VwGH vom 29.06.1999, 99/14/0117
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des H S in F, vertreten durch Gradischnig & Gradischnig, Rechtsanwälte in 9500 Villach, Moritschstraße 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom , RV 138/1-4/98, betreffend Haftung nach § 9 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war bis zum Geschäftsführer der G-GmbH, über deren Vermögen am der Konkurs eröffnet worden ist.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer gemäß § 9 Abs. 1 BAO zur Haftung für die aushaftende Abgabenschulden der G-GmbH von 224.745 S (Umsatzsteuer 1997) herangezogen.
Im angefochtenen Bescheid wird u.a. ausgeführt, die ausständige Abgabenforderung sei eine Umsatzsteuernachforderung, die sich aus der - am eingereichten - Umsatzsteuerjahreserklärung ergeben habe. Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers habe sich diese Nachforderung erst im Zuge der Bilanzerstellung für 1997 ergeben, weil erst in diesem Zusammenhang entsprechende Fehlbuchungen entdeckt worden seien. Nach Ansicht der belangten Behörde lasse diese Nachforderung auf gravierende Mängel in der laufenden Buchhaltung schließen; daraus ergebe sich, dass der Beschwerdeführer seiner Überwachungspflicht (gegenüber den mit der Buchhaltung betrauten Personen) nicht im gebotenen Ausmaß nachgekommen sei. Die Verletzung dieser Überwachungspflicht habe zur falschen Ermittlung und Nichtentrichtung der Abgaben geführt. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers seien in der Zeit von der Fälligkeit der Umsatzsteuernachforderung (gemeint ist der ) bis zur Konkurseröffnung Zahlungen von 1,310.662 S zur Tilgung von Abgaben geleistet worden. Somit sei nicht nachgewiesen, dass im Jahr 1998 bis zur Konkurseröffnung keine Kundenforderungen eingegangen seien. Bei richtiger Ermittlung der Umsatzsteuerzahllasten für Jänner bis Dezember 1997 wäre die Entrichtung der Abgabe möglich gewesen. Es sei vorerst nicht damit zu rechnen, dass im Konkursverfahren über das Vermögen der G-GmbH ein Zwangsausgleich zustandekomme. Nach dem derzeitigen Stand des Konkursverfahrens könne sich nur eine geringe Quote ergeben, sodass von der Uneinbringlichkeit der Abgaben auszugehen sei. Sollte durch Verwertung des Vermögens der G-GmbH noch ein Teil der Abgabenforderung bei der Primärschuldnerin einbringlich sein, habe dies ohnedies zur Folge, dass die Abgabenbehörde sodann nur den Restbetrag der Haftungsschuld beim Beschwerdeführer einbringen werde.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Wie sich aus dem Beschwerdevorbringen ergibt, erachtet sich der Beschwerdeführer im Recht verletzt, nicht zur Haftung für Abgabenschulden der G-GmbH herangezogen zu werden.
Der Verwaltungsgerichtshof richtete an die belangte Behörde eine Aufforderung iSd § 35 Abs. 2 VwGG. Die belangte Behörde teilte in ihrer Stellungnahme mit, dass die G-GmbH keinen Antrag auf Abschluss eines Zwangsausgleiches gestellt habe und der Masseverwalter die Meinung geäußert habe, dass die Konkursgläubiger mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mit einer Quotenzahlung rechnen könnten.
Über die Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretenen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Die Haftung nach § 9 BAO ist eine Ausfallshaftung. Haftungsvoraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der Abgabe (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 96/13/0025). Aus der Konkurseröffnung ergibt sich noch nicht zwingend die gänzliche Uneinbringlichkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 97/16/0501).
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer nicht bloß für einen Teil, sondern für den gesamte Abgabenrückstand der G-GmbH zur Haftung herangezogen. Sie hat aber in sachverhaltsmäßiger Hinsicht nicht ausgeschlossen, dass ein Teil dieser Abgabenschuld, nämlich eine Konkursquote, von der G-GmbH als Primärschuldnerin eingebracht werden kann. Da hinsichtlich dieses Teiles der Abgabenschuld die Uneinbringlichkeit nicht feststeht, der Beschwerdeführer aber dennoch zur Haftung für die gesamte Schuld herangezogen worden ist, erweist sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach die Abgabenbehörde dem Beschwerdeführer gegenüber insoweit keine Einbringungsmaßnahmen setzten werde, als sich bei der G-GmbH eine Konkursquote ergebe, vermögen an der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu ändern, zumal einer derartigen Ankündigung keine normative Wirkung zukommt.
Da sohin schon aufgrund des angefochtenen Bescheides zu erkennen war, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung vorliegt, und die belangte Behörde nichts vorgebracht hat, was geeignet gewesen wäre, das Vorliegen der Rechtsverletzung als nicht gegeben erkennen zu lassen, war der Bescheid gemäß § 35 Abs. 2 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung - wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit - aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.
Wien, am