VwGH vom 05.02.1992, 91/13/0047

VwGH vom 05.02.1992, 91/13/0047

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat I, vom , GZ. 6/1-1072/90-01, betreffend Vermögensteuer zum , und , zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber dem Beschwerdeführer die Einkommensteuer 1983 mit

S 9,839.025,-- fest. Für dieses Kalenderjahr waren keine Vorauszahlungen an Einkommensteuer geleistet worden. Die Abgabenschuld wurde vom Beschwerdeführer am entrichtet. Mit Berufungsentscheidung vom wurde die Einkommensteuerschuld 1983 auf S 9,835.945,-- herabgesetzt. Nach Änderung eines Grundlagenbescheides erließ das Finanzamt am einen gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Einkommensteuerbescheid 1983, welcher Bescheid sodann am nach § 293 BAO berichtigt wurde. Nach dem letztgenannten Bescheid betrug die Einkommensteuer 1983

S 4,917.973,--.

Bei der Erlassung der Vermögensteuerbescheide zum und zum im Jahre 1990 berücksichtigte das Finanzamt die endgültig festgesetzte Einkommensteuerschuld von S 4,917.973,-- als Schuld. Die Differenz zwischen dem 1986 entrichteten Einkommensteuerbetrag und der endgültigen Abgabenfestsetzung (S 4,917.972,--) wurde bei der Bemessung der Vermögensteuer zum im Jahre 1990 als Forderung angesetzt.

In der Berufung gegen die genannten Vermögensteuerbescheide wurde beantragt, das steuerpflichtige Vermögen zum und jeweils um S 4,921.052,-- (das ergibt zusammen mit der bescheidmäßig berücksichtigten Einkommensteuerschuld von

S 4,917.973,-- den eingangs erwähnten Betrag von

S 9,839.025,--) und zum Stichtag um S 4,917.972,-- zu vermindern. In der Begründung wurde die Auffassung vertreten, daß die Verminderung der Einkommensteuerschuld für 1983 vermögensteuerlich erst wirksam werde, wenn die bescheidmäßige Festsetzung erfolgt. Sie könne sich im Berufungsfall erst ab dem Stichtag auswirken.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Nach Auffassung der belangten Behörde hat die Einkommensteuerschuld 1983 schon mit Ablauf dieses Jahres bestanden, unabhängig davon, daß vorerst eine höhere Einkommensteuer vorgeschrieben worden ist.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zum sonstigen Vermögen gehören gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 lit. a BewG 1955 grundsätzlich auch verzinsliche und unverzinsliche Kapitalforderungen jeder Art. Nach § 77 Abs. 1 Z. 1 BewG 1955 sind zur Ermittlung des Wertes des Gesamtvermögens vom Rohvermögen die Schulden abzuziehen; die Bestimmungen des § 64 Abs. 2 leg. cit. gelten sinngemäß. § 64 Abs. 2 BewG 1955 macht den Abzug von Schulden aus laufend veranlagten Steuern davon abhängig, daß die Steuern entweder spätestens im Feststellungszeitpunkt fällig geworden sind oder - bei späterer Fälligkeit - für einen Zeitraum erhoben werden, der spätestens im Feststellungszeitpunkt geendet hat. An die Stelle des Feststellungszeitpunktes tritt bei der Ermittlung des Gesamtvermögens für Zwecke der Vermögensteuer der Veranlagungszeitpunkt (vgl. § 12 Abs. 2, § 13 Abs. 3 und § 14 Abs. 2 VermStG).

Gemäß § 14 Abs. 1 BewG 1955 sind Kapitalforderungen und Schulden grundsätzlich mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen.

Zu den bei der Ermittlung des sonstigen Vermögens zu berücksichtigenden Forderungen gehört auch ein Steuererstattungsanspruch (vgl. Twaroch-Frühwald-Wittmann, BewG2, S. 94). Ein derartiger Erstattungsanspruch ist unter anderem sowohl bei der Einheitsbewertung als auch bei der Vermögensbesteuerung bereits mit seinem Entstehen auszuweisen, wobei der bescheidmäßigen Festsetzung der Abgabe keine Bedeutung zukommt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 1054/72, mit eingehenden Hinweisen auf Literatur und Rechtsprechung). Als Zeitpunkt des Entstehens kommt dabei aus der Sicht der in Rede stehenden Abgabenschuldigkeiten § 4 Abs. 2 lit. a Z. 2 BAO in Betracht, wonach der Abgabenanspruch für die veranlagte Einkommensteuer mit Ablauf des Kalenderjahres entsteht, für das die Veranlagung vorgenommen wird.

