereinigungsverfahren" gemäß § 50 Abs. 2 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes vorgesehen sei.

Nach § 2 Z 4 GGG entsteht der Anspruch des Bundes auf die Gebühr hinsichtlich der Gebühren für die Eintragung in die öffentlichen Bücher oder Register mit der Vornahme der Eintragung.

Dem Beschwerdevorbringen, wonach der Zeitpunkt des Entstehens der Gerichtsgebühr nicht losgelöst von der rechtswirksamen Errichtung der Urkunde betrachtet werden könne, steht der eindeutige Wortlaut des § 2 Z 4 GGG entgegen.

Der Vollzug der Eintragung erfolgte im Beschwerdefall am . Zur Beurteilung des Vorliegens allfälliger Befreiungen ist daher das in diesem Zeitpunkt in Geltung stehende Recht anzuwenden.

§ 15 Agrarverfahrensgesetz 1950 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 26/2000 lautet:

"§ 15. (1) Die zur Durchführung eines Verfahrens vor der

Agrarbehörde

1. zur Regelung der Flurverfassung (Zusammenlegung,

Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an

agrargemeinschaftlichen Grundstücken durch Teilung oder

Regulierung, Flurbereinigung) oder

2. zur Regelung der Wald- und Weidenutzungsrechte

sowie anderer Felddienstbarkeiten oder

3. in Alpschutzangelegenheiten oder

4. nach den Güter- und Seilwegegesetzen oder

5. in Angelegenheiten des landwirtschaftlichen

Siedlungswesens

erforderlichen Schriften und die zu diesen Zwecken vor der

Agrarbehörde abgeschlossenen Rechtsgeschäfte sind von den Stempel-

und Rechtsgebühren befreit.

(2) ...

(3) Grundbuchseintragungen, die zur Durchführung der in Abs. 1 Z 1 und 2 genannten Verfahren verwirklichten Rechtsvorgänge erforderlich sind, sind - ausgenommen die Fälle des § 50 Abs. 2 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes - von den Gerichtsgebühren befreit."

Gemäß § 17 Abs. 4 Agrarverfahrensgesetz idF BGBl. I Nr. 26/2000 trat die oben angeführte Fassung des § 15 leg. cit. mit in Kraft. Sie ist auf alle Schriften und Amtshandlungen anzuwenden, hinsichtlich derer der Anspruch auf die Gebühr nach dem begründet wird.

Auf den Beschwerdefall angewendet bedeutet dies, dass die belangte Behörde zu Recht von der Anwendung des § 15 Abs. 3 Agrarverfahrensgesetz idF BGBl. I Nr. 26/2000 ausgegangen ist.

Unverständlich ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, es sei "die Gesetzesbestimmung dahin auszulegen, dass die Bestimmung auf alle Schriften anzuwenden ist die vorhersehbar eine Gebühr auslösen und nach dem rechtswirksam wurden".

Sollte das Beschwerdevorbringen dahingehend zu verstehen sein, dass die beschwerdeführende Partei § 15 Abs. 3 Agrarverfahrensgesetz idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 26/2000 angewendet wissen wollte, so wäre auch dadurch für die Beschwerde nichts gewonnen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 99/16/0036, ausgesprochen hat, tritt nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut die Befreiung nur dann ein, wenn die Übereinstimmung mit den Zielen des Gesetzes durch die Agrarbehörde festgestellt wurde. Damit ist ein zur Zeit der Entstehung der Gebührenschuld bereits vorliegender Feststellungsbescheid Voraussetzung der Gebührenfreiheit. Ein späterer Feststellungsbescheid bildet keinen Anwendungsfall des § 30 Abs. 1 GGG. Ausgehend vom Grundsatz, dass die Voraussetzungen für eine Befreiung von den Eintragungsgebühren immer schon im Zeitpunkt der Einbringung der Grundbuchseingabe vorliegen müssen, hat nämlich eine nach Entstehen der Gebührenschuld bewirkte Erfüllung der Voraussetzungen einer Gebührenbefreiung nicht das Erlöschen des staatlichen Gebührenanspruches zur Folge.

Wenn die beschwerdeführende Partei in der oben dargestellten Rechtslage einen gleichheitswidrigen Eingriff in das Eigentumsrecht darin erblickt, dass eine Vereinbarung durch eine später erlassene Gesetzesbestimmung gebührenpflichtig wird, ist auf den zum Beschwerdefall ergangenen Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 450/03-3, zu verweisen. In diesem hat der Verfassungsgerichtshof unter Hinweis auf seine ständige Rechtssprechung ausgesprochen, dass es nicht unsachlich ist, wenn das Entstehen der Abgabepflicht an die Eintragung ins Grundbuch anknüpft und diese Gebührenpflicht durch behördliche Verzögerung bedingt ist. Auch beim Verwaltungsgerichtshof vermochte das Beschwerdevorbringen keine verfassungsrechtlichen Bedenken zu erwecken.

Der nicht näher konkretisierten Rüge, wonach eine derartige rückwirkende Gebührenbelastung "grundlegend dem EU-Gemeinschaftsrecht" widerspreche, ist entgegenzuhalten, dass im Beschwerdefall ein gemeinschaftsrechtlicher Bezug nicht erkennbar ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2002/12/0064). Der Verwaltungsgerichtshof sieht keinen Anlass, ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten.

Die Beschwerde war aus den oben genannten Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei die Entscheidung mit Rücksicht auf die einfache Rechts- und Sachlage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am