VwGH vom 26.05.1999, 94/13/0103
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde der Dr. M in W, vertreten durch Dorda, Brugger & Jordis, Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien I, Dr. Karl Lueger-Ring 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V) vom , Zlen 6/3-3060/93-07 und 6/3-3172/93-07, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1990 und 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seines Abspruches über Gewerbesteuer 1990 und 1991 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Frage strittig, ob die Einkünfte der Beschwerdeführerin aus ihrer Tätigkeit als handelsrechtliche Geschäftsführerin einer GmbH in den Jahren 1990 und 1991 als Einkünfte aus (sonstiger) selbständiger Arbeit zu beurteilen sind. Die nicht an der GmbH beteiligte Beschwerdeführerin übte ihre Tätigkeit für die Gesellschaft bis im Rahmen eines Dienstverhältnisses, nach Übertritt in den Ruhestand auf Grund eines Konsulentenvertrages aus. Während die Beschwerdeführerin die Ansicht vertritt, ihre diesbezüglichen Einkünfte seien in den Streitjahren solche aus selbständiger Arbeit, beurteilte die belangte Behörde diese in den im Instanzenzug ergangenen Einkommen- und Gewerbesteuerbescheiden 1990 und 1991 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Begründend räumt die belange Behörde zwar unter Hinweis auf das hg Erkenntnis vom , 87/13/0072 ein, dass auch nicht an der Gesellschaft beteiligte Geschäftsführer, die nicht als Dienstnehmer anzusehen seien, Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit erzielen könnten, meint in der Folge aber, dass die Tätigkeit der Beschwerdeführerin sowohl auf Grund einer Aussage des zwischen dem und dem bestellten zweiten Geschäftsführers als auch des (auszugsweise wiedergegebenen) Inhaltes des Konsulentenvertrages nicht als Tätigkeit einer Geschäftsführerin, sondern als die einer Konsulentin anzusehen sei. Die daraus erzielten Einkünfte seien solche aus gewerblicher Tätigkeit und unterlägen der Gewerbesteuer. Im Konsulentenvertrag sei festgehalten worden, dass die Beschwerdeführerin der Gesellschaft "gelegentlich in beratender Funktion und zur Unterstützung der Geschäftsführer, vor allem bei der Betreuung und Pflege langjähriger Kundenkontakte zur Verfügung stehen" werde. Der befragte zweite Geschäftsführer habe ausgesagt, dass sich die Tätigkeit der Beschwerdeführerin ab auf seine Beratung und die Pflege von Kundenkontakten beschränkt habe. Die die Tätigkeit des Geschäftsführers ausmachende Entscheidungsgewalt über die Unternehmenstätigkeit (Preisgebarung, Einkauf, Verkauf) sei allein bei ihm gelegen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich nach ihrem ausdrücklichen Vorbringen in der Beschwerde durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht verletzt, bei ihrer sonstigen selbständigen Tätigkeit im Rahmen eines Werkvertrages keine Gewerbesteuer vorgeschrieben zu erhalten.
Die Beschwerdeführerin rügt die ihrer Ansicht nach unrichtige Beurteilung ihrer Tätigkeit im Wesentlichen damit, dass zur handelsrechtlichen Geschäftsführung die Sorge für das rechtmäßige Verhalten der Gesellschaft im Außenverhältnis, die Einrichtung der Unternehmensorganisation, die Steuerung und Überwachung des unternehmerischen Geschehens und die Abwicklung des Tagesgeschäftes gehöre. Seien mehrere Geschäftsführer bestellt, könne es durchaus zu einer Teilung dieser Tätigkeiten kommen. Wie der Geschäftsführer in seiner Zeugenaussage angegeben habe, habe die Beschwerdeführerin eine beratende und überwachende Tätigkeit ausgeübt und somit durchaus die Aufgaben eines Geschäftsführers wahrgenommen. Gerade die überwachende Tätigkeit sei ein eindeutiges Indiz für das Vorliegen von Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit. Im Übrigen sei nicht berücksichtigt worden, dass der Gesellschaftsvertrag eine Einzelvertretungsbefugnis eines Geschäftsführers nicht zulasse und daher die alleinige Entscheidungsgewalt über die Unternehmenstätigkeit nicht alleine beim zweiten Geschäftsführer habe liegen können, sondern von beiden Geschäftsführern kollektiv habe ausgeübt werden müssen. Darüberhinaus sei nicht berücksichtigt worden, dass der zweite Geschäftsführer im Oktober 1991 aus der Gesellschaft ausgeschieden sei und die Beschwerdeführerin ab diesem Zeitpunkt wieder als Alleingeschäftsführerin fungiert habe.
