VwGH vom 09.11.1994, 94/13/0184
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der T-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. 6/2 - 2089/93-10, betreffend Körperschaftsteuer 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist ausschließlich die Frage strittig, ob die Vermögensteuer und die Abgabe nach dem Erbschaftssteueräquivalentgesetz nach den Bestimmungen des Körperschaftsteuergesetzes 1988 in seiner Stammfassung abzugsfähige Betriebsausgaben darstellen.
Die belangte Behörde verneinte dies im angefochtenen Bescheid mit dem Hinweis auf den Wortlaut der Bestimmung des § 12 Abs. 1 Z. 6 KStG 1988.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung jedoch mit seinem Beschluß vom , B 11/94, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten hat. Vor diesem Gerichtshof erklärt sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid erkennbar in ihrem Recht auf Geltendmachung von Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent als Betriebsausgaben als verletzt und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, allenfalls jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die maßgebenden Bestimmungen des Körperschaftsteuergesetzes 1988 in seiner für das Streitjahr geltenden Fassung haben folgenden Wortlaut:
Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 6 dürfen bei den einzelnen Einkünften die Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern sowie die Abgabe nach dem Erbschaftssteueräquivalentgesetz, soweit sie nicht unter § 8 Abs. 4 Z. 2 fallen, und die Umsatzsteuer, die auf nichtabzugsfähige Aufwendungen entfällt, nicht abgezogen werden. Gemäß § 8 Abs. 4 Z. 2 erster Satz desselben Gesetzes sind bei Kapitalgesellschaften und Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften die Vermögensteuer und die Abgabe nach dem Erbschaftssteueräquivalentgesetz bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen.
Der von der Beschwerdeführerin zur Begründung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides getroffene Verweis auf den Inhalt ihrer Verfassungsgerichtshofbeschwerde läßt außerhalb der nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes fallenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmung des § 12 Abs. 1 Z. 6 KStG 1988 die Überlegung erkennen, daß auch der Wortlaut der dargestellten Normen das von der Beschwerdeführerin gewünschte Auslegungsergebnis einer Abzugsfähigkeit von Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent als Betriebsausgaben erlaube, welcher Umstand nach dem Gebot verfassungskonformer Interpretation von Gesetzen eine solche Auslegung auch gebiete. Nehme die Bestimmung des § 12 Abs. 1 Z. 6 KStG 1988 solche Steuern, welche unter § 8 Abs. 4 Z. 2 leg. cit. fallen, durch die Einschränkung, "soweit sie nicht unter § 8 Abs. 4 Z. 2 fallen", von dem in § 12 Abs. 1 Z. 6 KStG 1988 normierten Abzugsverbot aus, dann könnten die unter § 8 Abs. 4 Z. 2 KStG 1988 fallenden Steuern eben auch ihrer systemkonformen Behandlung als Betriebsausgaben zugeführt werden. Die gegen dieses Auslegungsergebnis unter dem Gesichtspunkt systematischer Interpretation bestehenden Bedenken hätten dabei gegenüber dem Gebot verfassungskonformer Gesetzesinterpretation in den Hintergrund zu treten.
