VwGH vom 11.12.1996, 94/13/0169
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und Hofräte Dr. Fellner,
Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom , GZ. 6/2 - 3492/93-04, betreffend Einkommensteuer 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war (einziger) Komplementär einer Kommanditgesellschaft, die ihren Betrieb mit Stichtag nach Art. III StruktVG in eine Gesellschaft m.b.H. einbrachte. In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 1988 machte der Beschwerdeführer Fremdkapitalzinsen in Höhe von S 344.596,-- bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen als Werbungskosten geltend. Hiezu traf eine abgabenbehördliche Prüfung (Tz. 14 des Betriebsprüfungsberichtes vom ) die Feststellung, zur rechtlichen Durchführung der Einbringung nach Art. III StruktVG sei es Voraussetzung gewesen, das negative Kapitalkonto des Beschwerdeführers durch entsprechende Einlagen "zu beseitigen". Diese Einlagen seien fremdfinanziert worden. Erhebungen im Betriebsprüfungsverfahren hätten ergeben, daß das negative Kapitalkonto durch hohe Privatentnahmen in den Jahren 1985 bis 1987 entstanden sei. Da im Prüfungsfall das aufzufüllende negative Kapitalkonto nur durch die zuordenbaren Privatentnahmen 1985 bis 1987 entstanden sei, seien die entsprechenden Zinsen im Jahr 1988 nicht als Werbungskosten anzuerkennen.
Die gegen den auf der Ansicht der Betriebsprüfung beruhenden Einkommensteuerbescheid 1988 eingebrachte Berufung blieb erfolglos. Im nunmehr angefochtenen Bescheid vertrat die belangte Behörde zwar die Ansicht, daß Schuldzinsen für einen Kredit u.a. zur Anschaffung einer GesmbH-Beteiligung in vollem Umfang Werbungskosten seien, wenn auf Dauer gesehen ein Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben erwartet werden könne, im Beschwerdefall seien die Fremdmittel allerdings "in wirtschaftlicher Betrachtungsweise" zur Abdeckung der im Betriebsprüfungsbericht angeführten Privatentnahmen verwendet worden. Die Ursache der Fremdmittelaufnahme liege daher in diesen Privatentnahmen und es sei das Vorbringen des Beschwerdeführers unrichtig, wonach die angefallenen Zinsenaufwendungen ihren Ursprung im "betrieblichen" Engagement des Beschwerdeführers hätten.
In der Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht und ausgeführt, der Beschwerdeführer sei in seinem Recht auf Anerkennung von S 344.596,-- als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen im Jahr 1988 verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 sind Schuldzinsen und auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, Werbungskosten.
Für die Anerkennung eines Schuldzinsenabzuges nach § 16 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 kommt es grundsätzlich nur darauf an, zu welchem Zweck aufgenommene Fremdmittel tatsächlich verwendet worden sind; unmaßgeblich ist, ob die allenfalls unmittelbar mit dem Erwerb einer Einkunftsquelle (hier einer GesmbH-Beteiligung) im Zusammenhang stehende Fremdmittelaufnahme deshalb notwendig war, weil der Steuerpflichtige (im Rahmen seiner auch steuerlich anzuerkennenden Dispositionsfreiheit) FRÜHER Vermögen privat verwendet oder Privatentnahmen getätigt hat (vgl. dazu Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, Tz 18 zu § 16, sowie auch Doralt, EStG2, § 4 Tz 330 Stichwort "Finanzierungskosten", m.w.N., und etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/14/0161).
Die belangte Behörde hat somit in ihrer den angefochtenen Bescheid tragenden Begründung die Rechtslage verkannt. Ausgehend von ihrer unzutreffenden Rechtsansicht hat die belangte Behörde auch keine Feststellungen darüber getroffen, ob die strittige Fremdmittelaufnahme (deren Betrag - ebenso wie das "negative Kapitalkonto" - im übrigen im angefochtenen Bescheid nicht näher dargestellt wird) aber tatsächlich dem Erwerb der GmbH-Beteiligung diente und, ob die "Beseitigung" des negativen Kapitalkontos zum Erwerb der GesmbH-Beteiligung durch den Beschwerdeführer erforderlich war.
Der angefochtene Bescheid war wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 59 Abs. 1) VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.