Die Beschwerderüge ist berechtigt: Die belangte Behörde stützte sich bei ihrer Beurteilung neben dem auszugsweise wiedergegebenen Inhalt des Konsulentenvertrages insbesondere darauf, dass sich die Tätigkeit der Beschwerdeführerin nach der Aussage des bis diese Stellung bekleidenden zweiten Geschäftsführer der Gesellschaft auf dessen Beratung und die Pflege von Kundenkontakten beschränkt habe. Insbesondere diese angeführte "Beschränkung" auf eine bestimmte (beratende) Tätigkeit findet aber nach dem Inhalt der in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen Zeugenaussage des zweiten Geschäftsführers keine Deckung. Einerseits hat der Zeuge danach eine "Beschränkung" der Beschwerdeführerin auf eine bestimmte Tätigkeit nicht erwähnt, andererseits sagte er ausdrücklich aus, dass die Beschwerdeführerin neben einer beratenden Tätigkeit auch eine "überwachende Tätigkeit" ausgeübt habe. Weiters habe die Beschwerdeführerin ihre in langjähriger Tätigkeit erworbenen Kontakte ausgenützt, günstige Einkaufs- und Verkaufsmöglichkeiten bei bestehenden Kunden wahrzunehmen.
Die belangte Behörde hat ihre Beurteilung einer gegebenen Gewerbesteuerpflicht daher auf einen aktenwidrig angenommenen Sachverhalt gestützt. Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zu dem diese Aktenwidrigkeit ansprechenden Beschwerdevorbringen meint, aus der Zeugenaussage des 2. Geschäftsführers der Gesellschaft gehe eindeutig hervor, dass de facto er allein ab die Geschäfte der Gesellschaft geführt habe und der Beschwerdeführerin "diese" Zeugenaussage vorgehalten worden und sie unbestritten geblieben sei, ist diese Ansicht nicht geeignet, den von der Beschwerdeführerin diesbezüglich angesprochenen Verfahrensmangel zu widerlegen. Die Beschwerdeführerin musste sich im Hinblick auf den tatsächlichen Inhalt der Zeugenaussage, welcher insbesondere auch eine überwachende Tätigkeit der Beschwerdeführerin zum Ausdruck gebracht hat - aber auch die Wahrnehmung günstiger Ein- und Verkaufsmöglichkeiten bei bestehenden Kunden ist bei einem Geschäftsführer einer tatsächlich geschäftsführenden Tätigkeit grundsätzlich nicht abträglich -, nicht veranlasst sehen, dieser Zeugenaussage zur strittigen Beurteilung der von ihr erzielten Einkünfte etwas hinzuzufügen. In keiner Weise ist der Umstand, dass der Zeugenaussage nach Vorhalt nicht widersprochen wurde, geeignet, die Ansicht der belangten Behörde zu bestätigen, dass "de facto" der 2. Geschäftsführer der Gesellschaft die Geschäfte geführt hat, zumal die Gesellschaft selbst über Vorhalt der belangten Behörde ausgeführt hat, dass die Beschwerdeführerin neben den allgemeinen Aufgaben, die sich aus ihrer Funktion als Geschäftsführerin ergeben hätten ("insbesondere aber auch Kontrolle und Überwachung des neu bestellten Geschäftsführers") bestehende Kundenkontakte gepflegt und betreut habe, und sich am Tätigkeitsbereich der Beschwerdeführerin vor und nach dem nichts geändert habe, die Tätigkeit nur unter anderen Rahmenbedingungen (wie zB freie Zeiteinteilung) ausgeübt worden sei. Der aufgezeigte Verfahrensmangel ist - abgesehen davon, dass der belangten Behörde ein Verfahrensfehler auch insofern unterlaufen ist, als sie sich mit dem zuletzt erwähnten Vorbringen der Gesellschaft nicht auseinander gesetzt hat - auch wesentlich, weil der Beschwerdeführerin zuzustimmen ist, dass eine überwachende Tätigkeit zu den wesentlichen Aufgaben eines Geschäftsführers gehört, und nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei Berücksichtigung einer solchen Tätigkeit die Einkünfte der Beschwerdeführerin als solche aus sonstiger selbständiger Arbeit und diesfalls als nicht gewerbesteuerpflichtig beurteilt worden wären.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit schon deshalb unter Beachtung der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Rechtsverletzung insoweit, als darin die Vorschreibungen an Gewerbesteuer bestätigt wurden, als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er war daher im Umfang seines Abspruches über Gewerbesteuer 1990 und 1991 gemäß § 42 Abs 2 Z 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am