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VwGH vom 25.10.2000, 94/13/0148

VwGH vom 25.10.2000, 94/13/0148

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde des S M in W, vertreten durch Dr. Ruth E. Hütthaler-Brandauer, Rechtsanwalt in Wien VI, Otto-Bauer-Gasse 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom , Zl 6/3-3317/92-05, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1987 und 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für das Jahr 1989 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.070,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Anlässlich einer im Einzelunternehmen des Beschwerdeführers durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung über die Jahre 1987 bis 1989 wurde im Rahmen einer Vermögensdeckungsrechnung festgestellt, dass in den Jahren 1987 und 1989 die Lebenshaltungskosten des Beschwerdeführers nicht gedeckt seien. Hinsichtlich des Jahres 1987 wurden den Lebenshaltungskosten (S 351.000,--) die Anschaffungskosten für zwei PKW, einen Mercedes 250 (S 180.000,--) sowie einen Mercedes 300D (S 380.000,--) hinzugerechnet und der sich daraus errechneten Summe (S 911.000,--) die Entnahmen (S 239.235,--) gegenüber gestellt. Daraus ergab sich eine Unterdeckung von S 671.765,--. Die Prüferin wies darauf hin, dass der Beschwerdeführer zwar behauptet habe, der Mercedes 300D gehöre seinem Sohn, dieser verfüge jedoch über keinerlei nachgewiesene Einkünfte. Für ein behauptetes Darlehen (in Höhe von 25.000 $) von Seiten einer ausländischen Tante hätten die Voraussetzungen für die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen nicht nachgewiesen werden können. Hinsichtlich des Jahres 1989 wurden den Lebenshaltungskosten (ebenfalls S 351.000,--) die Entnahmen des Jahres 1989 (S 190.657,--) und ein "Reisekostenüberhang" (S 58.957,--) gegenüber gestellt, woraus sich eine Unterdeckung von S 101.386,-- ergab. In der Folge schätzte die Prüferin den Bemessungsgrundlagen für die Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer der Jahre 1987 und 1989 der Unterdeckung entsprechende Beträge hinzu.

In einer gegen die entsprechend ergangenen Bescheide erhobenen Berufung wandte sich der Beschwerdeführer gegen die Zuschätzungen. Hinsichtlich des Jahres 1987 wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass der PKW Mercedes 300D von seinem Sohn angeschafft worden sei und es diesem auch problemlos möglich gewesen sei, die dafür zur Verfügung stehenden Geldmittel nachzuweisen. Wenn das Finanzamt meine, der Umstand allein, dass diese Geldmittel durch eine nahe Verwandte zur Verfügung gestellt worden seien, sei unglaubwürdig und könne mit dem Satz "so eine Bestätigung kann jeder schreiben" abgetan werden, so stelle dies eine Missachtung des Parteiengehörs dar. Auch das Angebot, eine notariell beglaubigte Urkunde vorzulegen, sei abgelehnt worden. Dies stelle nicht nur einen Formalmangel dar, sondern beweise, dass auf die Argumente des Steuerpflichtigen überhaupt nicht Rücksicht genommen worden sei. Auch bei der Berücksichtigung der dem Beschwerdeführer ausbezahlten Kilometergelder schienen wesentliche Verfahrensmängel auf. Die dem Beschwerdeführer zugeflossenen Kilometergelder in Höhe von S 158.957,-- seien nur in Höhe von S 58.957,-- berücksichtigt worden. Bei voller Berücksichtigung reduziere sich die Unterdeckung auf S 1.386,--. Darüber hinaus sei völlig übersehen worden, dass zwar einerseits ein geschätzter Überhang (wie dieser errechnet worden sei, sei unklar) berücksichtigt worden sei, jedoch bei den Lebenshaltungskosten die gesamten Aufwendungen für PKW in der geschätzten Höhe von S 72.000,-- pro Jahr als Ausgaben Berücksichtigung gefunden hätten. Dies stelle offensichtlich eine Doppelberechnung der KFZ-Kosten dar.

