VwGH vom 13.05.2004, 2003/16/0507

VwGH vom 13.05.2004, 2003/16/0507

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des R in H, vertreten durch Dr. Werner Mosing, Rechtsanwalt in 9560 Feldkirchen, Heftgasse 2, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt vom , Zl. Jv 3194- 33/03-62, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Auf Grund des "Übergabs- und Erbverzichtsvertrages" vom übergab der Vater des Beschwerdeführers diesem die Liegenschaft EZ 360, Grundbuch H, und das von ihm auf dieser Liegenschaft betriebene Unternehmen (Kraftfahrzeugmechanikerwerkstätte und Autohandel). Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer beim Bezirksgericht Feldkirchen (u.a.) die Einverleibung seines Eigentumsrechtes an dieser Liegenschaft auf Grund des Übergabs- und Erbverzichtsvertrages. Der Grundbuchseingabe war u.a. eine Erklärung des Beschwerdeführers nach § 5a iVm § 4 des Neugründungs-Förderungsgesetzes - NeuFöG angeschlossen, wonach ein Wechsel in der Person des Betriebsinhabers in Bezug auf einen bereits vorhandenen Betrieb (Teilbetrieb) auf Grund einer entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung des Betriebes (Teilbetriebes) vorliege und die nach der Übertragung die Betriebsführung beherrschende Person (Betriebsinhaber) sich bisher nicht in vergleichbarer Art beherrschend betrieblich betätigt habe.

Mit Zahlungsauftrag vom forderte der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes Feldkirchen den Beschwerdeführer zur Zahlung einer Eintragungsgebühr nach TP 9 lit. b GGG im Betrag von EUR 1.152,-- sowie der Einhebungsgebühr von EUR 7,-- auf.

In dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag brachte der Beschwerdeführer vor, gemäß § 1 Z. 4 iVm § 5a Abs. 1 Z. 1 NeuFöG sei der vorliegende Eigentumserwerb von der Eintragungsgebühr befreit. Er habe eine (bestätigte) Erklärung nach § 4 NeuFöG dem Gericht vorgelegt.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde diesem Berichtigungsantrag mit der Begründung nicht statt, der in Rede stehende Befreiungstatbestand komme - wie sich aus seinem Wortlaut eindeutig ergebe - nur bei "Gesellschaften" zum Tragen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Befreiung von der Eintragungsgebühr nach § 1 Z. 4 iVm § 5a Abs. 2 Z. 1 NeuFöG verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 13 Abs. 1 GGG idF der Euro-Gerichtsgebühren-Novelle, BGBl. I Nr. 131/2001, sind, soweit Staatsverträge nicht entgegen stehen, in gesetzlichen Vorschriften ohne Beziehung auf bestimmte Personen aus sachlichen Gründen gewährte Befreiungen von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren unwirksam. Ausgenommen hievon sind u.a. die Befreiungen von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren nach dem Neugründungs-Förderungsgesetz.

Nach § 1 Z. 4 des Neugründungs-Förderungsgesetzes, BGBl. I Nr. 106/1999 - NeuFöG, werden nach Maßgabe der §§ 2 bis 6 zur Förderung der Neugründung von Betrieben Gerichtsgebühren für die Eintragungen in das Grundbuch zum Erwerb des Eigentums (TP 9 lit. a und lit. b GGG) für die Einbringung von Grundstücken auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung der Gesellschaft, soweit Gesellschaftsrechte oder Anteile am Vermögen der Gesellschaft als Gegenleistung gewährt werden, nicht erhoben.

§ 5a NeuFöG, eingefügt durch Art. 3 des Konjunkturbelebungsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 68, Abs. 2 in der Fassung des 2. Abgabenänderungsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 132, lautet:

"Betriebsübertragung

§ 5a. (1) Eine Betriebsübertragung liegt vor, wenn

1. bloß ein Wechsel in der Person des die Betriebsführung beherrschenden Betriebsinhabers in Bezug auf einen bereits vorhandenen Betrieb (Teilbetrieb) durch eine entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung des Betriebes (Teilbetrieb) erfolgt (§ 2 Z 4) und

2. die nach der Übertragung die Betriebsführung beherrschende Person (Betriebsinhaber) sich bisher nicht in vergleichbarer Art beherrschend betrieblich betätigt hat.

