VwGH vom 20.10.1999, 97/08/0080
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des W in V, vertreten durch Dr. Josef Peissl, Mag. Klaus Rieger, Rechtsanwälte in Köflach, Judenburgerstraße 1, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom , Zl. LGS600/LA2/1218(7022)1997-Mag.Ed/S, betreffend Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der schon seit 1991 ohne wesentliche Unterbrechungen im Bezug der Notstandshilfe stand und dem sie zuletzt bis zum zuerkannt worden war, stellte am einen neuerlichen Antrag auf Notstandshilfe. Mit Mitteilung vom wurde ihm die Notstandshilfe für die Zeit vom bis voraussichtlich zuerkannt.
Mit Schreiben vom teilte die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice dem Beschwerdeführer mit, es sei ein Umstand bekannt geworden, der seine weitere Anspruchsberechtigung in Frage stelle, und der Leistungsbezug werde daher ab "vorläufig eingestellt".
Am richtete die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice folgenden Bescheid an den Beschwerdeführer:
"Gemäß § 39 Abs. 3 in Verbindung mit den §§ 33 Abs. 1, 38, 24 Abs. 1 und 12 Abs. 3 lit. a Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 in geltender Fassung, wird die Sondernotstandshilfe mangels Arbeitslosigkeit ab dem nachstehend angeführten Tag eingestellt:
AB 010396
BEGRÜNDUNG
Gemäß § 39 Abs. 3 AlVG sind die Bestimmungen über die Notstandshilfe, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 33 Abs. 1 AlVG kann Arbeitslosen, die den Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Karenzurlaubsgeld erschöpft haben, auf Antrag Notstandshilfe (hier: Sondernotstandshilfe) gewährt werden.
Gemäß § 38 AlVG sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen über das Arbeitslosengeld sinngemäß anzuwenden, soweit nichts anderes bestimmt ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 AlVG ist das Arbeitslosengeld einzustellen, wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt.
Gemäß § 12 Abs. 3 lit. a AlVG gilt nicht als arbeitslos, wer in einem Dienstverhältnis steht.
Wie das Ermittlungsverfahren ergab, stehen Sie in einem Dienstverhältnis.
DA SIE TGL. V 8.00 - 16.00 BEI DER FA. SCHERZ BESCHAEFTIGT
SIND KANN ANGENOMMEN WERDEN, DASS SIE LT. KOLLEKTIVVERTRAG EIN MTL.
EINKOMMEN V S 14576,-- ERZIELEN, WELCHES DIE GERINGFUEGIGKEITSGRENZE V MTL. S 3600,-- UEBERSTEIGT. SOMIT LIEGT
ARBEITSLOSIGKEIT NICHT VOR
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."
Mit dieser dem Wortlaut nach über "Sondernotstandshilfe" absprechenden und sowohl im Spruch als auch in der Begründung auf § 39 Abs. 3 AlVG gestützten Entscheidung sollte - anscheinend - die dem Beschwerdeführer zwar zuerkannte, seit aber nicht mehr an ihn zur Auszahlung gebrachte Notstandshilfe eingestellt werden. Eine vom Dienstgeber des Beschwerdeführers - in dessen, seinen Angaben nach, geringfügiger Beschäftigung - statt vom Beschwerdeführer selbst erhobene Berufung gegen diesen Bescheid wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom als unzulässig zurückgewiesen.
Am beantragte der Beschwerdeführer neuerlich die Gewährung von Notstandshilfe. In einem Aktenvermerk vom selben Tag wurde bei der regionalen Geschäftsstelle festgehalten, laut Rücksprache "mit IVa" sei "nochmals der gleiche Bescheid einzugeben".
Am richtete die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice folgende Erledigung an den Beschwerdeführer:
"Gemäß § 33 Abs. 2 lit. c in Verbindung mit den §§ 38 und 24 Abs. 1 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977, und § 2 Notstandshilfe-Verordnung (NH-VO), BGBl. Nr. 352/1973, beide in geltender Fassung, wird die Notstandshilfe mangels Notlage ab dem nachstehend angeführten Tag eingestellt:
BEGRÜNDUNG
Gemäß § 33 Abs. 2 lit. c AlVG ist eine der Voraussetzungen für die Gewährung der Notstandshilfe, dass der Arbeitslose sich in Notlage befindet.
Gemäß § 33 Abs. 3 AlVG liegt Notlage vor, wenn dem Arbeitslosen die Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse unmöglich ist.
Gemäß § 38 AlVG sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen über das Arbeitslosengeld sinngemäß anzuwenden, soweit nichts anderes bestimmt ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 AlVG ist das Arbeitslosengeld einzustellen, wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt.
Gemäß § 2 Abs. 1 der durch den Bundesminister für Arbeit und Soziales auf Grund des § 36 AlVG erlassenen Verordnung (NH-VO) liegt Notlage vor, wenn das Einkommen des(der) Arbeitslosen und das seines Ehepartners (Lebensgefährte/in) zur Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des (der) Arbeitslosen nicht ausreicht.
Gemäß § 2 Abs. 2 NH-VO sind bei der Beurteilung der Notlage die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des (der) Arbeitslosen selbst sowie des mit dem (der) Arbeitslosen im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners (Lebensgefährte/in) zu berücksichtigen.
Das Ermittlungsverfahren hat ergeben:
DA SIE TAEGLICH V.8.00 - 16.00 BEI DER FA. SCHERZ BESCHAEFTIGT
SIND, KANN ANGENOMMEN WERDEN, DASS SIE LT. KOLLEKTIVVERTRAG EIN
MTL. EINKOMMEN VON S 14576,-- ERZIELEN, WELCHES DIE GERINGFUEGIGKEITSGRENZE V. MTL. S 3600,-- UEBERSTEIGT, SOMIT LIEGT
ARBEITSLOSIGKEIT NICHT VOR.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."
In der Urschrift war das Feld "Spruchtext", das im Bescheid vom den Text "AB 010396" enthalten hatte, diesmal leer geblieben.
Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde, der Berufung des Beschwerdeführers gegen die Erledigung vom werde gemäß § 66 Abs. 4 AVG "keine Folge gegeben und ausgesprochen, dass Ihr Antrag auf Fortbezug der Notstandshilfe vom mangels Arbeitslosigkeit abgewiesen wird (§§ 7, 12, 33 Abs. 1, 38 AlVG)".
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Eine Erledigung, nach deren Spruch Notstandshilfe ausdrücklich "ab dem nachstehend angeführten Tag eingestellt" wird, in deren weiterem Text aber weder an der dafür vorgesehenen noch an anderer Stelle der gemeinte Tag "angeführt" ist, ist ohne normativen Gehalt (vgl. in einem ähnlichen Zusammenhang das Erkenntnis vom , Zlen. 96/08/0029, 0030, 0038). Als Entscheidung über die Abweisung eines noch nicht positiv erledigten Antrages könnte sie aber auch dann nicht gewertet werden, wenn ihr Bescheidcharakter zukäme. Das zeitliche Naheverhältnis zu dem am Vortag gestellten Antrag - auf den in der Erledigung aber in keiner Weise Bezug genommen wird - würde daran nichts ändern.
Die Entscheidung der belangten Behörde, der Antrag vom werde abgewiesen, überschritt daher die "Sache" des Berufungsverfahrens im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG (vgl. auch dazu das schon zitierte Erkenntnis vom ).
Der angefochtene Bescheid war schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am