VwGH vom 25.08.2005, 2003/16/0480
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der K. GmbH in N, vertreten durch Dr. Manfred Pochendorfer, Rechtsanwalt in 4910 Ried, Eiselsbergstraße 1a, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Wels vom , Zl. Jv 469 - 33a/01, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben an das Landesgericht Wels vom brachte die Beschwerdeführerin, eine "sog. kleine GmbH" iSd § 221 Abs. 1 HGB vor, mit "Zahlungsaufforderung" vom seien ihr für die Bekanntmachung der Eintragung der erfolgten Einreichung des Jahresabschlusses Gebühren in Höhe von S 1.700,-- (einschließlich einer Einhebungsgebühr in Höhe von S 100,--) vorgeschrieben worden. Diese Gebühren stellten eine versteckte Besteuerung dar, die nach Art. 10 lit. c der "EG-Kapitalansammlungsrichtlinie" vom , 69/335/EWG, rechtlich unzulässig sei, was auch aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom (Ponente Carni und Cispadana Costruzione), C 71/91 und C 178/91, hervorgehe. Es bestehe kein Allgemeininteresse an der Veröffentlichung der gegenständlichen Daten in der amtlichen Wiener Zeitung. Vielmehr sei davon auszugehen, dass eine im Firmenbuch eingetragene Gesellschaft schon aus eigenem Interesse ihrer Vorlagepflicht nachkomme, weil sie andernfalls im Register gelöscht werden würde. Bereits die Tatsache der Eintragung einer Gesellschaft im Firmenbuch spreche für die Vermutung der Einreichung des Jahresabschlusses, ohne dass es einer Veröffentlichung desselben bedürfe. Die elektronische Firmenbuch-Datenbank ermögliche eine um vieles einfachere Informationsbeschaffung als die Suche der Bekanntmachungen in der Wiener Zeitung.
Das Motiv für die objektiv überflüssige und formal unzweckmäßige Bekanntmachungspraxis liege nicht im Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit, sondern vielmehr darin, über die dafür zur Vorschreibung gelangenden Gebühren die Wiener Zeitung zu subventionieren. Wäre mit der Bekanntmachung nicht nur ein kommerzieller Nutzen für das Monopolmedium, sondern auch ein solcher für die Öffentlichkeit verbunden gewesen, so wäre sicherlich nicht die Pflichtveröffentlichung für Kapitalgesellschaften aller Größenklassen mit Ausnahme der großen AG mit der Novelle des Handelsgesetzbuches abgeschafft worden. Dies sei der Beweis dafür, dass die Veröffentlichung keinen anderen Zweck verfolge, als denjenigen, der Wiener Zeitung Monopoleinnahmen zu verschaffen.
Das Schreiben der beschwerdeführenden Partei wurde von der belangten Behörde als Berichtigungsantrag gemäß § 7 GEG angesehen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Antrag auf Berichtigung des Zahlungsauftrages über S 1.700,-- nicht statt. Begründend führte sie aus, die Beschwerdeführerin habe entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen am den Jahresabschluss 1999 beim Landesgericht Wels als Firmenbuchgericht eingebracht. Infolgedessen habe der Kostenbeamte die fälligen Gerichtsgebühren, deren Höhe nicht bestritten worden sei, vorgeschrieben. Hinsichtlich des Berufungsvorbringens, dass es sich bei den vorgeschriebenen Gebühren um eine versteckte Besteuerung handle, welche im Hinblick auf die EG-Kapitalansammlungsrichtlinie vom "rechtlich unzulässig" sei, wies die belangte Behörde darauf hin, dass die gemäß TP 10 und deren Anmerkung 6 GGG vorgeschriebene Gebühr in der dort vorgesehenen Höhe nicht gegen Art. 10 iVm Art. 12 Abs. 1 lit. e der Richtlinie verstoße.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom , Zl. B 519/01-3, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene - Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem "Recht auf Gebührenfreiheit" hinsichtlich der Eintragungs- und Bekanntmachungsgebühr verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Strittig ist im Beschwerdefall, ob die Vorschreibung der Gebühren (S 100,-- für die Eintragung der Einreichung des Jahresabschlusses durch die Beschwerdeführerin im Firmenbuch und S 1.500-- für die Bekanntmachung dieser Tatsache im Amtsblatt zur Wiener Zeitung) gegen die Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital verstößt.