(2) Für Betriebsübertragungen gilt Folgendes:

1. Die Bestimmungen des § 1 Z 1 und Z 3 bis 5 sowie der §§ 3, 4 und 7 sind sinngemäß anzuwenden.

2. Die Grunderwerbsteuer von steuerbaren Vorgängen, die mit einer Betriebsübertragung im Sinne des Abs. 1 in unmittelbarem Zusammenhang stehen, wird nicht erhoben, soweit der für die Steuerberechnung maßgebende Wert 75 000 Euro nicht übersteigt.

3. Der Eintritt der Wirkungen der Z 2 sowie des § 1 Z 1 und

Z 3 bis 5 entfällt nachträglich (rückwirkend), wenn der Betriebsinhaber innerhalb von fünf Jahren nach der Übergabe den übernommenen Betrieb oder wesentliche Grundlagen davon entgeltlich oder unentgeltlich überträgt, betriebsfremden Zwecken zuführt oder wenn der Betrieb aufgegeben wird. Der Betriebsinhaber ist verpflichtet, diesen Umstand allen vom Wegfall der Wirkungen betroffenen Behörden unverzüglich mitzuteilen."

Die ErläutRV 977 BlgNR 21. GP 14 führen zu Art. 3 des Konjunkturbelebungsgesetzes 2002 u.a. aus:

"Der Begriff der Betriebsübertragung ist weit gefasst und umschließt sowohl die entgeltliche sowie unentgeltliche Übertragung von Einzelunternehmen als auch von Anteilen an Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften. Voraussetzung ist jeweils, dass die die Betriebsführung beherrschende Person wechselt. Eine weitere Voraussetzung besteht darin, dass es sich beim Übernehmer des Betriebes um einen 'Jungunternehmer' handeln muss, der bisher nicht vergleichbar (also betriebsbeherrschend innerhalb der Branche) tätig gewesen sein darf. Die entsprechenden Auslegungen lassen sich aus der zum bisher bestehenden Gesetz erlassenen Verordnung (BGBl. II Nr. 278/1999) sowie Erlassaussagen gewinnen.

..."

Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen und des Bundesministers für Justiz zum Bundesgesetz, mit dem die Neugründung von Betrieben und die Übertragung von Klein- und Mittelbetrieben gefördert wird (Neugründungs-Förderungsgesetz - NeuFöG), BGBl. II Nr. 483/2002, lautet auszugsweise:

"Förderung der Übertragung

§ 1. (1) ...

(2) Gesellschaften im Sinne des § 1 Z 4 NEUFÖG sind Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften des Handelsrechts, eingetragene Erwerbsgesellschaften sowie vergleichbare ausländische Gesellschaften und Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigungen (EWIV), nicht aber Gesellschaften bürgerlichen Rechts.

Begriff der Übertragung

§ 2. (1) Unter einem Betrieb im Sinne des § 5a NEUFÖG ist die Zusammenfassung menschlicher Arbeitskraft und sachlicher Betriebsmittel in einer organisatorischen Einheit zu verstehen. Ein Teilbetrieb im Sinne des § 5a NEUFÖG ist ...

(2) Betriebsinhaber ist die die Betriebsführung beherrschende natürliche oder juristische Person. Betriebsinhaber im Sinne des § 5a NEUFÖG sind ungeachtet allfälliger gesellschaftsvertraglicher Sonderbestimmungen:


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-
Einzelunternehmer,
-
persönlich haftende Gesellschafter von Personengesellschaften,
-
nicht persönlich haftende Gesellschafter von Personengesellschaften, wenn sie entweder zu mindestens 50% am Vermögen der Gesellschaft beteiligt sind oder wenn sie zu mehr als 25% am Vermögen der Gesellschaft beteiligt und zusätzlich zur Geschäftsführung befugt sind,
-
Gesellschafter von Kapitalgesellschaften, wenn sie entweder zu mindestens 50% am Vermögen der Gesellschaft beteiligt sind oder wenn sie zu mehr als 25% am Vermögen der Gesellschaft beteiligt und zusätzlich zur Geschäftsführung befugt sind.