Der Beschwerdeführer beantragte, die nicht gerechtfertigen Hinzurechnungsbeträge für 1987 (S 671.765,--) und für 1989 (S 101.386,--) auszuscheiden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Die Ausführungen des Beschwerdeführers zur "Anschaffung des Mercedes 300D" seien nicht glaubwürdig und letztlich unbelegt. Wohl habe der Beschwerdeführer eine Bestätigung der Tante des Sohnes des Beschwerdeführers beigebracht, wonach diese ihm 25.000 $ (also rund S 300.000,--) geliehen habe, sonst sei aber "alles andere unbelegt" geblieben. Es gebe keinen schriftlichen Vertrag über das behauptete, zinsenfreie Darlehen, zu welchem nicht einmal Rückzahlungsmodalitäten vereinbart worden seien. Es gebe keinen Nachweis über den Umtausch dieser 25.000 $ in Schilling, es gebe keine Unterlagen über den Autokauf, keinen Nachweis, dass ein Altwagen (mit einem angeblichen Wert von S 80.000,--) des Sohnes des Beschwerdeführers in Zahlung gegeben worden sei, wobei aber auffalle, dass im Zuge des Betriebsprüfungsverfahrens von einem in Zahlung gegebenen Altwagen keine Rede gewesen sei, sondern die "fehlenden" rund S 80.000,-- aus Ersparnissen des Sohnes hätten stammen sollen, Ersparnisse, die der studierende und von seinen Eltern erhaltene Sohn behaupteterweise aus Nachhilfestunden aufgebracht habe. Auch fehle es an dem erbetenen Nachweis, dass die Tante des Sohnes finanziell überhaupt in der Lage gewesen wäre, 25.000 $ zu verleihen. Der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers habe nur gemeint, dass es dem Beschwerdeführer nicht zuzumuten sei, über Privatangelegenheiten dritter Personen Auskünfte einzuholen. Die belangte Behörde beurteilte es als unglaubwürdig, dass diese "dritte Person" einerseits völlig formlos 25.000 $ verleihe, es aber andererseits unzumutbar sei, die von der Abgabenbehörde erbetene Auskunft einzuholen. Die Bestätigung der Tante könne daher nur als Gefälligkeitsbestätigung gewertet werden.

Zur behaupteten Doppelerfassung von KFZ-Kosten verwies die belangte Behörde auf die Ausführungen der Prüferin zur Berufung, wonach dem Beschwerdeführer unmöglich die gesamten S 158.957,-- zur Deckung der Lebenshaltungskosten verblieben sein konnten, weil er für die Reisen, für die er das Kilometergeld erhalten habe, die Kosten habe tragen müssen. Die Reisekostenabrechnungen des Beschwerdeführers hätten Reisedauer und Reiseziel enthalten. Ein "Kilometerbuch" sei nicht geführt worden. Die zu berücksichtigenden Kilometer seien im Zusammenhang mit dem Reiseziel geschätzt worden, sonstige Reisekosten wie Nächtigung, Diäten ua, seien in der Buchhaltung nicht berücksichtigt worden. Die Dokumentation der Geschäftsreisen liege nur sehr mangelhaft vor. Um eine Doppelerfassung auszuschließen, seien die ermittelten Kilometer mit einem Satz für Treibstoffverbrauch, sowie Tages- und Nächtigungsgebühren zum Ansatz gebracht und dem ausbezahlten Betrag gegenüber gestellt worden. Diese Schätzung habe zu einem Überhang von S 58.957,-- geführt. Da diese Ausführungen der Prüferin unwidersprochen geblieben seien, vertrat die belangte Behörde die Ansicht, dass der Vorwurf des Beschwerdeführers, es sei ihm nicht mitgeteilt worden, wie die Berechnung durchgeführt worden sei, ungerechtfertigt sei, weil keine "Berechnung" durchgeführt worden sei, sondern anhand der dürftigen Unterlagen des Beschwerdeführers grob geschätzt habe werden müssen. Es dürfe nicht übersehen werden, dass der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet habe, die S 100.000,-- seien zu hoch oder falsch, und auch nicht einmal versucht habe, durch eine eigene, auf seinen eigenen Unterlagen aufbauende Gegenaufstellung mit einem anders lautenden Resultat zu argumentieren. Von der in der Berufung aufgestellten Behauptung einer Doppelerfassung von S 72.000,-- sei der Beschwerdeführer offenbar nach Erhalt der Stellungnahme der Prüferin zu seiner Berufung abgerückt, weil er in seiner Entgegnung zu dieser Stellungnahme die Ausführungen der Prüferin insoweit unwidersprochen gelassen habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer erhebt gegen den angefochtenen Bescheid zunächst den Vorwurf, dass darin auf wesentliche Feststellungen der Berufung nicht eingegangen worden sei. Insbesondere auf die Frage, ob eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO überhaupt berechtigt gewesen sei.

Dazu ist darauf hinzuweisen, dass die Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren unangefochten geblieben waren und der angefochtene Bescheid daher über die Frage der Rechtmäßigkeit einer Wiederaufnahme der Verfahren nicht abspricht. Es erübrigt sich daher eine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen, eine Wiederaufnahme der Verfahren sei zu Unrecht erfolgt.