Gemäß § 5 Z 3 FBG ist bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung u.a. der Tag der Einreichung des Jahres- und Konzernabschlusses (§§ 277 bis 280 HGB) sowie deren Abschlussstichtag (in das Firmenbuch) einzutragen.
Das Firmenbuchgericht hat den Tag der Eintragung des Jahresabschlusses sowie den Abschlussstichtag durch Veröffentlichung im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" bekannt zu geben (vgl. Lechner in Straube, HGB II2/RLG § 277 Rz 8).
§ 10 Abs. 1 HGB idF BGBl. Nr. 475/1990 lautet:
"§ 10. (1) Die nach dem dritten Buch dieses Gesetzes vorzunehmenden Veröffentlichungen sind im 'Amtsblatt zur Wiener Zeitung' bekannt zu machen."
§ 15 HGB idF BGBl. Nr. 10/1991 lautet:
"§ 15. (1) Solange eine in das Firmenbuch einzutragende Tatsache nicht eingetragen und bekannt gemacht ist, kann sie von demjenigen, in dessen Angelegenheiten sie einzutragen war, einem Dritten nicht entgegengesetzt werden, es sei denn, daß sie diesem bekannt war.
(2) Ist die Tatsache eingetragen und bekanntgemacht worden, so muß ein Dritter sie gegen sich gelten lassen. Dies gilt nicht bei Rechtshandlungen, die innerhalb von 15 Tagen nach der letzten Bekanntmachung vorgenommen werden, sofern der Dritte beweist, daß er die Tatsache weder kannte noch kennen mußte."
§ 277 Abs. 2 HGB idF BGBl. Nr. 304/1996 lautet:
"(2) Der Vorstand einer großen Aktiengesellschaft (§ 221 Abs. 3) hat die Veröffentlichung des Jahresabschlusses ... im 'Amtsblatt zur Wiener Zeitung' zu veranlassen. ..."
§ 278 Abs. 1 HGB idF BGBl. Nr. 304/1996 lautet:
"§ 278. (1) Auf kleine Gesellschaften mit beschränkter Haftung (§ 221 Abs. 1) ist § 277 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die gesetzlichen Vertreter nur die Bilanz und den Anhang einzureichen haben. Die offenzulegende Bilanz braucht nur die in § 224 Abs. 2 und 3 mit Buchstaben und römischen Zahlen bezeichneten Posten, der Anhang nur die in § 242 Abs. 2 aufgezählten, mit Ausnahmen der die Gewinn- und Verlustrechnung betreffenden Angaben, zu enthalten. ..."
Nach TP 10 D I lit. b Z 5 GGG beträgt die Eintragungsgebühr betreffend "Einreichung des Jahresabschlusses, Konzernabschlusses, Durchführung der Revision" S 100,--.
Die Anmerkung 6 zur TP 10 GGG lautet auszugsweise:
"Fallen Einschaltungskosten für Veröffentlichungen im Inland an, so ist hiefür eine zusätzliche Gebühr in Höhe von 3.000 S zu entrichten; ist Gegenstand der Veröffentlichung nur die Änderung der Geschäftsanschrift oder nur die Einreichung des Jahresabschlusses, so ermäßigt sich diese Gebühr auf die Hälfte. ..."