(3) Eine entgeltliche oder unentgeltliche (Teil-)Betriebsübertragung liegt vor, wenn ein bereits bestehender (Teil-)Betrieb als funktionsfähige Sachgesamtheit übernommen wird.

..."

Die belangte Behörde zieht nicht in Zweifel, dass das Eigentum an der obgenannten Liegenschaft im Rahmen einer Betriebsübertragung - von einem Einzelunternehmer auf den Beschwerdeführer als Einzelunternehmer - überging. Sie sieht eine Begünstigung nach § 1 Z. 4 NeuFöG deshalb für ausgeschlossen an, weil dieser Tatbestand nur bei "Gesellschaften" zum Tragen kommen könne und die erforderlichen Tatbestandselemente "(Einbringung von Grundstücken auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage - soweit Gesellschaftsrechte oder Anteile am Vermögen der Gesellschaft als Gegenleistung gewährt werden)" nicht erfüllt seien.

Nach § 1 Z. 4 NeuFöG wird die Gerichtsgebühr im Falle von Gründungseinlagen von Grundstücken in neu gegründete Gesellschaften nicht erhoben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/16/0760).

Nach § 5a Abs. 2 Z. 1 NeuFöG ist (u.a.) die Bestimmung des § 1 Z. 4 "sinngemäß" auf Betriebsübertragungen anzuwenden.

Die belangte Behörde wendet nun § 1 Z. 4 NeuFöG auf den vorliegenden Fall einer Betriebsübertragung insofern "sinngemäß" an, dass eine Eintragung in das Grundbuch zum Erwerb des Eigentums nur dann von Gerichtsgebühren befreit wäre, wenn im Ergebnis eine Einbringung von Grundstücken auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage - gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten oder Anteilen am Vermögen der Gesellschaft - vorliegt. Eine derartige - nach dem Verständnis der belangten Behörde - "sinngemäße" Anwendung ließe jedoch für eine Gebührenbefreiung nach § 1 Z. 4 NeuFöG zumindest im Bereich eines Betriebsüberganges zwischen Einzelunternehmern keinen Raum, weil in einem solchen Fall eine (nach dem Wortlaut des § 1 Z. 4 NeuFöG begünstigte) Sacheinlage von Grundstücken in eine Gesellschaft nicht in Betracht kommen kann.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag im Hinblick auf die eingangs wiedergegebenen Begriffsbestimmungen des § 5a Abs. 1 NeuFöG iVm § 2 der Verordnung BGBl. II Nr. 483/2002 und auf die wiedergegebenen ErläutRV zum Konjunkturbelebungsgesetz 2002, wonach der Begriff der Betriebsübertragung weit gefasst sei und sowohl die entgeltliche wie unentgeltliche Übertragung von Einzelunternehmen als auch von Anteilen an Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften umfasse, die Ansicht der belangten Behörde nicht zu teilen, dass nur ein Betriebsübergang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage die Begünstigung nach § 5a Abs. 2 Z. 1 iVm § 1 Z. 4 NeuFöG erfahren sollte. § 1 Z. 4 NeuFöG ist nach § 5a Abs. 2 Z. 1 leg. cit. vielmehr dahingehend sinngemäß anzuwenden, dass auch eine Eintragung in das Grundbuch zum Erwerb des Eigentums im Rahmen einer Betriebsübertragung zwischen Einzelunternehmern von den Gerichtsgebühren gemäß TP 9 lit. a und b GGG befreit sein soll. Dabei wird durch die Worte "sinngemäß anzuwenden" gerade für den Fall der Übertragung von Einzelunternehmer zum Ausdruck gebracht, dass es sich dabei nicht um einen gesellschaftsrechtlich begründeten Vorgang handeln muss.

Nach dem Gesagten belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des geltend gemachten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Die Abweisung des

Mehrbegehrens folgt daraus, dass der gesonderte Zuspruch einer Umsatzsteuer aus dem Schriftsatzaufwand einer gesetzlichen Grundlage entbehrt.

Wien, am