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VwGH vom 26.09.2006, 2003/16/0129

VwGH vom 26.09.2006, 2003/16/0129

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der G AG in G, vertreten durch Stampfer, Orgler & Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Schmiedgasse 21, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates (Außenstelle Graz) vom , Zl. RV/0077- G/03, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine Aktiengesellschaft, in deren Hauptversammlung vom u.a.


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die Umwandlung der bisherigen Nennbetragsaktien in Stückaktien und danach
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die Erhöhung des Grundkapitals aus Gesellschaftsmitteln (durch Auflösung eines Teiles der freien Rücklage) von EUR 10,900.925,13 auf EUR 15,000.000,-- beschlossen wurde.
Die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln erfolgte gemäß § 4 Abs. 1 Kapitalberichtigungsgesetz (KapBG) ohne Ausgabe neuer Aktien.
Mit Bescheid vom unterzog das Finanzamt diesen Vorgang gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 KVG iVm § 2 Z 2 bis 4 KVG der Gesellschaftsteuer.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und brachte vor, es bestehe keine gesetzliche Bemessungsgrundlage für die Vorschreibung von Gesellschaftsteuer für diesen Vorgang. Das steuerliche Kapitalberichtigungsgesetz (steuerliches KapBG), regle den Fall der Erhöhung des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft ausschließlich aus Gesellschaftsmitteln dergestalt, dass dies als Erwerb neuer Anteilsrechte angesehen werde. Nach § 2 leg. cit. sei beim Erwerb neuer Anteilsrechte im Sinne des § 1 leg. cit. die Gesellschaftsteuer vom Nennbetrag zu berechnen. Angesichts der Beschränkung des § 2 steuerliches KapBG auf Aktien mit Nennbeträgen fehle es bei Vorliegen von Stückaktien an einer Bemessungsgrundlage.
Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung als unbegründet ab und führte im Wesentlichen aus, das steuerliche KapBG sei auf Kapitalerhöhungen durch Stückaktien im Jahr 2001 nicht mehr anwendbar. Selbst wenn es noch anwendbar gewesen sein sollte, könne nicht davon ausgegangen werden, dass Stückaktien, die mangels Nennwert vom steuerlichen KapBG nicht umfasst seien, wegen fehlender Bemessungsgrundlage nicht der Gesellschaftsteuer unterlägen. Das steuerliche KapBG beinhalte keinen eigenen gesellschaftsteuerlichen Tatbestand, sondern eine Begünstigung bei der Steuerbemessung für bestimmte Kapitalerhöhungen. Daraus könne nicht abgeleitet werden, dass alle anderen von diesem Gesetz nicht umfassten Kapitalerhöhungen steuerfrei wären. Bei der Beurteilung der Gesellschaftsteuerpflicht seien stets - unabhängig davon, ob das steuerliche KapBG als lex specialis hinsichtlich der Bemessungsgrundlage bei Erwerben nach § 2 Z 1 KVG noch in Geltung stehe oder nicht - die allgemeinen Tatbestandsregelungen des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVG) heranzuziehen, nach dessen § 2 Z 2 Leistungen von Gesellschaftern einer inländischen Kapitalgesellschaft der Gesellschaftsteuer unterlägen. Der Leistung eines Gesellschafters stehe es gleich, wenn die Gesellschaft mit eigenen Mitteln die Verpflichtung des Gesellschafters abdecke. Als Bemessungsgrundlage sei gemäß § 7 Z 2 KVG der Wert der Leistung anzusetzen. Die Anteilseignerin habe zwar bei einer nominellen Kapitalerhöhung mit Stückaktien keine Einlageverpflichtung, allerdings sei sie als an den Rücklagen, die auf das Grundkapital umgebucht würden, beteiligt anzusehen. Durch Verneinen der Steuerpflicht der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln bei Vorliegen von Stückaktien und Bejahen der Steuerpflicht in anderen Fällen der nominellen Kapitalerhöhung (durch Ausgabe von zusätzlichen Gratisaktien oder Freiaktien) würden vergleichbare Sachverhalte ungleich behandelt werden. Eine solche Auslegung stehe im Widerspruch zum Gleichheitsgrundsatz.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung der Gesellschaftsteuer verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.


