VwGH vom 26.05.1998, 97/07/0225

VwGH vom 26.05.1998, 97/07/0225

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde der Dr. ES in G, vertreten durch Dr. Friedrich Piffl-Percevic, Rechtsanwalt in Graz, Schmiedgasse 31, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 8-64 Sta 1/4-97, betreffend Auftrag nach dem Gesetz über den Schutz landwirtschaftlicher Betriebsflächen (mitbeteiligte Partei: LF in H, A-Berg 63), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom führte die mitbeteiligte Partei (mP) bei der Bezirkshauptmannschaft G. (BH) Beschwerde darüber, daß die Beschwerdeführerin entlang der Grenze zwischen den Grundstücken Nr. 361/2 und 394 der KG A. eine Thujenhecke gepflanzt habe, die bereits eine Höhe von 10 m erreicht habe. Dadurch würden die Obstbäume der mP beschattet und die Bausubstanz des Stallgebäudes gefährdet.

Mit Bescheid vom stellte die BH gemäß § 3 Abs. 1, 2 und 4 des Gesetzes über den Schutz landwirtschaftlicher Betriebsflächen, LGBl. Nr. 61/1982 i.d.F. LGBl. Nr. 14/1990 und 5/1996 (Betriebsflächen-Schutzgesetz) fest, daß sich auf dem Grundstück Nr. 361/2 gegenüber dem Grundstück Nr. 394 im Bereich zwischen dem östlichen Eckpunkt des Wohnhauses der Beschwerdeführerin und dem südöstlichen Eckpunkt dieses Grundstückes eine Thujenhecke befindet, die bereits eine Wuchshöhe von 10 m erreicht hat. Gleichzeitig wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, binnen vier Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides die Thujenhecke auf 2 m einzukürzen oder zu entfernen. Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß das Grundstück der mP vor Beschattung und Durchwurzelung zu schützen sei, um eine qualitativ hochwertige und quantitativ günstige landwirtschaftliche Produktion zu sichern. Bei der gegebenen Wuchshöhe der Thujenhecke trete auf dem Grundstück der mP ein beträchtlicher Schaden einerseits durch Schlagschatteneinwirkung und andererseits durch Feuchtigkeit und Pilzbefall auf.

Die Beschwerdeführerin berief.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab, formulierte jedoch den Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes neu und stützte ihn auf § 3 Abs. 1 iVm § 5 des Betriebsflächen-Schutzgesetzes.