Die Artikel 10 und 12 der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (im Folgenden: Richtlinie 69/335/EWG), ABl. L 249, S. 25, idF der Richtlinie des Rates 85/303/EWG lauten (auszugsweise):
"Artikel 10
Abgesehen von der Gesellschaftsteuer erheben die Mitgliedstaaten von Gesellschaften, Personenvereinigungen oder juristischen Personen mit Erwerbszweck keinerlei andere Steuern oder Abgaben auf:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
a) | … | |||||||||
b) | … | |||||||||
c) | die der Ausübung einer Tätigkeit vorangehende Eintragung oder sonstige Formalität, der eine Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristische Person mit Erwerbszweck auf Grund ihrer Rechtsform unterworfen werden kann." | |||||||||
"Art. 12 |
(1) In Abweichung von den Artikeln 10 und 11 können die Mitgliedstaaten folgendes erheben:
…
e) Abgaben mit Gebührencharakter
…"
Artikel 10 in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 Buchtstabe e der Richtlinie 69/335/EWG begründet für den Einzelnen Rechte, auf die er sich vor den nationalen Gerichten berufen kann (vgl. das , Slg. 1997, I-06783).
Wie der EuGH in seinem Urteil vom , C-71 und C- 178/91 "Ponente Carni", Slg. 1993, I-1915, ausgesprochen hat, ist Art. 12 der Richtlinie so auszulegen, dass die in seinem Abs. 1 Buchstabe e genannten Abgaben mit Gebührencharakter Abgaben sein können, die als Gegenleistung für im Allgemeininteresse gesetzlich vorgeschriebene Vorgänge, wie etwa die Eintragung von Kapitalgesellschaften, zu entrichten sind. Die Höhe dieser Abgaben, die je nach Gesellschaftsform verschieden sein kann, muss nach den Kosten des Vorgangs, die pauschal ermittelt werden können, berechnet sein. In einer Abgabe, deren Höhe keinen Zusammenhang mit den Kosten des besonderen Dienstes aufwiese oder deren Höhe sich nicht nach den Kosten des Vorgangs, für den sie die Gegenleistung darstellt, richtete, sondern nach den gesamten Verwaltungs- und Investitionskosten müsste eine Belastung gesehen werden, für die allein das Verbot des Art. 10 der Richtlinie gilt.
In seinem bereits genannten hat der EuGH ausgesprochen, dass die von den Gesellschaften erhobenen Abgaben nur dann Gebührencharakter haben, wenn sie allein auf der Grundlage der Kosten der betreffenden Förmlichkeiten berechnet werden, wobei in diese Beträge auch die Kosten unbedeutenderer gebührenfreier Vorgänge eingehen dürfen. Für die Bemessung dieser Kosten kann ein Mitgliedstaat sämtliche Kosten berücksichtigen, die mit den Eintragungen zusammenhängen, einschließlich des auf die Vorgänge entfallenden Teiles der allgemeinen Kosten. Zudem kann ein Mitgliedstaat pauschale Abgaben vorsehen und deren Höhe zeitlich unbegrenzt festsetzen, wenn er sich in regelmäßigen Abständen vergewissert, dass diese Beträge nicht die durchschnittlichen Kosten der betreffenden Vorgänge übersteigen.
Die fixen Beträge von S 100,-- bzw. von S 1.500,-- sind für die Eintragung der Einreichung des Jahresabschlusses bzw. für die Bekanntmachung dieses Umstandes im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" zu entrichten. Im Gegensatz zu dem dem zugrunde liegenden Sachverhalt handelt es sich im Beschwerdefall nicht um jährliche Gebühren, die für eine einmalige Leistung zu erbringen sind, sondern um Gebühren, die mit der alljährlichen Einreichung des Jahresabschlusses und der Eintragung und Veröffentlichung dieses Vorganges verbunden sind. Die genannten fixen Beträge stellen daher - ihrer geringen Höhe wegen - ein den Kosten des (mit der der Einreichung des Jahresabschlusses verbundenen) Firmenbuchvorganges bzw. der Bekanntmachung dieser Tatsache entsprechendes Äquivalent und keineswegs einen an den "gesamten Verwaltungs- und Investitionskosten" des mit dem Vorgang betrauten Dienstes orientierten Betrag dar. Ein Konflikt mit der zitierten Richtlinienbestimmung ist daher mit einer jeden Zweifel ausschließenden Sicherheit zu verneinen (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/16/0570, in welchem der Verwaltungsgerichtshof die Eintragungsgebühr im Zusammenhang mit einer Umwandlung in Höhe von S 3.500,-- zu beurteilen hatte).
Die Beschwerde ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am