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Der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 8 AktG können Aktien entweder als Nennbetragsaktien oder als Stückaktien begründet werden. Beide Aktienarten dürfen in der Gesellschaft nicht nebeneinander bestehen. Stückaktien haben keinen Nennbetrag. Jede Stückaktie ist am Grundkapital in gleichem Umfang beteiligt. Der Anteil bestimmt sich nach der Zahl der ausgegebenen Aktien. Der auf eine einzelne Aktie entfallende anteilige Betrag des Grundkapitals muss mindestens 1 Euro betragen.
§ 2 KVG lautet auszugsweise:
"§ 2
Gegenstand der Steuer
Der Gesellschaftsteuer unterliegen:
1. der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber;
2. Leistungen, die von den Gesellschaftern einer inländischen Kapitalgesellschaft auf Grund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung bewirkt werden (Beispiele: weitere Einzahlungen, Nachschüsse). Der Leistung eines Gesellschafters steht es gleich, wenn die Gesellschaft mit eigenen Mitteln die Verpflichtung des Gesellschafters abdeckt;
..."
§ 8 KVG idF BGBl. Nr. 629/1994 lautet:
"§ 8
Steuersatz
Die Steuer beträgt 1 % der Bemessungsgrundlage."
Die Beschwerdeführerin vertritt auch in ihrer Beschwerde die Auffassung, es sei im Beschwerdefall keine Gesellschaftsteuer vorzuschreiben gewesen, weil bei Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln im Zusammenhang mit Stückaktien eine Bemessungsgrundlage fehle. Eine solche sei im steuerlichen Kapitalberichtigungsgesetz, welche auf solche Fälle anzuwenden sei, nicht vorgesehen.
Die belangte Behörde vertritt hingegen die Auffassung, das steuerliche KapBG sei auf Kapitalerhöhungen im Jahre 2001 nicht mehr anwendbar.
§ 1 und § 2 des Bundesgesetzes über steuerliche Maßnahmen bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (im Folgenden: steuerliches KapBG) lauteten in der Stammfassung BGBl. 157/1966:

"§ 1. Steuern vom Einkommen und Ertrag der Gesellschafter

(1) Erhöht eine Aktiengesellschaft ihr Grundkapital (Nennkapital) oder eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ihr Stammkapital (Nennkapital) ausschließlich aus Gesellschaftsmitteln, so unterliegt der Erwerb der neuen Anteilsrechte durch die Gesellschafter nicht den Steuern vom Einkommen und Ertrag, wenn diese Kapitalerhöhung zwischen dem und dem beschlossen und durchgeführt wird.

(2) Rücklagen, die auf Grund besonderer Vorschriften steuerfrei gebildet worden sind, dürfen nicht für eine Kapitalerhöhung im Sinne des Abs. 1 verwendet werden.

(3) Kapitalerhöhungen gemäß Abs. 1 lösen keine Mindeststeuer im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes aus.

(4) Bedingtes Kapital hat im gleichen Verhältnis wie das Nennkapital an der Kapitalerhöhung teilzunehmen.

§ 2. Gesellschaftsteuer

Beim Erwerb neuer Anteilsrechte im Sinne des § 1 wird die Gesellschaftsteuer vom Nennbetrag berechnet."

Das steuerliche KapBG steht in Geltung. § 1 Abs. 1 leg. cit. ist aber insofern eine Begrenzung des zeitlichen Bedingungsbereichs zu entnehmen, als die dort vorgesehene Ertragsteuerbefreiung nur dann Anwendung finden soll, wenn die Kapitalerhöhung bis zum (bzw. in der Folge bis zum ) beschlossen und durchgeführt wird. Ergänzt wird diese Bestimmung u. a. durch § 2 leg. cit., welcher "beim Erwerb neuer Anteilsrechte im Sinne des § 1" die Berechnung der Gesellschaftsteuer nach dem Nennbetrag der Anteilsrechte (und nicht nach dem Wert der Gegenleistung) vorsieht. Durch den Verweis auf § 1 wird klargestellt, dass auch § 2 leg. cit. nur für solche Kapitalerhöhungen, die bis zum beschlossen und durchgeführt werden, Anwendung finden soll. Damit ist aber die zeitliche Begrenzung des § 1 leg. cit. auch in den § 2 leg. cit. übernommen worden.

Dafür, dass § 2 leg. cit. - anders als die Ertragsteuerbefreiung in § 1 leg. cit. - unbefristet gelten sollte, gibt es weder im Gesetzeswortlaut noch in den Materialien (vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage (der Stammfassung), 114 BlgNR 11. GP 2) Anhaltspunkte. Aus letzteren ergibt sich vielmehr, dass diese Maßnahme ergriffen wurde, um einem damals wahrgenommenen "Missverhältnis" des Nennkapitals zu den Rücklagen und zu dem tatsächlichen Eigenkapital als Folge der Vorsicht bei der Aufstellung der Schillingeröffnungsbilanzen Abhilfe zu verschaffen. Mit diesem (zeitlich begrenzten) Anreiz zur Erhöhung des Nennkapitals der Kapitalgesellschaften sollte letztlich eine "breite Streuung von Dividendenwerten" und eine Marktkonsolidierung erreicht werden.

