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VwGH vom 22.01.1992, 91/13/0066

VwGH vom 22.01.1992, 91/13/0066

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des F in M, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. GA 5-2080/1/90, betreffend Rückzahlung von zu Unrecht einbehaltener Lohnsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehende Beschwerdeführer führt neben seiner Verwendung an seiner Dienststelle im Bundesministerium für Finanzen außerhalb der Normalarbeitszeit Hausbeschau-Zollabfertigungen durch. Diese Leistungen werden dem Beschwerdeführer als Überstunden abgegolten. Für das Kalenderjahr 1989 beantragte der Beschwerdeführer die Rückzahlung von zu Unrecht einbehaltener Lohnsteuer. Die in Heimarbeit zu leistenden Überprüfungszeiten könnten wegen auch in der Dienststelle angeordneter Überstunden in aller Regel nur in jener Zeit vorgenommen werden, die gemäß § 68 Abs. 6 EStG 1988 als Nachtarbeit (19 bis 7 Uhr) gelte. Die Überstundenzuschläge wären daher nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 EStG 1988 steuerfrei zu behandeln.

Der Antrag wurde bescheidmäßig mit der Begründung abgewiesen, daß der Arbeitnehmer ohne betriebliches Erfordernis nicht beliebig die Nachtarbeit wählen könne. Begünstigte Nachtarbeit erfordere in der Regel einen Einsatz am Dienstort und einen Einsatz unmittelbar im Anschluß an die Normalarbeitszeit.

In einer gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wurde begründend ausgeführt, daß der nunmehrige Beschwerdeführer nicht willkürlich bzw. beliebig seine Überprüfungstätigkeit der Anmeldungen in die Nachtarbeit verlegt habe, sondern daß ihm in den aufgezeigten Fällen für die Bearbeitung der Anmeldungen aus dienstlichen Gründen keine andere Zeit zur Verfügung gestanden wäre. Der Legaldefinition des § 68 Abs. 6 EStG 1988 sei nicht zu entnehmen, daß die Nachtarbeit an den Dienstort gebunden ist. Demgemäß schließe, sofern das betriebliche Erfordernis hiezu vorliegt, eine Heimarbeit eine Nachtarbeit nicht aus.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich, daß der Beschwerdeführer "vorwiegend die Nachtarbeit aus eigenen Erwägungen gewählt" hätte, wodurch das vom Gesetz zwingend geforderte betriebliche Erfordernis nicht bestehe.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Unterbleiben einer Einkommensbesteuerung von Nachtarbeitszeitzuschlägen nach § 68 Abs. 1 und 6 EStG 1988 durch unrichtige Anwendung dieser Normen, sowie im Recht auf Einhaltung der Verfahrensvorschriften über die Bescheidbegründung, das Ermittlungsverfahren und das Parteiengehör verletzt und macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 sind Zuschläge für u. a. Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge insgesamt bis S 4.940,-- monatlich steuerfrei.

Gegenständlich hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren ausführlich dargestellt, aus welchen Gründen er die in Heimarbeit zu leistenden Überprüfungszeiten der Verzollungsanträge in aller Regel zwischen 19 Uhr und 7 Uhr vornimmt. Es handelt sich dabei jedoch ausschließlich um Gründe, die als persönliche Bedürfnisse und Verpflichtungen in der Person des Beschwerdeführers ihre Ursache haben und denen zufolge für die oben angesprochenen Tätigkeiten andere Zeiten (als solche zwischen 19 und 7 Uhr) in nur ungenügendem Ausmaß erübrigt werden können. Die Voraussetzungen des § 68 Abs. 6 EStG 1988 für die in § 68 Abs. 1 leg. cit. normierte Steuerfreiheit sind damit jedoch nicht erfüllt: § 68 Abs. 6 leg. cit. fordert nicht nur, daß Arbeitszeiten, um als Nachtarbeit im Sinne des § 68 Abs. 1 leg. cit. zu gelten, im Ausmaß von zusammenhängend mindestens 3 Stunden in der Zeit zwischen 19.00 und 07.00 Uhr erbracht werden müssen, als weitere Voraussetzung wird vom Gesetz für die Begünstigung der Steuerfreiheit nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 leg. cit. vielmehr auch gefordert, daß diese Arbeitszeiten auf Grund betrieblicher Erfordernisse in dieser Zeit erbracht werden müssen. Die ausschließlich in der Person des Beschwerdeführers gelegenen Gründe wie die Notwendigkeit der Leistung von angeordneten Überstunden, der Heimfahrt vom Arbeitsplatz, der Einnahme einer Mahlzeit und eventuell notwendige Regenerationspausen können jedoch nicht erweisen, daß die oben angeführte weitere Voraussetzung des § 68 Abs. 6 EStG 1988 erfüllt ist. Betriebliche Erfordernisse zur Leistung von Nachtarbeit hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht. Diesem Umstand kommt insofern Bedeutung zu, als nach herrschender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in einem ausschließlich auf Erwirkung abgabenrechtlicher Begünstigungen gerichteten Verfahren der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung insofern in den Hintergrund tritt, als der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabepflichtige selbst einwandfrei und unter Ausschluß jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen hat, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 1814/69, Slg. 4215/F). Dies erkannte der Beschwerdeführer bei Verfassung der Beschwerde, wenn er unter Punkt "II, zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit" - allerdings erstmalig - versucht, ein betriebliches Erfordernis im Interesse seines Dienstgebers zur Leistung der Nachtarbeit im Sinne des § 68 Abs. 6 leg. cit. darzutun. Abgesehen davon, daß dieses Vorbringen jedoch wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes unbeachtlich bleiben muß, ist es nicht geeignet, die Erfüllung der Voraussetzungen des § 68 Abs. 6 leg. cit. nachzuweisen. Dies schon deshalb, weil nicht jede außerhalb der "Normalarbeitszeit" geleistete Arbeitszeit mit Nachtarbeit im Sinne der bezughabenden gesetzlichen Bestimmungen gleichgesetzt werden kann.

Der Ansicht der belangten Behörde, daß das vom Gesetz zwingend geforderte betriebliche Erfordernis gegenständlich nicht besteht, kann daher nicht entgegengetreten werden.

Der Frage, ob der Beschwerdeführer die geleisteten Arbeiten in der Regel, vorwiegend, insgesamt oder gar nicht in der Zeit zwischen 19 Uhr und 7 Uhr erbracht hat, kommt keine Bedeutung zu, weil der Tatbestand des § 68 Abs. 6 leg. cit. nicht durch eine tatsächliche, sondern durch eine gegebenenfalls betrieblich erforderliche Leistung in einem bestimmten Zeitraum erfüllt wird. Es erübrigt sich daher, auf die in der Beschwerde behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften einzugehen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.