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VwGH vom 25.02.2003, 99/14/0241

VwGH vom 25.02.2003, 99/14/0241

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über die Beschwerde der Agrargemeinschaft U in M, vertreten durch Peer, Zauner & Partner Wirtschaftsprüfung GmbH in 4910 Ried im Innkreis, Johannesgasse 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. RV 635/1-10/1999, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist i.A. Körperschaftsteuer 1994 bis 1997 zuzüglich Verspätungszuschlägen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gemäß § 308 BAO ab. Nach Verlängerung der Berufungsfrist bis sei das Ansuchen um neuerliche Verlängerung der Rechtsmittelfrist erst am , somit verspätet, zur Post gegeben worden. Die zuständige Angestellte in der Kanzlei der Vertreterin der Beschwerdeführerin habe bekannt gegeben, dass sie ausdrücklich darauf hingewiesen worden wäre, dass das Schriftstück noch am selben Tag () zur Post gelangen müsse. Auf Grund des Kanzleiurlaubes bis wären am besonders viele Schriftstücke zu versenden gewesen. Wegen der Hektik dieses Tages wäre ihr offensichtlich der Fehler unterlaufen, dass sie den Brief zu der Post für den folgenden Tag gelegt habe. Grundsätzlich wäre es nicht üblich, dass Schriftstücke liegen bleiben. Nur in äußerst seltenen Fällen, wenn der Arbeitsaufwand enorm hoch wäre, käme es vor, dass einige Schriftstücke ohne Fristenbindung erst am nächsten Tag erledigt würden. Die Eintragung im Fristenvormerk würde bereits dann gestrichen, wenn das betreffende Schriftstück unterschrieben und dann kopiert worden sei. Nach Bekanntwerden dieses Fehlers würden die Fristen im Fristenvormerk erst dann gestrichen, wenn das Schreiben schon im Kuvert und dieses frankiert sei, also unmittelbar vor der Postaufgabe.

Es gehöre zu den Organisationserfordernissen einer Kanzlei eines berufsmäßigen Parteienvertreters - so die belangte Behörde weiter -, dass eine Endkontrolle stattfinde, die sicherstelle, dass fristwahrende Schriftsätze tatsächlich gefertigt und abgesandt würden. Im vorliegenden Fall habe der Fristenvormerk dies nicht sicherstellen können. Im Zeitpunkt des Streichens im Fristenvormerk sei noch nicht sichergestellt gewesen, dass das Schriftstück tatsächlich kuvertiert und zur Post gegeben werde. Aus diesem Grund sei offenbar auch mittlerweile das System geändert worden. Der damals bestehende Organisationsmangel gehe über den Grad eines minderen Versehens hinaus.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 308 Abs. 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Ein Vertreter mit einem ordnungsmäßigen Kanzleibetrieb darf sich im Allgemeinen, so lange er nicht durch Fälle von Unzuverlässigkeit zu persönlicher Aufsicht und zu Kontrollmaßnahmen genötigt wird, darauf verlassen, dass sein Kanzleipersonal eine ihm aufgetragene Weisung auch befolgt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/13/0129). Es ist dem Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft weder zumutbar, selbst jene Wege und Hilfsdienste zu erbringen, für deren Besorgung er sich der Mithilfe von Kanzleikräften bedient, noch eine ausdrücklich angeordnete Postaufgabe auf ihr tatsächliches Stattfinden zu kontrollieren (vgl. auch dazu das genannte Erkenntnis Zl. 91/13/0129).

Dem gemäß wertete es der Verwaltungsgerichtshof auch nicht als ein über einen minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden der Partei bzw. ihres Vertreters, wenn die ausdrücklich angewiesene Angestellte das Schriftstück erst am nächsten Tag beim Postamt ihres Wohnsitzes aufgegeben hat (so im Fall des zitierten Erkenntnisses Zl. 91/13/0129) oder Schriftstücke versehentlich in der "Posttasche" liegen geblieben sind (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 95/18/1265, vom , Zl. 98/21/0395, und vom , Zl. 98/02/0414).

Vorliegend war jedoch - worauf die belangte Behörde zutreffend hingewiesen hat - durch keine organisatorische Maßnahme sichergestellt, dass aufzugebende Schriftstücke auch tatsächlich zur Post mitgenommen werden. Durch die vorzeitige Streichung der Eintragung im Fristenvormerk war es möglich, dass eine aufzugebende Sendung in den Kanzleiräumen verblieb, ohne dass dieser Umstand bemerkt wurde. Um ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Organisationsverschulden zu vermeiden, wäre eine Kontrolle dahin erforderlich gewesen, dass abzusendende Schriftstücke auch tatsächlich kuvertiert und für die Postaufgabe vorbereitet werden, zumal im gegenständlichen Kanzleibetrieb die Möglichkeit eingeräumt war, dass an sich fertige Postsendungen nicht am selben Tag, sondern erst am nächsten Tag zur Post gebracht werden konnten und durften. Durch die vorzeitig mögliche Streichung im Fristenvormerk war eine Kontrolle nicht durchführbar, ob eine Sendung in das Fach der am selben Tag oder in das Fach der erst in den nächsten Tagen aufzugebenden Poststücke gegeben wurde.

Da der Vertreterin der Beschwerdeführerin somit ein den Grad minderen Versehens übersteigendes Organisationsverschulden anzulasten ist, welches der Bewilligung der beantragten Wiedereinsetzung entgegen steht, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.

Wien, am