Der Gesetzgeber hat diese Maßnahme mit der Novelle BGBl. Nr. 416/1970 auf bis zum beschlossene und durchgeführte Kapitalerhöhungen verlängert und dies in den Materialien mit dem Auslaufen der durch das steuerliche KapBG eingeräumten "steuerlichen Erleichterungen" begründet. Es schien es sinnvoll, die Geltungsdauer "des Bundesgesetzes über steuerliche Maßnahmen bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln bis zum gleichen Endtermin (wie das Strukturverbesserungsgesetz, BGBl. Nr. 69/1969) zu verlängern" (vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 147 BlgNR 12. GP 1).

Der zeitlich begrenzte Bedingungsbereich des gesamten steuerlichen KapBG und somit auch dessen § 2 ist auch durch Art IV der Novelle zum GmbH-Gesetz, BGBl. Nr. 320/1980, ersichtlich. Nach dessen § 2 Abs. 1 soll der Erwerb neuer Anteilsrechte durch den Gesellschafter bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln keine Ertragsbesteuerung auslösen, wenn der diesbezügliche Beschluss bis längstens zum Handelsregister angemeldet wird. Gemäß § 2 Abs. 2 leg. cit. sind überdies der § 1 Abs. 2 und die §§ 2 bis 6 steuerliches KapBG sinngemäß anzuwenden. Diese Anordnung hätte sich als überflüssig erwiesen, wäre davon auszugehen, dass diese Teile des steuerlichen KapBG noch anwendbar gewesen wären.

Dasselbe gilt für Abgabenänderungsgesetz 1984, BGBl. Nr. 531/1984, das in Abschnitt XI erster Satz bestimmte, dass der Erwerb neuer Anteilsrechte an einer Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung nicht den Steuern vom Einkommen und Ertrag unterliegen soll, wenn die Erhöhung des Nennkapitals ausschließlich aus Gesellschaftsmitteln erfolgt, die Kapitalerhöhung nach dem beschlossen und der Beschluss bis längstens zum Handelsregister angemeldet wurde. Im zweiten Satz wurde ebenfalls die sinngemäße Anwendung des § 1 Abs. 2 und der §§ 2 bis 6 steuerliches KapBG vorgeschrieben.

Daraus folgt, dass § 2 des steuerlichen KapBG im Beschwerdefall nicht mehr zur Anwendung gelangen konnte.

Wenn die Beschwerdeführerin sich auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/16/0761, beruft, so ist sie darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof darin keine ausdrückliche Aussage zum zeitlichen Geltungsbereich des steuerlichen KapBG getroffen hat.

Die Beschwerdeführerin bringt überdies vor, die belangte Behörde hätte - im Falle, dass das steuerliche KapBG nicht mehr anwendbar sei - die Kapitalerhöhung als einen Vorgang nach § 2 Z 1 KVG und nicht nach § 2 Z 2 bis 4 KVG behandeln müssen.

Beim Vorgang einer nominellen Kapitalerhöhung einer Aktiengesellschaft, deren Grundkapital in Stückaktien zerlegt ist, und bei der keine Frei- oder Gratisaktien ausgegeben werden, handelt es sich um Leistungen des Gesellschafters aufgrund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung (§ 2 Z 2 KVG), bei denen die Gesellschaft mit eigenen Mitteln die Verpflichtung des Gesellschafters abdeckt.

Eine Verpflichtung aus dem Gesellschaftsverhältnis ist nämlich auch dann gegeben, wenn sie Ausfluss der auf der Gesellschafterstellung beruhenden tatsächlichen Herrschaftsmacht ist (vgl. die bei Dorazil, KVG2, 67 ff. zitierte Judikatur).

Daraus ergibt sich, dass gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 KVG die Steuer vom Wert der Leistung zu berechnen ist. Beim Vorliegen von Stückaktien besteht die Leistung des Gesellschafters in der Einbringung seiner Forderung an die Gesellschaft, die sich aus seiner Beteiligung an deren Rücklagen ergibt. Der Wert der anteiligen Erhöhung des Gesellschaftskapitals stellt somit den Wert der Leistung des Gesellschafters dar. Dass die von der belangten Behörde angenommene Bemessungsgrundlage nicht dem Wert der anteiligen Erhöhung des Gesellschaftskapitals entsprochen hätte, wird in der Beschwerde nicht behauptet.

Die Beschwerde erachtet weiters die Besteuerung von Kapitalerhöhungen durch Umwandlung von Gewinnen, Rücklagen oder Rückstellungen als gemeinschaftsrechtswidrig, weil eine solche nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 69/335/EWG nur dann zulässig sei, wenn diese Vorgänge am einem Satz von 1 v. H. unterlegen seien.

Die Beschwerdeführerin ist aber darauf hinzuweisen, dass zu dem genannten Zeitpunkt in Österreich ein Steuersatz von 2 v. H. anzuwenden war. Damit wurden aber die Richtlinienvorgaben erfüllt. Österreich kann daher auch nach dem Beitritt zur EU für diese Vorgänge Gesellschaftssteuer mit einem Steuersatz von 1 v. H. vorschreiben (vgl. dazu ausführlich das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/16/0243, mwN).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am