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VwGH vom 29.05.2001, 99/14/0277

VwGH vom 29.05.2001, 99/14/0277

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde des AW in K, vertreten durch Dr. Christian Kleinszig und Dr. Christian Puswald, Rechtsanwälte in 9300 St. Veit an der Glan, Unterer Platz 11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom , Zl. RV 185/1-4/99, betreffend Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Haftungsbescheid vom nahm das Finanzamt den Beschwerdeführer als Geschäftsführer der S-GmbH gemäß §§ 9 und 80 BAO für die im Ausmaß von S 1,941.734,-- aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft in Anspruch.

In der dagegen erhobenen Berufung vom wandte sich der Beschwerdeführer gegen die Feststellung des Finanzamtes, wonach die Abgaben bei der S-GmbH uneinbringlich seien. Die Gesellschaft habe zwischenzeitig einen Antrag auf Zwangsausgleich eingebracht. Erst mit rechtskräftiger Bestätigung der Ausgleichsquote stünde fest, in welcher Höhe die Abgaben uneinbringlich seien. Darüber hinaus warf der Beschwerdeführer dem Finanzamt vor, es habe sich darüber "verschwiegen", worin sie eine schuldhafte Verletzung der dem Geschäftsführer auferlegten Pflichten erblicke. Der Beschwerdeführer vermisse eine Feststellung darüber, ob in dem in Frage kommenden Zeitraum noch Mittel zur Bezahlung der Abgaben vorhanden gewesen seien. Wäre die Abgabenbehörde dieser Frage nachgegangen, so hätte sich ergeben, dass er seine Pflichten als Geschäftsführer nicht verletzt habe.

Mit Vorhalt vom forderte das Finanzamt den Beschwerdeführer auf, detailliert darzulegen, aus welchem Grund die Abgaben nicht ordnungsgemäß entrichtet worden seien. Zu diesem Zwecke ersuchte das Finanzamt weiters um die Darstellung, welche finanziellen Mittel im Zeitraum ab Entstehung der Abgabenrückstände bis zur Konkurseröffnung zur Verfügung gestanden seien und welche Entwicklung die diversen Verbindlichkeiten der Gesellschaft in diesem Zeitraum genommen hätten. Für die Beantwortung des Vorhaltes und die Vorlage geeigneter Unterlagen setzte das Finanzamt eine Frist bis zum .

Mit Eingabe vom ersuchte der Beschwerdeführer, die Frist um zwei Wochen zu verlängern. Dem Beschwerdeführer sei es bislang nicht möglich gewesen, die erforderlichen Unterlagen beim Steuerberater einzuholen. Vorerst sei eine näher bezeichnete Sachbearbeiterin auf Urlaub gewesen, in der Folge der Steuerberater erkrankt. Die angeforderten Unterlagen (Bilanzen, Saldenlisten, Kontoauszüge etc.) seien äußerst umfangreich und müssten erst sondiert werden.

Das Finanzamt wies den Fristverlängerungsantrag mit Bescheid vom ab. Eine weitere Zufristung erscheine im Hinblick auf den bereits mit ergangenen Haftungsbescheid nicht erforderlich.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise statt und schränkte den Haftungsbetrag auf S 1,553.387,20 ein. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, im Hinblick auf den zu erwartenden Zwangsausgleich (die diesbezügliche Tagsatzung sei auf den erstreckt worden) könne davon ausgegangen werden, dass 80 % der ausstehenden Forderungen uneinbringlich seien. Zur Frage der schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers verwies die belangte Behörde hinsichtlich der aushaftenden Lohnsteuerbeträge auf die Bestimmung des § 78 Abs. 3 EStG, im Übrigen darauf, dass der Beschwerdeführer das Fehlen der Mittel zur Abgabenentrichtung im Verwaltungsverfahren nicht nachgewiesen habe. Zum Fristverlängerungsansuchen des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde aus, es könne der Abgabenbehörde als Gläubiger nicht zugemutet werden, bis zum Abschluss des Zwangsausgleiches zuzuwarten und sich damit (nach der damaligen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) der Möglichkeit der Haftungsinanspruchnahme zu begeben. Das Fristverlängerungsansuchen, aus dem im Übrigen in keiner Weise hervorgegangen sei, dass der Beschwerdeführer überhaupt Nachweise seiner mangelnden Pflichtverletzung beibringen könne, sei daher zu Recht vom Finanzamt abgewiesen worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe sich nach Erhalt des Vorhaltes am "tunlichst bemüht", sämtliche Unterlagen beizuschaffen und die an ihn herangetragenen Fragen nach Besprechung mit seinem Steuerberater zu beantworten. Dies sei jedoch in der Kürze der Zeit - die gewährte Frist habe "exakt drei Wochen" betragen - nicht möglich gewesen. Das Finanzamt habe vor Erlassung des Haftungsbescheides kein Ermittlungsverfahren durchgeführt; es habe die Frist zur Beantwortung des Fragenvorhaltes angesichts des äußerst umfangreichen Auftrages zu kurz bemessen und in der Folge seinen begründeten Fristverlängerungsantrag zu Unrecht abgewiesen. Dies belaste den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Geschäftsführer verpflichtet darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat. Es hat nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Ebenso hat der Geschäftsführer darzutun, dass er die Abgabenforderungen bei der Verfügung über die vorhandenen Mittel nicht benachteiligt hat. Kommt der Geschäftsführer dieser Verpflichtung nicht nach, kann die Behörde davon ausgehen, dass er seiner Pflicht zur Abgabenentrichtung schuldhaft nicht nachgekommen ist (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/13/0090).