Hinsichtlich der Anschaffungskosten für den Mercedes 300D rügt der Beschwerdeführer insofern eine grobe Missachtung des Parteiengehörs, als die unmissverständlich abgefasste und von einem öffentlichen Notar beglaubigte Erklärung (der Tante des Sohnes des Beschwerdeführers) von der belangten Behörde als Gefälligkeitsbestätigung bezeichnet wird. Eine Verletzung des Parteiengehörs kann diesbezüglich nicht erblickt werden. Das Parteiengehör besteht vor allem darin, der Partei Gelegenheit zur Äußerung zu behördlichen Sachverhaltsannahmen sowie zur Kenntnisnahme der Ergebnisse des Beweisverfahrens und zur Stellungnahme hiezu zu geben. Eine Verletzung des Parteiengehörs liegt aber dann nicht vor, wenn die Behörde in Würdigung der ihr vorliegenden Beweise zu dem Ergebnis kommt, dass ein von der Partei behaupteter Sachverhalt als nicht erwiesen angenommen werden kann. Ein Fehler in der gegenständlichen Beweiswürdigung, etwa eine mit den Denkgesetzen nicht in Einklang stehende oder der Lebenserfahrung widersprechende Folgerung behauptet der Beschwerdeführer nicht. Der Vorwurf, die Berufungsentscheidung gehe von der falschen Annahme aus, dass es sich bei dem betreffenden Kraftfahrzeug um ein solches des Beschwerdeführers handle, obwohl dieser ohnehin ein ähnliches Kraftfahrzeug besitze, ist deswegen nicht relevant, weil es gegenständlich im Zusammenhang mit einer Vermögensdeckungsrechnung um die Frage der Finanzierung dieses Kraftfahrzeuges - ungeachtet der Frage, wem dieses Kraftfahrzeug als Eigentümer zuzurechnen ist - geht.

Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften zeigt der Beschwerdeführer jedoch im Zusammenhang mit der in der Berufung behaupteten Doppelerfassung von Kraftfahrzeugkosten insofern auf, als sich die belangte Behörde mit dem diesbezüglichen Berufungsvorbringen nicht auseinander gesetzt hat. Die belangte Behörde beschränkt sich diesbezüglich auf die Annahme, der Beschwerdeführer sei "offenbar" nach Erhalt der Stellungnahme der Prüferin zur Berufung von der Behauptung einer Doppelerfassung abgerückt, weil er in seiner Entgegnung zu dieser Stellungnahme "die Ausführungen der BP insoweit" unwidersprochen gelassen habe. Abgesehen davon, dass die angeführte Stellungnahme der Prüferin zur Berufung keine Ausführungen zur behaupteten Doppelerfassung der KFZ-Kosten - insbesondere dazu, dass diese in den Lebenshaltungskosten bereits berücksichtigt gewesen seien - enthält, denen der Beschwerdeführer widersprechen hätte können, konnte ein allfälliges Schweigen des Beschwerdeführers zu den diesbezüglichen Ausführungen die belangte Behörde nicht von ihrer Verpflichtung entbinden, auch über dieses Berufungsvorbringen abzusprechen. Wird im Rahmen einer Vermögensdeckungsrechnung aber ungeachtet des Umstandes, dass in den Lebenshaltungskosten die KFZ-Kosten (und damit auch die Treibstoffkosten) erfasst sind, das zur Abdeckung aller anteiligen Kosten eines Kraftfahrzeuges pro gefahrenen Kilometer ausgezahlte, und damit Einnahmen darstellende Kilometergeld aber insbesondere um Treibstoffkosten gekürzt, so ist das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich einer Doppelerfassung der KFZ-Kosten nicht von der Hand zu weisen. Ob dem Beschwerdeführer für seine Dienstreisen neben den Kraftfahrzeugkosten weitere und gegebenenfalls welche Kosten erwachsen sind, wäre allenfalls auf der Sachverhaltsebene zu prüfen gewesen. Entsprechende Feststellungen wurden aber weder anlässlich der abgabenbehördlichen Prüfung noch von der belangten Behörde getroffen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher hinsichtlich der für das Jahr 1989 ergangenen Abgabenbescheide, allein in diesen wurde entsprechend gekürztes Kilometergeld in Ansatz gebracht und die sich ua daraus ergebende Unterdeckung zum Anlass einer Zuschätzung genommen, als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994. Das Mehrbegehren an Stempelgebühren war abzuweisen, weil der angefochtene Bescheid nur in einfacher Ausfertigung vorzulegen war.

Wien, am