Es liegt somit ein - hier für Zwecke der Ermittlung des Gesamtvermögens - bewertbares Wirtschaftsgut in Höhe der Differenz zwischen den vorweg geleisteten Steuerzahlungen (sei es auf Grund eines Vorauszahlungsbescheides, sei es auf Grund eines in der Folge geänderten Abgabenbescheides) und der endgültigen Abgabenschuldigkeit vor (vgl. abermals das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 1054/72).

Im Beschwerdefall wurde die Einkommensteuer 1983 erst mit den im Jahre 1989 erlassenen Bescheiden endgültig festgesetzt. Diese gestalteten die Rechtslage für einen vor ihrer Erlassung liegenden Zeitraum und wirkten somit auf die Zeit vor ihrer Erlassung zurück. Nur diese Bescheide konnten für die Entscheidung über die Vermögensteuer verbindlich sein, während die früher ergangenen Einkommensteuerbescheide auf Grund ihres Ausscheidens aus der Rechtsordnung keinerlei Tatbestandswirkungen mehr entfalten konnten (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 91/13/0173, worin sich der Gerichtshof auch mit den vom nunmehrigen Beschwerdeführer angeführten Belegstellen - RFH vom , RStBl 1933, S. 208; Köglberger,

SWK 1989 A IV, Seite 26; Thormann, Die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens, S. 176 f, - auseinandergesetzt hatte).

Die belangte Behörde hat somit zutreffenderweise bei der Ermittlung der Vermögensteuer zum die Differenz zwischen der 1986 entrichteten (überhöhten) Einkommensteuerschuld für 1983 und der 1989 endgültig festgesetzten Einkommensteuer 1983 als Forderung zum Ansatz gebracht. Andererseits war die Schuld an Einkommensteuer 1983 zu den Stichtagen und im Sinne der bereits angeführten Vorschrift des § 64 Abs. 2 BewG 1955 in Höhe der endgültigen im Jahre 1989 erfolgten Abgabenvorschreibung anzusetzen, da vor diesen Stichtagen keine Zahlungen in Anrechnung auf die Einkommensteuer 1983 geleistet worden waren.

Aus der im gegebenen Zusammenhang vom Beschwerdeführer unternommenen Auseinandersetzung mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 88/16/0050, kann für seinen Rechtsstandpunkt nichts gewonnen werden, da dieses Erkenntnis zu einem völlig unterschiedlichen Sachverhalt - Bewertung einer strittigen Forderung aus einem Vermächtnis - ergangen ist und auch von der belangten Behörde nicht zur Stützung ihres Standpunktes herangezogen worden ist.

Soweit der Beschwerdeführer ausführt, auf verfahrensrechtliche Zufälligkeiten, "wenn" die Erlassung des Bescheides erfolgt, könne und dürfe es nicht ankommen, ist darauf zu erwidern, daß es gerade nach der von der belangten Behörde eingenommenen Auffassung nicht darauf ankommt, in welchem Zeitpunkt der Bescheid über die endgültige Abgabenfestsetzung ergeht, diese Abgabenfestsetzung vielmehr unabhängig von ihrem Zeitpunkt bis zur Entstehung des Abgabenanspruches zurückwirkt.

Auch mit dem Hinweis auf § 14 Abs. 3 BewG 1955, nach welcher Vorschrift der Wert unverzinslicher befristeter Forderungen oder Schulden mit dem Betrag anzusetzen ist, der nach Abzug von Jahreszinsen in Höhe von 5,5 v.H. des Nennwertes bis zur Fälligkeit verbleibt, kann der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht begründen. Der zum bestandene Steuererstattungsanspruch ist zwar nicht verzinslich. Der Anspruch kann aber - aus der Sicht dieses Stichtages - nicht als eine befristete Forderung angesehen werden. Für eine unverzinsliche, aber nicht befristete Forderung kommt aber eine Anwendung des § 14 Abs. 3 BewG 1955 nicht in Betracht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 89/16/0225).

Ebensowenig sind die vom Beschwerdeführer angestellten Überlegungen, wonach das sich aus der schließlichen Gebarung auf dem Abgabenkonto ergebende Guthaben zur Tilgung anderer fälliger Abgabenschuldigkeiten verwendet werden könnte, zielführend, weil im Beschwerdefall die Bewertung eines - in der Gebarung im Sinne des § 213 BAO eben noch nicht erfaßten - Steuererstattungsanspruches zu beurteilen ist und nicht eines Rückzahlungsanspruches nach § 239 BAO.

Da schließlich allein die Bewertung zu den Stichtagen , 1986 und 1987 strittig war, ist auch die Verfahrensrüge unberechtigt, die belangte Behörde habe es unterlassen, den Zeitpunkt der Rückzahlung des auf Grund der 1989 erlassenen Bescheide entstandenen Guthabens mit seinem genauen Datum festzustellen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.