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VwGH vom 26.06.2003, 2003/16/0082

VwGH vom 26.06.2003, 2003/16/0082

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der Bank A AG in Wien, vertreten durch die Doralt Seist Csoklich Rechtsanwalt-Partnerschaft, Wien IX, Währingerstraße 2-4, gegen den Bescheid des Präsidenten des LG Leoben vom , Zl. Jv 1687- 33/01, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerdeschrift und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich Folgendes:

Die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin hatte zu 5 Cg 252/94m des LG Leoben zunächst Klage gegen 1. Dr. P und

2. Ing. G auf Zahlung von ATS 5 Mio. s.A. (zur ungeteilten Hand) erhoben.

In weiterer Folge wurde über das Vermögen des Erstbeklagten Konkurs eröffnet, worauf das zunächst durch die Konkurseröffnung gemäß § 7 KO ex lege unterbrochene Verfahren betreffend den Erstbeklagten gegen den Masseverwalter (Dr. W) fortgesetzt und das Klagebegehren wie folgt formuliert wurde:

"1) Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei den Betrag von ATS 32,204.528,-- samt 15 % Zinsen p.A. ... zu bezahlen und zwar

a) die erstbeklagte Partei


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hinsichtlich eines Teilbetrages von ATS 24,443.578,-- samt 15 % Zinsen seit bei Exekution in die dem Dr. P, geb. , grundbücherlich zugeschriebenen Hälfteanteile (i) an der Liegenschaft EZ 371 Grundbuch 55001 Badgastein im Rahmen des unter C-LNr 91 zugunsten der klagenden Partei eingetragenen Pfandrechtes von ATS 21 Mio s.A. und (II) an der Liegenschaft EZ 376 Grundbuch 5501 Badgastein im Rahmen des unter C-LNr 12a zugunsten der klagenden Partei eingetragenen Pfandrechtes von ATS 21 Mio s.A. und
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hinsichtlich eines (weiteren) Teilbetrages von ATS 7,760.950,-- samt 15 % Zinsen p.A. seit bei Exekution in den dem Dr. P, geb. (gemeint wohl: ), grundbücherlich zugeschriebenen Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ 473 Grundbuch 60303 Donawitz im Rahmen des unter C-LNr 3a zugunsten der klagenden Partei eingetragenen Pfandrechtes von ATS 6 Mio s.A.;
b) die zweitbeklagte Partei bei Exekution in ihr gesamtes Vermögen.
2) Festgestellt wird: Der klagenden Partei steht im Konkurs über das Vermögen des Dr. P, B (17 S 150/95 f des Landesgerichtes Leoben) eine Forderung von ATS 34,433.027,25 als Konkursforderung zu.
3) Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution mit der Einschränkung zu ersetzen, dass für den auf den 'Prüfungsprozess' entfallenden Teil der Kosten die erstbeklagte Partei allein aufzukommen hat."
Mit Beschluss des Konkursgerichtes vom , 17 S 115/95, wurden die drei Liegenschaftsanteile, hinsichtlich derer (in Geltendmachung des Absonderungsrechtes) die Pfandklage auf Zahlung gegen den Masseverwalter geführt worden war, dem Gemeinschuldner Dr. P zur freien Verfügung überlassen und damit konkursfrei.
Daraufhin änderte die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom das Klagebegehren wie folgt (wobei sie neben dem Masseverwalter und dem bisherigen Zweitbeklagten jetzt auch Dr. P "selbständig außerhalb des Konkurses" in Anspruch nahm):
"1) Dr. P und Ing. G sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei den Betrag von ATS 32,204.528,-- samt 15 % Zinsen p. a. seit binnen 14 Tagen zu bezahlen, und zwar
a) Dr. P bei Exekution nur in die ihm, geb. , grundbücherlich zugeschriebenen Hälfteanteile an den Liegenschaften EZ 371 und EZ 376 jeweils GB 55001 Badgastein sowie EZ 473 GB 60303 Donawitz;
b) Ing. G bei Exekution in sein gesamtes Vermögen.
2) Festgestellt wird: Der klagenden Partei steht im Konkurs über das Vermögen des Dr. P, B (17 S 150/95 f des Landesgerichtes Leoben) eine Forderung von ATS 34,433.027,25 als Konkursforderung zu.
3) Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die Prozesskosten zu ersetzen, und zwar
Dr. W als Masseverwalter mit dem auf den Prüfungsprozess entfallenden Anteil,
Dr. P und Ing. G solidarisch die übrigen Kosten mit der Beschränkung der Exekution hinsichtlich Dr. P auf die ihm zugeschriebenen, unter 1)a) angeführten Liegenschaftshälften."
Daraufhin schrieb der Kostenbeamte des LG Leoben gestützt auf § 19a GGG unter anderem einen Streitgenossenzuschlag von 10 % vor.
Dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag gab die belangte Behörde mit dem im Kopf dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Bescheid keine Folge, wogegen sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes richtet. Die Beschwerdeführerin erachtet sich - aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar - in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung des Streitgenossenzuschlages sowie auf Anwendung der TP 1 GGG in der bis zum geltenden Fassung verletzt.


