VwGH vom 23.11.1994, 94/13/0182
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl GA 5-2219/92, betreffend Jahresausgleich für die Kalenderjahre 1989 bis 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist evangelischer Pfarrer und Religionslehrer und bezieht aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Anläßlich von Anträgen auf Durchführung des Jahresausgleiches für die Jahre 1989 bis 1991 beantragte der Beschwerdeführer, die von ihm geleisteten Kirchenbeiträge als Sonderausgaben und den die Sonderausgaben übersteigenden Betrag als Werbungskosten anzuerkennen.
Das Finanzamt anerkannte jeweils S 1.000,-- als Sonderausgaben, lehnte aber die Anerkennung der darüber hinaus entrichteten Kirchenbeiträge als Werbungskosten ab.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde eine dagegen eingebrachte Berufung, worin der Beschwerdeführer ausgeführt hatte, daß der Kirchenbeitrag für ihn eine notwendige und berufstypische Ausgabe sei, deren Nichtleistung den sofortigen Berufsverlust zur Folge habe, ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, der Entschluß einer religiösen Gemeinschaft angehören zu wollen, sei eine in der Privatsphäre getroffene Entscheidung und der Kirchenbeitrag nur Ausfluß dieser Entscheidung.
Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Die Formulierung "Aufwendungen zur ..." bringt deutlich zum Ausdruck, daß der Aufwand dem Zweck der Einnahmenerzielung dienen muß. Es muß sich um Aufwendungen handeln, die ebenso im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit stehen wie das Tätigwerden des Erwerbstätigen selbst. Der Zusammenhang muß sich aus der Sicht der Erwerbstätigkeit ergeben und ist daher sachlicher Natur. Aufwendungen, die ihre Ursache in den persönlichen Lebensverhältnissen des Steuerpflichtigen haben, stellen keine Werbungskosten dar, auch wenn sie Voraussetzung dafür sein mögen, daß der Steuerpflichtige überhaupt erwerbstätig werden kann (vgl das hg Erkenntnis vom , 85/13/0121).
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Ansicht der belangten Behörde, daß die Verpflichtung zur Leistung von Kirchenbeiträgen Ausfluß der in der Privatsphäre getroffenen Entscheidung, einer religiösen Gemeinschaft angehören zu wollen, ist. Dieser Grundsatz - welchem der Beschwerdeführer gar nicht entgegentritt - muß auch und umsomehr für einen geistlichen Amtsträger gelten, dessen Bekenntnis zur betreffenden Religionsgemeinschaft aus persönlicher Überzeugung - ungeachtet der formalen Berufsvoraussetzung des § 2 der Ordnung des geistlichen Amtes, nämlich der Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche - geradezu als Grundvoraussetzung für die Ausübung seines Berufes angesehen werden muß. Daß der Beschwerdeführer seine Mitgliedschaft zur betreffenden Religionsgemeinschaft aus anderen als persönlichen Gründen, etwa um im Hinblick auf § 2 der oben erwähnten Ordnung das geistliche Amt ausüben zu können, aufrecht erhalten oder erworben habe, wurde von diesem selbst nicht behauptet. Damit ist aber einem wirtschaftlichen Zusammenhang des Kirchenbeitrages mit der Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers grundsätzlich der Boden entzogen.
Zur Frage der Notwendigkeit der Bezahlung des Kirchenbeitrages zur Erhaltung des Berufes ist folgendes zu sagen: Es ist richtig, daß die Nichtentrichtung des Kirchenbeitrages nicht zum Verlust der Mitgliedschaft in der Religionsgemeinschaft führt, weil erst bei einem eventuellen Austritt aus der Religionsgemeinschaft die Verpflichtung, Kirchenbeitrag zu entrichten, ab diesem Austritt entfällt. Die Nichtentrichtung des Kirchenbeitrages führt unmittelbar noch zu keinem Berufsverlust. Den Grund für den - wie der Beschwerdeführer einräumt - nur im Extremfall (etwa bei ständiger Verweigerung des Kirchenbeitrages) und überdies nur eine (disziplinäre) Sanktionsmöglichkeit darstellenden drohenden Berufsverlust eines geistlichen Amtsträgers sieht der Beschwerdeführer selbst darin, daß an der Eignung des Amtsträgers für das geistliche Amt gezweifelt werden müßte. Diese Zweifel sind aber insoweit letztlich Zweifel an der oben erwähnten - in der Privatsphäre verursachten - persönlichen Überzeugung, welche als solche der Ausübung des geistlichen Amtes entgegenstünden. Der Amtsverlust droht daher nicht wegen der Nichtentrichtung des Kirchenbeitrages, sondern allenfalls wegen der mangelnden Eignung für das Amt.
Der Beschwerdeführer bringt auch vor, daß in der Praxis der Kirchenbeitragsbehörden die Beiträge der "einfachen" Kirchenmitglieder häufig mangels Vorlage der Einkommensunterlagen recht niedrig eingeschätzt würden, auch um einen möglichen Kirchenaustritt des betreffenden Mitgliedes zu vermeiden. Diese Möglichkeit stehe dem Beschwerdeführer aber nicht zur Verfügung, weil sein Einkommen für die Kirchen offenliege und deswegen § 18 Abs 1 Z 5 EStG 1988 keinen angemessenen Ausgleich herstelle. Es kann dahingestellt bleiben, ob und warum die Kirchenbeitragsbehörden die Kirchenbeiträge der "einfachen" Kirchenmitglieder "häufig recht niedrig einschätzen" und ob § 18 Abs 1 Z 5 EStG im Zusammenhang damit einen "angemessenen Ausgleich darstellen". Das Argument des Beschwerdeführers vermag schon deswegen nicht zu überzeugen, weil die Unmöglichkeit, gegen bestimmte Vorschriften zu verstoßen, es noch nicht rechtfertigt, die daraus resultierenden, den Vorschriften der Höhe nach entsprechenden, jedenfalls aber durch die Privatsphäre verursachten Aufwendungen als Werbungskosten zu beurteilen.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.