Dem angefochtenen Bescheid liegt dieses vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretene Verständnis der Geschäftsführerhaftung gemäß den §§ 9 und 80 BAO zu Grunde. Auf dem Boden dieser Rechtsprechung - der Beschwerdeführer hat unbestritten kein Sachvorbringen erstattet, weshalb er nicht für die rechtzeitige Abgabenentrichtung habe sorgen können - ist das Beschwerdevorbringen daher lediglich dahingehend zu prüfen, ob es der Beschwerde gelingt, eine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die belangte Behörde aufzuzeigen. Dies trifft nicht zu. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass ein (allfälliger) Verfahrensmangel nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu führen hat, wenn die Behörde bei Vermeidung dieses Mangels zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Dies ist vom Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof soweit darzustellen, dass ein solches Ergebnis vom Verwaltungsgerichtshof nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/14/0056). Die Beschwerde bietet keinerlei Anhaltspunkt dafür, an welchem Sachvorbringen der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren gehindert war.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag dem Beschwerdeführer aber auch nicht darin beizupflichten, er habe im Verwaltungsverfahren nicht genügend Zeit gehabt, ein entsprechendes Sachvorbringen zu erstatten. Dem Beschwerdeführer war spätestens mit Erhalt des Vorhaltes am bekannt, dass es an ihm lag, jene Gründe aufzuzeigen, die ihn daran gehindert haben, für eine rechtzeitige Abgabenentrichtung der Gesellschaft Sorge zu tragen. Warum es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen sein sollte, auch bei Abwesenheit der Sachbearbeiterin in die Buchhaltungsunterlagen der Gesellschaft Einsicht zu nehmen bzw. diese vom Steuerberater abzuholen, wurde im Fristverlängerungsansuchen in keiner Weise aufgezeigt. Zu Recht wird im angefochtenen Bescheid auch ausgeführt, dass das Fristverlängerungsansuchen keinerlei Hinweis darauf enthalten habe, dass sich aus den beim Steuerberater abzuholenden Unterlagen überhaupt Nachweise dafür finden ließen, die gegen eine Pflichtverletzung durch den Beschwerdeführer sprechen könnten. Dieser Umstand wiegt umso schwerer, als auch die Berufung kein diesbezügliches Vorbringen enthalten hat. Wenn die belangte Behörde das Fristverlängerungsansuchen daher im Zusammenhang mit den gleichzeitig laufenden Bemühungen des Geschäftsführers gesehen hat, einen Zwangsausgleich und aus damaliger Sicht damit eine Befreiung von der Geschäftsführerhaftung zu erreichen, kann dies nicht als unschlüssig erkannt werden. Im Übrigen war der Beschwerdeführer auch nach Erhalt des das Fristverlängerungsansuchen abweisenden Bescheides nicht daran gehindert, ein entlastendes Vorbringen zu erstatten und damit dem Vorwurf der Verfahrensverschleppungsabsicht zu begegnen. Die Berufungsbehörde ist zufolge der Bestimmung des § 280 BAO verhalten, auf alle neuen Tatsachen, Beweise und Anträge, die ihr im Laufe des Berufungsverfahrens zur Kenntnis gelangen, Bedacht zu nehmen (vgl. in diesem Zusammenhang auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/13/0176). Die Gewährung einer Fristverlängerung zur Vorhaltsbeantwortung bietet dem Abgabepflichtigen lediglich die Sicherheit, dass eine Berufungserledigung nicht vor Ablauf der gewährten Frist erfolgen wird.

Die Beschwerde sieht eine weitere Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, dass er vor rechtskräftiger Bestätigung der Ausgleichsquote ergangen sei und somit zu einem Zeitpunkt, zu dem die Uneinbringlichkeit der rückständigen Abgabenschuldigkeiten noch nicht festgestanden sei. Dieses Vorbringen ist gleichfalls nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die Haftung nach § 9 BAO ist eine Ausfallshaftung und setzt als solche die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden voraus. Die Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären (vgl. für viele das Erkenntnis des verstärkten Senates vom , Zl. 96/15/0049). Aus der Konkurseröffnung allein ergibt sich demnach zwar noch nicht zwingend die Uneinbringlichkeit, diese ist aber jedenfalls dann anzunehmen, wenn im Lauf des Insolvenzverfahrens feststeht, dass die Abgabenforderung im Konkurs mangels ausreichenden Vermögens nicht befriedigt werden kann; diesfalls ist ein Abwarten der vollständigen Abwicklung des Konkurses nicht erforderlich (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom , mit weiteren Nachweisen). Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang die Feststellung getroffen, es sei von einer Ausgleichsquote in Höhe von 20 % auszugehen und hat deshalb den Forderungsbetrag auf 80 % des aushaftenden Abgabenbetrages eingeschränkt. Dass diese Feststellung zu Unrecht erfolgt sei, behauptet die Beschwerde nicht.

Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am