In der Begründung heißt es - auf das wesentliche zusammengefaßt - die Beschwerdeführerin sei Eigentümerin der Liegenschaft EZ 85, GB A., die mP sei Eigentümerin der Liegenschaft EZ. 325. Auf der Baufläche des zur EZ. 85 gehörigen Grundstückes Nr. 361/2 befänden sich das Haus A. 64 und ein Wirtschaftsgebäude. Das Haus A. 64 stehe mit seiner östlichen Giebelseite knapp an der Grenze der Liegenschaft EZ. 85 zur Liegenschaft EZ. 325. Ein ca. 1,5 m hoher Holzsprossenzaun mit einer Länge von ca. 20 lfm verlaufe zwischen dem südöstlichen Eckpunkt des Hauses und dem gemeinsamen Grenzpunkt der Grundstücke Nr. 361/2 (im Eigentum der Beschwerdeführerin), 385 und 394 (beide im Eigentum der mP) und stelle die Grenze der Liegenschaften EZ. 85 und EZ. 325 dar. Entlang dieses Zaunes befänden sich, beginnend vom Haus A. 64 in südlicher Richtung, über eine Länge von ca. 5 lfm in einem Abstand von ca. 0,5 m zum Zaun vier Thujen auf dem Grundstück Nr. 361/2. Daran schließe zunächst der unbepflanzte Bereich der Einfahrt zur Liegenschaft EZ. 85 (Länge ca. 4,5 m) und in weiterer Folge ein mit 15 Thujen bepflanzter Bereich an, wobei die Thujen in einem Abstand von ca. 1 m zum Zaun stünden. Die Thujen wiesen eine Wuchshöhe von mindestens 10 m auf und ab einer Höhe von ca. 3 m reichten teilweise Äste der Thujen bis ca. 1 m in das Grundstück Nr. 394 der mP hinein. Die landwirtschaftlich genutzten Flächen der Liegenschaft EZ. 325 der mP würden als Hausgarten, Acker, Streuobstwiese, Grünland und für eine Obstanlage genutzt und im Rahmen des landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebes der mP bewirtschaftet. An Tieren würden nur Legehühner für den Hausbedarf gehalten. Auf den Bauflächen, die Teil der Grundstücke Nr. 386/1, 386/2 sowie 394 seien, befänden sich das von der mP bewohnte Haus A. 63, 2 Garagengebäude und 1 Stall- und Wirtschaftsgebäude. Das Stall- und Wirtschaftsgebäude befinde sich im südwestlichen Teil des Grundstückes Nr. 394 südlich der Zufahrt zur Liegenschaft der Beschwerdeführerin und sei ca. 0,5 m (im Norden) bis ca. 1 m (im Süden) vom Zaun entfernt. Nördlich der Zufahrt zur Liegenschaft EZ. 85 stünden auf dem Grundstück Nr. 394 im Bereich östlich und nordöstlich der vier Thujen drei Obstbäume innerhalb eines Abstandes von ca. 2 m bis zu ca. 5 m zum Zaun. Die Grundstücke Nr. 386/1 und 394 dienten im Rahmen des landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebes der mP der Erzeugung von Pflanzen (Streuobstwiese, Hausgarten, Acker), als Baufläche für die zum Betrieb der mP gehörenden Wohn-, Wirtschafts- und Garagengebäude sowie als Hofraum, seien daher als landwirtschaftliche Grundstücke im Sinne des Betriebsflächen-Schutzgesetzes anzusehen und stellten die landwirtschaftliche Betriebsfläche der mP dar. Durch die auf dem Grundstück Nr. 361/2 stehenden Thujen komme es zu einer Beschattung der landwirtschaftlichen Betriebsfläche der mP in den Nachmittagsstunden. Von einer Gefährdung der landwirtschaftlichen Nutzung der Betriebsfläche durch den Schatten dieser Gewächse sei nicht auszugehen, wohl aber komme es teilweise zu einer Vermoosung des Daches und zu einer Verschmutzung der Dachrinne des Wirtschaftsgebäudes und damit zu einer Verminderung der Haltbarkeit des Eternitdaches sowie zu einer Beeinträchtigung des Wasserabflusses vom Dach. Würden die Thujen bzw. Teile davon zukünftig wiederum vom Schnee auf das Wirtschaftsgebäude und in den Hofraum des Betriebes der mP gedrückt, könnten Schäden am Gebäude bzw. an den Obstbäumen nördlich der Zufahrt nicht ausgeschlossen werden. Im gegenständlichen Fall komme nicht, wie die Erstbehörde angenommen habe, § 3 Abs. 2 des Betriebsflächen-Schutzgesetzes zur Anwendung, sondern lediglich die "ex lege"-Bestimmung des § 3 Abs. 1 leg. cit. zur Anwendung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Thujen bewirkten keine Gefährdung der landwirtschaftlichen Nutzung der Betriebsfläche der mP durch Beschattung, sondern es komme nur zu einer Vermoosung des Daches und zu einer Verschmutzung der Dachrinne des im Grenzbereich liegenden Wirtschaftsgebäudes. Das Betriebsflächen-Schutzgesetz beziehe sich seinem § 2 Abs. 2 zufolge ausschließlich auf landwirtschaftliche Grundstücke und Einrichtungen, die der Erzeugung von Pflanzen, ihrer Bringung oder ihrer Verwendung dienten. Das bedeute, daß landwirtschaftliche Grundstücke zusammen mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden samt Hofräumen und Gärten nicht durch dieses Gesetz geschützt seien, soferne es sich um eine Landwirtschaft handle, welche ausschließlich auf Viehwirtschaft bzw. Tierhaltung gerichtet sei. Das Wirtschaftsgebäude der mP stelle lediglich einen Abstellschuppen dar, welcher nicht der Erzeugung von Pflanzen, ihrer Bringung oder ihrer Verwertung diene, da es sich hiebei lediglich um eine nicht näher gewidmete Scheune handle, in welcher sich alles andere als Einrichtungen zur Erzeugung, Bringung und Verwertung von Pflanzen befände. Im übrigen schließe an diese Scheune eine Garage mit Werkstatt und betoniertem Vorplatz an, ein Bereich, der fast ausschließlich zur Reparatur von PKW Dritter diene. Konsequenzen aus einer allfälligen Gefährdung dieser Hütte könnten lediglich im Zusammenhang mit zivilrechtlichen Bestimmungen gezogen werden. Weiters befänden sich die Thujen bereits seit nahezu 34 Jahren an der Grundgrenze, weshalb das Betriebsflächen-Schutzgesetz nicht rückwirkend angewendet werden könne. Außerdem sei das Verfahren mangelhaft geblieben, weil der Vertreter der Beschwerdeführerin von der von der Erstbehörde durchgeführten mündlichen Verhandlung insoweit teilweise ausgeschlossen gewesen sei, als der Ortsaugenschein und die erste Protokollierung ohne ihn stattgefunden habe.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber Abstand genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 1 des Betriebsflächen-Schutzgesetzes dient dieses Gesetz dem Schutz landwirtschaftlicher Betriebsflächen im öffentlichen Interesse einer qualitativ hochwertigen und quantitativ günstigen landwirtschaftlichen Produktion.

Unter einer landwirtschaftlichen Betriebsfläche im Sinne dieses Gesetzes wird nach § 2 Abs. 1 leg. cit. jede zusammenhängende Fläche eines oder mehrerer landwirtschaftlicher Grundstücke (Abs. 2) desselben Eigentümers verstanden.

