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VwGH vom 13.12.1991, 91/13/0142

VwGH vom 13.12.1991, 91/13/0142

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der L GmbH in N, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom , GZ 6/2-68/91-10, betreffend Aufhebung einer Berufungsvorentscheidung über Haftung für Kapitalertragsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom wurde die Beschwerdeführerin zur Haftung für Kapitalertragsteuer im Betrag von S 186.208,-- herangezogen. Nach Einbringung einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 275 BAO aufgetragen, bis zum eine Erklärung darüber, welche Änderungen durch die Berufung beantragt werden, sowie eine Begründung nachzureichen.

Nach einem Aktenvermerk über ein am durchgeführtes Ferngespräch wurde die Frist (fernmündlich) bis verlängert.

In einer Eingabe vom wurde unter anderem ausgeführt, daß der Haftungsbescheid dem ausgewiesenen Vertreter der Beschwerdeführerin bis dahin nicht zugestellt worden sei. Es wurde beantragt, den gegenständlichen Bescheid dem Vertreter der Beschwerdeführerin zuzustellen.

Das Finanzamt erließ hierauf eine Berufungsvorentscheidung, mit der die Berufung gegen den "Kapitalertragsteuerbescheid" als unbegründet abgewiesen wurde.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid hob die belangte Behörde die Berufungsvorentscheidung "gemäß § 299 Abs. 1 lit. c BAO wegen der Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden müssen," auf. In der Begründung des Bescheides wurde die Ansicht vertreten, das Finanzamt hätte, da die Frist zur Mängelbehebung () fruchtlos abgelaufen war, die Berufung richtigerweise gemäß § 256 Abs. 3 in Verbindung mit § 275 BAO als gegenstandslos erklären und das Berufungsverfahren einstellen müssen.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen

inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 299 Abs. 1 lit. c BAO kann ein Bescheid in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der Oberbehörde aufgehoben werden, wenn Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Ferner kann ein Bescheid nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle von der Oberbehörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Wenn eine Berufung nicht den im § 250 Abs. 1 oder Abs. 2 erster Satz BAO umschriebenen Erfordernissen entspricht, so hat die Abgabenbehörde erster Instanz dem Berufungswerber gemäß § 275 BAO die Behebung dieser inhaltlichen Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Berufung nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt.

Nach § 276 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz eine Berufung durch Berufungsvorentscheidung erledigen, wenn ein Anlaß zur Zurückweisung nicht vorliegt und etwaige Formgebrechen und inhaltliche Mängel (§§ 85 Abs. 2 und 275 BAO) behoben sind.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß vom Vertreter der Beschwerdeführerin erst nach Ablauf der bescheidmäßig bestimmten Frist zur Behebung von Mängeln der gegenständlichen Berufung fernmündlich um Verlängerung der Frist angesucht wurde und daß die Frist von einem Organ des Finanzamtes fernmündlich bis verlängert wurde. Die Verlängerung einer an sich verlängerbaren Frist (vgl. § 110 Abs. 2 BAO) kann aber nur über ein vor deren Ablauf gestelltes Ansuchen erfolgen. Eine in diesem Sinne bereits abgelaufene Frist kann somit begrifflich nicht mehr verlängert werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2434/49). Daraus folgt, daß es im Beschwerdefall zu einer

- rechtzeitigen - Behebung der inhaltlichen Mängel der Berufung nicht gekommen ist. Somit lag aber eine der Voraussetzungen für die Erlassung einer Berufungsvorentscheidung, nämlich die Behebung inhaltlicher Mängel der Berufung, nicht vor, sodaß die Berufungsvorentscheidung mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet und damit ein Aufhebungstatbestand im Sinne des § 299 BAO erfüllt ist.

Da dabei der von der belangten Behörde herangezogene Aufhebungsgrund (Nichtbefolgung des Mängelbehebungsauftrages) die Erlassung des angefochtenen Bescheides stützt, hatte eine Erörterung der Frage, ob die Erlassung der Berufungsvorentscheidung schon im Hinblick auf die dem Gesetz nicht entsprechende Zustellung des mit Berufung angefochtenen Haftungsbescheides rechtlich verfehlt gewesen ist, zu unterbleiben.

Dadurch, daß sich die belangte Behörde im Spruch des Aufhebungsbescheides in der Bezeichnung des Aufhebungstatbestandes vergriffen hat (Aufhebung wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften statt richtigerweise Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit), konnte im übrigen die Beschwerdeführerin in ihren Rechten nicht verletzt werden (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 89/15/0075).

Da für die Rechtmäßigkeit des in Beschwerde gezogenen Bescheides alleine das Vorliegen eines Aufhebungstatbestandes maßgebend ist, geht die Rüge der Beschwerdeführerin, es sei (bisher) kein Bescheid im Sinne des § 256 Abs. 3 BAO erlassen worden, ins Leere. Für das Beschwerdeverfahren ist die letztgenannte Bestimmung ebensowenig präjudiziell wie die weiters von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Bestimmungen der Bundesabgabenordnung über die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie § 289 Abs. 1 BAO über die Erlassung einer Sachentscheidung.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.