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Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die mit Wirkung vom (BGBl. Nr. 201/1996) in Kraft getretene Bestimmung des § 19a GGG lautet auszugsweise:
"Die in den Tarifposten 1 bis 4 angeführten Gebühren erhöhen sich, wenn in einer Rechtssache mehrere Personen gemeinsam einen Anspruch gerichtlich geltend machen oder gerichtlich in Anspruch genommen werden oder wenn mehrere Personen gemeinsam ein Rechtsmittel erheben oder wenn dem Rechtsmittelwerber mehrere Personen als Rechtsmittelgegner gegenüberstehen. Die Erhöhung beträgt 10 v.H., wenn zumindest auf einer Seite zwei Streitgenossen (Antragsteller, Antragsgegner) Rechtsmittelwerber oder Rechtsmittelgegner vorhanden sind, und 5 v.H. für jeden weiteren Streitgenossen ..., jedoch nie mehr als 50 v.H.; ..."
In Gestalt dieses speziellen - gegenüber § 18 Abs. 2 GGG eigenständigen - Erhöhungstatbestandes tritt das Recht des Bundes auf Erhöhung der in den TP 1 bis 4 GGG angeführten Gebühren ein, wenn in einem anhängigen Verfahren eine der in dieser Gesetzesstelle beschriebenen Konstellationen von "mehreren Personen" entsteht, die gemeinsam einen Anspruch geltend machen oder die gemeinsam gerichtlich in Anspruch genommen werden.
Tritt die Personenmehrheit in einem schon vor der zitierten Novelle anhängig gewesenen Verfahren erstmals nach Inkrafttreten der Novelle auf, so ist (in Fortführung der vom hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/16/0650, entwickelten Judikatur) § 19a GGG auch dann anzuwenden, wenn kein Fall des § 18 Abs. 2 GGG vorliegt, weil eben § 19a GGG die Erhöhung allein an das Vorliegen (Entstehen) der entsprechenden Personenmehrheit knüpft und nicht an andere Voraussetzungen.
Damit stellt sich im vorliegenden Fall zunächst die Frage, ob im Wege des Schriftsatzes vom (und damit nach dem Inkrafttreten des § 19a GGG) erfolgten Hereinnahme des Gemeinschuldners in den Kreis der beklagten Parteien neben den Masseverwalter und neben die ursprünglich zweitbeklagte Partei in Bezug auf die konkursfrei gewordenen Liegenschaftsanteile eine Vermehrung der klagsweise in Anspruch genommenen Personen darstellt oder nicht.
Auszugehen ist zunächst davon, dass der mit Pfandklage erhobene Absonderungsanspruch als Leistungsbegehren von der Prozesssperre der Konkurseröffnung nicht betroffen war; solche Ansprüche sind vielmehr nach der Konkurseröffnung gegen den Masseverwalter anhängig zu machen bzw. fortzusetzen (§ 6 Abs. 2 KO; , ecolex 1997, 248).
Ungeachtet des nach wie vor bestehenden unterschiedlichen Meinungsstandes über die Stellung des Masseverwalters vertritt auch die moderne Kommentarliteratur (Hierzenberger/Riel in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen Rz 46 zu § 80 KO) die Auffassung, dass der Masseverwalter (abgesehen von seiner Stellung als Vertreter) dort, wo ihm unmittelbar aus dem Gesetz Aufgaben übertragen sind, bei der Ausübung dieser Befugnisse im eigenen Namen "als Masseverwalter" und mit Wirkung für die Konkursmasse zu handeln hat.