Nach der für alle Gesetze geltenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 91/13/0060, ÖStZB 1993, 460) Auslegungsregel des § 6 ABGB darf einem Gesetz in der Anwendung kein anderer Verstand beigelegt werden, als welcher aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhange und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet. Daß die von der Beschwerdeführerin unternommene Interpretation der Bestimmung des § 12 Abs. 1 Z. 6 KStG 1988 gegen diesen Grundsatz verstößt, ist offensichtlich und wird in den Beschwerdeausführungen auch weitgehend zugestanden. Die Bestimmung des § 8 Abs. 4 Z. 2 KStG 1988 normiert den Charakter bestimmter Ausgaben als Sonderausgaben mit der Einschränkung, daß solche Ausgaben nur dann als Sonderausgaben abzuziehen sind, wenn sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen. Wenn der Gesetzgeber bei der Aufzählung jener Ausgaben, die bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden dürfen, die Steuern vom Einkommen, die sonstigen Personensteuern und die Abgabe nach dem Erbschaftssteueräquivalentgesetz, "soweit sie nicht unter § 8 Abs. 4 Z. 2 fallen", angeführt hat, dann bedeutete es eine Verkehrung der aus den genannten Bestimmungen offen hervorleuchtenden gesetzgeberischen Absicht, wenn man die vom Gesetzgeber (bloß) als Sonderausgaben normierten Abgaben unter dem Prätext der sprachlichen Fassung des § 12 Abs. 1 Z. 6 KStG 1988 doch als Betriebsausgaben zum Abzug zulassen wollte. Die in der letztgenannten Bestimmung gebrauchte Wendung, "soweit sie nicht unter § 8 Abs. 4 Z. 2 fallen", kann unter dem Gesichtspunkt teleologischer und systematischer Gesetzesinterpretation nicht als Ausnahme von den im § 12 KStG 1988 normierten Abzugsverboten, sondern nur als legistisch mißlungener, weil überflüssiger und irreführender Hinweis darauf verstanden werden, daß die in der Bestimmung des § 12 Abs. 1 Z. 6 KStG 1988 angeordnete Abzugsuntauglichkeit solcher Steuern als Betriebsausgaben nicht deren Geltendmachung als Sonderausgaben nach Maßgabe der Bestimmung des § 8 Abs. 4 Z. 2 leg. cit. hindere.
Die Beschwerdeführerin bestreitet die methodische Richtigkeit dieser zum Ergebnis des angefochtenen Bescheides führenden Auslegung im Grunde auch nicht. Sie hält dem nur das Gebot verfassungskonformer Interpretation entgegen, welches das von ihr als gleichheitswidrig erachtete Interpretationsergebnis mit einer Lösung vermeide, die noch innerhalb des äußerst möglichen Wortsinnes des Gesetzestextes liege. Damit läßt die Beschwerdeführerin aber die Bestimmung des § 6 ABGB außer acht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , 83/14/0215, 0222). Ihr Interpretationsansatz läuft im Ergebnis darauf hinaus, eine dem Gesetzgeber unterlaufene legistische Ungeschicklichkeit zum Anlaß dafür zu nehmen, eine gesetzliche Regelung entgegen der offenkundigen Absicht des Gesetzgebers in jenem anderen Sinn und so mit jenem anderen Inhalt als getroffen anzusehen, den sie nach den verfassungsrechtlichen Vorstellungen der Beschwerdeführerin hätte haben sollen. Daß sich die belangte Behörde einem solchen Interpretationsansatz verschlossen hat, war nicht rechtswidrig.
Aus dem Gebot verfassungskonformer Interpretation von Gesetzen als Teilelement der teleologisch-systematischen Auslegung ist für den Standpunkt der Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall nichts zu gewinnen. Zum einen stößt diese Auslegungsmethode dort an ihre Grenze, wo die "aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte IN IHREM ZUSAMMENHANG" hervorleuchtende "klare Absicht des Gesetzgebers" unzweifelhaft feststellbar ist. Zum anderen teilt der Verwaltungsgerichtshof die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführerin auch nicht:
Daß das steuerliche Ergebnis mehrerer, gedanklich zu einer Periode zusammengezogener Besteuerungszeiträume ein anderes als die Summe der periodenbezogen ermittelten Steuerlasten sein kann, folgt aus dem Wesen der periodenbezogenen Besteuerung. Das Rechtsinstitut des Verlustabzuges soll diese Konsequenz mildern, kann sie jedoch nicht ausschließen. Wie es nicht verfassungswidrig ist, daß der Verlustabzug auch bei der Einkommensbesteuerung natürlicher Personen auf bestimmte Einkunftsarten beschränkt ist, so sieht der Verwaltungsgerichtshof auch die von der Beschwerdeführerin dargestellte Auswirkung der vom Gesetzgeber augenscheinlich gewollten Rechtslage vor dem Hintergrund des geltenden Besteuerungssystems nicht als bedenklich an.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.