Landwirtschaftliche Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind nach dessen § 2 Abs. 2 Grundflächen (Grundstücke oder Grundstücksteile), die im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes der Erzeugung von Pflanzen, ihrer Bringung oder ihrer Verwertung dienen, einschließlich der Wohn- und Wirtschaftsgebäude samt Hofräumen und Gärten.

Nach § 3 Abs. 1 Betriebsflächen-Schutzgesetz dürfen Gewächse (insbesondere Bäume, Sträucher und Hecken) nur in einem Mindestabstand von 0,50 m gepflanzt oder, wenn sie über 2 m hoch sind, nur in einem Mindestabstand von 2 m von der Grenze einer landwirtschaftlichen Betriebsfläche eines anderen Eigentümers oder Nutzungsberechtigten belassen werden.

Nach § 5 des Betriebsflächen-Schutzgesetzes ist dem Eigentümer oder Nutzungsberechtigten, der den Bestimmungen des § 3 Abs. 1 bis 3 zuwiderhandelt, mit Bescheid unter Festsetzung einer angemessenen Frist aufzutragen, den gesetzmäßigen Zustand herzustellen.

Ein Zuwiderhandeln gegen § 3 Abs. 1 des Betriebsflächen-Schutzgesetzes liegt vor, wenn Gewächse wie Bäume, Sträucher und Hecken mit einer Höhe von mehr als 2 m in einem Abstand von weniger als 2 m von der Grenze einer landwirtschaftlichen Betriebsfläche eines anderen Eigentümers oder Nutzungsberechtigten belassen werden. Auf eine Gefährdung der Nutzung der benachbarten landwirtschaftlichen Betriebsfläche kommt es nach § 3 Abs. 1 des Betriebsflächen-Schutzgesetzes - anders als nach Abs. 2 leg. cit. - nicht an.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die Thujen auf dem Grundstück Nr. 361/2 der Beschwerdeführerin höher als 2 m sind und daß sie sich in einem Abstand von weniger als 2 m von der Grenze des der mP gehörigen Grundstückes Nr. 394 befinden. Nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid dient das Grundstück Nr. 394 zusammen mit dem Grundstück Nr. 386/1 im Rahmen des landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebes der mP der Erzeugung von Pflanzen, als Baufläche für die zu diesen landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb gehörenden Wohn-, Wirtschafts- und Garagengebäude sowie als Hofraum. Auf einem Teil dieses Grundstückes befindet sich ein Stall- und Wirtschaftsgebäude, welches nach § 2 Abs. 2 des Betriebsflächen-Schutzgesetzes den landwirtschaftlichen Grundstücken zuzurechnen ist. Diese Feststellungen im angefochtenen Bescheid haben ihre Grundlage in den Ausführungen eines von der belangten Behörde beigezogenen Amtssachverständigen. Diese Ausführungen wurden der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, und es wurde ihr Gelegenheit gegeben, hiezu Stellung zu nehmen. Sie hat in ihrer Stellungnahme nichts vorgebracht, was dagegen sprechen könnte, daß das Grundstück Nr. 394 ein landwirtschaftliches Grundstück im Sinne des § 2 des Betriebsflächen-Schutzgesetzes sei. Die belangte Behörde konnte daher davon ausgehen, daß die Grundstücke der mP eine landwirtschaftliche Betriebsfläche darstellen. Die erstmals in der Beschwerde dagegen vorgebrachten Einwände stellen sich als unzulässige Neuerung dar.

Daß die Thujen bereits vor dem Inkrafttreten des Betriebsflächen-Schutz-Gesetzes gepflanzt wurden, ist rechtlich ohne Belang. § 3 Abs. 1 des Betriebsflächen-Schutzgesetzes unterscheidet zwischen "gepflanzt" und "belassen". Die Pflanzung von Gewächsen in einem Mindestabstand von 0,50 m wird von § 3 Abs. 1 des Betriebsflächen-Schutzgesetzes nur erfaßt, wenn es sich um eine Pflanzung nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 96/07/0183). Hingegen erfaßt der zweite Tatbestand des § 3 Abs. 1 des Betriebsflächen-Schutzgesetzes, der ein "Belassen" bestimmter Gewächse verbietet, nach seinem insoweit eindeutigem Wortlaut alle Gewächse, die über 2 m hoch sind und sich in einem Abstand von weniger als 2 m von der Grenze einer landwirtschaftlichen Betriebsfläche eines anderen Eigentümers oder Nutzungsberechtigten befinden, unabhängig davon, wann diese Gewächse gepflanzt wurden. Das Betriebsflächen-Schutzgesetz enthält auch keine Übergangsbestimmung, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes schon vorhandene Gewächse mit einer Wuchshöhe von über 2 m vom Verbot ihrer Belassung innerhalb des Mindestabstandes ausnimmt. Eine solche Ausnahmebestimmung erachtete der Gesetzgeber offenbar deswegen nicht erforderlich, weil bereits § 2 des durch das Betriebsflächen-Schutzgesetz aufgehobenen Gesetzes betreffend den Schutz landwirtschaftlicher Grundstücke gegen Beschädigung durch fremde Bäume, LGBl. Nr. 150/1921, ein solches Belassungsverbot enthielt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.