Eine solche Bestimmung, die dem Masseverwalter ein entsprechendes Handeln aufträgt, findet sich im § 81a Abs. 2 KO, wonach der Masseverwalter unter anderem "Rechtsstreitigkeiten, die die Masse ganz oder teilweise betreffen, zu führen" hat (vgl. dazu auch Schubert in Fasching, Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen2, II/1, Rz 6 vor § 1 ZPO, sowie die bei Mohr , MGA KO9 unter E 38 zu § 81a KO referierte zivilgerichtliche Rechtsprechung).
Gemäß § 199 Abs. 5 KO können "Sachen unbedeutenden Wertes" aus der Konkursmasse ausgeschieden und dem Gemeinschuldner zur freien Verfügung überlassen werden, wozu nach der zivilgerichtlichen Judikatur auch überbelastete Liegenschaften zählen (vgl. dazu die unter E 52ff zu § 199 KO bei Mohr , a. a.O. referierte Rechtsprechung).
Entsteht konkursfreies Vermögen, so ist ein darüber anhängiger, durch die Konkurseröffnung gemäß § 7 KO unterbrochener Rechtsstreit mit dem Gemeinschuldner als Partei fortzuführen (, MietSlg. 44905). Der Masseverwalter ist in einem Prozess betreffend konkursfreies Vermögen nicht Vertreter des Gemeinschuldners Fasching , Lehr- und Handbuch2 Rz 341).
Daraus folgt, dass mit der Freigabe der von der Pfandklage umfassten Liegenschaftsanteile durch das Konkursgericht der Gemeinschuldner diesbezüglich wieder seine Dispositionsbefugnis erhielt, nicht mehr den Beschränkungswirkungen des § 3 KO unterlag und daher auch wieder prozessfähig wurde. Die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin musste ihn daher folgerichtig - weil im gleichen Umfang die Prozessführungsbefugnis des Masseverwalters erlosch - neben dem Masseverwalter, der hinsichtlich der übrigen streitverfangenen Ansprüche gemäß der Anordnung des § 81a Abs. 2 KO weiterhin den Rechtsstreit zu führen hatte, als weitere Partei in den Kreis der Beklagten aufnehmen. Damit trat aber jedenfalls eine Parteienvermehrung auf Beklagtenseite ein, weil ab dem Schriftsatz vom auch der Gemeinschuldner hinsichtlich des streitverfangenen konkursfreien Vermögens eine von der Dispositionsbefugnis des Masseverwalters unabhängige Position auf Beklagtenseite erlangt hat. Mit Rücksicht auf das für die Einbeziehung des Gemeinschuldners in den Kreis der beklagten Parteien relevante Datum () kam auch eine Anwendung des für Vorgänge vor dem bestandenen Vorschriften der TP 1 GGG über die Gebührenhöhe nicht in Frage.
An diesem Umstand gehen die umfangreichen Ausführungen der Beschwerde ebenso vorbei wie die darin zitierten Literaturstellen.
Damit erweist sich aber bereits auf Grund des Beschwerdeinhaltes, dass die behauptete Rechtswidrigkeit dem angefochtenen Bescheid nicht anhaftet, weshalb die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Wien, am